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2.3.1 Physiologische Aktivierung

In vivo findet die Befruchtung durch ein Spermatozoon in der Eileiterampulle statt. Dieses wird durch die Kapazitation befähigt, an einen Rezeptor der Zona pellucida zu binden und durch die anschließende Akrosomenreaktion in den perivitellinen Spalt vorzudringen. Mit der Anlagerung an das Oolemm und der Fusion der Zellmembranen im postakrosomalen Bereich gelangt zum einen der paternale haploide Chromosomensatz in die Eizelle (YANAGIMACHI 1994), zum anderen induziert eine spermienspezifische Isoform der Phospholipase C (PLCζ) die Aktivierung der arretierten Eizelle.

Die PLCζ katalysiert die Hydrolyse eines Phospholipids, bei der IP3 produziert wird.

(SAUNDERS et al. 2002). IP3 bindet an IP3-Rezeptoren, was zu einer Ca2+-Freisetzung aus den intrazellulären Ca2+-Speichern führt. Über positive Feedbackmechanismen wird die Reaktion verstärkt, so dass es zu Ca2+-Oszillationen kommt, die beim Rind bis zur Einleitung des mitotischen Zellzyklus’ anhalten (NAKADA et al. 1995). Diese Ca2+-Oszillationen steuern über Enzymaktivierungskaskaden die Aufhebung des Metaphase II-Arrests. Die MPF-Aktivität sinkt, die zweite meiotische Reifeteilung wird vollendet. Die Exocytose der Cortikal-Granula bewirkt innerhalb von Minuten eine Modifikation der Zona pellucida, was zum Polyspermie-Block führt (ABBOTT u. DULCIBELLA 2001, BLEIL u. WASSARMAN 1981). Das paternale Chromatin dekondensiert; Protamine werden durch maternale Histone ersetzt. Paternaler und maternaler Vorkern formieren sich. Mit ihrer Verschmelzung entsteht die Zygote und der Beginn der embryonalen Entwicklung (SCHULTZ u. KOPF 1995).

Analog zur Maturation sind auch die zellulären und molekularen Ereignisse im Verlauf der Eizell-Aktivierung noch nicht völlig entschlüsselt; beim Rind scheint im Vergleich zur Maus die MAP-Kinase eine wichtigere Funktion auszuüben (MALCUIT et al. 2006, LEE et al.

2006).

2.3.2 Artifizielle Aktivierung

In vitro kann eine parthenogenetische Aktivierung, d.h. eine Eientwicklung ohne Beteiligung eines Spermiums (REMANE et al. 1985), durch physikalische oder chemische Stimuli ausgelöst werden (YANAGIMACHI 1994). Im Rahmen moderner Reproduktionstechniken (ICSI, Klonierung) hat die künstliche Aktivierung von Eizellen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen.

In der Humanmedizin werden Ca2+-Ionophore eingesetzt, die Ca2+-Ionen über die Zellkompartimente hinweg durch Lipidmembranen transportieren, so dass es zu einer Ionen- Umverteilung kommt und die intrazelluläre Ca2+-Konzentration steigt. Obwohl Ca2+ -Ionophore keine Ca2+-Oszillationen hervorrufen, reicht der initiale Ca2+-Anstieg im Ooplasma, um die Aktivierungsereignisse auszulösen (OZIL u. SWANN 1995, STEINHARDT et al. 1974, SCHULTZ u. KOPF 1995, NAKADA u. MIZUMO 1998, WINSTON et al. 1991). Laborinterne Daten (MONTAG et al. 2005) und Einzelfall-Veröffentlichungen (ELDAR-GEVA et al. 2003, HEINDRYCKX et al. 2005) zeigen, dass Ca2+-Ionophore nach ICSI bereits erfolgreich bei Patienten mit schlechten Befruchtungsraten eingesetzt werden.

Bei der Spezies Rind wurde eine Vielfalt an Methoden getestet, um die Parthenogenese nach artifizieller Aktivierung zu optimieren. Mit physikalischen Stimuli in Form von elektrischen Pulsen kann eine Aktivierung boviner Eizellen induziert werden, jedoch ist die weitere parthenogenetische Entwicklung nicht zufriedenstellend (KONO et al. 1989). Eine Erhöhung des intrazellulären Ca2+-Spiegels gelingt darüber hinaus auf chemischem Weg mit dem Einsatz von Ethanol (NAGAI et al. 1987), Strontium (WANG et al. 2007), Ca2+-Ionophore (SHI et al. 1993) oder auch das spezifischere Ionomycin (RHO et al. 1998). Dabei wirkt Ethanol über eine verstärkte Bildung von IP3, Strontium induziert multiple Ca2+-Wellen über eine intrazelluläre Ca2+-Freisetzung, vermutlich gekoppelt mit Ca2+-Verlagerungen innerhalb der Eizell-Kompartimente (ALBERIO et al. 2001). Eine vergleichende Untersuchung von WANG et al. (2007) zeigt allerdings, dass mit Blastozystenraten von etwa 5 % diese Form der parthenogenetischen Aktivierung zu ineffizient ist. Ein weiterer Ansatzpunkt bietet sich über eine unspezifische Hemmung der Proteinsynthese durch Cycloheximid (SHI et al. 1993).

