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Maturationsstatus als Qualitätsmerkmal der bovinen Eizelle

3 MATERIAL UND METHODEN

5.3 Maturationsstatus als Qualitätsmerkmal der bovinen Eizelle

Im Unterschied zu den Untersuchungen an humanen Oocyten wurden alle bovinen Oocyten in vitro maturiert. Um das Entwicklungspotential bewerten zu können, wurden die Eizellen artifiziell aktiviert, da eine konventionelle IVF aufgrund der entfernten Cumuluszellen keine

erfolgversprechende Alternative war. Aus den diversen Möglichkeiten der künstlichen Aktivierung von Eizellen wurde in dieser Arbeit ein etabliertes Aktivierungsprotokoll bestehend aus der Kombination eines Ca2+-Ionophors mit nachfolgender mehrstündiger Inkubation von DMAP benutzt. Dieses Vorgehen wurde in den letzten Jahren von vielen Autoren zur Aktivierung im Rahmen des somatischen Kerntransfers beim Rind erfolgreich verwendet (CIBELLI et al. 1998, WELLS et al. 1999, WRENZYCKI et al. 2001b, VAJTA et al. 2003). Spezifischer als Cycloheximid inhibiert DMAP Serin-Threonin-Proteinkinasen und inaktiviert damit MPF sowie die MAP-Kinase. Nachteilig ist, dass auch andere Serin-Threonin-Proteinkinasen gehemmt werden, so dass weitere negative Effekte nicht auszuschließen sind. Kürzlich berichtete eine Autorengruppe von einer erhöhten Anzahl an chromosomalen Abnormalitäten nach Aktivierung mit DMAP (BHAK et al. 2006). Die Verbesserung der Aktivierungseffizienz bleibt weiterhin im Fokus der Forschung, jedoch konnten mit dem hier eingesetzten Protokoll und der danach beobachteten parthenogenetischen Entwicklung Rückschlüsse auf die Eizell-Qualität gezogen werden.

Ein erstes Ergebnis war, dass die Länge der in vitro Maturation einen Einfluss auf den parthenogenetischen Aktivierungserfolg hat. Die besten Ergebnisse konnten nach 22,5 h IVM mit einer Teilungsrate von 72,1 % und einer Blastozystenrate von 29,5 % erreicht werden.

Die Daten sind vergleichbar mit den Versuchen von RHO et al. (1998) sowie WANG et al.

(2007). Eine verkürzte IVM führte zu signifikant schlechteren Ergebnissen. Sie ist dadurch zu erklären, dass ein Großteil der Eizellen noch nicht ausreichend ausgereift war und daher nicht adäquat auf den externen Stimulus reagieren konnte. Dies kann außerdem durch eine Studie von WEHREND u. MEINECKE (2001) belegt werden; sie zeigten, dass in bovinen Oocyten der Übergang Anaphase I/Telophase I etwa nach 19 h IVM stattfindet, parallel dazu sinkt zwischenzeitlich die MPF-Aktivität.

Die genauere Analyse des Maturationsstatus enthüllte, dass 73,6 % der Eizellen das Metaphase II-Stadium erreicht hatten, davon besaßen 64,1 % eine polarisationsmikroskopisch darstellbare Spindel. Der Prozentsatz der maturen Eizellen nach IVM ist mit den Daten anderer Autoren vergleichbar (ALM et al. 2005). In dieser Arbeit wurden alle bovinen Eizellen ohne ersten Polkörper als Metaphase I definiert, da im Gegensatz zu humanen oder murinen Oocyten ein GV-Stadium nicht lichtmikroskopisch zu erkennen ist. Da aber 71,7 % dieser Oocyten spindel-positiv waren, kann man davon ausgehen, dass sich der größte Anteil

