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Bewertung des Einflusses von Bandagen und Gamaschen auf das Volumen der Vorder- und Hintergliedmaßen des Pferdes in Bewegung anhand perometrischer Messungen

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Academic year: 2022

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der Medizinischen Hochschule Hannover

Bewertung des Einflusses von Bandagen und Gamaschen auf das Volumen der Vorder- und Hintergliedmaßen des Pferdes in Bewegung

anhand perometrischer Messungen

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer

DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Nicole Svenja Korella

aus Kiel

Hannover 2007

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Univ.- Prof. Dr. Dirk Berens von Rautenfeld

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Hermann Seifert 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Peter Stadler

Tag der mündlichen Prüfung: 13.11.2007

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In Erinnerung

an Tito

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1. EINLEITUNG... 9

2. LITERATURÜBERSICHT... 11

2.1 Anatomie der Zehe des Pferdes... 11

2.2 Anatomie des Blutkreislaufs und Hämodynamik bei Mensch + Pferd... 15

2.3 Anatomie und Physiologie des Lymphgefäßsystems bei Mensch und Pferd... 18

2.3.1 Initiale Lymphgefäße... 19

2.3.2 Kollektoren... 20

2.3.3 Lymphbildung und Lymphtransport... 21

2.4 Volumenänderungen der unteren Extremität bei Mensch und Pferd... 24

2.4.1 Definition und Formen des Ödems... 24

2.4.2 Volumenänderungen der unteren Extremitäten in Orthostase beim Menschen... 25

2.4.3 Angelaufene Beine beim Pferd... 26

2.5 Bewegung und Stoßdämpfung der Gliedmaßen beim Pferd... 30

2.6 Einfluss von Bewegung und Training auf die Organsysteme des Pferdes... 32

2.7 Übersicht zu verschiedenen Maßnahmen bei Ödemen... 36

2.7.1 Möglichkeiten der Therapie von Ödemen... 36

2.7.2 Grundlagen der Kompressionstherapie... 37

2.7.3 Anwendung von Bandagen und Gamaschen beim Pferd... 42

2.8 Methoden zur Volumenbestimmung von Extremitäten... 50

3. MATERIAL UND METHODEN... 55

3.1 Charakterisierung der untersuchten Pferde... 55

3.2 Perometer®... 57

3.3 Verwendete Bandagen und Gamaschen... 61

3.3.1 Bandagen... 61

3.3.2 Gamaschen... 63

3.3.3 Anlegen der Bandagen und Gamaschen... 66

3.4 Vorbereitung der Volumenmessungen... 69

3.5 Durchführung der Volumenmessungen... 70

3.5.1 Allgemeines... 70

3.5.2 Ablauf der Messungen... 70

(6)

4. ERGEBNISSE... 75

4.1 Seitenvergleich der Ausgangsvolumina der vier Gliedmaßen... 75

4.2 Deskriptive Statistik und Vergleich der Volumina an den drei Messzeitpunkten... 76

4.3 Deskriptive Statistik der Volumendifferenzen zwischen den drei Messzeitpunkten... 79

4.3.1 Vergleich der Volumendifferenzen von Vorder- und Hinterglied- maßen sowie Seitenvergleich der Gliedmaßen mit und ohne Bandage bzw.Gamasche... 82

4.3.2 Vergleich der Volumendifferenzen innerhalb der vier Gruppen... 84

4.3.2.1 Seitenvergleich der Gliedmaßen mit Bandagen bzw. Gamaschen mit denen ohne Bandagen bzw. Gamaschen ...86

4.3.2.2 Vergleich der Vorder- und Hintergliedmaßen innerhalb der einzelnen Gruppen... 91

4.3.3 Vergleich zwischen den verschiedenen Gruppen... 91

4.3.3.1 Gliedmaßen mit Bandage bzw. Gamasche... 93

4.3.3.2 Gliedmaßen ohne Bandage und Gamasche... 96

4.4 Einfluss von Außentemperatur, Geschlecht, Alter und Größe der Pferde, Leistungskategorie sowie der sonstigen Nutzung von Bandagen bzw. Gamaschen auf die Volumendifferenzen... 96

4.4.1 Einfluss der Außentemperatur... 96

4.4.2 Einfluss des Geschlechts der Pferde... 98

4.4.3 Einfluss des Alters der Pferde... 99

4.4.4 Einfluss der Größe der Pferde... 100

4.4.5 Einfluss der Leistungskategorie der Pferde... 102

4.4.6 Einfluss des regelmäßigen Gebrauchs von Bandagen und Gamaschen... 103

4.5 Exemplarische Druckmessung unter den verschiedenen Bandagen und Gamaschen... 105

4.6 Reproduzierbarkeit der Perometermessung... 106

(7)

5.2.1 Auswahl der Tiere... 108

5.2.2 Weitere Materialien... 109

5.2.3 Methode der Messung... 109

5.3 Diskussion der Ergebnisse... 115

5.3.1 Seitenvergleich der Ausgangsvolumina der vier Gliedmaßen... 115

5.3.2 Vergleich der Volumina zu den drei Messzeitpunkten... 116

5.3.3 Volumendifferenzen zwischen den drei Messzeitpunkten... 119

5.3.3.1 Seitenvergleich der Gliedmaßen mit und ohne Bandage bzw. Gamasche sowie Vergleich der Differenzen von Vorder- und Hintergliedmaße... 120

5.3.3.2 Vergleich der Volumendifferenzen innerhalb der einzelnen Gruppen... 124

5.3.3.3 Vergleich der Volumendifferenzen zwischen den verschiedenen Gruppen... 125

5.3.4 Einfluss von Außentemperatur, Geschlecht, Alter, Größe und Leistungskategorie der Pferde sowie der regelmäßigen Nutzung von Bandagen bzw. Gamaschen auf die Volumen- differenzen... 127

5.3.4.1 Einfluss der Außentemperatur... 127

5.3.4.2 Einfluss des Geschlechts der Pferde... 128

5.3.4.3 Einfluss des Alters der Pferde... 128

5.3.4.4 Einfluss der Größe der Pferde... 129

5.3.4.5 Einfluss der Leistungskategorie der Pferde... 129

5.3.4.6 Einfluss des regelmäßigen Gebrauchs von Bandagen und Gamaschen... 130

5.3.5 Reproduzierbarkeit der Perometermessung... 130

5.4 Schlussfolgerungen... 130

6. ZUSAMMENFASSUNG... 133

7. SUMMARY... 137

8. LITERATURVERZEICHNIS... 141

9. ANHANG... 163

DANKSAGUNG... 167

(8)

Abb. Abbildung

Diff.I-II Volumendifferenz von vor zu direkt nach der Bewegung

Diff.II-III Volumendifferenz von direkt nach zu 1 Std. nach der Bewegung Diff.I-III Volumendifferenz von vor zu 1 Std. nach der Bewegung

ICC Intraklassenkorrelation Kap. Kapitel

SMB Sports Medicine Boots Tab. Tabelle

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1. EINLEITUNG

Erkrankungen des Bewegungsapparates gelten nach der „Statistik deutscher Tier- versicherer“ sowie weiterer Studien als eine der Hauptursachen für Abgang und Tod bei Renn- und Turnierpferden (JEFFCOTT et al., 1982; LINDNER u. OFFENEY, 1992, HERTSCH, 1992). Auch wenn für Freizeitpferde keine konkreten Zahlen vor- liegen, kann davon ausgegangen werden, dass die Situation bei diesen Pferden ähn- lich ist.

Die Entstehung solcher Erkrankungen, zu denen z.B. Entzündungen der Beugeseh- nen und des Fesseltrageapparates sowie Gleichbeinfrakturen gehören, wird vielfach auf die extreme Hyperextension des Fesselgelenkes sowie das zusätzliche Einwir- ken weiterer Faktoren wie Ermüdung und das wiederholte Auftreten von Traumen zurückgeführt (STASHAK, 1989, KOBLUK et al., 1988). Daher erscheint es durchaus verständlich, dass viele Pferdebesitzer und Reiter versuchen, die Gliedmaßen ihrer Pferde durch Bandagen oder Gamaschen zu schützen und die Gelenke zu stützen.

Zusätzlich setzen sie Bandagen ein, um ein Anlaufen der Gliedmaßen zu verhindern.

Allerdings führen jedoch vor allem Bandagen zu einer Minderdurchblutung des Pfer- defußes sowie zu einer Kompression der Lymphgefäße (MORLOCK et al., 1994;

VON KLEIST, 2002; ROTHE, 2004; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005; FEDELE u. BERENS VON RAUTENFELD, 2005; FEDELE et al., 2006;

FELSINGER, 2006).

Die Veränderungen des digitalen Blutflusses scheinen wiederum eine zentrale Rolle bei der Entstehung bestimmter Erkrankungen der Gliedmaße, wie z.B. der Hufrehe oder der Podotrochlose zu spielen (SCOTT et al., 1978; HUNT et al., 1994; SENN, 1994; HINCKLEY et al., 1995).

Die Kompression der Lymphgefäße führt wahrscheinlich zu einer Prädisposition für akute Phlegmonen und langfristig zur Elephantiasis.

(10)

In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluss von Bandagen und Gamaschen auf das Volumen der Extremitäten des Pferdes in einer Verlaufskontrolle untersucht. Zur Vo- lumenmessung wird das Perometer® genutzt, ein opto-elektronischer Körperscanner.

Auf der Grundlage der gewonnenen Ergebnisse werden Rückschlüsse bezüglich der Auswirkungen von Bewegung sowie von Bandagen und Gamaschen auf physiologi- sche Vorgänge gezogen. Außerdem wird der Nutzen bzw. der Schaden durch den Gebrauch von Bandagen und Gamaschen diskutiert.

