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Wie in den Kapiteln 3.4 und 3.5 ausgeführt, erwarten Konsumenten eine sichere und gesicherte Herkunft von Lebensmitteln. Diese Ansprüche werden auch durch die Rückverfolgbarkeit der Produkte über die unterschiedlichen Produktionsstufen in der Lebensmittelsicherheit abgebildet. Rohprodukte und hochwertige Lebensmittel nationalen Ursprungs besitzen ein höheres Vertrauen, wenn auch Vertrauenseigenschaften gegenüber den Kontrollorganisationen bestehen. Noch günstiger beurteilen Konsumenten demnach die regionale Herkunft landwirtschaftlicher Produkte. Somit kommt diesem Regionalitätscharakter vorab eine positive Bedeutung zu. Auf der Basis dieser Grundanalysen ist erforscht worden, welchen kaufrelevanten Einfluss die Herkunftsregion und bestimmte Produktionssysteme auf die Vermarktung von Lebensmitteln haben. Die anschließende Befragung hat Erklärungsansätze zum Einfluss dieses Regionalimages auf die Kaufwahlentscheidungen für Lebensmittelprodukte aus der Region Oldenburger Münsterland gegeben. Die Ergebnisse und Effekte werden in diesem Kapitel thematisiert.

In der Betrachtung von charakteristischen Regionen wie der Untersuchungsregion wird auch deutlich, dass regionale Unternehmen herkunftsbezogene Marketingaktivitäten entwickeln, um ihre unternehmenseigenen Absatzzahlen zu optimieren. Daher ist in der Empirie dieser Arbeit neben der eigentlichen

Imageanalyse der Region ein Produktbezug zur Wahlentscheidung bei Lebensmitteln aus der Region einbezogen worden. Die wissenschaftliche Hypothese besteht darin, dass durch Region-of-Origin-Effekte direkte Transfers eines Images der Region auf Produkte aus der Region erfolgen können. Implizit sind auch vergleichbare Effekte eingeflossen, da regionale Herkünfte zunächst per se positiv belegt sind. Einschränkend soll jedoch eingangs der Diskussion auf eine Verhaltenslücke beim Verbraucher hingewiesen werden. Diese besagt, dass die Befragten sich in der realen Situation (Kauf, Urlaub) nicht immer so verhalten, wie sie es aufgrund von empirischen Erhebungen signalisiert haben. Doch sollte sich ein Verhalten nicht durch ein Kaufexperiment in einer Befragung erklären lassen, so sind zumindest die Wahrnehmungen zu einem kontrollierten Produktionsverfahren bzw. eine regionale Herkunft in diesem Forschungszusammenhang als positiv zu bewerten. Die Übertragungen von positiven Imageeigenschaften auf Produkte und Dienstleistungen sind zunächst sinnvoll, da positive Effekte in der Wahrnehmung und im Absatz der Produkte entstehen können. Das haben unterschiedliche Untersuchungen in der Literaturrecherche gezeigt (vgl. Kap 3.5.1). Auch die Ergebnisse zu den Produktwahlentscheidungen (Kap. 6.2.2) haben das deutlich gemacht.

An Beispielen von positiven Einstellungen zu regionalen Produkten wie Geflügelfleisch und Gemüseprodukten aber auch vor dem Hintergrund von Wahrnehmungen zu den Produktionssystemen bestehen seitens der Konsumenten Erwartungen beim Kauf von Lebensmitteln. Neben dem Preis haben beim Konsumenten Informationen zur Herkunft des Produktes und zum verwendeten Produktionssystem grundsätzlich einen kaufentscheidenden Einfluss. Einschränkungen müssen bei starken Marken und Handelsmarken gemacht werden, die auf Basis die vorliegenden Untersuchungen und der Literaturrecherche keine Vorteile aus einem Verweis auf ein Regionallabel ziehen.

Das Produkt Wiesenhof als Vertreter einer starken Lebensmittelmarke und gleichzeitig aus der Untersuchungsregion kommend, wird aufgrund steigender Absatzzahlen auf den Verweis auf das OM Logo verzichten. Für die Marke Frosta sowie die Handelsmarken Omega sind durch das Logo kaum Auswahlveränderungen zu verzeichnen. Auf Basis der Literaturrecherchen sind Hinweise auf regionale Herkünfte und spezielle Produktionssysteme auch von der

Bekanntheit und Transparenz der Zusammenhänge abhängig (BMVEL 2003, ENNEKING et al. 2006). Vor dem Hintergrund der Informationsfülle (information overload) beim Verbraucher und den nicht zu unterschätzenden Kosten einer umfangreichen Marketingstrategie und Kommunikationspolitik für die Region, sind weiterführende Überlegungen nur vor dem Hintergrund spezieller Zielgruppenansprachen sinnvoll. Konsumenten aus der Region zeigen bereits jetzt eine hohe Affinität zu Produkten aus der Region (Oldenburger Hähnchenfilet und Oldenburger Gemüsemischung von ELO). Diese wiederum haben damit eine höhere Toleranz gegenüber negativen Beeinträchtigungen aus der Veredelungswirtschaft.

