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MENSCH-MASCHINE SCHNITTSTELLE

Im Dokument behinderte und alte Menschen (Seite 143-147)

Die Schaffung von geeigneten und erfolgreichen Schnittstellen, die das Interface zwischen Mensch und Maschine sowie zwischen Mensch und Umwelt und hier insbesondere zwischen einem behinder-ten oder albehinder-ten Menschen und seiner Umwelt herstellen, kann als das zentrale Thema und das wich-tigste Anliegen der Rehabilitationstechnik angesehen werden. Abb. B 2.1 veranschaulicht die ver-schiedenen Aspekte der Mensch-Maschine (ICT) Schnittstellen gemäß [Cen 03].

Abb. B 2.1: Die Mensch-ICT Schnittstellen nach [Cen 03].

Die generelle Art, wie User-Interfaces gestaltet wurden bzw. beim jeweiligen Stand der Technik ge-staltet werden konnten, hat sich innerhalb von rund 30 Jahren (1938 bis 1965) mehrmals einschnei-dend geändert. Dadurch sind Menschen verschiedener Geburtsjahrgänge mit vollkommen unter-schiedlichen Generationen von Mensch-Maschine Schnittstellen aufgewachsen und vertraut gewor-den. Die Gewöhnung an den jeweiligen Stand der Technik hat sie geprägt, sodaß später hinzuge-kommene Arten von Mensch-Maschine Schnittstellen für sie ein Umdenken und Umlernen erforderten.

Besonders bei der Gestaltung von User-Interfaces für alte Menschen sollte diesem Umstand Rech-nung getragen werden. In Tabelle B 2.1 sind die vier typischen Interface Generationen und die jeweili-gen Geburtsjahrgänge, die damit vertraut sind zusammengestellt [DOC 98].

Interface Typ Geburtsjahrgänge Mechanisch . . . . - 1938

Elektromechanisch 1938 - 1955

Displays 1955 - 1965

Menüs 1965 - . . . .

Tabelle B 2.1: Interface Typen, wie sie verschiedenen Geburtsjahrgängen vertraut sind [DOC 98].

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Die Beschreibung verschiedener alternativer und augmentativer Benutzerschnittstellen91 kann nach folgender Systematik erfolgen, die auch der Gliederung der nachfolgenden Kapitel zugrundegelegt ist (Abb. B 2.2):

Abb. B 2.2: Systematik der augmentativen und alternativen Eingabe-Schnittstellen.

Bewegungsbehinderte Personen sind vielfach nicht in der Lage, die üblichen Mensch-Maschine Schnittstellen in konventioneller Weise zu bedienen. Je nach Grad der Behinderung ist es daher ent-weder erforderlich:

 herkömmliche Eingabegeräte (Schalter, Tastatur, Maus) durch Modifikationen (Hardware und/oder Software) den speziellen Bedürfnissen anzupassen. Die Methoden der angepaßten / augmentativen Eingabe werden in Kapitel 2.1 besprochen oder

 vollkommen neue Möglichkeiten für den Mensch-Maschine Dialog auszuschöpfen (alternative Eingabeverfahren, siehe dazu Kapitel 2.2).

Personen, die von einer sensorischen Schädigung betroffen sind, benötigen Unterstützung auf der Ausgabeseite. Auch hier können wir unterscheiden:

 angepaßte / augmentative Ausgabe, die vor allem durch eine Vergrößerung der Bildschirmanzei-ge erreicht werden kann (Kapitel 2.3) oder

 alternative Ausgabe, bei der blinden und gehörlosen Menschen eine andere Modalität erschlos-sen werden muß (Kapitel 2.4).

Der Einsatz von augmentativen oder alternativen Mensch-Maschine Schnittstellen kann aus folgenden Gründen erforderlich sein:

 Der Zugang zu Computern und damit zu einer Fülle von mit dem PC ausführbaren Aktivitäten ist über die konventionellen Eingabegeräte (Tastatur, Maus) nicht möglich.

 Der Zugang zur direkten Kommunikation bzw. zur Telekommunikation ist wegen einer Einschrän-kung der Mobilität und/oder einer Sprechbehinderung nicht ohne technische Hilfe möglich. Da motorische Behinderungen und Sprechbehinderungen oft gemeinsam auftreten, muß bei

91 Der ursprünglich in [DEM 92] verwendete Begriff "Alternative Interfaces" wurde hier sinngemäß auf "Alternati-ve and Augmentati"Alternati-ve User Interfaces" erweitert.

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schen Hilfen für bewegungsbehinderte Menschen auch der Aspekt der Kommunikationsunter-stützung einbezogen werden.

 Der Zugang zur Umwelt ist nicht in gewohnter Weise möglich, weil die Bewegungsbehinderung die Mobilität im Raum einschränkt und bestimmte Verrichtungen (Bedienen von Geräten, Bewe-gen von GeBewe-genständen etc.) nicht selbst ausgeführt werden können. Fernsteuersysteme (Umge-bungssteuerungen) mit einer alternativen oder augmentativen Mensch-Maschine Schnittstelle werden als aktuatorisches Vikariat eingesetzt (Näheres dazu siehe Teil C).

2.1 Augmentative Eingabe

2.1.1 Tastaturen

Tastaturen werden üblicherweise durch die Verwendung aller zehn Finger beider Hände bedient. Feh-len von Fingern, Lähmungen oder eine andere Beeinträchtigungen in der Motorik einer oder beider Hände machen es daher schwierig bzw. unmöglich, herkömmliche Tastaturen zu bedienen. Tastatu-ren können alternativ auch durch einen am Kopf befestigten oder mit den Zähnen gehaltenen Stab bzw. mit den Füßen betätigt werden.

