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1.4 Die Immaterialgüterrechte im einzelnen

1.4.4 Marken und Herkunftsbezeichnungen

Marken und Herkunftsangaben sind der wichtigste Teil des immate-rialgüterrechtlich relevanten Kennzeichenrechts63. Marken dienen der Unterscheidung von Produkten eines Unternehmens von jenen anderer Unternehmen. Erfüllen sie das Kriterium der Unterschei-dungskraft, werden sie als Markenrechte ihren Inhabern zur aus-schliesslichen Benutzung bzw. Verfügung vorbehalten. Anders als bei den oben beschriebenen Immaterialgüterrechten steht beim Mar-kenrecht nicht der Schutz einer schöpferischen Leistung im Vorder-grund, sondern der immaterielle Wert, den die Verwendung einer Marke im Zusammenhang mit einem Produkt erzeugt. Der Schutz einer Marke wird durch Eintragung im Markenregister erlangt64. Dabei hat das zu hinterlegende Kennzeichen verschiedene Voraus-setzungen zu erfüllen, man spricht dabei von absoluten und relativen Eintragungshindernissen65. Die Schutzdauer des Markenrechts be-trägt in Liechtenstein wie auch in der Schweiz, in Österreich und in ___________

61 Gemäss Art. 12 Ziff. 1 MMG bedeutet neu “weder im Publikum noch in den beteiligten Ver-kehrskreisen bekannt”. Siehe dazu auch Troller/Troller, S. 103ff. Das deutsche Geschmacks-mustergesetz verlangt als zweite materielle Schutzvoraussetzung neben der Neuheit die “Ei-gentümlichkeit” (§ 1 Abs. 2 GeschmMG), dazu Chrocziel, S. 120f.

62 Art. 8 MMG. Troller, IGR I, S. 133f., kritisiert die Dauer des Muster- und Modellschutzes als zu kurz. In Deutschland beträgt der Geschmacksmusterschutz maximal 20 Jahre (§ 9 GeschmMG).

63 Zum Kennzeichenrecht zählen auch Rechte an Namen, Firma, Geschäftsbezeichnungen, Handelsnamen, Ausstattung usw., worauf im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden soll. Die Stellung des Markenrechts als Immaterialgüterrecht war lange umstritten. So lehnte man in Deutschland unter Berufung auf Kohler und Gierke, die das Warenzeichenrecht als reines Persönlichkeitsrecht ansahen, die immaterialgüterrechtliche Qualität der Marke ab.

Heute ist es als Immaterialgüterrecht anerkannt (Hubmann, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 53f.). Das Ausstattungsrecht ist dem Markenrecht ähnlich; Hubmann (Gewerblicher Rechts-schutz, S. 54) sieht es als Immaterialgüterrecht mit persönlichkeitsrechtlichem Einschlag.

64 Art. 5 MschG.

65 Bestehen absolute Eintragungshindernisse (z.B. die Verwendung von Hoheitszeichen, vgl.

Art. 2 MschG), wird die Eintragung der Marke verweigert. Bei den relativen Eintragungshinder-nissen geht es um ältere Rechte (Prioritätsrechte, Verwechslungsgefahr mit einer älteren Mar-ke, vgl. Art. 3 MschG), die nicht von Amtes wegen berücksichtigt, sondern vom Inhaber einer älteren Marke geltend gemacht werden müssen.

Deutschland zehn Jahre. Im Gegensatz zu Patent- oder Musterrechten kann das Recht an der Marke nach Ablauf dieser zehnjährigen Schutz-dauer beliebig oft um weitere zehn Jahre verlängert werden.

Herkunftsbezeichnungen weisen auf die geographische Ab-stammung eines Produkts hin66. Wie die Marke auf bestimmte Quali-täten eines Produkts, das aus einem bestimmten Unternehmen stammt, hinweist, können auch geographische Angaben Qualitäts-vorstellungen über aus einer bestimmten Gegend stammende Pro-dukte hervorrufen67und damit zur Unterscheidung von gleicharti-gen Produkten dienen. Der Schutz von Herkunftsangaben ist in der Regel unabhängig von einem Registereintrag68. Anders als Marken stehen Herkunftsangaben keiner bestimmten, im Register eingetra-genen Person in ausschliesslicher Weise zu, sondern können von allen im betreffenden Gebiet wirtschaftlich Tätigen verwendet werden69. Daher ist es nicht unmittelbar einsichtig, dass Herkunftsangaben zu den Immaterialgüterrechten gezählt werden70. Obwohl sie nicht in derselben Weise wie etwa Markenrechte Individualrechte sind, ha-ben sie das Potential, dem materiellen Wert eines Produkts einen immateriellen Wert hinzuzufügen.

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66 Art. 45ff. MschG.

67 Troller/Troller, S. 76. Die Begriffe Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen werden oft synonym verwendet (z.B. in internationalen Abkommen), die Terminologie ist jedoch uneinheit-lich. In der Schweiz wie auch in Liechtenstein sind Ursprungsbezeichnungen geographische Namen, die auf die Herkunft eines Produkts hinweisen, dies jedoch unabhängig von damit ver-bundenen Qualitätsvorstellungen. Der Begriff des Ursprungs (Ursprungsregeln, Ursprungs-zeugnisse) wird im Warenverkehrsrecht verwendet. In Deutschland ist die Terminologie umge-kehrt (Siehe m.w.Nachw. Christians, S. 74).

68 Es gibt aber auch Bestrebungen, für geographische Herkunftsangaben Registrierungssysteme einzuführen. In der EU wurde mit der Verordnung 2081/92 vom 14.7.1992 zum Schutz geogra-phischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel ein Registrierungssystem mit Kontrollapparat für Herkunftsbezeichnungen von Agrarprodukten und Lebensmitteln geschaffen.

