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Nach Fertigstellung der Inhaltsanalyse waren ergänzende Interviews vorgenommen worden5. Dabei gab es zwei Ziele: Zum einen sollten durch Interviews mit den für Wissenschaftspoli-tik zuständigen Redakteuren der Analysemedien ergänzende Informationen über die mediale Konstruktion wissenschaftlicher Exzellenz gewonnen werden. Zum anderen sollten durch Inter-views mit Entscheidern und Antragstellern weitere Aspekte der Wissenschaftskommunikation bei der Exzellenzinitiative rekonstruiert werden, etwa hinsichtlich des Entscheidungsverfah-rens. Das Vorgehen wird im Folgenden gegliedert dargestellt.

6.2.1. Kriterien der Befragtenauswahl

Bei den Kriterien für die Befragtenauswahl ist zwischen den Journalisten und den Mitgliedern des Bewilligungsausschusses zu dierenzieren. Im Fall der Journalisten sollte der jeweils für Wissenschaftspolitikberichterstattung zuständige Redakteur der Analysemedien in das sam-ple aufgenommen werden. Im Fall der Mitglieder des Bewilligungsausschusses war Wert auf ein möglichst heterogenes sample gelegt worden, um die unterschiedlichen Perspektiven, wel-che im Bewilligungsausschuss aufeinander trafen, adäquat abzubilden. Dazu mussten sowohl wissenschaftliche Mitglieder, als auch politische Mitglieder des Bewilligungsausschusses in der Auswahl enthalten sein. Darüber hinaus war es zudem erforderlich, die Vorsitzenden des Be-willigungsausschusses in die Befragung mit einzubinden. Dabei bezog sich die Besetzung des samples zwar auf den Bewilligungsausschuss für die zweite Programmphase, aber die Befrag-ten waren zum Teil so gewählt worden, dass sie auch Auskunft über die Geschehnisse 2006 und 2007 geben konnten. Zu diesem Zweck wurde zudem ein weiteres politisches Mitglied des Bewilligungsausschusses der Jahre 2006 und 2007 berücksichtigt. Dieses Vorgehen war erfor-derlich, um die Ergebnisse der langfristig angelegten Framing-Analyse angemessen triangu-lieren zu können. Bei den beiden wissenschaftlichen Mitgliedern des Bewilligungsausschusses war zudem darauf geachtet worden, ein Mitglied aus dem In- und Ausland auszuwählen. Bei den Rektoren wurde ein Rektor einer Universität mit gefördertem Zukunftskonzept und ein Rektor einer Universität ohne gefördertes Zukunftskonzept ausgewählt.

6.2.2. Entwicklung der Leitfäden

Wie oben beschrieben, wurden mit den Leitfadeninterviews die Ergebnisse der Inhaltsanalyse vertieft und um weitere Aspekte ergänzt. Dazu wurden drei Master-Leitfäden entwickelt: ei-ner für die zu befragenden Journalisten, eiei-ner für die Mitglieder des Bewilligungsausschusses

5Es wird an dieser Stelle bewusst darauf verzichtet, allgemein die Literatur zur Methodik von Leitfaden-Interviews zu referieren. Eine praktisch angelegte Orientierungshilfe, welche zur Konzeption und Durch-führung dieser Teilstudie genutzt wurde, liefern Gläser u. Laudel (2010).

6.2. Interviews und einer für die Präsidenten. Dabei kam es teils zu inhaltlichen Überschneidungen, wobei die Fragen dann aber eben aus einer unterschiedlichen Perspektive heraus beantwortet wur-den. Die Master-Leitfäden dienten jeweils als personenübergreifende Leitfäden, die für jeden Interviewpartner unter Berücksichtigung seiner spezischen Funktion angepasst wurden. Da davon auszugehen war, dass Journalisten ebenso wie die Mitglieder des Bewilligungsausschus-ses nur ein knappes Zeitbudget zur Verfügung steht, wurden die beiden Master-Leitfäden für ein Gespräch von etwa einer Dreiviertelstunde konzipiert. Bei der Anlage des Leitfadens wur-de darauf geachtet, die Themenkomplexe zielgerecht zu strukturieren und die Leitfawur-denfragen in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen.

Im Fall der Journalisten adressierten die Fragen neben den journalistischen Routinen und redaktionellen Strukturen vor allem die Nachrichtenfaktoren und journalistischen Frames.

