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2. LITERATURÜBERSICHT

2.6 Einfluss von Bewegung und Training auf die Organsysteme des

Im Pferdesport haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Disziplinen entwickelt, wie z.B. der Galopp- und Trabrennsport, die Dressur, der Springsport, das Westernreiten sowie das Distanzreiten. Jede Disziplin erfordert verschiedenartige physiologische

Anpassungen des Pferdes. Alle Organe bzw. Organsysteme sind dabei mehr oder weniger involviert.

Bei Belastung steigen der Sauerstoffverbrauch sowie die Kohlenstoffdioxidabgabe an. Es kommt zu einer Erhöhung des Atemzugvolumens (entspricht Atemtiefe) und der Atemfrequenz (EVANS u. ROSE; 1987; KRZYWANEK, 1999; VON ENGEL-HARDT, 2000a).

Auch das Herz-Kreislauf-System passt sich den veränderten Anforderungen an. Bei körperlicher Belastung kommt es zunächst zu einer überschießenden Steigerung der Herzfrequenz, die sich dann anschließend abhängig von der Belastungsintensität auf einen bestimmten Wert (steady state) einpendelt (KRZYWANEK, 1999). Sie ist beim Pferd um das Siebenfache steigerbar (VON ENGELHARDT, 2000a). Im submaxi-malen Trainingsbereich besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Herzfrequenz und Belastung (EVANS u. ROSE, 1987; KRZYWANEK, 1999).

Auch das Schlagvolumen sowie der mittlere arterielle Blutdruck nehmen in Abhän-gigkeit zur Belastungsintensität zu (KRZYWANEK, 1999; VON ENGELHARDT, 2000a). Beim Blutdruck ist eine Steigerung auf das Dreifache möglich.

Der periphere Widerstand nimmt hingegen stark ab, was auf die Öffnung und Erwei-terung von vielen Blutgefäßen in der Arbeitsmuskulatur zurückzuführen ist.

Daher nimmt vor allem der systolische arterielle Blutdruck zu, während der diastoli-sche Druck durch die Vasodilatation in den arbeitenden Muskeln gleich bleibt bzw.

absinkt (VON ENGELHARDT, 2000a).

Die Herzfrequenz ist auch von Alter und Größe der Pferde sowie ihrem Trainingszu-stand abhängig. Sie ist bei jungen Pferden höher als bei älteren (KRZYWANEK, 1999). So beträgt die Ruhefrequenz des erwachsenen Pferdes 30 bis 40 Schläge pro Minute, hingegen beim Fohlen 80 bis 120, beim Jährling 45 bis 75 und beim 2-jährigen 40 bis 50 Schläge pro Minute.

Während einer definierten, standardisierten Belastung ist die Herzfrequenz eines trainierten Pferdes niedriger als die des untrainierten, bedingt durch das größere Herzgewicht infolge Hypertrophie der Muskelfasern und dem daraus resultierenden höheren Schlagvolumen (THOMAS et al., 1983; KRZYWANEK, 1999; VON ENGEL-HARDT, 2000a).

Außerdem haben bei Belastung weitere Faktoren, wie z.B. die Beschaffenheit des Bodens, eine mögliche Steigung und das Gewicht des Reiters, einen Einfluss auf die Herzfrequenz (SEXTON u. ERICKSON, 1990; KRZYWANEK, 1999).

Im Allgemeinen zeigen alle bisherigen Untersuchungen, dass in Ruhe gewonnene Blut- und Kreislaufparameter keinerlei Hinweise auf den Trainingszustand geben (VON ENGELHARDT, 2000a). Eine Ausnahme bildet einzig die Studie von KUWA-HARA et al. (1999), die eine reduzierte Herz-Ruhefrequenz bei trainierten Pferden nachweisen konnten.

Bewegung sowie unterschiedliche vertikale Belastung haben ebenfalls einen Einfluss auf den Blutfluss im Bereich der Gliedmaßen:

RATZLAFF et al. (1985) konnten bei einer Messung des mittleren arteriellen Blutflus-ses in der A. digitalis lateralis signifikante Unterschiede im Blutfluss bei verschiede-ner vertikaler Belastung feststellen. Dieser ist bei größerer Belastung niedriger als bei geringer Belastung. Somit bleibt der digitale Blutfluss stabil, wenn sich die Pferde nicht bewegen und erfährt bei geringen Veränderungen in der Belastung nicht signifi-kante Fluktuationen. Wenn die Pferde jedoch das Gewicht in Richtung der Extreme der vertikalen Belastung verändern, variiert der Blutfluss signifikant. Diese Verände-rungen schreiben RATZLAFF et al. (1985) den extremen Gewichtsschwankungen beim Heben und Senken des Beines und den damit veränderten Drücken zu.

DYSON et al. (2001) wiesen in ihrer Studie mit Hilfe der Szintigraphie nach, dass Bewegung (in dieser Studie 15 Minuten Trab und Galopp an der Longe) einen we-sentlichen Einfluss auf den Blutfluss hat. Daneben sind auch die Fuß- und Umge-bungstemperatur, das Alter und das Gewicht des Pferdes für den Blutfluss von Bedeutung. Der Blutfluss ist bei höheren Temperaturen (keine periphere Vaso-konstriktion) und höherem Alter des Pferdes höher.

Neben dem Herz-Kreislauf-System wird auch der Bewegungsapparat von regelmä-ßigem Training beeinflusst (GOODSHIP u. BIRCH, 2001).