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2. LITERATURÜBERSICHT

2.1 Anatomie der Zehe des Pferdes

Bei dem zu den Einhufern zählenden Pferd ist nur noch die dritte der ursprünglich fünf angelegten Zehen vollständig ausgebildet. Ursache für diese Adaption war die Notwendigkeit einer schnelleren Fortbewegung. In Folge dieser Rückbildung kam es zu folgenden Veränderungen (GOODSHIP u. BIRCH, 2001):

1. Verlängerung der Gliedmaßen mit Muskulatur, die proximal am Zentrum des Kör- pers lokalisiert ist,

2. kontrollierte Bewegungsmöglichkeiten der Gelenke der unteren Extremität,

3. Einrichtung von passiven Haltevorrichtungen zur Reduzierung der notwendigen Energie im Stand und in der Bewegung,

4. Reduktion der Knochenmasse im Bereich der unteren Extremität.

Die knöcherne Grundlage der distalen Gliedmaße bilden die Metakarpal- bzw. Meta- tarsalknochen, das Fesselbein, die Gleichbeine, das Kronbein und Strahlbein sowie das Hufbein mit den dazu gehörenden Hufknorpeln (s. Abb. 2.1, 2.2; NICKEL et al., 1992). Diese Knochen artikulieren im Karpal- bzw. Tarsalgelenk, im Huf- und Kron- gelenk sowie im Fesselgelenk, das sich in Hyperextensionsstellung befindet. Die Gelenke werden jeweils von einer Gelenkkapsel umgeben und von entsprechenden Bändern stabilisiert (NICKEL et al., 1992; PARKS, 2003).

Im Bereich der distalen Gliedmaße befinden sich nur Sehnen, wobei die zugehörigen Muskeln oberhalb von Karpal- und Tarsalgelenk enden (GIRTLER, 2001; PARKS, 2003). Die Endsehnen der Zehenstrecker inserieren auf der dorsalen Seite der Zehenknochen, die Zehenbeuger auf der palmaren bzw. plantaren Seite am Kron- bein bzw. Hufbein.

(12)

Der rein sehnige M. interosseus medius, der mit je einem Schenkel an den beiden Gleichbeinen inseriert und zwei Unterstützungsschenkel an die Strecksehne abgibt, wirkt in Verbindung mit den distalen Sesambeinbändern und den durch Bänder mit- einander verbundenen Gleichbeinen als passiver Trageapparat und Feststeller des Fesselgelenkes.

Im Bereich der unteren Extremität befinden sich neben den oben genannten Struktu- ren außerdem synoviale Einrichtungen (Sehnenscheiden und Schleimbeutel), Leitungsbahnen (Blut-, Lymphgefäße und Nerven), die Haut, Unterhaut und Faszien sowie der Huf mit Hornkapsel und Lederhaut. Infolge Fehlens der Muskulatur in diesem Bereich liegt hier ein unmittelbares Nebeneinander von Skelettelementen, Sehnen und Leitungsbahnen im Bindegewebe direkt unter der Haut vor.

Die Abb. 2.1 und 2.2 zeigen die Strukturen im Bereich der unteren Extremität am Beispiel des linken Unterschenkels und Fußes.

(13)

Abb. 2.1: Laterale Ansicht des distalen Abschnittes des linken Unterschenkels und Fußes, wobei die Haut und ein Teil der Faszie entfernt wurden (Abb. entnommen aus STASHAK, 1989).

(14)

Abb. 2.2: Mediale Ansicht des distalen Abschnittes des linken Unterschenkels und Fußes, wobei die Haut und ein Teil der Faszie entfernt wurden (Abb. entnommen aus STASHAK, 1989).

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2.2 Anatomie des Blutkreislaufs und Hämodynamik bei Mensch und Pferd

Die Aufgaben des Körperkreislaufes sind die Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen, der Abtransport von Stoffwechselprodukten, der Transport von Hormonen und die Thermoregulation (SCHMITZ, 1987; NICKEL et al., 1996; VON ENGELHARDT, 2000b).

Der Blutkreislauf besteht aus einem in sich geschlossenen System parallel oder auch seriell geschalteter Blutgefäße, in denen das Herz als Pumpe eine gerichtete Blut- strömung erzeugt. Man unterscheidet Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen und Venen voneinander (LEONHARDT, 1990; LIEBICH, 1999).

Die „Stromstärke“ in den verschiedenen Gefäßen, also das Blutvolumen, das pro Zeiteinheit fließt, wird analog zum Ohmschen Gesetz durch den Blutdruck und den Widerstand der Gefäße bestimmt (VON ENGELHARDT, 2000b).

Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit ist abhängig vom Radius der jeweiligen Gefäße. Das Hagen-Poiseuillesche Gesetz stellt eine Erweiterung des Ohmschen Gesetzes dar. Aus diesem geht hervor, dass sich der Gesamtwiderstand reziprok mit der 4. Potenz des Gefäßradius ändert. Deshalb haben sehr kleine Veränderungen des Radius sehr große Effekte auf den Gesamtwiderstand und analog dem Ohm- schen Gesetz damit auf den Blutdruck und/oder auf den Blutfluss (VON ENGEL- HARDT, 2000b).

Die Arterien bilden gemeinsam mit den Arteriolen das Hochdrucksystem des Körpers, das den schnellen Transport und die Verteilung des Blutes im Körper reali- siert. Die Arterien werden in Arterien vom elastischen Typ und in Arterien vom muskulären Typ unterteilt (LEONHARDT, 1990; LIEBICH, 1999).

Arterien vom elastischen Typ sind herznahe Gefäße und wandeln das aus dem Herzen diskontinuierlich ausgeworfene Blutvolumen in eine mehr kontinuierliche Strömung des Blutes um, bekannt als „Windkesselfunktion“.

Arterien vom muskulären Typ weisen eine ausgeprägte Muskelschicht auf, wodurch sie ihren Durchmesser den Gegebenheiten anpassen und so Blutdruck und/oder Blutfluss regulieren können (VON ENGELHARDT, 2000b).

(16)

Die Blutkapillaren bilden ein fein verzweigtes Netz zwischen den kleinsten Arteriolen und den postkapillären Venolen. Sie dienen zum Gas-, Stoff- und Flüssigkeitsaus- tausch (LEONHARDT, 1990; LIEBICH, 1999; VON ENGELHARDT, 2000b). Der Gasaustausch erfolgt hierbei ausschließlich durch Diffusion, der Stoffaustausch überwiegend durch Diffusion, aber auch über Transportkanäle.

Der Flüssigkeitsaustausch zwischen Blut und Interstitium ist abhängig von den hydrostatischen und kolloidosmotischen Druckdifferenzen, die den effektiven Filtrati- onsdruck bestimmen. Während sich der kolloidosmotische Druck im Verlauf der Kapillare nicht nennenswert ändert, nimmt der hydrostatische Druck zum Ende der Kapillare hin ab, so dass sich der effektive Filtrationsdruck entlang der Kapillare ver- ändert. Daher kommt es zu Beginn der Kapillare zur Filtration von Flüssigkeit und zum Ende hin zur Reabsorption. Da das Blutgefäßsystem jedoch nur 90% der filtrier- ten Flüssigkeit reabsorbiert, werden die restlichen 10% über die Lymphgefäße aus dem interstitiellen Raum abtransportiert.

Die Venen, die zusammen mit den Venolen das Niederdrucksystem des Kreislaufs bilden, dienen der Rückführung des Blutes zum Herzen und der Blutspeicherung (LEONHARDT, 1990; LIEBICH, 1999). Etwa 70% des zirkulierenden Blutes befinden sich im venösen System, so dass ein erhöhter Blutbedarf schnell gedeckt werden kann. Dementsprechend ist die Dehnungsfähigkeit der Wand vorherrschendes Merkmal der Venen. Sie übersteigt die der Arterie um das 200-fache (VON ENGEL- HARDT, 2000b).

Abhängig von der Lokalisation und der hydrostatischen Belastung weisen Venen Unterschiede in der Ausprägung der Wandschichten auf. Die Venen der unteren Körperteile, wie der distalen Gliedmaße sind z.B. muskelreicher und damit wandstär- ker als die der oberen Körperpartien (DAHME, 1970; LEONHARDT, 1990; ROBIN- SON, 1990).

Die in der Tunica media der Venen vorhandenen wenigen glatten Muskelzellen reichen jedoch allein nicht aus, um, vor allem im Bereich der Gliedmaßen, Wider- stände wie die Wirkung der Schwerkraft zu überwinden (SCHMITZ, 1987). Der Rück- fluss des Blutes wird daher durch vier Mechanismen gesichert:

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1. Venenklappen: Als Besonderheit sind in Venen, mit Ausnahme der großen Venenstämme sowie der Venen innerhalb des Hufes (ROBINSON, 1990), in regelmäßigen Abständen Intimaduplikaturen entwickelt, die als Venenklappen bezeichnet werden. Ihre Anzahl korreliert im Allgemeinen mit der hämostati- schen Belastung (DAHME, 1970). Sie erleichtern den Rückfluss des Blutes und verhindern eine Umkehr der Strömungsrichtung.

2. Muskelpumpe: Durch Kontraktion der Skelettmuskeln werden die Venen komprimiert und das Blut aufgrund der Ventilwirkung der Klappen herzwärts transportiert.

3. Atmungspumpe: Bei der Inspiration entsteht im Thorax ein Unterdruck, der zur Erweiterung der intrathorakalen Venen und der Vorhöfe und somit zum Ansaugen des Blutes aus den extrathorakalen Venen führt. Gleichzeitig wird durch die Kontraktion des Zwerchfells der Druck im Abdomen erhöht, so dass venöses Blut in die thorakalen Venen gepresst wird.

4. Ventilebenenmechanismus: Durch Senken der Ventilebene des Herzens während der Systole wird Blut aus den herznahen Venen in den rechten Vorhof gesogen.