Entsprechend gliedert sich der Leitfaden: Als Eisbrecherfrage wurde eine oene Frage zu den Nachrichtenfaktoren gestellt, um den Redeuss der Interviewpartner anzuregen. Das ist tatsächlich auch sehr gut gelungen. Danach folgte der erste Block zur medialen Berichter-stattung über die Exzellenzinitiative. Darin wurden u.a. Fragen zu den journalistischen Re-cherchestrategien zum Umgang mit dem Problem der blackbox Bewilligungsausschuss sowie der Umgang mit der Fragilität wissenschaftlicher Urteilsndung angesprochen. Ein zweiter Block thematisierte das journalistische Berufsbild sowie die redaktionellen Strukturen, welche die Produktionsprozesse der Berichterstattung bedingen. Im dritten Block wurde noch eine spezielle Form der Wissenschaftskommunikation, nämlich das Verhältnis der Journalisten zur Öentlichkeitsarbeit wissenschaftlicher Institutionen, adressiert.

Im Fall der Mitglieder des Bewilligungsausschusses wurde als Eisbrecherfrage eine oene Frage zum Exzellenzbegri gewählt. Der erste Themenkomplex adressierte die Wahrnehmung und Bewertung des Auswahl- und Begutachtungsverfahrens, wobei zwischen den unterschied-lichen Funktionsträgern dierenziert werden musste: Die wissenschaftunterschied-lichen Mitglieder wa-ren ja zum Beispiel in zwei weitewa-ren Gremien vertreten, welche eine Entscheidungsvorlage an den Bewilligungsausschuss vorbereitet hatten. Ebenfalls im Fokus des Interesses stand die Gewichtung und Entwicklung der Kriterien, welche ebenso wie die Förderentscheidungen das Resultat eines moderierten Prozesses zwischen Wissenschaft und Politik sind. Als Bei-spiel wurde dafür speziell das Förderkriterium Gleichstellung ausgewählt, weil es eine per se politische Idee darstellt. Besonderer Fokus wurde auch auf die Rolle der Vorsitzenden des Bewilligungsausschusses gelegt. In den Interviews mit diesen Funktionsträgern wurde dazu ein eigener Themenkomplex entwickelt, um ihre Rollenwahrnehmung herauszuarbeiten. Der letzte Themenkomplex adressierte speziell die Rückwirkungen der medialen Frames auf die Akteursframes und ihre Handlungsstrategien. Gefragt wurde zum Beispiel nach möglichen Auswirkungen medialer Kritik auf die Ausgestaltung des Förderinstruments Exzellenzinitia-tive.

Im Fall der Rektoren hatten die Interviews konrmatorischen Charakter. Dazu wurden die Rektoren gezielt auf Grundlage der Ergebnisse der Inhaltsanalyse der medialen Berichterstat-tung befragt - etwa mit Blick auf die Ergebnisse der Analyse des visuellen Framings bei der Exzellenz-Debatte in Form von Deutschlandkarten.

Am Ende des Leitfadens stand in beiden Fällen die Frage, ob der Befragte bestimmte Themenaspekte vermisst hat. Diese Frage sollte dazu dienen, keine relevanten Aspekte zu

vergessen und Oenheit für Anregungen zu signalisieren.

6.2.3. Kontaktaufnahme

Die erste Kontaktaufnahme erfolgte per E-Mail. Dazu wurde ein Standardschreiben ange-fertigt, welches sich jeweils individuell an den angefragten Gesprächspartner anpassen lieÿ.

In der Einladungsmail wurde das Forschungsvorhaben knapp umrissen und herausgearbeitet, welchen Beitrag der angefragte Gesprächspartner zum Gelingen des Projekts leisten konnte.

Die E-Mail schloss mit der Ankündigung, sich zeitnah mit dem angefragten Gesprächspartner telefonisch in Verbindung zu setzten, um die Gesprächsbereitschaft abzufragen und ggf. einen Termin für ein etwa dreiviertelstündiges persönliches Gespräch zu vereinbaren. Im Fall der angefragten Mitglieder des Bewilligungsausschusses erfolgte die Kontaktaufnahme über die persönlichen Referenten mit der Bitte, das persönlich formulierte Einladungsschreiben an den angefragten Gesprächspartner weiter zu leiten. Auch die spätere telefonische Kontaktaufnah-me erfolgte in diesem Fall über die persönlichen Referenten.

