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Alternative Pointer

Im Dokument behinderte und alte Menschen (Seite 152-155)

THKP MEG ISYV CLOJ ADFX QUNW BRZ Leertaste für die Bestätigung

2.2 Alternative Eingabe

2.2.2 Alternative Pointer

Unter einem alternative Pointer wollen wir Eingabegeräte verstehen, mit denen eine behinderte Per-son den Mauszeiger bewegen bzw. eine Auswahl aus einer Menge von Elementen treffen kann, ohne die üblichen Geräte wie Maus, Joystick oder Touchscreen zu verwenden. Üblicherweise läuft das darauf hinaus, anstelle proportionaler Bewegungen der Arme und Hände auf andere gut kontrollierba-re Körperbewegungen zuzugkontrollierba-reifen.

Auch alternative Pointer können als absolute oder relative Pointer ausgeführt werden (siehe Kapitel 2.1.2), wobei die Genauigkeit des Systems und die Präzision, mit der ein Benutzer / eine Benutzerin proportionale Bewegungen ausführen kann, darüber entscheidet, welchem System der Vorzug zu geben ist [EVA 94].

Zu jedem Pointer gehört auch die Möglichkeit, ein Signal zur Auswahl eines gewünschten Elementes abgeben zu können (Mausklick, evtl. getrennt für linke und rechte Maustaste, Doppelklick). Bei alter-nativen Pointern ist man gezwungen, auch dafür alternative Strategien einzusetzen, wenn die damit arbeitende Person nicht in der Lage ist, ein geeignetes Schaltsignal zu erzeugen.

Eine oft angewendete Methode besteht darin, daß der Mausklick automatisch dann erzeugt wird, wenn der Mauszeiger für eine bestimmte einstellbare Zeit unbewegt auf einer fixen Position verharrt.

Das erfordert die Fähigkeit, die vorgeschriebene Zeit auch wirklich still halten zu können. Außerdem kostet diese Vorgehensweise zusätzliche Wartezeit. Als Fixation eines Punktes gelten Zeiten, die länger als 250 ms bis 1100 ms sind. Hierbei muß man aber Vorkehrungen treffen, daß es bestimmte Flächen am Bildschirm gibt, auf denen der Mauszeiger auch beliebig lange verweilen darf, ohne daß es zu einer Selektion (Mausklick) an dieser Stelle kommt93 [EDW 98, EDW 98a, EDW 98b, KAH 99, CHE 02]. Für die Auswahl durch Verwendung eines zusätzlichen Schalters kommen hier meist Saug-Blas-Schalter (Abb. B 2.14) oder Lidschlagschalter in betracht. Auch die Auswertung des Geräusches (Körperschall), das die Zähne beim Aufeinanderschlagen machen ("Zähneklappern"), ist möglich [HAS 96].

93 Gibt es keinen derartigen neutralen (inaktiven Bereich) müßte der Mauszeiger ständig in Bewegung gehalten werden, damit es zu keinen ungewollten Auslösungen von Mausklicks kommt. In der Fachliteratur spricht man vom "Midas-Touch" Problem, benannt nach dem phrygischen König Midas (8. Jhd. v. Chr.), von dem die Sage berichtet, daß alles, was er berührte zu Gold wurde [EDW 98b].

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Abb. B 2.14: Kopf-Pointer in Verbindung mit einem Saug-Blas-Schalter (Headmaster).

a) Kopfbewegungen

Auch bei hohen Querschnittlähmungen bleibt die Beweglichkeit des Kopfes erhalten. Da der Kopf über gute feinmotorische Eigenschaften verfügt, können Kopfbewegungen zur Steuerung des Cursors bzw.

des Fokus (Auswahlmarkierung, siehe auch Kapitel 2.2.5) verwendet werden. Der Einsatz von berüh-rungslos arbeitenden Zeigesystemen (Pointern) ist wesentlich bequemer als das Arbeiten mit dem Mund- bzw. Kopfstab und trägt auch zu einer besseren Körperhaltung bei.

In den meisten Fällen wird mit der Kopfbewegung direkt der Mauszeiger gesteuert. Einige einfachere System begnügen sich damit, einige um den Bildschirm herum angeordnete optische Schalter (Photo-zellen) mittels eines Lichtstrahls (Laser) anzusteuern, um damit entweder Cursortasten oder Buchsta-ben einer virtuellen Tastatur anzusteuern [CHE 99].