Zusätzlich entsteht durch das Auffußen ein Druck in dem im Huf lokalisierten Venen- plexus (Endgeflecht der Venen), was den Bluttransport ebenfalls unterstützt (RATZ- LAFF et al., 1985).

In den Venen des Pferdes, die im distalen Gliedmaßenbereich lokalisiert sind, ist die Pulsatilität synchron zur Herzfrequenz (HOFFMANN et al., 1999). Dies ist wahr- scheinlich auf die Nähe der Venen zu den Arterien und fehlendes Gewebe zur Absorption der kinetischen Energie der Arterienwände zurückzuführen. Auf diese Art kann ein Teil der Energie von der Arterie auf die begleitende Vene übertragen werden.

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2.3 Anatomie und Physiologie des Lymphgefäßsystems bei Mensch und Pferd

Das Lymphgefäßsystem ist ein den Venen parallel geschaltetes, blind endendes Drainagesystem (BAUM, 1928; KUBIK, 1999, 2002). Es sammelt Flüssigkeit aus dem interstitiellen Raum und leitet diese über den Ductus thoracicus in das Venen- system (VON ENGELHARDT, 2000a).

Da sich in der veterinärmedizinischen Literatur nur wenige Publikationen über die Anatomie des Lymphgefäßsystems finden (z. B. BAUM, 1928), wird hier auch auf Literatur aus dem humanmedizinischen Bereich zurückgegriffen. Wie bisherige Arbeiten zeigen, ist davon auszugehen, dass sich die Gegebenheiten bei Mensch und Pferd weitgehend entsprechen (BERENS VON RAUTENFELD u. SCHACHT, 2002).

Morphologisch und funktionell sind folgende Lymphgefäßabschnitte zu unterscheiden (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005):

1. Initiale Lymphgefäße (Vasa lymphatica initialia). Dazu zählen die Lymphkapillaren (Vasa lymphocapillaria) sowie die Präkollektoren (Vasa lymphatica praekollectoria),

2. Kollektoren (Vasa lymphatica collectoria),

3. Lymphsinus (Sinus lymphatici) der Lymphknoten (Nodi lymphatici), 4. Lymphstämme (Trunci lymphatici).

Während die Lymphkapillaren funktionell als Resorptionsgefäße zu bezeichnen sind, arbeiten Kollektoren und Lymphstämme als Leitungsgefäße. Die Präkollektoren üben eine Doppelfunktion aus. Lagemäßig sind sie Leitungsgefäße, auf weiten Strecken sind sie jedoch auch resorptionsfähig (KUBIK, 1999, 2002).

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2.3.1 Initiale Lymphgefäße

Das System der initialen Lymphgefäße setzt sich aus den Lymphkapillaren und den Präkollektoren zusammen.

Der Aufbau der Lymphkapillaren wurde beim Menschen genauer untersucht und konnte von BRAUN (2004) beim Pferd weitgehend bestätigt werden:

Die Lymphkapillaren bilden in der Haut und in den Schleimhäuten ein im interstitiel- len Bindegewebe gelegenes feinmaschiges polygonales Netz mit blind endenden Ausbuchtungen (CASTENHOLZ, 1984; KUBIK, 1999, 2002).

Ihr Aufhängeapparat zur Fixierung der Lymphkapillaren im Gewebe wird durch radiär lokalisierte Ankerfilamente gebildet (CASTENHOLZ, 1984; KUBIK, 1999, 2002;

BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Benachbarte Endothelzellen sind entweder über „open“ oder „closed junctions“ mit- einander verbunden (KUBIK, 2002). Die „open junctions“ bzw. interendothelialen Öffnungen oder Einflussventile werden bei Anstieg der Menge an lymphpflichtigen Lasten im Gewebe durch die damit verbundenen Druckveränderungen im Gewebe über den Aufhängeapparat weitgestellt (KUBIK, 1999, 2002; BERENS VON RAU- TENFELD u. SCHACHT, 2002). Die subendothelialen Filamente sind nach GERLI et al. (1990) elastisch und sorgen als Retraktionsapparat für die Entleerung der initialen Lymphgefäße in Richtung der nachgeschalteten Kollektoren.

Im Bereich der interendothelialen Öffnungen kommt es zur Ausbildung zytoplasma- tischer Überlappungen, die als taschenartige Strukturen ein Zurückfließen von Lymphe in das Interstitium verhindern (CASTENHOLZ, 1984; BERENS VON RAU- TENFELD et al., 1998; FÖLDI u. FÖLDI, 2002b).

Die anschließenden Präkollektoren sammeln Lymphe aus umschriebenen Arealen des Lymphkapillarnetzes und leiten sie in die Kollektoren. Auch sie liegen in netz- artiger Formation vor (MEYER, 1988; KUBIK, 1999, 2002). Im Unterschied zu den Lymphkapillaren besitzen sie bereits Klappen und üben eine ableitende Funktion aus (KUBIK, 1999, 2002).

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2.3.2 Kollektoren

Kollektoren nehmen die Lymphe aus den zugehörigen initialen Lymphgefäßen auf und transportieren sie zu den entsprechenden Lymphknoten. Grundsätzlich besitzen Pferde größere, dafür jedoch weniger Kollektoren als der Mensch (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Die Kollektoren werden von Taschenklappen, die die Aufgabe von „Rückflusssper- ren“ übernehmen, in Lymphangione bzw. Klappensegmente unterteilt (KUBIK, 1999, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Der Wandbau der Kollektoren zeigt eine ähnliche Dreischichtung wie der der Venen (KUBIK, 1999, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005). Er besteht aus einer Tunica interna, einer Tunica media und einer Tunica externa. Die drei Schichten sind allerdings nicht immer deutlich voneinander abzugrenzen.

BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE (2005) beschreiben glatte Muskelzellen speziesübergreifend in allen drei Wandschichten der Kollektoren, die gemeinsam die Lymphgefäßwandpumpe bilden. Das Pferd besitzt als muskelzellarmer Kollektoren- typ weniger glatte Muskelzellen in den Kollektoren als der Mensch. Die Anzahl glatter Muskelzellen variiert zwischen topographisch unterschiedlich gelegenen Kollektoren (dermal, subkutan und subfaszial) innerhalb eines Kollektorenabschnittes, aber auch innerhalb einer Spezies.

Eine Besonderheit bei tiefen und oberflächlichen Kollektoren der Beckengliedmaße des Pferdes stellen die von HARLAND (2003, 2004) beschriebenen, im Stratum sub- endotheliale der Tunica interna gelegenen Myofibroplasten dar. Hierbei handelt es sich um Transformationszellen von Fibroblasten (HARLAND, 2003). Unter Umstän- den können diese Zellen durch Bewegung oder Einsatz der Manuellen Lymphdraina- ge aus Bindegewebszellen transformiert werden, wodurch die Muskelwandpumpe nicht nur „trainiert“ sondern auch vermehrt werden könnte (ROTHE, 2004). Eventuell stellen die Myofibroblasten aber auch ein Reizleitungssystem ähnlich dem im Darm dar, das als Schrittmachersystem auf die glatte Muskelwandpumpe wirkt (HARLAND, 2003).

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Topographisch unterscheidet man mit Bezug auf die oberflächliche Faszie oberfläch- lich gelegene, dermale und hypodermale oder epifasziale Kollektoren (Vasa collecto- ria superficialia) von tief gelegenen oder subfaszialen Kollektoren (Vasa collectoria profunda) (KUBIK, 2002). Im distalen Gliedmaßenbereich des Pferdes sind die bei- den Systeme nicht mehr durch eine Faszie voneinander getrennt (BAUM, 1928;

HARLAND, 2003). Während das oberflächliche System die Haut und die Unterhaut drainiert, leitet das tiefe System die Lymphe der Muskeln, Gelenke, Sehnenscheiden und Nerven ab.

Innerhalb der Pferdeextremität bilden die subfaszialen (tiefen), beim Menschen dagegen die epifaszialen (oberflächlichen) Kollektoren den Hauptdrainageweg (BERENS VON RAUTENFELD u. SCHACHT, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

2.3.3 Lymphbildung und Lymphtransport

Unter Lymphbildung versteht man einerseits den Einstrom von eiweißhaltiger Gewebsflüssigkeit in das initiale Lymphgefäßsystem und andererseits den Abtrans- port der Lymphe aus den Präkollektoren in Richtung der Kollektoren (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

In der Humanmedizin und ebenso beim Pferd wird eine zweiphasige Lymphbildung beschrieben (FÖLDI u. FÖLDI, 2002b; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005):

In der Füllungsphase dehnt sich das Interstitium des subkutanen Bindegewebes durch sich ansammelnde Flüssigkeit aus. Die elastischen Ankerfilamente der initialen Lymphgefäße geraten unter Spannung und stellen so die interendothelialen Öffnungen und die initialen Lymphgefäße weit. Aufgrund des niedrigeren Druckes in der Lymphkapillare im Verhältnis zum Gewebedruck fließt die eiweißhaltige Gewebs- flüssigkeit in die Lymphkapillare.

In der Entleerungsphase ist der Gewebedruck niedriger als der Lymphkapillardruck.

Daher erschlaffen die Ankerfilamente und die Einflussventile schließen sich. Die

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Lymphkapillare wird durch den Druck und durch elastische Rückstellungskräfte des Gewebes in Richtung Präkollektor entleert.

Bei körperlicher Ruhe wird nur wenig Lymphe gebildet (FÖLDI u. FÖLDI, 2002b). Zur Gewährleistung einer andauernden hohen Lymphbildung sind periodische Gewebe- spannungen notwendig, wie sie beim Laufen oder durch Manuelle Lymphdrainage auftreten.