Die Form und Größe und damit auch die Belastbarkeit der Knochen sind neben genetischen Faktoren vom Training abhängig. Bei den Sehnen zeigt sich bei regel-mäßiger Belastung eine Stärkenzunahme und auch die Faszien in der Muskulatur

nehmen zu. Somit ist die Belastbarkeit von Muskulatur, Sehnen, Bändern und Gelenkknorpel trainierbar (HERTSCH, 1992).

Den Einfluss von definierter Bewegung sowie verschiedenen Faktoren, wie z.B.

Geschlecht und Außentemperatur, auf das Volumen der unteren Extremitäten unter-suchte BÖTTCHER (2006) mittels Perometer. Hierzu bildete sie vier Bewegungs-gruppen, die unterschiedlich longiert wurden: Gruppe 1 wurde eine halbe Stunde auf der linken Hand, Gruppe 2 eine halbe Stunde auf beiden Händen, Gruppe 3 eine halbe Stunde auf beiden Händen mit zusätzlichem Reitergewicht und Gruppe 4 eine Stunde auf beiden Händen mit Reitergewicht longiert. Vor der Bewegung, direkt nach der Bewegung sowie nach einer Stunde Boxenruhe wurde jeweils das Volumen der vier Gliedmaßen bestimmt. Hierbei konnte eine signifikante mittlere Volumenabnah-me um 5,5 % (125,96 ml) durch die Bewegung und eine signifikante mittlere Volu-menzunahme um 6,4 % (135,48 ml) nach der Boxenruhe nachgewiesen werden.

BÖTTCHER (2006) führt dies auf den Einfluss der Bewegung auf das Herz-Kreislauf-System und das Lymphgefäßsystem zurück. Zwischen den einzelnen Gruppen konnte sie keine signifikanten Unterschiede feststellen. Aufgrund der Mehrbelastung durch das Reitergewicht waren die Volumenänderungen der Gruppen 3 und 4 jedoch höher als die der Gruppen 1 und 2. Im Seitenvergleich zwischen rechter und linker Gliedmaße konnten keine signifikanten Unterschiede nachgewiesen werden. Die Differenz zwischen den Volumenänderungen bei hoher und niedriger Außentempera-tur (1 bis 12 °C bzw. 23 bis 31 °C) war hingegen si gnifikant. Diese fielen bei hohen Temperaturen deutlich größer aus, was wahrscheinlich auf eine bessere Perfusion der Zehe zurückzuführen ist. BÖTTCHER (2006) konnte keine signifikanten Unter-schiede zwischen den Volumenänderungen von Pferden unterschiedlichen Trainingszustandes, Geschlechts oder Alters feststellen. Allerdings wiesen Hochleis-tungspferde, wahrscheinlich aufgrund ihres besser trainierten Kreislauf- und Lymph-gefäßsystems, geringere Änderungen auf als Freizeitpferde. Die männlichen Pferde zeigten höhere Volumenänderungen als die weiblichen, was BÖTTCHER (2006) der Tatsache zuschreibt, dass die männlichen Pferde vor allem den Gruppen 3 und 4 angehörten.

2.7 Übersicht zu verschiedenen Maßnahmen bei Ödemen

2.7.1 Möglichkeiten der Therapie von Ödemen

Es bestehen, abhängig von der Ödemart, vom jeweiligen Stadium und den auftreten-den Begleiterscheinungen, verschieauftreten-dene konservative und operative Möglichkeiten der Therapie des Ödems (FÖLDI et al., 1998). Dies gilt grundsätzlich sowohl für den Menschen als auch für das Tier. Einige Methoden wurden allerdings bisher nur bzw.

überwiegend beim Menschen angewandt, so dass die Wirkungsweise vor allem am Menschen untersucht wurde. In der Regel gelingt, unabhängig von der Behand-lungsmethode, nur eine Rückführung ins Latenzstadium (FÖLDI et al., 1998).

Neben den chirurgischen (z.B. Resektion, ableitende und rekonstruktive Verfah-ren) und medikamentellen Therapiemethoden (z.B. Gabe von Diuretika, Benzopy-rone, Unguentum lymphaticum und Selen) nehmen die physikalischen Behand-lungsansätze einen besonders hohen Stellenwert ein (BAUMEISTER u. SIUDA, 1990; CASLEY-SMITH et al., 1993; WERNER, 2001; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a). Zu diesen zählen u.a. die Elevation (Hochlagerung), das Auswickeln sowie die inter-mittierende pneumatische Kompression (BRUNNER, 1969; DUSTMANN, 1982;

RAMEY, 1988; ONDERKA et al., 1991, 1992; WIENERT, 1999; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a).

Ebenfalls zu den physikalischen Behandlungsmethoden zählt die komplexe physi-kalische Entstauungstherapie, die als nebenwirkungsfreie kausale Behandlung des Lymphödems einen besonderen Stellenwert einnimmt (FÖLDI u. FÖLDI, 2002a).

Sie verläuft in zwei Phasen (Phase I: Entstauung, Phase II: Konservierung und Optimierung des Behandlungsergebnisses (Erhaltungstherapie)) und besteht aus der manuellen Lymphdrainage, Hautpflege, Kompressionstherapie und Bewegungsthe-rapie (WERNER, 2001; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a). Werden die einzelnen Bausteine der komplexen physikalischen Entstauungstherapie in isolierter Form genutzt, sind sie nach FÖLDI u. FÖLDI (2002a) zur Behandlung des Lymphödems im Allgemeinen nicht ausreichend. JOHANSSON et al. (1999) wiesen jedoch nach, dass eine isolier-te Kompressionstherapie mit Kurzzugbandagen eine effektive Behandlungsmethode