Nachfolgende Typen von Zeigesysteme für Kopfsteuerungen wurden entwickelt und haben teilweise auch Marktreife erlangt [DRE 98, EVA 00]:

Optische Pointer

Bei den optisch arbeitenden Pointern können nachfolgende drei Arbeitsprinzipien unterscheiden wer-den:

 Aktive Lichtquelle am Kopf des Benutzers / der Benutzerin

Am Kopf des Benutzers / der Benutzerin, meist auf einem Brillengestell, werden eine oder mehre-re Lichtquellen (Leuchtdiode, Laser) angebracht. Für demehre-ren Betrieb sind entweder Batterien oder eine Zuleitung erforderlich. Ein über dem PC Monitor angebrachtes Zusatzgerät vermißt die Lage bzw. den Winkel dieser Lichtquelle(n) und wandelt diese Werte in Cursor-Bewegungen um.

Durch Modulation der Lichtquelle kann die Sicherheit gegen Störlicht (Raumbeleuchtung, Licht vom PC-Monitor) erhöht werden. In der Literatur werden 11 kHz als günstiger Wert empfohlen.

Falls das Signal für den Mausklick auch aus der Kopfregion abgeleitet wird (z.B. durch Lidschlag- oder Wangenschalter, siehe auch Kapitel 2.2.7g) kann dieses leicht drahtlos über speziell codier-te Lichtimpulse übertragen werden [DRE 98, EVA 99, EVA 00].

 Optische Markierung bzw. Reflektor am Kopf des Benutzers / der Benutzerin

Hier trägt der Benutzer / die Benutzerin eine passive optische Markierung am Kopf (meistens auf der Stirn oder an einem Brillengestell). Das von einer optischen Sende-/Empfangseinheit über dem Monitor abgestrahlte Licht wird von dieser Markierung reflektiert, sodaß Bewegungen des Kopfes ausgewertet werden können (Abb. B 2.15 links) [EVA 99, REI 99].

 Videokamera, die auf den Kopf des Benutzers / der Benutzerin gerichtet ist

Mit einer über dem PC-Monitor angebrachten Videokamera werden die Bewegungen eines mar-kanten Details am Kopf (Nasenspitze, Augen, Lippen) vermessen. Das Auffinden des Lidschla-ges im Kamerabild kann nicht nur für die Kalibrierung des Bildverarbeitungssystems hilfreich sein sondern auch für die Ausführung des Mausklicks (links und rechts) herangezogen werden [EVA 00, BET 02, MOR 02]. Die Auswertung von Kopfbewegungen mittels Videokamera wird auch für experimentelle Rollstuhlsteuerungen eingesetzt [GAR 99a, BRE 01].

Ultraschall Pointer

Die Lage des Kopfes kann auf berührungslosem Weg auch durch mehrere Ultraschall-Entfernungsmesser ermittelt werden. Bei der in Abb. B 2.15 rechts dargestellten Kopfsteuerung für einen Elektrorollstuhl messen zwei Ultraschallsysteme die Lage des Kopfes in einer Ebene relativ zur Kopfstütze. Seitliches Bewegen bzw. Vor- und Zurückbewegen des Kopfes wirkt wie ein Joystick und lenkt so den Rollstuhl [JAF 93].

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Abb. B 2.15: links: Arbeiten mit einem optischen Pointer für Kopfbewegungen;

rechts: Rollstuhlsteuerung durch Kopfbewegungen, die mittels Ultraschall- Sensoren abgenommen werden.

Pointer mit Beschleunigungsaufnehmer

Am Kopf (z.B. in einem "Kopfhörergehäuse") angebrachte Beschleunigungssensoren oder Gyros kön-nen, nach Kalibrierung auf die Ruhelage, ebenfalls zur Ermittlung von Kopfpositionen verwendet und somit zur Cursor-/Fokus-Steuerung herangezogen werden [GAL 94, EVA 00].

Pointer mit Schwerkraft oder Magnetfeldsensoren

Wegen der meist hohen Kosten der bisher angeführten Systeme wurde immer wieder nach einfache-ren Alternativen gesucht. Eine davon nützt mittels eines am Kopf angebrachten Schwerkraftsensors (im weitesten Sinn ein an einer Potentiometerachse angebrachtes Pendel) das Gravitationsfeld der Erde aus. Allerdings liefert hier das Drehen des Kopfes (links-rechts) keinen Beitrag zur Veränderung des Schwerkraftvektors und muß daher durch Neigen des Kopfes (Ohr zur Schulter) ersetzt werden.