Im Bereich der Kollektoren und der Lymphgefäßstämme wird die Lymphe durch die Pulsation der Lymphangione mit Hilfe der in der Tunica media positionierten glatten Muskelzellen aktiv vorangetrieben. Diese „Lymphgefäßwandpumpe“ zeigt ähnlich wie das Herz eine zweiphasige Aktion mit einer Systole (Entleerungsphase) und einer Diastole (Füllungsphase). Die funktionelle Regulation der Lymphangione erfolgt ebenfalls analog der beim Herzen. Es wirken vegetative und sensorische Reize (z.B.

analog dem Frank-Starlingschem Mechanismus), aber auch ein Schrittmachersystem auf die glatte Muskelwandpumpe (FÖLDI u. FÖLDI, 2002b; BERENS VON RAU- TENFELD u. FEDELE, 2005).

Das Pferd weist im Vergleich mit dem Menschen insoweit eine Besonderheit auf, als dass nur seine tief verlaufenden Kollektoren einen mehrschichtigen Wandanteil an glatten Muskelzellen besitzen. Die oberflächlichen Kollektoren zeigen keine bzw. nur vereinzelte glatte Muskelzellen (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Dafür weisen alle Kollektoren einen mehr oder weniger hohen Anteil an elastischen Fasern auf, der innerhalb des Lymphangions etwa 40% beträgt (HARLAND, 2003).

Aufgrund dieser Tatsache sind BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE (2005) der Meinung, dass in dermalen und hypodermalen Kollektoren neben dem Frank- Starlingschen Mechanismus auch elastische Rückstellkräfte für einen Transport der Lymphe sorgen.

Die Lymphangiomotorik wird durch extra- und intralymphvaskuläre Faktoren modu- liert (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005). Unter intralymphvaskulären Faktoren versteht man verschiedene Stoffe, wie z.B. Leukotriene, Eikosanoide, Prostaglandine und biogene Amine (Histamin, Bradykinin, Serotonin). Extravaskuläre Faktoren sind im Allgemeinen die Atmung, Bewegung der Eingeweide, Gelenk- und

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Muskelsehnenpumpen sowie Pulsationen der Arterien (FÖLDI u. FÖLDI, 2002b;

BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Im Bereich des Pferdefußes fehlen im Vergleich zum Menschenfuß zwei Antriebssys- teme (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005):

Da im Bereich des Pferdefußes nur die entsprechenden Sehnen, aber keine Skelettmuskeln und kein subkutanes Fettpolster vorhanden sind, ist keine Skelett- muskelpumpe angelegt. Auch eine „arterielle Pulsationspumpe“ soll dem Pferd fehlen, da die tief verlaufenden Arterien, Venen und Kollektoren nicht wie beim Menschen durch eine gemeinsame Bindegewebsscheide gebündelt sind.

Vorhanden sind dagegen die Hufpumpe sowie die Fesselgelenkspumpe. BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE (2005) sprechen der Huf- und der Fesselgelenks- pumpe beim Pferd eine besondere Bedeutung zu, da sie der Meinung sind, dass die spärlich angelegte glatte Kollektorenwandpumpe sowie der elastische Retraktions- apparat vor allem in Ruhe für den Lymphtransport nicht ausreichen dürften.

Die Hufpumpe ist sowohl beim stehenden als auch beim bewegten Pferd von Interesse und wirkt auf die Lymph- sowie auf die Blutgefäße (BERENS VON RAU- TENFELD u. FEDELE, 2005). Bei der Fußung des Hufes steigt der interstitielle Druck innerhalb der Huflederhaut und Gewebsflüssigkeit tritt in die initialen Lymphgefäße ein (Füllungsphase). Außerdem werden die Kollektoren und Venen zwischen Zehen- polster und elastischem Hufknorpel komprimiert, was ihre Entleerung fördert. Beim Anheben des Hufes sinkt der interstitielle Druck und die initialen Lymphgefäße leeren sich (Entleerungsphase).

Die Fesselgelenkspumpe ist von Bedeutung für den Lymphabfluss zwischen Huf- saum und Tarsal- bzw. Karpalgelenk (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005). Das Fesselgelenk unterscheidet sich von den übrigen Gelenken der Gliedmaßen durch seine hohe Beweglichkeit. Außerdem spielt es aufgrund der Kollektorenverläufe (dorsal und palmar/plantar) eine größere Rolle als das Karpal- bzw. Tarsalgelenk (medial und lateral). Auf diese Art und Weise kann es das intra- vaskuläre Antriebssystem der Kollektoren unterstützen. Im Bereich des Fesselkopfes ist zu beachten, dass Kollektoren wegen des oben genannten Verlaufes besonders empfindlich auf Kompression reagieren.

(24)

2.4 Volumenänderungen der unteren Extremität bei Mensch und Pferd

2.4.1 Definition und Formen des Ödems

Unter dem Begriff Ödem versteht man im klinischen Sinne eine Schwellung, welche durch eine Vermehrung des Flüssigkeitsgehaltes im Interstitium verursacht wird und in der Regel sichtbar und tastbar ist (FÖLDI u. FÖLDI, 2002b).

Je nach Ursache werden Ödeme in der Humanmedizin in verschiedene Arten unter- teilt (HERPERTZ, 1988, 2001; WERNER, 2001; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a). Diese Ein- teilung wird in der Veterinärmedizin weitestgehend übernommen:

1. Lymphödem (mechanische Insuffizienz des Lymphgefäßsystems; Unterteilung in primäre und sekundäre Formen),

2. Entzündliches Ödem (erhöhte Permeabilität der Blutgefäße durch die Ausschüt- tung von Entzündungsmediatoren),

3. Traumatisches Ödem (vorübergehendes Auftreten von Schwellungen infolge leichterer bzw. mittelschwerer Traumen),

4. Allergisches Ödem (Erhöhung der Permeabilität der Blutgefäßwand durch eine immunologische Reaktion),

5. Kardiologisches Ödem (Folge einer Rechtsherzinsuffizienz),

6. Phlebödem (Erhöhung des venösen Drucks durch Erkrankungen des Venensys- tems),

7. Hydrostatisches Überlastungsödem (Störungen der Hämodynamik, z.B. durch längeres unbewegliches Stehen, aufgrund des Ausfalls extramuraler Kräfte, die für die Transportfunktion sowohl des venösen wie auch des Lymphsystems wichtig sind),

8. Inaktivitätsödem (lymphogene und venöse Abflussbehinderung bei Immobilisati- on einer Gliedmaße),

9. Hypoproteinämisches Ödem (verminderter Albumingehalt im Blut durch man- gelnde Zufuhr, mangelnde Synthese, erhöhten Verbrauch oder erhöhten Verlust von Eiweiß).

(25)

2.4.2 Volumenänderungen der unteren Extremitäten in Orthostase beim Menschen

Der Mensch neigt, ähnlich wie das Pferd, bei längerem Stehen zu Volumenzunah- men an den unteren Extremitäten (SCHMITZ, 1987). Daher werden an dieser Stelle verschiedene Studien zu Volumenveränderungen der Extremitäten beim Menschen diskutiert.

PANNIER u. RABE (2004) wiesen in ihrer Arbeit mit Hilfe eines Perometers (s. Kap.

3.2) bei venengesunden Menschen während eines Stehversuches über zehn Minu- ten eine signifikante Volumenzunahme um 2,48% nach. Dabei gab es keinen Unter- schied zwischen linkem und rechtem Bein. STICK et al. (1993) stellten in ihrer Studie temperaturabhängige Volumenzunahmen um 1,6 bis 2,0% fest. Diese ermittelten sie nach zehnminütigem Stehen mittels Quecksilber-Dehnungsmessstreifen.

Volumenänderungen der unteren Extremität setzen sich sowohl aus einer intravasa- len Volumenzunahme als auch aus einer extravasalen Komponente im Sinne eines Ödems zusammen (WUPPERMANN et al., 1987; PANNIER u. RABE, 2004).

In der Initialphase der Orthostase spielt die intravasale Volumenzunahme die größere Rolle, wie z.B. mit Hilfe der Luft-Plethysmographie festgestellt wurde. Diese Veränderungen verlaufen sehr schnell und sind hinsichtlich ihrer Volumina signifikant (WUPPERMANN et al., 1987; MÜLLER-BÜHL et al., 1998; PANNIER u. RABE, 2004).

Im Stehen wirkt die Schwerkraft in Richtung der den Körper längs durchziehenden Gefäße. Durch den steigenden Druck werden die Venen gedehnt und nehmen ein größeres Blutvolumen auf, das beim gesunden Menschen 300 bis 500 ml betragen kann. Da in den oben genannten Studien eine verhältnismäßig kurze Stehzeit von zehn Minuten gewählt wurde, sind die ermittelten Werte auf diesen Mechanismus zurückzuführen (PANNIER u. RABE, 2004).

Die Volumenveränderungen im Interstitium verlaufen hingegen sehr langsam (PANNIER u. RABE, 2004). Hierzu konnten KRIJNEN et al. (1997) bei Volumenmes- sungen am Unterschenkel im Tagesverlauf Zunahmen um 3,4% (linke Beine) bzw.

2,6% (rechte Beine) feststellen.

(26)

2.4.3 Angelaufene Beine beim Pferd

Die Begriffe „angelaufene“ bzw. „dicke Beine“, „Herbst- oder Winterbeine“, „swollen legs“, „stocking edema“ oder „cold edema“ beschreiben ein bekanntes Phänomen in der Pferdepraxis (s. Abb. 2.3) (JUBB, 1993; ROMERO u. DYSON, 1997; SCHÄFER et al., 1999; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005). Da es nicht als Krankheit im eigentlichen Sinne gewertet wird und im Allgemeinen keine akuten Probleme verursacht, finden sich in der veterinärmedizinischen Literatur nur wenige Informationen zu diesem Thema.

Abb. 2.3: Exemplarische Ansicht angelaufener Hintergliedmaßen eines Pferdes (MEINARDUS, 2005).

