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3.3 Ansätze für die Vermarktung von Regionen – Regionenmarketing

3.3.3 Marktorientierung und sektorale Ziele für die regionalen Branchen 52

Rückblickend haben sich Marketingmaßnahmen in Unternehmen wie auch für Regionen stärker entwickelt, da für viele Produktgruppen gesättigte Märkte entstanden sind und Konsumenten auf den freien Märkten ihre Wahlmöglichkeiten abwägen und eine Konsumentscheidung treffen konnten. Im Wettbewerb der Regionen bestehen demnach für die wissenschaftliche Fragestellung der vorliegenden Arbeit unterschiedliche Zielkomponenten im Marketingkonzept für die Region (MEYER 1999, S. 59ff). Neben einer allgemeinen Positionierung und

Profilierung der Region gegenüber weiteren Regionen, einem passenden Imageaufbau, einem verbesserten Imageaufbau bestehen aber auch direkte und unmittelbar messbare Ziele des Regionenmarketings in der Ansprache und Gewinnung qualifizierter Fachkräfte für die Unternehmen der Region, in der Steigerung des Bekanntheitsgrades sowie in der zusätzlichen Ansiedlung von Unternehmen, Bewohnern und administrativen Organisationen. Weitere strategische Ziele bestehen aber auch in der Unterstützung einzelner sektoraler Anforderungen durch die gezielte Positionierung der Maßnahmen auf wirtschaftliche Schwerpunkte wie z.B. die Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie auf regionale Schwächen wie z.B. die stagnierenden Ambitionen im Ausbau des Tourismus (ROTH 2002, S. 310-322). Die bislang aufgeführten Ziele beziehen sich im Wesentlichen auf Zielgruppen, die außerhalb der Region liegen.

Interne und externe Kommunikationsbeziehungen von Regionen bilden die Grundlage für die Auswahl unterschiedlicher Marketingmaßnahmen. Ergänzend dazu können sich die Marketingaktivitäten auch auf Personen, Unternehmen und Institutionen innerhalb der Region beziehen. Verhaltensbezogene Ziele bestehen dann im Erhalt oder in der Steigerung der Zufriedenheit und Lebensqualität in der Region wie auch in der Förderung wirtschaftlicher Kooperationen sowie neuer Existenzgründungen oder Betriebserweiterungen. Durch die wachsende Transparenz sowie dem steigenden Austausch in Informationsnetzwerken ist es im Sinne eines Imagetransfers entscheidend (vgl. Kap. 3.4.3, 3.5.4), dass die regionsspezifischen Leistungen (BALDERJAHN 2004, S. 2363) im Marketingkonzept authentisch sind und zumindest mittelfristig bleiben.

Bezogen auf die Aktivitäten der Regionen und den Anforderungen der Unternehmen aus den Regionen können in einem Prozess der aktiven Imagegestaltung die regionsseitigen und unternehmensseitigen Interessen einer Kennzeichnung der Herkunftsregion auf Lebensmittelprodukten kombiniert werden. Dabei ist entscheidend, wie die Region von bestimmten Zielgruppen gesehen wird und wie sie strategisch gesehen werden möchte (vgl. SPIEß 1998, S. 12). Die normativen Ebenen der Wahrnehmung können auch als Selbsteinschätzung der Region gewertet werden, soweit sie unter objektiven

Kriterien als authentisch erscheinen. Die intentionale Ebene entspricht dem, wie das Image der Region im Optimalfall sein sollte.

In der Umsetzung dieser Ebenen wird eine regionsspezifische Kommunikationsstrategie angewendet, die auf das Eigenimage und auf das Fremdimage der Region ausgerichtet ist. Ein spezielles Cluster wie die Ernährungswirtschaft entwickelt sich dann besonders erfolgreich, wenn Agglomerationseffekte (KIRCHGEORG 2004) zu den endogenen Entwicklungsprozessen führen und spezifische Vorteile sich unmittelbar ableiten lassen. Neben der Identifikation mit der Region und mit der Einzigartigkeit bezüglich relevanter Parameter bestehen die Imagevorteile durch eine höhere Innovationskraft sowie durch die Effizienzvorteile in der Nutzung synergetischer Effekte.

Eine Konsequenz aus den vorgestellten gemeinsamen Interessen vom Regionenmarketing und den Marketingaktivitäten von Unternehmen aus der Region besteht in einem gezielten Markenaufbau oder ´Branding´ für die Region.

Hier ist eine Abstimmung von einzelbetrieblichen Marketingaktivitäten mit dem Regionalmarketing notwendig, da ein offensives und integratives Regionenmarketing einen transsektoralen Charakter (MEYER 1999, S. 139ff, BALDERJAHN 2004) erhalten kann. Dieser spiegelt das gesamte Leistungsangebot der Region wider. Um das Auftreten von Dissonanzen zu minimieren, ist zu beachten, dass die Gesamtleistungen der jeweiligen Regionen unterschiedlich kategorisiert werden müssen. Während Sachleistungen von Regionen sehr gut messbar sind, können Dienstleistungen a priori weniger gut bewertet werden (HOMBURG/KROHMER 2003, S. 808ff). Zudem können die Leistungsangebote von Regionen auf Konsumenten gerichtet sein, um bei einem hohen und subjektiven Kaufrisiko Sicherheit und Vertrauen zu schaffen. Daneben können durch die Markenführung regionstypische Sach- und Dienstleistungen auch auf den Wettbewerber bezogen werden, mit der Folge der weiteren Differenzierung der Leistungsangebote.

