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Mergel-Formationen des Helvetikums Entstehung und Hauptmerkmale Entstehung und Hauptmerkmale

Im Dokument für das SMA- und das HAA-Lager (Seite 184-188)

4 Evaluation der Wirtgesteine und einschlusswirksamen Gebirgsbereiche

4.3 Wirtgesteine für das HAA-Lager

4.4.4 Mergel-Formationen des Helvetikums Entstehung und Hauptmerkmale Entstehung und Hauptmerkmale

Im Ablagerungsraum der Sedimentgesteine der Helvetischen Decken herrschten vorwiegend flachmarine Bedingungen mit zyklischer Sedimentation. Vor allem im südlichen Bereich wurden tonreiche Sedimente von beachtlicher Mächtigkeit abgelagert. Bei der Deckenbildung wurden die tonigsten Abfolgen als Gleithorizonte benutzt und demzufolge einerseits lokal stark ausgedünnt, andererseits in tektonischen Akkumulationen angehäuft.

Die bedeutendsten Anhäufungen von nicht-metamorphen tonreichen Gesteinen im Helvetikum bilden die frühkretazische Abfolge Palfris-Formation (Berriasian) – Vitznau-Mergel (Valan-ginian) sowie die Amden-Formation der Wildhorn-Drusberg-Decke. Im Gebiet Wellenberg sind aufgrund einer speziellen tektonischen Konstellation auch die tonreichen tertiären Abfolgen an der Stirn der Axen-Decke mit der Palfris-Formation und den Vitznau-Mergeln verschuppt und verfaltet, was zu einer aussergewöhnlich grossen Akkumulation tonreicher Gesteine führte.

Die Palfris-Formation und die Vitznau-Mergel bestehen vorwiegend aus dunklen siltigen bis feinsandigen Tonmergeln und Mergeln. Teilweise alternieren sie mit Kalkmergel- und Kalk-bänken, welche gelegentlich in mehrere Meter mächtigen Kalkbankabfolgen konzentriert sind.

Die Mergel-Formationen des Helvetikums im Gebiet Wellenberg zeichnen sich durch eine gute Barrierenwirkung für Radionuklide aus, die primär durch den vergleichsweise hohen Gehalt an quellfähigen Tonmineralen und durch die damit verbundene geringe Wasserführung sowie die guten Sorptionseigenschaften für Radionuklide gewährleistet wird.

Gezielte geowissenschaftliche Untersuchungen für das SMA-Lager begannen 1987 mit mehreren Bohrungen im Seelisbergtunnel (Oberbauenstock). Ein umfangreiches Untersu-chungsprogramm von der Oberfläche aus erfolgte anschliessend im Gebiet Wellenberg. Die

nachfolgende Charakterisierung der Mergel-Formationen des Helvetikums basiert grösstenteils auf diesen Ergebnissen, ergänzt durch Angaben aus Untersuchungen am Oberbauenstock und im Umfahrungstunnel Sachseln.

4.4.4.1 Eigenschaften der Mergel-Formationen des Helvetikums

Mineralogisch unterscheiden sich die verschiedenen Mergel-Formationen nicht sehr stark. Die Palfris-Formation weist einen durchschnittlichen Karbonatgehalt von knapp 50 %, rund 15 % Quarz und etwas mehr als 30 % Tonminerale auf, wovon rund ein Drittel quellfähige Illit/Smektit-Wechsellagerungsminerale sind. Die Vitznau-Mergel sind kalkiger und tonärmer als die Palfris-Formation, die tertiären Einheiten sind bezüglich des Tonmineralgehalts und des Tonmineralspektrums der Palfris-Formation sehr ähnlich, besitzen aber einen etwas höheren Quarzgehalt auf Kosten von Karbonat. Die tonreichsten Gesteine bilden die tektonischen Mélanges. In allen Gesteinseinheiten treten Pyrit (0.5 – 1.5 %) und organischer Kohlenstoff (0.4 – 0.7 %) auf.

Hydraulische Barrierenwirkung (Kriterium 1.2)

Die umfangreichen und sehr detaillierten hydraulischen Untersuchungen am Wellenberg und am Oberbauenstock geben ein repräsentatives Gesamtbild der hydraulischen Verhältnisse, die in vergleichbarer Konfiguration in den Mergel-Formationen des Helvetikums zu erwarten sind.

