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Mediale Frames im Elite-Diskurs

III. Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter 109

7.2. Mediales Framing der Exzellenz-Debatte

7.2.1. Prolog: Der Elite-Diskurs

7.2.1.2. Mediale Frames im Elite-Diskurs

Für die Analyse des medialen Framings waren 85 der 275 Artikel des Elite-Diskurses nicht be-rücksichtigt worden, weil sie keine vollständige Problemdenition im Sinne von Entman (1993) enthielten, d.h. dass in diesen Beiträgen kein Thema mit mindestens einem Nutzen oder Scha-den assoziiert wurde. Deshalb erfolgte die Clusteranalyse, mit welcher die Frame-Elemente zu Frames verdichtet wurden, auf einer Grundlage von 190 Artikeln. Entsprechend dem Vorge-hen von Kohring u. a. (2011, S. 207) gingen nur solche Variablenausprägungen in die Analyse ein, welche eine Häugkeit von mehr als fünf Prozent aufweisen. Im Ergebnis bilden sich zwei Frames heraus, welche zwar beide die Leistungsperformanz des deutschen Universitätssystems adressierten, aber aus den identizierten Deziten unterschiedliche Handlungsempfehlungen ableiteten. Die Etiketten Pro Elite- bzw. Spitzenuniversität(en) und Contra Elite- bzw.

Spitzenuniversität(en) charakterisieren die beiden Frames, welche im Folgenden beschrieben werden sollen, adäquat. Tabelle 7.5 stellt die Ergebnisse der Framing-Analyse dar. Als Lesean-leitung für diese Tabelle und für alle folgenden Tabellen zur Framing-Analyse ist anzumerken, dass die angegebenen Prozentwerte als Spaltenprozente zu interpretieren sind. Im ersten Fra-me ist also die Leistungsperformanz des deutschen Universitätssystems im internationalen Vergleich in 85,7 Prozent aller in diesem Frame gerahmten Artikel kodiert worden.

Frame I: Pro Elite- bzw. Spitzenuniversität(en) Der erste Frame rahmt 44,2 Prozent al-ler Artikel, welche während des Elite-Diskurses erschienen waren und bei der Framing-Analyse berücksichtigt wurden (84 Artikel). Argumentativer Ausgangspunkt ist in 85,7 Prozent der zugehörigen Beiträge eine Thematisierung der Leistungsperformanz des deutschen Universi-tätssystems im internationalen Vergleich. Damit assoziiert ist in etwa zwei Drittel aller Artikel eine Schadensanalyse, welche Performanzdezite des deutschen Universitätssystems im inter-nationalen Vergleich konstatiert. Daraus resultiert die Forderung zur Etablierung einer oder mehrerer Elite- bzw. Spitzenuniversitäten, welche in mehr als zwei Dritteln aller Beiträge als Handlungsempfehlung ausgesprochen wurde (69 Prozent). Die konkrete Ausgestaltung einer solchen Initiative wird zudem in etwa einem Fünftel der Artikel dieses Frames thematisiert (20,2 Prozent). Damit assoziiert wird der Nutzen einer bzw. mehrerer solcher Elite- bzw.

Spitzenuniversitäten in Form von einer Stärkung des deutschen Universitätssystems im inter-nationalen Vergleich (39,3 Prozent). Angesichts der Inhalte des skizzierten Frames überrascht es deshalb wenig, dass das Konzept einer oder mehrerer Elite- bzw. Spitzenuniversitäten in den zugehörigen Artikeln zu knapp vierzig Prozent positiv bewertet wurde. Eher wäre sogar eine noch positivere Konnotation zu erwarten gewesen.

Frame II: Contra Elite- bzw. Spitzenuniversität(en) Der zweite Frame rahmt 55,8 Pro-zent aller Artikel, welche während des Elite-Diskurses erschienen waren und bei der Framing-Analyse berücksichtigt wurden (106 Artikel). Alle Artikel nehmen explizit Bezug auf die Vorschläge zur Etablierung einer oder mehrerer Elite- bzw. Spitzenuniversitäten in Deutsch-land - allerdings überwiegt in diesem Frame die Skepsis: In zwei Dritteln aller Beiträge wird die Tauglichkeit eines solchen Modells für Deutschland negativ bewertet. Mit dem Thema assoziiert sind in 85,8 Prozent aller Artikel mögliche Schäden der Etablierung einer oder meh-rere Elite- bzw. Spitzenuniversitäten in Deutschland. Das bedeutet keineswegs, dass in diesen

7.2. Mediales Framing der Exzellenz-Debatte

Tabelle7.5.:MedialesFramingimElite-Diskurs Frame-ElementAusprägungenFrameProEliteFrameContraElite Problemdenition

Hauptthema Leistungsperformanzdesdts. Universitätssystemsimint.Vergleich85,7%42,5% Elite-/Spitzen-Universität(en)in Deutschland20,2%100% assoziierterNutzen Stärkungdesdts.Wissenschaftssystems imint.Vergleich39,3%12,3% assoziierterSchaden Dezitedesdts.Universitätssytemim int.Vergleich64,3%34,9% SchädenderEtablierungvon Elite-/Spitzen-Universität(en)85,8% kausaleAttribution