Der Nutzen einer Markeneinführung und –etablierung ergibt sich für Regionen aus der Wiedererkennung von Leistungen durch die Nachfrager sowie als eine

Orientierungshilfe für potenzielle Konsumenten konkurrierender Leistungsangebote. Eine erfolgreiche Markenführung innerhalb der Produktpolitik und dem Dienstleistungsmarketing (NIESCHLAG et al. 1997, S. 242) schafft demnach Vertrauen und Sympathie. Schlüsselmerkmale (sogenannte Cues, vgl.

LIEFELD et al. 1996) des regionalen Images und der Marke reduzieren somit Unsicherheiten in den Entscheidungen von Konsumenten, sie beeinflussen also unmittelbar das Verhalten von Konsumenten. Diese grundlegenden Überlegungen sollen im folgenden Kapitel um die Überlegungen zum Verbraucherverhalten bei Lebensmitteln ergänzt werden, um dann in Kap. 3.5 die Effekte im regionalen Marketing von Produkten herauszuarbeiten zu können.

3.4 Verbraucherverhalten beim Lebensmitteleinkauf

Produktpräferenzen und Kaufverhalten sind beim Konsumenten mehrdimensional ausgeprägt und können in Abhängigkeit des „Organismus“ des Konsumenten (vgl.

Kap. 3.2.1) und der Umwelt stark variieren. Bei einem Großteil der Verbrauchergruppen erfolgt das Kaufverhalten von Lebensmitteln nach unterschiedlichen Trends und Konsumerscheinungen sowie individuellen Informationsverarbeitungen im Kaufentscheidungsprozess, so dass Produktpräferenzen und Kaufverhalten als zunehmend „hybrid“ bezeichnet werden können (RICHTER 2001, S. 65). Ein weiteres Charakteristikum des Verbraucherverhaltens besteht in einer Antwort-Verhalten Asymmetrie, die sich im Konsumentenverhalten bei Lebensmittel widerspiegelt. GERSCHAU (1990) weist bereits darauf hin, dass Qualitäts- und Sicherheitsaspekten beim Lebensmittelkauf eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Die eigentliche Kaufentscheidung erfolgt demgegenüber jedoch nach weiteren, unmittelbar messbaren Größen wie dem Preis oder dem Umfang des Angebotes. Die entstehende Verhaltenslücke zeigt sich auch bei der Betrachtung des Zusammenhangs zwischen den konsumentenseitig ermittelten positiven Einstellungen zu Lebensmitteln, die in der eigenen Region erzeugt werden15 und den realen Marktanteilen (RICHTER 2001, S. 53f). Die Barrieren zwischen den geäußerten Imageaspekten des Agribusiness

15 Dieses Phänomen zeigt sich auch bei den entsprechenden Untersuchungen zu Bioprodukten und dem Abgleich der Absatzzahlen von Produkten aus alternativen Produktionsformen (vgl. RICHTER 2001).

wie auch der Ernährungswirtschaft, einer signalisierten Kaufabsicht und dem tatsächlichen Kauf beruhen auf unterschiedlichen Faktoren. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem die realen Preisunterschiede zwischen den Lebensmitteln unterschiedlicher Herkunft, die Marktnähe und der Service beim Lebensmitteleinkauf, bestehende Wissens- und Vertrauensdefiziten, eine unzureichende Markttransparenz und eine fehlende Übersichtlichkeit in den verwendeten Marken-, Verbands-, Regional- und Herkunftszeichen.

Dagegen hat die Untersuchung von LEITOW/JADER 2004 die oft zitierte Diskrepanz zwischen Einstellungen und tatsächlich nachweisbarem Kaufverhalten nicht umfänglich bestätigt. Auch weitere Studien haben gezeigt, dass diese Widersprüchlichkeit zwischen Einstellung und Kaufverhalten nicht allgemeingültig bestätigt werden muss, da innerhalb eines preispolitischen Rahmens der Produkte neben dem Preis weitere kaufbeeinflussende Faktoren entscheidend werden können (vgl. ENGELAGE 2002, MEYER 2003).

Vielen Analysen kann übereinstimmend entnommen werden, dass die in Befragungen erzielten Aussagen und Kaufabsichten nicht zwangsläufig in den tatsächlichen Kauf von Lebensmittel regionaler Herkunft münden. Wie bereits in Kap. 3.1 angeführt, lässt sich der tatsächliche Kauf von Lebensmitteln in vielen Fällen doch über die Höhe des Preises erklären (PILZECKER F. D. 1995, VANNOPPEN et al. 2001).