Da in globalen Rohstoff- und Produktmärkten Vertrauensverluste beim Konsumenten für einzelne Produktgruppen bestehen, setzen sich die Ernährungsbranche und der Lebensmittelhandel im Wettbewerb mit künftigen Anforderungen durch den Verbraucher auseinander (HERRMANN/ANDERS 2001, ENNEKING et al. 2006). Es hat sich gezeigt, dass eine latente Sehnsucht nach Regionalität zumindest in Teilbereichen der Lebensmittelnachfrage besteht. Am Beispiel der EDEKA Gruppe, aber auch der REWE Group und der LIDL Stiftung hat daraufhin wiederum eine deutliche Renaissance der Regionalität im Lebensmittelhandel Einzug erhalten (HORX 2001, LADEMANN 2002, LEBENSMITTELZEITUNG 2010, THIEDIG 2010). Dem Konsumenten wird über eine Marketingstrategie Regionalität als Trend vermittelt. Neben einer steigenden Verunsicherung beim Kauf von Lebensmitteln soll durch die Listung regionaler Artikel ein Wettbewerbsvorteil und eine höhere Akzeptanz der Einkaufsstätte geschaffen werden (JONGEN/MEULENBERG 1998). Begriffskreationen wie

„Zuhause, meine Heimat, Lieferanten zum Anfassen, Überschaubare Strukturen und Pendant zur Globalisierung“ finden vermehrt Verwendung im Marketing von Produkten. Ein Appell an die positiven Erfahrungen mit regionalen Produkten und an das Kauferlebnis wird dem Konsumenten durch entsprechende Informationen und Erlebniswelten in den Märkten aber auch in der regionalen Werbung (z.B.

Mediengestaltung von Zeitungsbeilagen) präsentiert. Dieses Konzept des Lebensmittelhandels basiert auch auf den Erfahrungen aus dem Absatz unterschiedlicher Lebensmittelmarken und bei regionalen Spezialitäten.

Aktuelle Diskussionen zum Tierschutz und zur Herkunftskennzeichnung bei tierischen Lebensmitteln lassen künftig weitere Herausforderungen für die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft erwarten (BRANSCHEID 2010).

Nachhaltigkeit in Produktionsprozessen erhalten nach AHNER (2010), GFK (2010) und STRECKER et al. (2010) eine wachsende Bedeutung für die Lebensmittelbranche. Durch konkrete Aspekte wie ein CO² Fußabdruck als Bilanzierung der treibhausrelevanten Gase im Produktlebenszyklus (carbon footprint) aber auch Regionalität der Produktion und Vermarktung entwickeln demnach Vertreter der Schlacht- und Verarbeitungsindustrie innovative herkunftsbezogene Absatzkonzepte.

Bei Präferenzanalysen zur Erklärung von Kaufentscheidungen hat sich mit der Discrete Choice Analyse ein flexibles statistisches Verfahren angeboten.

Grundlagen dieser Analysemethode bilden Präferenzurteile der Probanden in Form von Auswahlentscheidungen. Dabei erfolgte aus einem Choice-Set die Bewertung der Stimuli durch die Auswahl der Produkte mit den exogen vorgegebenen Variationen der kaufbeeinflussenden Merkmale. Bei dem Ansatz der Discrete Choice Analyse handelt es sich nicht um eine Abbildung einer realen Kaufentscheidung, sondern um eine Simulation der Wahl durch die wiederholte Präsentation der relevanten Reize bei unterschiedlichen Probanden. In dem dargestellten Vorhaben handelt es sich um den Preis, sowie Informationen zum Produktionssystem und der Herkunftsregion der ausgewählten Produkte. Um die Fragestellungen abzubilden sind für die beiden Produktgruppen (Gemüse und Geflügelfleisch) jeweils ein Regionalprodukt, ein Markenprodukt, ein Produkt aus alternativer Produktion und ein Referenzprodukt angeboten worden.

Einschränkend zu den Ergebnissen dieser Befragungen muss auf eine bestehende Verhaltenslücke der Verbraucher verwiesen werden. Ein verhaltenstaktisches Problem bei Probanden besteht auch bei der beschriebenen Discrete Choice Analyse darin, dass eine Diskrepanz zwischen Beantwortung der Fragen und dem tatsächlichen Handeln (Kauf) nicht ausgeschlossen werden kann.

Bei der Variation des Preises für die einzelnen Gemüse- und Geflügelfleischprodukte sind erwartungsgemäß die Reaktionen der Probanden durch Kaufwahlverzicht oder eine Zustimmung unterschiedlich groß. Insbesondere