Deise Bewegung wird jedoch als unnatürlich und anstrengend empfunden [ERVA 96, EVA 00, CHE 01].

Eine weitere Möglichkeit stellt die Auswertung der Kopflage hinsichtlich des Erdmagnetfeldes (Hall-Effekt Kompaß) oder eines durch einen ortsfest in Kopfnähe montierten Permanentmagneten künstli-chen Magnetfeldes dar [DON 98].

b) Augenbewegungen

Bei noch schwereren Bewegungsbeeinträchtigungen kann die Kopfbewegung nicht mehr für die An-steuerung eines Pointer-Systems ausreichen. In vielen Fällen ist dann aber noch die zweidimensiona-le Augenbewegung vorhanden und kann zur Cursor- bzw. Fokus-Steuerung herangezogen werden, was aber technisch wesentlich aufwendiger ist, als die Auswertung von Kopfbewegungen.

Optische Abtastung

Die Stellung des Augapfels, also die Lage der Pupille relativ zum Kopf, kann mit einem Kamerasystem vermessen werden. Wird dieses Kamerasystem am Kopf getragen, dann fallen zwar alle störenden Einflüsse durch Kopfbewegungen weg, die Apparatur ist aber für den Benutzer nicht besonders be-quem. Aufwendigere Systeme führen daher über eine unter dem PC-Monitor angebrachte Kamera eine komplette Bildanalyse von Kopf und Augen aus [JAR 93, LAH 94, HAS 96a, SKI 98, KAH 98, PIR 02].

Da ein Großteil jener Personen, die auf Augensteuerung angewiesen sind über keine anderen Bewe-gungsmöglichkeiten verfügen, kommen Kopfbewegungen, die vom System her kompensiert werden müßten, gar nicht vor [VAT 98, PIR 02].

Außer der direkten Vermessung der Lage der Pupille können auch Reflexion einer externen Lichtquel-le entweder an der gekrümmten Cornea (Hornhaut) oder im Inneren des Auges (Katzenaugen-Effekt) zur Lagebestimmung herangezogen werden [VAT 98].

Elektro-okulare Potentiale (EOG)

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Wegen der hohen neuralen Aktivität der Netzhaut stellt das Auge einen elektrischen Dipol dar, der sich in der Augenhöhle (Orbita) relativ zum Kopf bewegen kann. Von den Hautpartien rund um das Auge lassen sich daher Potentiale ableiten, die als ein Maß für die Stellung des Augapfels herange-zogen werden können (Abb. B 2.16).

Abb. B 2.16: Entstehung und Ableitung elektro-okularer Potentiale.

Diese EOG Potentiale (EOG = Elektro-Okulogramm) liegen im Bereich von 50µV bis 3.500 µV und in einem Frequenzband zwischen DC und 100 Hz. Im Bereich von  30 Grad sind die Potentiale weitge-hend linear mit den Augenbewegungen (5 µV bis 20 µV je Grad), bei größeren Winkeln jedoch stark nichtlinear. Störungen durch EEG (Gehirnpotentiale) und EMG (Muskelpotentiale) liegt die Meß-genauigkeit im Bereich von 2° [WEB 92, UNG 96, BAR 02].

Bringt man um das Auge herum vier Haut-Elektroden an (z.B. mittels eines Brillengestells), können die EOG Potentiale abgegriffen und für Steuerungszwecke ausgewertet werden. Da es sich um äußerst geringe Spannungen handelt, hält sich die erzielbare Genauigkeit und die Stabilität in Grenzen. Ver-wendet man die elektro-okularen Potentiale allerdings nicht für eine streng proportionale Cur-sor/Fokus-Steuerung sondern lediglich dazu, den Cursor/Fokus bei Überschreiten eines gewissen Potentials in eine bestimmte Richtung loslaufen zu lassen (relativer Pointer), kann die Brauchbarkeit solcher System wesentlich gesteigert werden [CLE 94, CLE 92, CLE 92a, GIP 96].

Erreichbare Kommunikationsraten mit Augensteuerung und einem OSK (on screen keyboard) werden mit 25 bis 35 Zeichen/min (für eine trainierte Person) angegeben [SPA 96].

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