Die Mergel-Formationen des Helvetikums im Gebiet Wellenberg haben in den betrachteten Tiefenlagen eine geringe hydraulische Durchlässigkeit. In den obersten 400 m sind die K-Werte aufgrund von Dekompaktionseffekten erhöht, darunter liegen sie in der Regel unter 10-9 m/s.

Aufgrund von hydrogeologischen Modellen, in welchen die beschränkte Verbundenheit der Störungen berücksichtigt werden kann, ist unterhalb der Dekompaktionszone mit K-Werten

< 10-11 m/s zu rechnen. Grundwässer aus den Sondierbohrungen und die extrahierten Porenwäs-ser aus Bohrkernen weisen eine hydrochemische Zonierung auf, die mit den hydraulischen Befunden und Modellvorstellungen konsistent ist. Die hydraulischen Unterdrücke, die am Wellenberg unterhalb 500 m unter Terrain gemessen wurden, bilden ebenfalls eine unabhängige Evidenz für die geringe Durchlässigkeit und somit für das Langzeitisolationsvermögen.

Geochemische Bedingungen (Kriterium 1.3)

Die geochemischen Bedingungen in den Mergel-Formationen des Helvetikums in geeigneter Tiefenlage werden als sehr stabil beurteilt. Sie sind – wie im Opalinuston – weitgehend durch Gleichgewichtsreaktionen mit den Mineralen (v.a. Tonminerale, Karbonate, Pyrit, organische Stoffe) bestimmt. Der Gehalt an Tonmineralen in der Palfris-Formation beträgt ca. 30 %; je nach Mergel-Formation kommen auch etwas höhere und tiefere Werte vor. Die Redoxpuffer-kapazität ist gross, weshalb im relevanten Tiefenbereich immer reduzierende Verhältnisse zu erwarten sind.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wird erwartet, dass in den für das SMA-Lager geeigneten Tiefenbereichen hauptsächlich saline Grundwässer vorhanden sind mit Salinitäten, die deutlich unterhalb derjenigen von Meerwasser liegen. Das Sorptionsvermögen zeigt eine relativ grosse Variabilität, welche direkt mit der Variabilität des Tonmineralgehalts zusammenhängt (hohes Sorptionsvermögen in Tonmergeln, niedrigeres in Kalkbänken). Fliesspfade, welche aus-schliesslich in Kalkbänken verlaufen, werden aber wegen der starken tektonischen Zerscherung der Kalkbänke nicht erwartet. Wegen der möglichen Diskontinuitäten wird mit einer beschränk-ten Kolloidfiltration gerechnet, je nach Verschluss der Diskontinuitäbeschränk-ten (Kompaktion).

Freisetzungspfade (Kriterium 1.4)

Die Mergel-Formationen des Helvetikums sind als geklüftetes Medium mit sehr gering-durchlässiger Matrix zu betrachten. Die Wasserführung ist praktisch ausschliesslich an Struk-turen der spröden Deformation (z.T. spröd überprägte duktile StrukStruk-turen) gebunden. Die Trans-missivitäten unterhalb der Dekompaktionszone sind in der Regel < 10-9 m2/s. Rein duktile Strukturen (z.B. Überschiebungen) zeigen keine bevorzugte Wasserwegsamkeit. Weil die Kalk-bänke tektonisch stark zerschert sind, ist die Transmissivität der Freisetzungspfade nicht signi-fikant erhöht.

4.4.4.2 Langzeitstabilität

Beständigkeit der Gesteinseigenschaften (Kriterium 2.1)

Von besonderer Bedeutung für die Langzeitstabilität ist die Beständigkeit der Wirtgesteins-eigenschaften über lange Zeiträume, insbesondere die Verkarstungsfähigkeit des Wirtgesteins.

Aus den Mergel-Formationen des Helvetikums sind keine Hinweise bekannt, dass durch Lösungsvorgänge neue Fliesswege entstanden sind. Dies hängt damit zusammen, dass die Kalkbänke und Kalkbankabfolgen im Allgemeinen so stark tektonisch verfaltet und zerschert sind, dass sich kein kontinuierlicher Fliesspfad entwickeln kann.

Lagerbedingte Einflüsse (Kriterium 2.3)

Lagerbedingte Einflüsse werden vor allem bezüglich Gesteinsauflockerung im Bereich der Ver-siegelungsstrecken im SMA-Lager als wichtig beurteilt. Andere lagerbedingte Einflüsse im SMA-Lager sind entweder irrelevant (Temperatur), können mit baulichen Massnahmen kontrolliert werden (Auswirkungen der Gasproduktion) oder spielen nur eine untergeordnete Rolle (Auflockerungszone im Bereich der Lagerkammern, chemische Wechselwirkungen zwi-schen Zementporenwässern in Lagerkammern und dem Wirtgestein).