Durch die fehlende Neusynthese von Cyclin B wird der Plasmaspiegel von aktivem MPF gesenkt und damit der Metaphase II-Arrest aufgehoben. Gute Ergebnisse werden dabei in

kombinierten Aktivierungsprotokollen mit Ethanol unter Zugabe von Cytochalasin B, das die Extrusion des zweiten Polkörpers verhindert, erzielt (PRESICCE u. YANG 1994, WANG et al. 2007). Etabliert hat sich außerdem eine Kombination aus Ca2+-Ionophor und 6-Dimethylaminopurin (DMAP, RHO et al. 1998, WANG et al. 2007). DMAP ist ein Serin-Threonin-Proteinkinase-Inhibitor (RIME et al. 1989). Als Mediumzusatz im GV-Stadium wird der GVBD durch Hemmung der MPF- und MAP-Kinase-Aktivierung reversibel verhindert. Die artifizielle Verlängerung der Prämaturationsphase soll der Eizelle in vitro mehr Zeit geben, cytoplasmatische Reifungsprozesse abzuschließen (LIU et al. 1998, ANDERIESZ et al. 2000a). Allerdings ist hier zu beachten, dass die Inkubation in DMAP direkt nach Ca2+-Ionophor-Gabe zu einer Aktivierung ohne Abschnürung des zweiten Polkörpers führt, d.h. beide Schwester-Chromatiden verbleiben im parthenogenetischen Embryo (SZÖLLÖSI et al. 1993, SUSCO-PARRISH et al. 1994). Nachteilig an Cycloheximid wie auch zu einem geringeren Grad an DMAP ist ihre unspezifische Inhibierung, so dass die Entwicklung durch weitere inaktive Enzyme negativ beeinflusst werden kann (ALBERIO et al. 2001). Um diese unerwünschte Nebeneffekte zu verhindern, werden selektivere Proteinkinase-Inhibitoren wie Butyrolacton I und Purinanaloga (Bohemin, Roscovitin) eingesetzt (ALBERIO et al. 2000 u. 2001).

Die entwickelten Aktivierungsprotokolle finden ihre Anwendung beim Rind insbesondere beim somatischen Kerntransfer. Zum einen werden hier parthenogenetisch aktivierte Oocyten als Kontrollgruppe genutzt, zum anderen müssen die rekonstruierten Kerntransferkomplexe für eine weitere Entwicklung artifiziell aktiviert werden. Insgesamt hat sich gezeigt, dass eine zeitlich versetzte Aktivierung nach der elektrisch eingeleiteten Fusion bessere Entwicklungsraten bewirkt (LIU et al. 2001). Erfolgreich eingesetzt werden dabei kombinierte Verfahren von Ca2+-Ionophor bzw. Ionomycin mit DMAP (CIBELLI et al. 1998, WELLS et al. 1999, WRENZYCKI et al. 2001b, VAJTA et al. 2003) sowie Ethanol mit Cycloheximid/Cytochalasin B (ZAKHARTCHENKO et al. 1999, BRÜGGERHOFF et al.

2002). GALLI et al. (2002) verglichen beide Methoden und konnten dabei keine signifikanten Unterschiede nachweisen. Ebenso konnte mit den spezifischeren Proteinkinase-Inhibitoren (Butyrolacton I, Bohemin) keine Verbesserung hinsichtlich Trächtigkeits- sowie Überlebensrate erreicht werden (ALBERIO et al. 2001). Ein neuer Ansatz mit einer Kombination von Ionomycin und Strontium wurde von YAMAZAKI et al. (2005)

veröffentlicht. Über eine erfolgreiche Aktivierung im Rahmen des somatischen Kerntransfers wurde zudem nach Injektion eines porcinen Spermienfaktors in bovine Oocyten berichtet, obwohl die Effizienz gering war (KNOTT et al. 2002). Da auch bei humanen Oocyten nach Injektion von humaner PLCζ cRNA eine parthenogenetische Entwicklung beobachtet werden konnte, könnte dies ein vielversprechender Ansatz sein, um sich der physiologischen Aktivierungskaskade anzunähern (ROGERS et al. 2004).