Die Mehrzahl der zur Befragung eingeladenen Gesprächspartner bzw. ihre Referenten warte-te die in Aussicht geswarte-tellwarte-te warte-telefonische Kontaktaufnahme nicht ab, sondern meldewarte-te sich selbst zumeist per E-Mail - mit durchaus unterschiedlichem Bescheid: Während von den zehn ange-schriebenen Journalisten nur ein Journalist absagte, war der Erfolg bei den Mitgliedern des Bewilligungsausschusses durchwachsen. Dabei war die Teilnahmebereitschaft der politischen Mitglieder des Bewilligungsausschusses geringer als bei den wissenschaftlichen Mitgliedern.

Insgesamt waren neun politische Mitglieder des Bewilligungsausschusses angeschrieben wor-den, von denen nur drei einem Gespräch zustimmten. Als Grund für die Absage wurde das begrenzte Zeitbudget der politischen Entscheidungsträger angegeben. Oenbar wirkte sich auch die institutionelle Zugehörigkeit des Autors dieser Arbeit an das Dortmunder Institut für Journalistik auf die Bearbeitung der Anfrage aus: Denn in mehreren Fällen gaben die persönlichen Referenten in ihrem Absageschreiben an, anderen Pressevertretern den Vorzug gegeben zu haben. Oenbar also war die Anfrage zur Beteiligung an einem Forschungsvorha-ben in Konkurrenz zu den Presseanfragen in den Ministerien geraten. Der alternative Zugang über die persönlichen Referenten hatte sich im Fall der Politiker also nur bedingt bewährt, stellte aber nach Einschätzung des Autors die einzige Möglichkeit der Kontaktaufnahme dar.

Dagegen reagierten die wissenschaftlichen Mitglieder des Bewilligungsausschusses aufge-schlossener: Zwei von drei angeschriebenen Forschern erklärten sich zu einem persönlichen Gespräch bereit. Darüber hinaus waren alle Vorsitzenden des Bewilligungsausschusses zu ei-nem Gespräch eingeladen worden und alle hatten auch ihr Einverständnis dazu gegeben. Sie zeigten auch ein besonders groÿes Interesse an den Ergebnissen dieses Forschungsvorhabens.

Dies spiegelte sich auch in einer zum Teil sehr groÿen Auskunftsbereitschaft wider. Ein Ge-sprächspartner wunderte sich am Ende seines Gesprächs selbst darüber: Ich war jetzt sehr oen zu Ihnen, schreiben Sie es gut auf. Dabei erwies es sich sicherlich als Vorteil, bereits in der Einladungsmail an die angefragten Mitglieder des Bewilligungsausschusses einige Aspekte von vornherein ausgeklammert zu haben: Um die Teilnahmebereitschaft zu erhöhen, wurde zum Beispiel nicht über einzelne Förderentscheidungen diskutiert - auch wenn einige davon medial sehr kontrovers diskutiert worden waren. Solche Einzelfälle adressierten ja auch nicht das Erkenntnisinteresse. Allerdings gab es dann später mitunter Probleme bei der

Autorisie-6.2. Interviews rung der Interviews (siehe Kapitel 6.2.5).

Auch die anderen Gesprächspartner waren an den Ergebnissen des Projekts interessiert und wollten sich über die Resultate informieren lassen. Dabei vermittelten sie nicht den Ein-druck, das Gespräch für eine reine positive Selbstdarstellung nutzen zu wollen. Stattdessen reektierten sie ihre Erfahrungen und lieÿen den Interviewer an diesem Reektionsprozess teilhaben.

6.2.4. Interviewsituation

Die Gesprächspartner waren um ein persönliches Gespräch gebeten worden. Fünf der insge-samt 19 Interviews waren - zum Teil auf Wunsch der Gesprächspartner - telefonisch geführt worden. Zwei Journalisten begründeten dies mit ihrem knappen Zeitbudget im redaktionellen Produktionsprozess. Ein telefonisches Gespräch lieÿe sich nach ihrer Meinung besser verschie-ben, falls unvorhergesehene Ereignisse die Tagesplanung so durcheinander brächten, dass ein Redaktionsbesuch des Autors womöglich ergebnislos ausgegangen wäre. Im Fall des wissen-schaftlichen Mitglieds des Bewilligungsausschusses war ein telefonisches Gespräch aus for-schungsökonomischen Gründen erforderlich, weil der Forscher im Ausland beschäftigt ist.