Die gegenüber dem Opalinuston grösseren Festigkeiten des intakten Gesteins lassen bei den Mergel-Formationen des Helvetikums bei sonst gleichen Bedingungen eine kleinere Aus-dehnung der Auflockerungszone erwarten, andererseits wird aber im Vergleich zum Opalinus-ton ein weniger ausgeprägtes Selbstabdichtungsvermögen erwartet. Im Bereich von Ver-siegelungsstrecken kann jedoch die Strecke nachprofiliert oder lokal die Auflockerungszone durch Abdichtungsmassnahmen (EDZ cut-off) unterbrochen werden.

Aufgrund der Heterogenität (inkl. Diskontinuitäten) in den Mergel-Formationen des Helveti-kums wird erwartet, dass die Freisetzung von im Lager gebildeten Korrosions- und Degrada-tionsgasen aus einem Tiefenlager bei niedrigeren Gaseintrittsdrücken erfolgt als im Opalinuston.

Die wichtigsten lagerbedingten geochemischen Effekte sind die Einwirkungen von alkalischen Zementporenwässern im Umfeld der Lagerkammern und die Oxidation des Wirtgesteins während der Bau- und Betriebsphase. Studien betreffend Langzeiteffekte von Zementporen-wässern im Rahmen des Projekts Wellenberg zeigen, dass die diesbezüglichen Effekte die Sicherheit nicht signifikant beeinflussen. Auch die Oxidation (v.a. Pyrit) wird keine signifi-kanten Auswirkungen auf die Barriereneigenschaften der Mergel haben.

Nutzungskonflikte (Kriterium 2.4)

Mergel-Formationen des Helvetikums werden lokal zusammen mit angrenzenden Kalk-Forma-tionen als Rohstoff für die Zementherstellung in Steinbrüchen abgebaut. Aus wirtschaftlichen Gründen wird diese Nutzung aber auch in Zukunft auf die Oberfläche beschränkt bleiben.

Innerhalb der Mergelvorkommen sind keine weiteren nutzbaren Rohstoffe bekannt.

4.4.4.3 Zuverlässigkeit der geologischen Aussagen Charakterisierbarkeit der Gesteine (Kriterium 3.1)

Die Beurteilung des Indikators 'Variabilität der Gesteinseigenschaften im Hinblick auf ihre Charakterisierbarkeit' erfolgt anhand der Merkmale Lagerungsverhältnisse, Homogenität / Heterogenität der Gesteinsbeschaffenheit, Variabilität der Gesteinseigenschaften, Existenz und Art der Architekturelemente und tektonische Überprägung. Der kritischste Aspekt ist hier die Erfassung resp. der Ausschluss tektonisch eingeschuppter, potenziell durchlässiger Fremdge-steinseinschlüsse. In den Mergel-Formationen ist auch mit Diskontinuitäten zu rechnen; wegen des erwarteten beschränkten "Channelings" werden jedoch keine kontinuierlichen präferen-ziellen Freisetzungspfade mit ungünstigen Rückhalteeigenschaften erwartet.

Tektonische Akkumulationen tonreicher Gesteine wurden international bisher noch nirgends im Hinblick auf ihre Eignung als Wirtgestein für radioaktive Abfälle betrachtet. Die umfassenden Erfahrungen mit flach gelagerten tonreichen Sedimentgesteinen und die Untersuchungs-methoden lassen sich zwar teilweise auch auf die Verhältnisse in den Mergel-Akkumulationen im Helvetikum übertragen, es bestehen jedoch bedeutende Unterschiede in der Hydrogeologie und Felsmechanik, welche sich aus der unterschiedlichen geologischen Geschichte ergeben. Im Vergleich zu den flachliegenden, ruhig gelagerten Ton-Formationen ist auch die Explorier-barkeit der Akkumulationen und die CharakterisierExplorier-barkeit und PrognostizierExplorier-barkeit potenzieller Wasserfliesswege (s. oben) viel schwieriger.

Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse (Kriterium 3.2)

Die Explorationsverhältnisse im geologischen Untergrund werden anhand der Merkmale Wirt-gesteinsgrenzen, Existenz von seismisch kartierbaren Markerhorizonten und tektonische Über-prägung (insbesondere Explorierbarkeit von Störungszonen) beurteilt. Praktische Erfahrungen mit reflexionsseismischen Untersuchungen von Mergel-Vorkommen im Gebiet Wellenberg zeigten klar, dass die grundlegenden Randbedingungen für eine erfolgreiche seismische Exploration (schichtförmiger Aufbau mit deutlichen Sprüngen der seismischen Impedanz, kontinuierlicher Verlauf der Schichtgrenzen) nicht erfüllt sind. Weil die Mergel aufgrund ihrer Versenkungsgeschichte stark kompaktiert sind und eine hohe Dichte aufweisen, ist der seismische Impedanzkontrast zum Nebengestein gering. Zudem verlaufen die Grenzen zwischen Wirt- und Nebengestein oft sehr steil, sind verschuppt und deshalb mit reflexionsseismischen Methoden kaum erfassbar. Erschwerend kommt hinzu, dass das starke topographische Relief und die unregelmässige Lockergesteinsbedeckung zu einem komplexen Verlauf der seismischen Wellen mit Mehrfachreflexionen führen, weshalb auch mit 3D-seismischen Methoden keine belastbaren Ergebnisse erzielbar sind.

Die Exploration von tektonischen Mergel-Akkumulationen ist somit nur mit Hilfe einer grösse-ren Anzahl von vertikalen und geneigten Bohrungen möglich. Bereiche mit günstigen Auf-schlussverhältnissen und 3D-Informationen aufgrund der topographischen Verhältnisse können die Erfassung der Wirtgesteinsgrenzen erleichtern.

Wegen der beschränkten Möglichkeiten der Exploration von der Oberfläche aus ist für die Akkumulationen von Mergel-Formationen des Helvetikums die untertägige Exploration inte-graler Bestandteil der Erkundung und schon in einer relativ frühen Programmphase vorzusehen;

deshalb sind die diesbezüglichen Möglichkeiten bei der gesamtheitlichen Beurteilung der Kon-figurationen mit einzubeziehen (vgl. Kap. 5.4.13).

Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen (Kriterium 3.3)

Grundwässer aus den Sondierbohrungen und die extrahierten Porenwässer aus Bohrkernen weisen eine hydrochemische Zonierung auf, die einen klaren Hinweis auf das Langzeitisola-tionsvermögen der Mergel-Formationen bilden. Die hydraulischen Unterdrücke, die am Wellen-berg unterhalb 500 m u.T. gemessen wurden, bilden ebenfalls eine unabhängige Evidenz für die geringe Durchlässigkeit und somit für das Langzeitisolationsvermögen.

4.4.4.4 Bautechnische Eignung

Felsmechanische Eigenschaften und Bedingungen (Kriterium 4.1)

Die bautechnische Machbarkeit für das SMA-Lager in der Palfris-Formation ist im Rahmen des Projekts Wellenberg eingehend untersucht worden. Erfahrungen aus dem Tunnelbau haben ebenfalls gezeigt, dass Strassen- und Eisenbahntunnels in den Mergel-Formationen des Helveti-kums mit Überlagerungen von bis zu 800 m und beträchtlichen Ausbruchquerschnitten gebaut werden können (z.B. Seelisbergtunnel).

Die einaxialen Druckfestigkeiten ohne Berücksichtigung der Schichtung liegen je nach litholo-gischer Ausprägung zwischen 20 und 100 MPa, wobei die grossräumig relevanten Durch-schnittswerte 50 bis 70 MPa betragen. Insbesondere die Tonmergel zeigen eine vergleichsweise geringe Anisotropie. Bei der Evaluation der gebirgsmechanischen Eigenschaften sind in den Mergel-Formationen des Helvetikums die vorhandenen Diskontinuitäten und Strukturen zu berücksichtigen.

Deutlich höhere Festigkeiten und Steifigkeiten der Kalkmergel und Tonmergel der Palfris-Formation führen im Vergleich zu Opalinuston zu deutlich geringerem Aufwand für die bau-technische Realisierung. Die baubau-technischen Eigenschaften stellen sich insgesamt günstiger dar als für den Opalinuston.

Zonen höherer Störungsdichte werden mit einer angepassten Kombination aus Stützmass-nahmen (Spritzbeton, Netze, Anker, Stahlbögen) gesichert, oder ihnen wird durch eine geänderte Anordnung der Lagerbauwerke Rechnung getragen.

4.5 Charakterisierung des bevorzugten Wirtgesteins für das HAA-Lager

Im Dokument für das SMA- und das HAA-Lager (Seite 184-188)

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