Angelaufene Beine können an allen vier Gliedmaßen auftreten. In der Regel sind jedoch nur die Hintergliedmaßen betroffen. BERENS VON RAUTENFELD u.

FEDELE (2005), die die angelaufenen Beine als eine Form von Lymphödem

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ansehen, führen dies auf den längeren Lymphdrainageweg vom Hinterfuß zum linken Venenwinkel als vom Vorderfuß zurück. Auch der längere Weg des Blutes zum Herzen könnte hierbei von Bedeutung sein (FELSINGER, 2006).

Die Schwellung tritt nach Meinung vieler Autoren wie z.B. ROMERO u. DYSON (1997) bilateral symmetrisch auf. BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE (2005) sehen teilweise, ähnlich wie beim primären Lymphödem des Menschen, eine Asym- metrie, die in der Regel nur undeutlich ist.

Das Ödem beschränkt sich normalerweise auf den distalen Gliedmaßenbereich bis zur Höhe des Karpus bzw. Tarsus. Die Gliedmaßen sind nicht warm und die Schwel- lungen sind weich, eindrückbar und nicht schmerzhaft. Das Allgemeinbefinden der betroffenen Pferde ist nicht gestört, und sie zeigen keine Lahmheit.

Die Ätiologie der angelaufenen Beine ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Auf- fällig ist, dass vor allem Pferde in Boxenhaltung betroffen sind, so dass fehlende Be- wegung als prädisponierender Faktor angesehen werden kann.

Da nicht alle Pferde unter diesen Haltungsbedingungen angelaufene Beine ausbil- den, ist eine genetische Disposition sehr wahrscheinlich.

Wie bereits oben erwähnt, wird von einigen Autoren eine lymphatische Abfluss- schwäche für dieses Phänomen verantwortlich gemacht (ROMERO u. DYSON, 1997; BERENS VON RAUTENFELD et al., 2000; BERENS VON RAUTENFELD u.

FEDELE, 2005).

ROTHE (2004) konnte Hinweise finden, dass Pferde mit angelaufenen Beinen eine Hypoplasie des Lymphdrainagesystems besitzen. Sie unterscheidet einen kollekto- renarmen vom kollektorenreichen Typ. Bei beiden Typen ist die Anzahl der ober- flächlichen und tiefen Hauptkollektoren nahezu identisch, während die Anzahl der kurzen hypodermalen Kollektoren des Fußes, der Kollateralen und der Anastomosen zwischen den Hauptkollektoren jedoch außerordentlich variieren können. Diese Aus- bildung könnte genetisch fixiert sein. Der Befund von ROTHE (2004) ist allerdings nicht statistisch abgesichert. MEYER (1988) wies in seinen Untersuchungen bereits beim stehenden, optisch gesunden Pferd Anzeichen einer Stauung in den Lymphge- fäßen nach. Aufgrund dieser Gegebenheiten könnten die angelaufenen Beine als

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hereditäres primäres Lymphödem gedeutet werden (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005). Bei einer langen Immobilisation in Form von Boxenhaltung steigt das Nettoultrafiltrat aufgrund des erhöhten Kapillardruckes, die ohnehin schon schwache Transportkapazität des Lymphgefäßsystems wird überschritten und es entstehen angelaufene Beine. Daher bezeichnen BERENS VON RAUTENFELD u.

FEDELE (2005) die angelaufenen Beine auch als (angeborenes) orthostatisches Ödem.

MEINARDUS (2005) sieht die Ursache der angelaufenen Beine ebenfalls in einer entsprechenden Anfälligkeit, kombiniert mit Bewegungsmangel. Sie schreibt das Phänomen allerdings eher Problemen bei der Blutversorgung zu. Durch Kontraktion und Erschlaffung der Muskulatur in den bemuskelten Körperteilen und in den Glied- maßen werden vor allem die für den Rücktransport des Blutes zuständigen Venen in ihrer Arbeit unterstützt. Bewegungsmangel kann dazu führen, dass die Venen es nicht schaffen, das Blut schnell genug wieder zurück zum Herzen zu transportieren.

Die deshalb zu hohe Blutmenge in den Venen führt dazu, dass Flüssigkeit in das um- liegende Gewebe eintritt und die Beine von unten beginnend anlaufen.

VON ENGELHARDT (2000b) hat eine ähnliche Erklärung dafür, was mit verantwort- lich für die bei ruhigem Stehen gehäuft auftretenden Ödembildungen in den unteren Extremitäten bei Tieren ist. Da die Skelettmuskelpumpe nur bei Bewegung arbeiten kann, kann es beim sehr ruhig stehenden Tier in den Gliedmaßen zur vermehrten Füllung der Venen und damit zu einem Auseinanderweichen der Venenklappen kommen. Schließlich ist eine kontinuierliche Blutsäule vorhanden und der Druck in den unteren Extremitäten entspricht somit der Schwerkraft. Durch den dadurch hohen Venendruck ist auch der Druck in den Kapillaren erhöht, was zu einer ver- stärkten Filtration führt.

SCHMITZ (1987) liefert in seinem Buch auf der Grundlage dieser Ätiologie eine Er- klärung dafür, warum Gliedmaßen bei Tieren deutlich weniger schnell anlaufen als beim Menschen. An den Gliedmaßen von Tieren sind unterhalb der Wade kaum Muskeln vorhanden. Daher brauchen die Venen ihr Kaliber nicht ständig zu ändern, und sie können in ihrer Dehnungsfähigkeit starr begrenzt werden. So ist bei den Tieren das Venensystem zwischen Fuß und Unterschenkel so in Bindegewebe

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großer Festigkeit eingebettet, dass es fast wandstarr ist. Daher kann ein Pferd stun- denlang im Stehen schlafen, während sich beim Menschen bereits nach wenigen Minuten die erste Beinschwellung bemerkbar macht. SCHMITZ (1987) gibt in seinem Buch allerdings keine Untersuchungen an, die seine Theorie praktisch bestätigen.

SCHÄFER et al. (1999) verstehen unter Herbst- oder Winterbeinen Stauungsödeme an den Hintergliedmaßen durch venöse Stauung oder Lymphstauung.

Die Autoren vertreten auch in Hinblick auf die Therapie verschiedene Meinungen.

ROMERO u. DYSON (1997) halten eine Therapie für nicht notwendig, da sich das Ödem nach Bewegung weitgehend wieder zurückbildet. Zur Prophylaxe empfehlen sie genügend Bewegung sowie den Gebrauch von Stallbandagen.

Auch MEINARDUS (2005) ist der Meinung, dass regelmäßige Bewegung Abhilfe bei angelaufenen Beinen schafft und somit keine weitere Therapie notwendig ist.

SCHÄFER et al. (1999) befinden Massage und Bewegung als günstig bei Stauungs- ödemen. Ein therapeutischer Einsatz von Kompressionsverbänden an den Gliedma- ßen soll die weitere Ausbreitung des Unterhautödems verhindern und die Resorption fördern.

Auch KEEGAN et al. (1992) schätzen weiche Bandagen als positiv für die Reduktion und Prävention von Beinödemen sowie für die Unterstützung der Blutzirkulation der Extremität ein.

BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE (2005) lehnen den Gebrauch von Stall- bandagen über Nacht ab, da sie ihrer Meinung nach den Lymphfluss einschränken und längerfristig zur Schädigung der Kollektoren führen. Sie empfehlen genügend Bewegung, den Gebrauch von Kompressionsstrümpfen sowie die Therapie mit Hilfe der Manuellen Lymphdrainage, da diese das Lymphgefäßsystem stärken und die Ödembildung zurückdrängen soll. Diesen Effekt zu forcieren, scheint notwendig und sinnvoll zu sein, da Pferde mit angelaufenen Beinen offensichtlich verstärkt zu aku- ten Phlegmonen neigen (JUBB, 1993; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005). Viele Autoren sind sich außerdem sicher, dass der rezidiv auftretende Ein- schuss häufig die Elephantiasis zur Folge hat (THUM, 1916; HANEL, 1931). JÖHNK (1917) konnte dies jedoch nicht bestätigen.

(30)

2.5 Bewegung und Stoßdämpfung der Gliedmaßen beim Pferd

Jede Gliedmaße durchläuft in jeder Gangart fünf Phasen (PARKS, 2003):

das Auffußen (initial contact), die Stützphase (impact), das Stemmen (stance), das Heben (breakover) und die Vorführphase (flight) (s. Abb. 2.4).

Abb. 2.4: Schematische Darstellung der Bewegungsphasen einer Gliedmaße (WISS- DORF et al., 2002).

Die Bewegung beruht auf abwechselnder Verkürzung und Verlängerung der Glied- maßen durch die Beugung und Streckung aller Extremitätengelenke (GIRTLER, 2001). Mit beginnendem Bodenkontakt treten Veränderungen in den Gelenkwinkeln auf, was zu einer Reduzierung der Beinlänge führt und so die schnell gebildete Last dämpft (HJERTEN et al., 1993, 1994; BACK, 1995a).

An der Vordergliedmaße schnappt das Karpalgelenk zu Beginn der Stützphase schnell in eine Hyperextension, um als federnde Stütze zu wirken. Die Karpalkno- chen der proximalen und distalen Reihe weichen auseinander und gewährleisten eine Pufferung (SCHAUDER, 1952). Das Fesselgelenk arbeitet als elastische Feder, die Energie aufnimmt und Erschütterungen durch Bodenkontakt absorbiert (MER-

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KENS u. SCHAMHARDT, 1994). Die Stoßminderung im Radius selbst wird durch seine dorsal-konvexe Krümmung erreicht. Das Röhrbein trägt der auftretenden Be- lastung Rechnung, indem es sich in seiner Form, Wandstärke und seinem Spongio- saverlauf: anpasst: Durch gesteigerte Beanspruchung kommt es z.B. vor allem an der Dorsalwand zur Verdickung der Kompakta (SCHAUDER, 1952).

