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3 MATERIAL UND METHODEN

5.1 Meiotische Spindel in humanen Oocyten

Aufgrund ihres Aufbaus aus Mikrotubuli ist die Spindel eine dynamische Struktur, die sich polarisationsmikroskopisch visualisieren lässt. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass die Untersuchungen keine spezielle Färbetechnik erfordern und daher nicht-invasiv und zellerhaltend erfolgen. Darüber hinaus ermöglichen Zeitrafferaufnahmen ein direktes Verfolgen dieser Dynamik. So zeigte sich in initialen zeitabhängigen Studien bei der Metaphase I-Spindel während der weiteren Maturation eine Intensitätszunahme der Anisotropie, wobei die Spindel zur Abschnürung des ersten Polkörpers eine Brücke zwischen Polkörper und Cytoplasma bildete. Vor der Entstehung der Metaphase II-Spindel war eine zwischenzeitliche Dissoziation zu beobachten.

Eine Verstärkung der Doppelbrechung konnte nach artifizieller Aktivierung bereits in murinen Metaphase II-Spindeln nachgewiesen werden (LIU et al. 2000b, NAVARRO et al.

2005). Vermutlich wird sie durch eine höhere Konzentration an Mikrotubuli, einhergehend mit einer noch geordneteren Ausrichtung, verursacht.

Die beobachtete Spindelbrücke zeigt eine noch nicht abgeschlossene Meiose I an, obwohl der erste Polkörper schon sichtbar ist. Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist somit, dass nicht jede Eizelle, die lichtmikroskopisch aufgrund ihres abgeschnürten ersten Polkörpers als Metaphase II klassifiziert wird, sich auch tatsächlich in diesem Stadium befindet. In polarisiertem Licht lässt sich vielmehr nachweisen, dass sie noch die späte Telophase I durchlaufen kann und die Aktivierung durch ICSI zu einem unphysiologischen Zeitpunkt

erfolgen würde. Dieses Phänomen bestätigt Berichte von EICHENLAUB-RITTER (2002) und DE SANTIS et al. (2005).

Der weitere Verlauf der Langzeitbeobachtung zeigte, dass eine dissoziierte Spindel nicht unbedingt eine Dysfunktion impliziert, sondern während des Übergangs in die Meiose II auch physiologisch sein kann. Dies wird durch eine zweimalige Spindel-Untersuchung vor der ICSI mit einer größeren Fallzahl belegt. Mehr als die Hälfte der Eizellen, die bei der ersten Untersuchung spindel-negativ waren, wies bei der Wiederholung nach 2 h einen visualisierbaren Spindelapparat auf. Das bedeutet, dass eine einmalige polarisationsmikroskopische Analyse nicht ausreicht, um eine Eizelle als eindeutig spindel-negativ zu klassifizieren.

Im Einklang mit anderen Autoren (WANG et al. 2001b, COHEN et al. 2004, SHEN et al.

2006) korrelierte eine Spindelpräsenz mit einer signifikant höheren Fertilisationsrate im Vergleich zur Befruchtungsrate spindel-negativer Eizellen. Dabei spielte der Zeitpunkt der Darstellbarkeit (1. oder 2. Imaging) keine Rolle. Schon beim ersten Imaging konnte bei 80,7% der Oocyten eine Spindel dargestellt werden, beim zweiten Imaging betrug die Quote 91,4 %. Diese Zahlen stimmen mit anderen veröffentlichten Studien überein (DE SANTIS et al. 2005, SHEN et al. 2006, RAMA RAJU et al. 2007). Außerdem sind sie ein Zeichen dafür, dass die Rahmenbedingungen im Labor, die die Polymerisation von Mikrotubuli beispielsweise durch suboptimale Temperaturbedingungen negativ beeinflussen können, akzeptabel sind. Ebenso ist die durchschnittliche Fertilisationrate von 76,7 % nach ICSI vergleichbar mit den Daten aus dem deutschen IVF-Register (FELBERBAUM et al. 2007).