tatsächlich in der Metaphase I befand. Insgesamt gestaltete sich aufgrund der Granulation die Spindeldarstellung schwieriger als bei anderen Spezies. Der Anteil an Eizellen mit in polarisiertem Licht darstellbaren Spindeln lag im Vergleich zu den humanen Spindelanalysen niedriger; dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Zum einen stammen die bovinen Oocyten aus in vitro Maturation, zum anderen wurde die Maturationsdauer teilweise bewusst verkürzt. Ein weiterer Grund für eine in polarisiertem Licht nicht sichtbare Spindel insbesondere in Metaphase II-Eizellen liegt darin, dass die bovinen COCs aus Schlachthofovarien stammen und ein gewisser Prozentsatz an atretischen oder gealterten Eizellen nicht nach den morphologischen Kriterien zu selektieren ist. Außerdem sind Spindeln bedingt durch ihren Aufbau aus Mikrotubuli dynamische Strukturen. Die Sensitivität gegenüber Temperatur- und pH-Veränderungen sowie Energieimbalanzen wurde bereits von humanen und murinen Spindeln beschrieben (WANG et al. 2001c, SUN et al. 2004, ZENG et al. 2007). AMAN u. PARKS (1994) berichten über bis zu 30 % nicht darstellbare Spindeln in bovinen Eizellen bereits nach 5 min Exposition bei 25 °C. Nicht gänzlich auszuschließen sind geringgradige Temperaturabweichungen während des zweimaligen Transports (Schlachthof-kooperierendes Labor-Hauptlabor), die die Spindelstruktur negativ beeinflusst haben könnten.

Da darauf geachtet wurde, dass längere Manipulationen außerhalb des Brutschranks in HEPES-gepuffertem Medium vorgenommen wurden, ist ein abweichender pH-Wert als mögliche Ursache für eine deorganisierte Spindel eher auszugrenzen. Um einen möglichen negativen Einfluss durch die in vitro Maturation genauer zu untersuchen, wäre eine polarisationsmikroskopische Analyse von bovinen Eizellen nach in vivo Maturation äußerst aufschlussreich.

Das parthenogenetische Entwicklungspotential der Metaphase II-Eizellen war signifikant höher als das der Eizellen ohne ersten Polkörper. Dieses Ergebnis war zu erwarten, da Eizellen mit abgeschnürtem ersten Polkörper in ihrem Reifungsprozess weiter fortgeschritten sind. Ein darstellbarer Spindelapparat während der Metaphase I führte zu keinen besseren Resultaten, da die Aktivierung in beiden Gruppen zu einem unphysiologischen Zeitpunkt stattfand. Im Gegensatz dazu hatten Metaphase II-Eizellen mit Spindel nach artifizieller Aktivierung ein höheres Entwicklungspotential. Dieses Ergebnis entspricht den Erfahrungen nach ICSI in der humanen assistierten Reproduktion.

Für weitere Analysen wurde in einer zweiten Versuchsreihe die Kultivierung 20 h nach Aktivierung beendet und eine DNA-Färbung durchgeführt. Insgesamt hatten sich bereits 24 % der Eizellen geteilt, 22 % waren in einem Meiose-Stadium arretiert. BHAK et al. (2006) und SZÖLLÖSI et al. (1993) beobachteten ebenfalls nach artifizieller Aktivierung von bovinen bzw. murinen Oocyten mit der Kombination Ca2+-Ionophor und DMAP eine schnellere Entwicklung. Vermutlich wird die höhere Geschwindigkeit durch die Wirkungsweise von DMAP hervorgerufen, das eine schnellere Inaktivierung von MPF sowie der MAP-Kinase induziert.