An der Hintergliedmaße demonstrieren die Streckung des Fesselgelenkes und die Beugung von Knie-, Tarsal- und Hufgelenk während der Stützphase die Schockab- sorption. In der Vorführphase beeinflusst anscheinend der Apparat, der Knie- und Tarsalgelenk koppelt (= Spannsägenkonstruktion), auch das Fesselgelenk, da eine synchrone Beugung und Streckung dieser drei Gelenke gezeigt werden (BACK, 1995c). Auch das Auseinanderweichen der Tarsalknochen führt zu einer Stoßdämp- fung (SCHAUDER, 1952).

Außerdem wird an der Vorder- und Hintergliedmaße durch den Hufmechanismus eine Stoßbrechung bewirkt.

Ebenso scheint das vaskuläre System der equinen Zehe Teil des schockabsorbie- renden Systems der Gliedmaße während der Fortbewegung zu sein. Ein rapider Anstieg im venösen Druck unmittelbar nach dem Bodenkontakt des Hufes weist dar- auf hin, dass die initiale Last auf den Huf beim Auffußen wahrscheinlich teilweise vom venösen System absorbiert wird (RATZLAFF et al., 1985).

Im Stand sowie während der Stützphase sind die tiefe und oberflächliche Beugeseh- ne sowie der Fesseltrageapparat die primär gewichtstragenden Strukturen in der Zehe (BACK, 1995b, BARTEL et al., 1978). Die Belastung dieser Sehnen sowie der vorhandenen Bänder führt zu einer Schockabsorption beim beginnenden Bodenkon- takt.

Mit steigender Geschwindigkeit steigt die Belastung auf den Huf, was zu einer stär- keren Deformation der Zehe (Absenken der Fessel) führt. Belastungsmomente treten vor allem im Renntempo und beim Sprung auf (HERTSCH, 1992). Das Ausmaß der Last auf die Gliedmaßen hängt neben der Geschwindigkeit des Pferdes von der Geographie der Zehe, vom Gewicht sowie der Oberflächenbeschaffenheit des Bodens ab (BACK et al., 1995a, SCHRYVER et al., 1978). DOBBERTHIEN (2001) konnte am Huf und Unterarm auf weichem Boden weniger Erschütterungen als auf

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hartem Untergrund feststellen. BARREY et al. (1991) stellten bei einer Untersuchung von neun verschiedenen Böden fest, dass vor allem die Trockendichte des Bodens einen Einfluss auf die Belastung der Gliedmaße hat. Ein hoher Anteil an organi- schem Material und Wasser sowie eine geringe Partikelgröße vermindern die auftre- tenden Erschütterungen.

Zudem halten es KOBLUK et al. (1988) für möglich, dass die extreme Fesselgelenks- beugung und die palmare Verlagerung des Karpus durch Ermüdung weiter ansteigen könnten, da Muskeln, Sehnen und Bänder ihre Integrität bzw. Einheit verlieren.

Die Tatsachen, dass mehr Lahmheiten an den Vorder- als an den Hintergliedmaßen auftreten (im Verhältnis 3:1) und 95% der Lahmheiten der Vordergliedmaßen im Karpus oder distal davon lokalisiert sind, werden darauf zurückgeführt, dass die Vor- hand 60 bis 65% des gesamten Körpergewichts trägt (STASHAK, 1989). Die Belas- tung der Vordergliedmaßen kann im Schritt bis zu 65,2%, im Trab bis zu 103,7% des Körpergewichts betragen (RATZLAFF et al., 1985).

Zudem konnten BACK et al. (1995a) mit Hilfe eines kinematischen Analysesystems mit Photodioden-Markern nachweisen, dass in den Vordergliedmaßen die Erschütte- rung beim Auffußen der Gliedmaßen auf den Boden stärker ist als in den Hinter- gliedmaßen.

Wie MUNOZ et al. (1998) in ihrer Studie nachweisen konnten, kann regelmäßiges Training das Gangbild von Pferden verändern. Dressurmäßig trainierte Andalusier zeigten eine erhöhte Schrittfrequenz bei reduzierter Schrittlänge und eine geringere vertikale Schrittkomponente. Bei an Springen orientiertem Training wiesen Anglo- Araber eine reduzierte Schrittlänge auf.

2.6 Einfluss von Bewegung und Training auf die Organsysteme des Pferdes

Im Pferdesport haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Disziplinen entwickelt, wie z.B. der Galopp- und Trabrennsport, die Dressur, der Springsport, das Westernreiten sowie das Distanzreiten. Jede Disziplin erfordert verschiedenartige physiologische

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Anpassungen des Pferdes. Alle Organe bzw. Organsysteme sind dabei mehr oder weniger involviert.

Bei Belastung steigen der Sauerstoffverbrauch sowie die Kohlenstoffdioxidabgabe an. Es kommt zu einer Erhöhung des Atemzugvolumens (entspricht Atemtiefe) und der Atemfrequenz (EVANS u. ROSE; 1987; KRZYWANEK, 1999; VON ENGEL- HARDT, 2000a).

Auch das Herz-Kreislauf-System passt sich den veränderten Anforderungen an. Bei körperlicher Belastung kommt es zunächst zu einer überschießenden Steigerung der Herzfrequenz, die sich dann anschließend abhängig von der Belastungsintensität auf einen bestimmten Wert (steady state) einpendelt (KRZYWANEK, 1999). Sie ist beim Pferd um das Siebenfache steigerbar (VON ENGELHARDT, 2000a). Im submaxi- malen Trainingsbereich besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Herzfrequenz und Belastung (EVANS u. ROSE, 1987; KRZYWANEK, 1999).

Auch das Schlagvolumen sowie der mittlere arterielle Blutdruck nehmen in Abhän- gigkeit zur Belastungsintensität zu (KRZYWANEK, 1999; VON ENGELHARDT, 2000a). Beim Blutdruck ist eine Steigerung auf das Dreifache möglich.

Der periphere Widerstand nimmt hingegen stark ab, was auf die Öffnung und Erwei- terung von vielen Blutgefäßen in der Arbeitsmuskulatur zurückzuführen ist.

Daher nimmt vor allem der systolische arterielle Blutdruck zu, während der diastoli- sche Druck durch die Vasodilatation in den arbeitenden Muskeln gleich bleibt bzw.

absinkt (VON ENGELHARDT, 2000a).

Die Herzfrequenz ist auch von Alter und Größe der Pferde sowie ihrem Trainingszu- stand abhängig. Sie ist bei jungen Pferden höher als bei älteren (KRZYWANEK, 1999). So beträgt die Ruhefrequenz des erwachsenen Pferdes 30 bis 40 Schläge pro Minute, hingegen beim Fohlen 80 bis 120, beim Jährling 45 bis 75 und beim 2- jährigen 40 bis 50 Schläge pro Minute.

Während einer definierten, standardisierten Belastung ist die Herzfrequenz eines trainierten Pferdes niedriger als die des untrainierten, bedingt durch das größere Herzgewicht infolge Hypertrophie der Muskelfasern und dem daraus resultierenden höheren Schlagvolumen (THOMAS et al., 1983; KRZYWANEK, 1999; VON ENGEL- HARDT, 2000a).

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Außerdem haben bei Belastung weitere Faktoren, wie z.B. die Beschaffenheit des Bodens, eine mögliche Steigung und das Gewicht des Reiters, einen Einfluss auf die Herzfrequenz (SEXTON u. ERICKSON, 1990; KRZYWANEK, 1999).

Im Allgemeinen zeigen alle bisherigen Untersuchungen, dass in Ruhe gewonnene Blut- und Kreislaufparameter keinerlei Hinweise auf den Trainingszustand geben (VON ENGELHARDT, 2000a). Eine Ausnahme bildet einzig die Studie von KUWA- HARA et al. (1999), die eine reduzierte Herz-Ruhefrequenz bei trainierten Pferden nachweisen konnten.

Bewegung sowie unterschiedliche vertikale Belastung haben ebenfalls einen Einfluss auf den Blutfluss im Bereich der Gliedmaßen:

RATZLAFF et al. (1985) konnten bei einer Messung des mittleren arteriellen Blutflus- ses in der A. digitalis lateralis signifikante Unterschiede im Blutfluss bei verschiede- ner vertikaler Belastung feststellen. Dieser ist bei größerer Belastung niedriger als bei geringer Belastung. Somit bleibt der digitale Blutfluss stabil, wenn sich die Pferde nicht bewegen und erfährt bei geringen Veränderungen in der Belastung nicht signifi- kante Fluktuationen. Wenn die Pferde jedoch das Gewicht in Richtung der Extreme der vertikalen Belastung verändern, variiert der Blutfluss signifikant. Diese Verände- rungen schreiben RATZLAFF et al. (1985) den extremen Gewichtsschwankungen beim Heben und Senken des Beines und den damit veränderten Drücken zu.

DYSON et al. (2001) wiesen in ihrer Studie mit Hilfe der Szintigraphie nach, dass Bewegung (in dieser Studie 15 Minuten Trab und Galopp an der Longe) einen we- sentlichen Einfluss auf den Blutfluss hat. Daneben sind auch die Fuß- und Umge- bungstemperatur, das Alter und das Gewicht des Pferdes für den Blutfluss von Bedeutung. Der Blutfluss ist bei höheren Temperaturen (keine periphere Vaso- konstriktion) und höherem Alter des Pferdes höher.

Neben dem Herz-Kreislauf-System wird auch der Bewegungsapparat von regelmä- ßigem Training beeinflusst (GOODSHIP u. BIRCH, 2001).