69 Vgl. aber die besonderen Vorschriften von Art. 48f. MschG.

70 Vgl. dazu David, Numerus Clausus, S. 1404f. In vielen Lehrbüchern zum Immaterialgüterrecht werden Herkunftsbezeichnungen nicht behandelt. Internationale Abkommen über geistiges Ei-gentum enthalten jedoch häufig Bestimmungen über Herkunftsangaben (PVÜ, MHA, TRIPS usw.).

1.4.5 Lauterkeitsrecht

Das Wettbewerbsrecht umfasst das Kartellrecht und das Lauterkeits-recht71. Das Recht zur Abwehr des unlauteren Wettbewerbs kon-struiert kein den zuvor dargestellten Immaterialgüterrechten ähnli-ches Exklusivrecht. Zweck des Schutzes der Lauterkeit des Wettbe-werbs ist nicht nur der Schutz der Mitbewerber gegen unlauteres Verhalten im Wettbewerb, sondern auch der Schutz anderer Markt-beteiligter, der Konsumenten bzw. der Allgemeinheit. Schutzgut ist der “lautere und unverfälschte Wettbewerb”72. Obwohl die Aner-kennung (von Teilen) des Lauterkeitsrechts als Immaterialgüterrecht umstritten ist73, werden die Regeln zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zu Recht zum Gebiet des Immaterialgüterrechts bzw.

zum gewerblichen Rechtsschutz gezählt74. Der wettbewerbsrechtliche Schutz dient dabei als Ergänzung zu den immaterialgüterrechtlichen Spezialgesetzen und hat eine Auffangfunktion75. Ist ein Immaterial-gut nicht patent-, muster- oder markenrechtlich schützbar, wurde ein solcher Schutz nicht erwirkt oder ist dieser erloschen, können keine spezialrechtlichen Schutzwirkungen über das UWG erlangt werden, wohl aber der wettbewerbsrechtliche Schutz. Insbesondere die Kenn-zeichenrechte haben starke Berührungspunkte mit dem Lauterkeits-recht. Gemäss Art. 3 Bst. d UWG handelt unlauter, “wer Massnah-men trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Wer-ken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbei-___________

71 Dabei regelt das Kartellgesetz Fälle, in denen zu wenig Wettbewerb vorhanden ist, es sichert die Freiheit und Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs. Das Gesetz gegen den unlauteren Wett-bewerb (UWG) reguliert Fälle, in denen “zu viel” WettWett-bewerb herrscht, indem es die Rahmen-bedingungen und Grenzen des Wettbewerbs vorgibt. Vgl. David, Wettbewerbsrecht, S. 25.

72 Art. 1 UWG. In der Schweiz und in Deutschland hatte man während Jahrzehnten angenom-men, der unlautere Wettbewerb verletze ein Persönlichkeitsrecht (Hubmann, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 43, m.w.Nachw.). In Deutschland wurde versucht, den unlauteren Wettbe-werb als Verletzung des Rechts am Unternehmen, einem Immaterialgut, darzustellen (Schön-herr, S. 62; ablehnend Hubmann, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 44). Gemäss Hubmann (a.a.O., S. 44f.) will das UWG die selbständige Unternehmerleistung im Wettbewerb schützen und dabei nicht nur die Interessen der einzelnen Wettbewerber (private Interessen), sondern auch die Interessen der Allgemeinheit (öffentliche Interessen) berücksichtigen.

73 Zu dieser Diskussion Fikentscher, Wettbewerb, S. 157ff. und Troller, IGR I, S. 113ff. Fikent-scher (m.w.Nachw. in Wirtschaftsrecht Bd. II, S. 152) meint, auch im Lauterkeitsrecht gebe es subjektive Rechte, nämlich jene der Kunden und Konkurrenten, keinem unlauteren Wettbewerb ausgesetzt zu sein. Troller (IGR I, S. 114f.) hingegen ist der Auffassung, dass es im Lauter-keitsrecht nicht um die Verletzung subjektiver privater Rechte gehe.

74 Troller/Troller, S. 1; Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. II, S. 410.

75 Troller/Troller, S. 110. Hubmann (Gewerblicher Rechtsschutz, S. 57f.) jedoch stellt in Bezug auf das deutsche Recht fest, dass die spezialgesetzlichen Regelungen des PatG, GebrMG und GeschmMG den wettbewerblichen Schutz ausschliessen können, das Warenzeichenrecht hin-gegen nur ein Ausschnitt des Wettbewerbsrechts sei und daher Anmeldung und Benutzung der Zeichen nach lauterkeitsrechtlichen Vorschriften erfolgen müsse.

zuführen”. Dies kann sowohl Marken als auch geographische Her-kunftsangaben betreffen. Das Recht an der Ausstattung, welches in Deutschland ausdrücklich im Markenschutzgesetz erwähnt wird (§ 4 Abs. 2 MarkenG), ist in der Schweiz (mangels ausdrücklicher gesetz-licher Erwähnung) von der Rechtsprechung entwickelt worden. Es wird aus Art. 3 d UWG abgeleitet76. Art. 5 UWG, der ebenfalls Bezü-ge zum Immaterialgüterrecht aufweist, will die unbefugte Verwer-tung einer fremden LeisVerwer-tung verhindern. Zweck dieses Artikels ist es jedoch nicht, ein neues Immaterialgüterrecht für alle jene geistigen Güter zu schaffen, welche nicht unter die speziellen immaterialgüter-rechtlichen Normen fallen. Schutzobjekt ist das Arbeitsergebnis; der numerus clausus der Immaterialgüterrechte wird mit Art. 5 UWG nicht erweitert77.