Im Fall der Journalisten bat ein Redakteur vor seiner Zustimmung zum Gespräch um die Zu-sendung der Fragen. Dieser Bitte wurde ebenso nachgekommen wie im Fall der Mitglieder des Bewilligungsausschusses . Wohl nicht zuletzt wegen der Brisanz der im Gespräch adressierten Themen hatten sie in der Anbahnung vorsichtiger reagiert und ebenfalls vorab um die Zusen-dung der Fragen gebeten. Um die Erfolgschancen einer Gesprächsbereitschaft zu steigern, war der Autor später dazu übergangen, die Fragen schon der persönlichen Einladungsmail anzu-fügen. Deshalb war es umso überraschender, dass die tatsächliche Gesprächsatmosphäre dann sehr oen war. Generell schienen alle Befragten sehr am Gelingen des Forschungsvorhabens interessiert zu sein.

Im Fall der Journalisten fanden vier Gespräche in der jeweiligen Redaktion und drei Gesprä-che in einem ruhigen Café statt. Im Fall der Mitglieder des Bewilligungsausschusses fanden alle persönlichen Gespräche jeweils in ihren Büroräumen statt. Die Gespräche waren mit Ein-verständnis der Gesprächspartner mit einem Diktiergerät aufgezeichnet worden.

6.2.5. Interviewbericht, Transkription und Autorisierung

In Anlehnung an Gläser u. Laudel (2010, S. 192) wurden nach den Gesprächen zunächst Inter-viewberichte erstellt, welche neben formalen Informationen wie Datum und Gesprächsdauer jeweils die folgenden Aspekte beinhalteten: einen Kommentar zum Zustandekommen des In-terviews, eine Beschreibung der Rahmenbedingungen, Bemerkungen zum Gesprächsverlauf sowie Anmerkungen zur Nachinterviewphase. Nach Fertigstellung des Berichts wurde das Ge-spräch transkribiert: Die Interviews wurden in voller Länge in Standardorthographie (ebd., 2010, S. 194) aufgeschrieben. Störungen während des Interviews zum Beispiel durch Telefon-anrufe oder Türklopfen wurden an der entsprechenden Stelle vermerkt. Für die Auswertung der Interviews wurde auf die Software MAXQDA zurückgegrien.

Probleme bereitete zum Teil die Autorisierung der Interviews: Obwohl die wissenschaftliche Mitglieder des Bewilligungsausschusses bereits im Einladungsschreiben darüber in Kenntnis

gesetzt worden waren, dass es sich um ein Interview im Rahmen eines Promotionsvorhabens handelt und die Interviewpartner einem Gespräch auf dieser Grundlage zugestimmt hatten, erhielt der Autor zum Teil keine Genehmigung zur Zitierung in der Dissertationsschrift, nach-dem den Interviewpartnern das Gesprächstranskript gemäÿ Absprache zur Durchsicht vorge-legt wurde. Dies erschwerte leider die Darstellung der Rekonstruktion der Wissenschaftskom-munikation im Bewilligungsausschuss der Exzellenzinitiative.

Nach Absprache mit dem Betreuer dieser Arbeit wurde dieses Problem angegangen, indem bei Bedarf nicht explizit auf die Quelle verwiesen wurde. Um die Autorisierungsbereitschaft zu erhöhen, wurden darüber hinaus die Transkripte der Gespräche der dieser Arbeit beilie-genden Daten-CD nicht angefügt. Allein der Betreuer sowie der Zweitgutachter dieser Arbeit erhielten die Gesprächsabschriften unter der Bedingung, sie ausschlieÿlich zur Bewertung die-ser Arbeit zu verwenden. Auch alle weiteren Personen, welche die im Rahmen der Interviews gewonnenen Daten nachvollziehen möchten, müssen eine entsprechende Verschwiegenheitser-klärung unterschreiben. Auch in diesem Fall dürfen die Daten ausschlieÿlich zur Bewertung dieser Arbeit genutzt und nicht weiter verarbeitet werden.