Die Form und Größe und damit auch die Belastbarkeit der Knochen sind neben genetischen Faktoren vom Training abhängig. Bei den Sehnen zeigt sich bei regel- mäßiger Belastung eine Stärkenzunahme und auch die Faszien in der Muskulatur

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nehmen zu. Somit ist die Belastbarkeit von Muskulatur, Sehnen, Bändern und Gelenkknorpel trainierbar (HERTSCH, 1992).

Den Einfluss von definierter Bewegung sowie verschiedenen Faktoren, wie z.B.

Geschlecht und Außentemperatur, auf das Volumen der unteren Extremitäten unter- suchte BÖTTCHER (2006) mittels Perometer. Hierzu bildete sie vier Bewegungs- gruppen, die unterschiedlich longiert wurden: Gruppe 1 wurde eine halbe Stunde auf der linken Hand, Gruppe 2 eine halbe Stunde auf beiden Händen, Gruppe 3 eine halbe Stunde auf beiden Händen mit zusätzlichem Reitergewicht und Gruppe 4 eine Stunde auf beiden Händen mit Reitergewicht longiert. Vor der Bewegung, direkt nach der Bewegung sowie nach einer Stunde Boxenruhe wurde jeweils das Volumen der vier Gliedmaßen bestimmt. Hierbei konnte eine signifikante mittlere Volumenabnah- me um 5,5 % (125,96 ml) durch die Bewegung und eine signifikante mittlere Volu- menzunahme um 6,4 % (135,48 ml) nach der Boxenruhe nachgewiesen werden.

BÖTTCHER (2006) führt dies auf den Einfluss der Bewegung auf das Herz-Kreislauf- System und das Lymphgefäßsystem zurück. Zwischen den einzelnen Gruppen konnte sie keine signifikanten Unterschiede feststellen. Aufgrund der Mehrbelastung durch das Reitergewicht waren die Volumenänderungen der Gruppen 3 und 4 jedoch höher als die der Gruppen 1 und 2. Im Seitenvergleich zwischen rechter und linker Gliedmaße konnten keine signifikanten Unterschiede nachgewiesen werden. Die Differenz zwischen den Volumenänderungen bei hoher und niedriger Außentempera- tur (1 bis 12 °C bzw. 23 bis 31 °C) war hingegen si gnifikant. Diese fielen bei hohen Temperaturen deutlich größer aus, was wahrscheinlich auf eine bessere Perfusion der Zehe zurückzuführen ist. BÖTTCHER (2006) konnte keine signifikanten Unter- schiede zwischen den Volumenänderungen von Pferden unterschiedlichen Trainingszustandes, Geschlechts oder Alters feststellen. Allerdings wiesen Hochleis- tungspferde, wahrscheinlich aufgrund ihres besser trainierten Kreislauf- und Lymph- gefäßsystems, geringere Änderungen auf als Freizeitpferde. Die männlichen Pferde zeigten höhere Volumenänderungen als die weiblichen, was BÖTTCHER (2006) der Tatsache zuschreibt, dass die männlichen Pferde vor allem den Gruppen 3 und 4 angehörten.

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2.7 Übersicht zu verschiedenen Maßnahmen bei Ödemen

2.7.1 Möglichkeiten der Therapie von Ödemen

Es bestehen, abhängig von der Ödemart, vom jeweiligen Stadium und den auftreten- den Begleiterscheinungen, verschiedene konservative und operative Möglichkeiten der Therapie des Ödems (FÖLDI et al., 1998). Dies gilt grundsätzlich sowohl für den Menschen als auch für das Tier. Einige Methoden wurden allerdings bisher nur bzw.

überwiegend beim Menschen angewandt, so dass die Wirkungsweise vor allem am Menschen untersucht wurde. In der Regel gelingt, unabhängig von der Behand- lungsmethode, nur eine Rückführung ins Latenzstadium (FÖLDI et al., 1998).

Neben den chirurgischen (z.B. Resektion, ableitende und rekonstruktive Verfah- ren) und medikamentellen Therapiemethoden (z.B. Gabe von Diuretika, Benzopy- rone, Unguentum lymphaticum und Selen) nehmen die physikalischen Behand- lungsansätze einen besonders hohen Stellenwert ein (BAUMEISTER u. SIUDA, 1990; CASLEY-SMITH et al., 1993; WERNER, 2001; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a). Zu diesen zählen u.a. die Elevation (Hochlagerung), das Auswickeln sowie die inter- mittierende pneumatische Kompression (BRUNNER, 1969; DUSTMANN, 1982;

RAMEY, 1988; ONDERKA et al., 1991, 1992; WIENERT, 1999; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a).

Ebenfalls zu den physikalischen Behandlungsmethoden zählt die komplexe physi- kalische Entstauungstherapie, die als nebenwirkungsfreie kausale Behandlung des Lymphödems einen besonderen Stellenwert einnimmt (FÖLDI u. FÖLDI, 2002a).

Sie verläuft in zwei Phasen (Phase I: Entstauung, Phase II: Konservierung und Optimierung des Behandlungsergebnisses (Erhaltungstherapie)) und besteht aus der manuellen Lymphdrainage, Hautpflege, Kompressionstherapie und Bewegungsthe- rapie (WERNER, 2001; FÖLDI u. FÖLDI, 2002a). Werden die einzelnen Bausteine der komplexen physikalischen Entstauungstherapie in isolierter Form genutzt, sind sie nach FÖLDI u. FÖLDI (2002a) zur Behandlung des Lymphödems im Allgemeinen nicht ausreichend. JOHANSSON et al. (1999) wiesen jedoch nach, dass eine isolier- te Kompressionstherapie mit Kurzzugbandagen eine effektive Behandlungsmethode

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bei Armlymphödemen Brustkrebs behandelter Frauen ist. Die Manuelle Lymphdrai- nage hatte hier einen zusätzlichen positiven Effekt.

Gesicherte Grundlage der entstauenden physikalischen Ödemtherapie ist die Tatsache, dass die Lymphgefäße auf milde mechanische Reize mit einer Mehrarbeit reagieren. Diese Mehrarbeit lässt sich im Tierversuch sowie lymphszintigraphisch beim Menschen nachweisen (HWANG et al., 1999; WERNER, 2001). Klinisch wird die Wirksamkeit durch eine Volumenreduktion deutlich, wie JOHANSSON et al.

(1998) beim Menschen und BRANDHORST (2004) beim Pferd feststellten.

2.7.2 Grundlagen der Kompressionstherapie

Die Kompressionstherapie soll hier isoliert betrachtet werden, da ihre Grundlagen und ihre Wirkungsweise, die vor allem humanmedizinisch untersucht wurden, teilwei- se auch auf den Gebrauch von Bandagen und Gamaschen zutreffen bzw. zutreffen könnten.

Das Ziel des lymphologischen Kompressionsverbandes ist die Optimierung des Drainageerfolges durch Ausübung eines gezielten Drucks auf das ödematisierte Gewebe. Die medizinische Wirkung lässt sich in erster Linie dadurch erklären, dass sich Flüssigkeiten nicht komprimieren lassen. Da das Gewebe von Weichteilen zum überwiegenden Teil aus Wasser besteht und ein Ausweichen der Flüssigkeit im Gewebe nur eingeschränkt möglich ist, erhöht sich der Gewebedruck. In den Gefäßen hingegen können die Flüssigkeiten ausweichen, weshalb der Kompressi- onsdruck vor allem auf das Gefäßsystem wirkt (SCHMITZ, 1987; ASMUSSEN u.

STRÖSSENREUTHER, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

(38)

Die Höhe des Druckes, der von einem Kompressionsverband auf das Gewebe aus- geübt wird, lässt sich nach dem Gesetz von Laplace durch folgende Gleichung ermitteln:

S

D = —— (1)

R

Der Kompressionsdruck (D) im Gewebe ergibt sich also aus dem Verhältnis zwischen der Kraft, die benötigt wird, um die Bandage einer bestimmten Länge zu dehnen (Spannung S = Kraft / Länge), und dem Radius R der umspannten Extremi- tät. Die Gleichung (1) ist exakt nur für zylinderförmige Körper gültig. Daraus folgt, dass, wenn mit gleich bleibender Spannung gewickelt wird, der Druck im distalen Extremitätenbereich (geringerer Radius) höher ist als im proximalen (größerer Radi- us). Dieses Druckgefälle ist erwünscht, da es den Lymphabfluss zu den großen Lymphgefäßstämmen fördert. Ein Problem stellen jedoch Knochenvorsprünge und Vertiefungen dar. Während über den Knochenvorsprüngen der Druck steigt (geringer Radius und stärkere Dehnung der Bandagen), wird in den Vertiefungen kaum Druck erzielt. Um eine möglichst gleichmäßige Druckverteilung zu erreichen, müssen somit die Vertiefungen ausgepolstert und die Vorsprünge abgepolstert werden, so dass eine annähernd zylindrische Form der Gliedmaße gegeben ist (ASMUSSEN u.

STRÖSSENREUTHER, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Bei Kompressionsbandagen werden beim Menschen zwei unterschiedliche Druckarten unterschieden: der Ruhedruck und der Arbeitsdruck (SCHMITZ, 1987;

ASMUSSEN u. STRÖSSENREUTHER, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u.

FEDELE, 2005).

Der Ruhedruck bzw. Bandagendruck ist der von der Bandage in Ruhe permanent ausgeübte Druck. Er ist abhängig von der Dehnfähigkeit der verwendeten Bandage und der beim Anlegen des Verbandes eingesetzten Kraft. Durch einen hohen Ruhe- druck wird ein Reflux verhindert.

Der Arbeitsdruck oder auch Muskeldruck ist der bei der Arbeit wirkende, temporäre Druck, den der sich kontrahierende Muskel durch Volumenzunahme dem Widerstand

(39)

der Bandage entgegensetzt. Je weniger die Bandage nachgibt, desto höher wird der Arbeitsdruck. Es kommt zu einem erhöhten Gewebedruck sowie zu einer Komprimie- rung der oberflächlichen und tiefen Blut- und Lymphgefäße. In Folge davon werden diese Gefäße entleert.