VerantwortungszuweisungNutzen Elite-/Spitzen-Universität(en)78,3% VerantwortungszuweisungSchaden Bundespolitiker32% Elite-/Spitzen-Universität(en)38,3% BewertungBewertungElite-/Spitzen-Universität(en) positiv38,1% negativ8,3%66% HandlungsempfehlungForderung Etablierung Elite-/Spitzen-Universität(en)in Deutschland

69,0% EtablierungeinesExzellenz-Netzwerksin Deutschland6,0%34,9% ArtikelproCluster-84106 prozentualerAnteil-44,2%55,8%

Artikeln die in Frame 1 vorgenommene Dezitanalyse hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des deutschen Universitätssystems im internationalen Vergleich nicht geteilt würde. Im Gegenteil:

42,5 Prozent der Artikel diskutieren dieses Thema ebenfalls; in etwas mehr als einem Drittel der Beiträge werden sogar ähnliche Dezite, die mit diesem Thema assoziiert sind, gesehen.

Es wird allerdings eine von Frame 1 abweichende Handlungsempfehlung ausgesprochen: In etwas mehr als einem Drittel der Beiträge wird die Etablierung eines Exzellenz-Netzwerks vorgeschlagen, also die Verbindung forschungsstarker universitärer Fachbereiche.

Fazit Beide Frames basierten auf derselben Problemdenition: der Wahrnehmung, dass die Leistungsperformanz des deutschen Universitätssystems im internationalen Vergleich rück-ständig ist. Während aber der erste Frame aus dieser Dezitanalyse die Etablierung einer oder mehrerer Elite- bzw. Spitzenuniversitäten als Handlungsempfehlung ableitet, wird die-ser Vorschlag im zweiten Frame kritisiert. Als Handlungsempfehlung wird stattdessen die Etablierung eines Exzellenz-Netzwerks empfohlen.

Dass das Gewicht beider Frames im Elite-Diskurses gleich groÿ war, liefert einen Hinweis darauf, wie umstritten die Initiative der SPD zur Gründung einer oder mehrerer Elite- bzw.

Spitzenuniversitäten war. Gleichzeitig spiegeln die beiden Frames die wissenschaftspolitischen Aushandlungsprozesse zwischen Bund und Ländern wider: Denn bei der Gestaltung der Ex-zellenzinitiative wurden letztlich Elemente aus beiden Vorschlägen berücksichtigt. Graduier-tenschulen und Exzellenzcluster nehmen die Idee des Exzellenz-Netzwerks auf; die Zukunfts-konzepte zielen dagegen auf die Förderung der Strukturentwicklung ganzer Universitäten ab.

Wohl auch deshalb konnte sich der Begri der Elite-Universität im medialen Diskurs halten, obwohl die zugehörige Förderlinie mit der ursprünglichen Idee der Förderung einer Elite-Universität nach US-amerikanischen Vorbild nur noch wenig gemein hat. Denn viele Eigenschaften, welche in Kapitel 7.2.1.1 als Merkmale von Elite-Universitäten im medialen Diskurs diskutiert worden waren, nden sich bei den Zukunftskonzepten nicht wieder. Deshalb ist der weitere Gebrauch des Begris Elite-Universität durch die Medien irreführend.

Insgesamt dokumentieren die Ergebnisse des Elite-Diskurses, dass die Medien die wissen-schaftspolitischen Aushandlungsprozesse gemäÿ des normativen Modells einer gesellschaftlich kontextualisierten wissenschaftlichen Öentlichkeit intensiv begleitet haben, wenngleich nicht alle Interessengruppen in der Berichterstattung gleichermaÿen zu Wort kamen. Da jeder ko-dierten Aussage - egal ob Thema, assoziierter Nutzen / Schaden oder Forderung - ihr jeweiliger Sprecher zugeordnet worden war, lieÿen sich diese den einzelnen Clustern zuordnen, sodass sich auch die dominanten Akteursgruppen dieser Frames identizieren lassen.

In Frame I Pro Elite- bzw. Spitzenuniversität(en) stammen demnach die meisten der insgesamt 339 Aussagen von Bundespolitikern (36,3 Prozent); es folgen Journalisten (28,6 Prozent) sowie das Leitungspersonal der Universitäten (11,5 Prozent). Die Landespolitiker sind in diesem Frame kaum vertreten: Ihr Anteil an den Sprecheraussagen beträgt nur 3,8 Prozent. Anders in Frame 2 Contra Elite- bzw. Spitzenuniversität(en): Dort dominieren die Sprecheraussagen der Landespolitiker, denen sich etwa ein Drittel aller Aussagen zuordnen lassen (32,2 Prozent). Dagegen ist der Anteil der Sprecheraussagen von Bundespolitikern mit 12,8 Prozent vergleichsweise gering. Knapp ein Fünftel aller Aussagen stammen von Journa-listen (17,8 Prozent); es folgen das Leitungspersonal von Universitäten (9,9 Prozent) sowie

7.2. Mediales Framing der Exzellenz-Debatte wissenschaftliche Experten (8,6 Prozent). Insgesamt dokumentiert also auch die Sprecher-struktur die beiden Frames den Bund-Länder-Dualismus während des Elite-Diskurses.