Bei jeder Tastatureingabe, die nicht mit mehreren Fingern sondern mit nur einem Finger bzw. mit ei-nem Mund- oder Kopfstab erfolgt, ist zu beachten, daß die Anordnung der Buchstaben auf der Tasta-tur nach dem "QWERTY"-Schema ungünstig ist, da häufig nacheinander vorkommende Buchstaben (Bigramme) ja bekanntlich bewußt weit voneinander liegend angeordnet sind92. Zwei optimierte An-ordnungen, mit der eine 30% bis 40% Reduktion der Wege erreicht werden kann, zeigt Abb. B 2.3 [LES 00b].

Abb. B 2.3: Wegoptimierte Tastaturanordnungen für Einzelfinger bzw.

Mund- und Kopfstab Bedienung (für Englisch) [LES 00b].

a) Vergrößerte Tastaturen

Zur Kompensation von Problemen mit der Feinmotorik können vergrößerte Tastaturen (größere Tas-ten, größere Abstände) eingesetzt werden, die das Treffen einer bestimmten Taste erleichtern. Auch dann, wenn die Tastatur (z.B. bei Fehlen der Hände) mit den Füßen bedient wird, ist eine vergrößerte Tastatur vorteilhaft (siehe Abb. B 2.8).

b) Kleine Tastaturen

Im umgekehrten Fall, wenn die Feinmotorik der Hand (Handgelenk) uneingeschränkt vorhanden ist, jedoch keine größeren Bewegungen mit den Armen ausgeführt werden können, empfiehlt sich eine verkleinerte Tastatur, bei der alle Tasten (gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Stiftes) aus dem Handgelenk heraus erreicht werden können (Abb. B 2.4).

92 Diese Anordnung wurde zur Zeit der Typenhebel-Schreibmaschinen eingeführt, um die Gefahr des Verhakens der Typenhebel zu minimieren.

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Abb. B 2.4: Kleine Tastatur, die wird mit einem Stift bedient wird.

c) Speziell geformte Tastaturen

Für besondere Anwendungsfälle werden auch Tastaturen angeboten, die denen die Tasten auf zwei Tastaturfelder aufgeteilt oder in einer kundenspezifischen dreidimensionalen Form angeordnet wer-den. Damit sind z.B. auch Tastaturen möglich, die von der Seite bedient werden können, wenn diese Form die Handhaltung des Benutzers / der Benutzerin erleichtert.

Eine "Tastatur", bei der keine einzelnen Fingerbewegungen sondern nur Bewegungen de Unterarme und der Handgelenke erforderlich sind zeigt Abb. B 2.5, links. Das "Keybowl" genannte Eingabegerät verfügt über zwei mit den Handflächen zu bedienende Kuppeln, die in je acht Richtungen gekippt wer-den können. Aus der Kombination dieser Kippbewegungen werwer-den die einzelnen Zeichen für die Eingabe codiert.

Auch Tastaturen für Einhandbedienung (rechte oder linke Hand) werden angeboten (Abb. B 2.5 rechts).

Abb. B 2.5: Beispiel für speziell geformte Tastaturen:

links: Keybowl; rechts Einhandtastatur (Octima).

An dieser Stelle sollen Tastaturen für Blindenschrift nicht unerwähnt bleiben. Die übliche Anordnung der Tasten und ihre Zuordnung zu den Punkten der Blindenschrift zeigt Abb. B 2.6, links. Gerade beim Arbeiten mit Blindenschrift kann eine Einhandtastatur von großem Vorteil sein, da dann eine Hand zum Lesen und die andere zum Schreiben verwendet werden kann. Eine mögliche Tastenanordnung für eine Blindenschrift Einhandtastatur im sogenannten "Stack Layout" für die rechte Hand ist in Abb. B 2.6, rechts dargestellt [SHO 00].

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Abb. B 2.6: links: Konventionelles Layout für eine Braille-Tastatur;

rechts: Braille-Einhandtastatur nach dem "Stack-Layout" [SHO 00].

d) Ambiguous Keyboard

Die Redundanz der Sprache kann dazu verwendet werden, die Eingabe von Texten für den Benutzer / die Benutzerin einfacher zu gestalten. Während es bei Textvorhersage darum geht, einen zeitlichen Gewinn zu erzielen, versucht man hier mit einer reduzierten an Anzahl von Tasten auszukommen.

Jeder Taste des Ambiguous Keyboards (wörtlich "mehrdeutige Tastatur") sind mehrere Buchstaben zugeordnet (so wie bei einer Telephon-Tastatur bzw. einer Tastatur eines Mobiltelephons). Der Druck auf eine einzelne Taste kann daher zunächst für mehrere Buchstaben stehen. Werden Tasten nach-einander angeschlagen, wird die Verbundwahrscheinlichkeit für die verschiedenen möglichen Buch-stabenkombinationen berechnet und daraus das wahrscheinlichste Wort gebildet. Auf diese Weise kann Personen mit eingeschränkter Motorik eine Tastatur mit wenigen oder großen Tasten angeboten werden, über die dennoch der komplette Buchstabenvorrat eingegeben werden kann [ALL 96, KUS 98, LES 98, HAW 99, HAR 01].

In der Praxis werden z.B. sieben Tasten für Buchstaben und die Leertaste verwendet. Die Belegung der Tasten kann wie in Abb. B 2.7 gezeigt vorgenommen werden.

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