Nach IVM von 20 h waren mehr Eizellen in einem Meiose-Stadium arretiert, während signifikant weniger schon die erste Teilung vollendet hatten. Diese Ergebnisse sind analog zu den schlechteren Blastozystenraten nach verkürzter Maturation und sind durch die frühzeitige Aktivierung zu erklären. Auch Eizellen, die sich nach 20 h bereits im Metaphase II-Stadium befanden, zeigten im Vergleich zu einer 22-stündigen Maturation eine signifikant höhere Anzahl an arretierten Stadien. Eine Erklärung hierfür ist, dass teilweise die cytoplasmatischen Reifungsvorgänge noch nicht abgeschlossen waren und diese Eizellen daher nicht die Reaktionskaskade bis zur Vorkernbildung bzw. Furchung durchlaufen können. Diese These wird gestützt durch eine Studie von DOMINKO u. FIRST (1997), die bei IVF nach einer frühen Insemination unmittelbar nach Erreichen des Metaphase II-Arrests schlechtere Entwicklungsraten beobachteten. Bei einer Differenzierung in Eizellen mit bzw. ohne Polkörper konnten keine signifikanten Unterschiede ausgemacht werden. Tendenziell wiesen Metaphase I-Eizellen eine höhere Anzahl an arretierten Stadien auf. Auch die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen sprechen für diese Annahme. Analog zu Teilungs- sowie Entwicklungsraten führte ein darstellbarer Spindelapparat in der Metaphase II zu einer schnelleren Entwicklung, während er im früheren Meiose-Stadium keinen Einfluss auf die Parthenogenese zu haben scheint. Hierbei ist allerdings der Stichprobenumfang relativ gering, so dass dies nicht statistisch abgesichert werden konnte.

Um einen Vergleich schon in der frühen Aktivierungsphase ziehen zu können, wurde eine Messung der initialen intrazellulären Ca2+-Freisetzung nach Zugabe von Ca2+-Ionophor durchgeführt. Unabhängig vom Meiose-Stadium wurde ein einzelner Peak induziert, wobei Metaphase II-Eizellen eine höhere Amplitude aufwiesen. Ca2+-Ionophor hat für bivalente Ionen eine membranpermeabilisierende Wirkung, so dass sich die Ca2+-Speicher ins

Ooplasma entleeren und zudem Ca2+-Ionen aus dem umgebenden Medium in das Cytoplasma diffundieren können. Die Ca2+-Speicher werden im Verlauf der Maturation im endoplasmatischen Retikulum angelegt. Eine höhere Amplitude ist gleichzusetzen mit einer stärkeren Freisetzung, was mit einem ausgereifteren Cytoplasma und einem größeren Ca2+ -Reservoir der Metaphase II-Oocyten zu begründen ist. Vergleichbare Unterschiede wurden bereits an murinen Eizellen nach Injektion von Spermatozoen nachgewiesen. Immature Oocyten zeigten dabei kleinere Amplituden und eine niedrigere Frequenz der Oszillation (MEHLMANN u. KLINE 1994, CARROLL et al. 1996). Die [Ca2+]i-Messung nach Ca2+ -Ionophor ist letztendlich aufgrund des charakteristischen einzelnen Peaks nicht aussagekräftig genug. Für genauere Aussagen müsste die Analyse auf eine Injektion mit einem Spermienextrakt ausgedehnt werden, da dort eventuelle Unterschiede im Oszillationsmuster festzustellen wären. Es scheint jedoch so zu sein, dass die meiotische Spindel hierbei keinen großen Einfluss hat.

Der Maturationsstatus ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal der bovinen Eizelle. Das belegen nicht nur die hier aufgezeigten Unterschiede während der Parthenogenese, sondern auch Untersuchungen der präimplantativen Entwicklung nach IVF in Abhängigkeit von der Maturationsdauer (WARD et al. 2002, PARK et al. 2005).

Die polarisationsmikroskopische Analyse der bovinen meiotischen Spindel gibt Hinweise auf ein höheres Entwicklungspotential in Metaphase II-Oocyten, jedoch wird diese Methode aufgrund des Zeitaufwandes und der erforderlichen Denudierung der Eizellen für die Untersuchung nicht in die konventionelle in vitro Produktion boviner Embryonen zu integrieren sein. Sie könnte aber zur Verbesserung der ICSI-Raten, bei der Klonierung sowie für weitergehende Untersuchungen der Spindel-Dynamik eingesetzt werden.