In der Humanmedizin ist also eine Kombination von niedrigem Ruhedruck mit einem hohen Arbeitsdruck ideal. Optimal sind hierfür unelastische Binden, die jedoch sehr schwer anzulegen sind. Daher werden so genannte „Kurzzugbinden“ benutzt, die nur geringgradig dehnbar sind (maximale Dehnbarkeit von 60%). Absolut kontraindiziert sind „Langzugbinden“ (Dehnbarkeit > 140%), die einen sehr hohen Ruhedruck auf- weisen. Zu diesen gehören auch die im Reitsport eingesetzten elastischen Bandagen (BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005).

Neben dem Bandagentyp (z.B. Breite, Elastizität) und der Vordehnung beim Anlegen haben auch die Anzahl der Lagen, die Verbandstechnik und der Zustand der Bandage (z.B. Alter, Tragezyklen) einen Einfluss auf den entstehenden Kompressi- onsdruck (ASMUSSEN u. STRÖSSENREUTHER, 2002).

Beim Anlegen der Bandagen ist darauf zu achten, dass der Kompressionsdruck hoch genug ist, um wirksam zu werden. VERAART et al. (2003) wiesen in ihrer Studie nach, das nur stark komprimierende Bandagen den Druck im tiefen venösen System, das beim Menschen den Haupttransportweg darstellt, in sitzender Position erhöhen.

YAMAGUCHI et al. (1986) konnten bei ihrem Experiment an Kaninchen ab einem Druck von 70 mmHg keinen venösen Blutfluss in der Saphena und ab 90 mmHg keinen Blutfluss in der Poplitealvene mehr feststellen. Bei Versuchen mit Menschen, denen für drei Stunden Kompressionsbandagen angelegt wurden, stellten sie bei einem Druck von 70 mmHg eine Abnahme des Blutflusses und der am Zeh gemes- senen Temperatur fest. Sie wiesen keine signifikanten Effekte auf die periphere Zirkulation bei einem Druck von 30 mmHg nach. HALPERIN et al. (1948) stellten hingegen bei einem Druck von 30 mmHg eine Reduktion von 25% im venösen Blut- fluss fest, was sie zwei Faktoren zuschreiben: der Reduktion des arteriovenösen Druckgradienten und der Abnahme des Kalibers kleiner Gefäße im komprimierten Gebiet als Ergebnis eines erhöhten Widerstandes.

(40)

Der Kompressionsdruck darf jedoch auch nicht so hoch sein, dass er Schmerzen oder Durchblutungsstörungen auslöst, insbesondere in Ruhe (WIENERT, 1999;

ASMUSSEN u. STRÖSSENREUTHER, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FE- DELE, 2005).

PARTSCH et al. (1973) konnten in ihrer Studie an 60 Patienten mit venöser Insuffi- zienz mit Hilfe nuklearmedizinischer Methoden nachweisen, dass ein Kompressions- verband beim Menschen zu folgenden positiven Veränderungen führt: Der Kompres- sionsverband bewirkt eine Herabsetzung des Extremitätenblutvolumens, eine Be- schleunigung der venösen Strömungsgeschwindigkeit und eine Reduktion des kapil- laren Stromzeitvolumens sowie eine Verminderung des Angebots an lymphpflichtiger Last und eine Verbesserung des gestörten subfaszialen Lymphtransportes.

Die Wirkung der Kompressionstherapie beim Menschen ist somit auf verschiedene Effekte zurückzuführen (SCHMITZ, 1987; ASMUSSEN u. STRÖSSENREUTHER, 2002; BERENS VON RAUTENFELD u. FEDELE, 2005):

1. Senken des effektiv ultrafiltrierenden Drucks: Der Kompressionsdruck erhöht den Gewebedruck. Ein gestörtes Starling-Gleichgewicht wird so günstig beeinflusst, da der effektive ultrafiltrierende Druck sinkt und sich damit die Menge des Ultrafiltrats reduziert.

2. Beschleunigung und Steigerung des venös-lymphatischen Abstroms: Der Kompressionsverband begrenzt die Dehnbarkeit der Venen, so dass diese bei einer Drucksteigerung nicht nachgeben können und zuverlässig transportieren.

Der Kompressionsdruck engt außerdem das Lumen der Gefäße ein, was bei unver- ändertem Zustrom zu einer Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit führt. Die Verminderung des Gefäßradius wirkt sich nach dem Gesetz von Hagen-Poiseuille (Abhängigkeit vom Radius in der 4. Potenz) auf den Strömungswiderstand und somit auf das Blut- bzw. Lymphzeitvolumen aus. Allein ein Kompressionsverband ohne zusätzliche Bewegung steigert die venöse Strömungsgeschwindigkeit bereits um das 1,5-fache und auch das Lymphzeitvolumen erhöht sich.

Wird das Lumen dilatierter Venenabschnitte eingeengt, werden insuffiziente Klappen teilweise wieder suffizient. Bei dilatierten Lymphgefäßen ist dieser Mechanismus ebenfalls denkbar, aber noch nicht nachgewiesen.

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Die Strömungsverhältnisse verbessern sich durch die Verringerung der retrograden Strömung.

Durch den Druckanstieg in den komprimierten Venen und Lymphgefäßen nimmt das für den Abstrom nach proximal erforderliche Druckgefälle zu.

Zudem soll die kompressionsbedingte Verbesserung der Mikrozirkulation ein erhöhtes Austreten von Plasmaproteinen in das Interstitium, z.B. bei venöser Hyper- tension, vermindern können.

3. Verbesserung der Funktion der Muskelpumpen: Nach bereits stattgefundener Entödematisierung kann sich eine schlaffe Haut finden, die ihre elastischen Rück- stellkräfte verloren hat und eine erhöhte Dehnbarkeit aufweist. Somit kann sie nicht mehr das für die Entleerung von Venen und Lymphgefäßen notwendige Widerlager der Muskelpumpen bilden. Die Kompressionsbandage ersetzt dieses und steigert damit die Effizienz der rückstromfördernden Muskelarbeit.

4. Zentrale hämodynamische Wirkungen: Vor allem die Kompression der unteren Extremitäten führt zu einer deutlichen Flüssigkeitsverlagerung in zentrale Körperab- schnitte und somit zur Zunahme der Vorlast, des Herzzeitvolumens und der Diurese.

5. Konservierung des Behandlungserfolges: Durch manuelle Lymphdrainage oder Hochlagerung verschobene Flüssigkeit wird am Zurücklaufen gehindert.

6. Vergrößerung der Reabsorptionsfläche: Das Ödem wird vor allem bei der Be- handlung kleinerer lokaler Lymphabflussstörungen durch die Kompression verteilt.

Damit wird die Reabsorptionsfläche vergrößert.

7. Lockerung fibrotisch veränderten Gewebes: Durch Einlegen von Schaumstoff- polstern kann bei Kompressionsbandagen eine Lockerung lymphostatischer Fibrosen erreicht werden. Bekannt ist weiterhin auch die Lockerung von Narbengewebe (insbesondere nach Verbrennungen) unter Dauerkompression.

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2.7.3 Anwendung von Bandagen und Gamaschen beim Pferd

Viele Pferdebesitzer und Reiter nutzen Bandagen und Gamaschen, um die Knochen, Sehnen und Gelenke zu schützen und zu stützen, aber auch, um ein Anlaufen der Pferdebeine zu verhindern oder diese optisch zu verschönern.

Die Schutzwirkung der Bandagen und Gamaschen ist unbestritten (KOBLUK et al., 1988). Sie verhindern äußere Verletzungen durch Stöße, Schläge, Streichen und Greifen beim Training und Transport (HÖLZEL, 1990; EDWARDS, 1991; DEUT- SCHE REITERLICHE VEREINIGUNG, 2001). Sie werden vor allem zur Ausbildung von jungen Pferden empfohlen, die aufgrund von Gleichgewichtsproblemen und noch ungenügender Entwicklung zu unkontrollierten Bewegungen neigen (EDWARDS, 1995; SMYTHE, 1996; FN-VERLAG, 1999). Bandagen und Gamaschen sollten hier zumindest solange eingesetzt werden, bis sich Muskeln, Bänder und Sehnen gekräf- tigt haben und das Pferd gelernt hat, seine Bewegungen zu koordinieren (SMYTHE, 1996).

Die unterstützende und stossdämpfende Funktion wird hingegen auch nach den bisher durchgeführten Studien kontrovers diskutiert.

CRAWFORD et al. (1989, 1990a, 1990b) untersuchten in mehreren Studien die Energieabsorptionsfähigkeit unterschiedlicher Bandagen, abhängig von Material, Wicklungstechnik und Wickelspannung. Hierzu nutzten sie im Sprunggelenk abge- setzte Pferdebeine, die in eine hydraulische Druckanlage eingespannt und so einer Kraft von 445 Newton ausgesetzt wurden, was einer Masse von etwa 45 kg ent- spricht. Mit Hilfe dieses Modells konnten sie relative Veränderungen im Vergleich von bandagierter zu unbandagierter Gliedmaße bestimmen. Die Autoren zeigten, dass alle Bandagierungen mit einer Energieabsorption einhergehen. Sie raten dazu, Bandagen mit nur 50% der maximalen Dehnungsfähigkeit anzulegen, da eine voll- ständige Dehnung zwar zu einer erhöhten Energieabsorption führt, jedoch ebenfalls zu einer Überlastung des Materials mit abnehmender Energieabsorptionsfähigkeit und zur Ischämie in fokalen Gebieten. Die Autoren räumen ein, dass von den Ergeb-

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