Da die Spindelbrücke zwischen Polkörper und Ooplasma nur in polarisiertem Licht erkennbar ist, jene Eizellen aber mit herkömmlichen lichtmikroskopischen Verfahren als matur diagnostiziert werden, ist dieses Meiose-Stadium kritisch zu betrachten.

Eine zu diesem unphysiologischen Zeitpunkt durchgeführte ICSI führte größtenteils zu einer anomalen Fertilisation mit fehlendem 2. Polkörper und Ausbildung von 3 Vorkernen. Analog zeigte die Mehrzahl der Eizellen nach artifizieller Aktivierung durch Ca2+-Ionophor ebenfalls keinen 2. Polkörper und 2 Vorkerne. Metaphase II-Oocyten schnüren dagegen nach Aktivierung einen zweiten Polkörper ab; nach ICSI bilden sich 2 Vorkerne, nach parthenogenetischer Aktivierung dementsprechend ein Vorkern (YAMANO et al. 2000).

Eine Erklärung für diese Entwicklung ist das Spindel-Verhalten, das in Zeitrafferstudien nach artifizieller Aktivierung beobachtet werden konnte. Die Metaphase I-Spindel wurde mit dem sich bildenden ersten Polkörper abgeschnürt und dissoziierte dort. Eine erneute Polymerisation von Mikrotubuli zur zweiten meiotischen Spindel konnte nicht dargestellt werden. Somit erfolgt zwar eine Aktivierung der Eizelle, jedoch kann die Meiose II nicht beendet werden und eine physiologische Segregation der Schwester-Chromatiden unterbleibt.

Dadurch wird ein zusätzlicher Vorkern formiert, während die Bildung eines 2. Polkörpers nicht stattfindet. Für eine endgültige Verifizierung dieser Erklärung müsste eine Chromosomenfärbung durchgeführt werden.

Eine Studie von BALAKIER et al (2004) mit in vitro nachgereiften Oocyten sowie eine weitere Veröffentlichung von HYUN et al. (2007) mit in vitro maturierten Eizellen belegen, dass die ICSI innerhalb von 3 h bzw. 1 h nach Abschnürung des ersten Polkörpers zu schlechteren Befruchtungsraten führt.

Diese Ergebnisse sowie die eigenen Resultate zeigen, dass mit dem lichtmikroskopisch sichtbaren ersten Polkörper erst zeitlich verzögert der Meiose II-Arrest erreicht wird. Eine Eizell-Aktivierung vor Vollendung der Maturation führt zu anomalen und schlechteren Fertilisationsraten.

Insgesamt ist die polarisationsmikroskopisch darstellbare Metaphase II-Spindel ein Zeichen der abgeschlossenen nukleären Maturation und als solches ein positives Qualitätsmerkmal der Eizelle. Die mitunter widersprüchlichen Studien könnten auf die spindeleigene Dynamik zurückzuführen sein.

Etwa 80 % der untersuchten Eizellen sind in der Spindelanalyse unauffällig. Außerdem bedeutet die Untersuchung durch das Drehen und Wenden zusätzliche Zeit außerhalb des Inkubators und muss aufgrund der zwischenzeitlichen Dissoziation zweimal durchgeführt werden. In der Literatur beschriebene quantitative Messungen (SHEN et al. 2006) bedeuten einen weiteren Zeitaufwand und sind auch in der Metaphase II-Spindel variabel (MONTAG et al. 2007). Aktuelle Untersuchungen haben zudem ergeben, dass eine Spindel-schonende ICSI nicht zu besseren Ergebnissen hinsichtlich Fertilisationsrate und Embryoqualität führt (WOODWARD et al. 2008).

Daher scheint das Verfahren für die tägliche Routine in Relation zur Aussage zu aufwendig zu sein, ist aber ein wichtiges Hilfsmittel bei Problempatienten, um die nukleäre Reife

darzustellen und den Zeitpunkt der ICSI zu optimieren. Dieses Ergebnis ist insbesondere bei Patienten im ART-Programm mit wenigen Eizellen von Bedeutung, da durch die polarisationsmikroskopische Spindelbetrachtung jede Eizelle zum optimalen Zeitpunkt injiziert und letztlich verwendet werden kann.