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Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz

4.2 Zur Studienlage – Ergebnisse und Handlungsstrategien

4.2.3 Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz

Die österreichischen Rahmengesundheitsziele geben „richtungsweisende Vor-schläge für ein gesünderes Österreich“, so wird die Titelseite der Langfassung do-kumentiert. Ziel der Strategien ist es beizutragen, dass „[…] in den nächsten zwan-zig Jahren die in Gesundheit verbrachten Lebensjahre im Durchschnitt um zwei Jahre steigen.“ (BMGF 2016, S. V) Insgesamt forciert die WHO in allen Mitglied-staaten die Entwicklung von Gesundheitszielen und Handlungsstrategien, die auf der persönlichen Ebene als auch auf der sektoralen und politischen Ebene anset-zen. Ein Mitwirken von verschiedenen Akteuren im Staat (z.B. Bund, Länder, Sozi-alpartner) ist, wie in Österreich vorbildlich praktiziert, ein erfolgversprechendes Vor-gehen (vgl. ebda.). Das Rahmengesundheitsziel 3 steht in der Rangfolge der Ge-sundheitsziele an erste Stelle und wurde gemäß der Bundes-Zielsteuerung im Rah-men der Gesundheitsreform zum Schwerpunktthema für die Jahre 2017 bis 2021

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gewählt. Ebenso will man auf europäischer Ebene von Seiten der WHO stringent an diesem Ziel festhalten und Aktivitäten einleiten (vgl. Röthlin/Ganahl/Novak 2017, S. 1f).

Expertinnen und Experten in Österreich sind sich einig, dass zur Förderung der Ge-sundheitskompetenz der Bevölkerung die Verbesserung der Informiertheit durch eine gute Kommunikation sowie die Förderung persönlicher Kompetenzen hoch re-levante Maßnahmen sind. Gleichzeitig müssen die Lebens- und Arbeitsbedingun-gen, also das Umfeld der Menschen positiv entwickelt werden (vgl. BMGF 2016, S.

19). Diese Herangehensweise versteht sich mit den oben dargelegten Diskussionen rund um die Definition und Modellentwicklung des Gesundheitskompetenzbegriffes als logische Strategie.

Folgende Handlungsstrategien werden als besonders relevant erachtet:

• Persönliche Kompetenzen stärken

• Den Zugang zu verständlichen Informationen erleichtern

• Die Rolle der zu Pflegenden als gleichberechtigte Partner fördern

• Eine vereinfachte Orientierung im Gesundheitssystem fördern (vgl. BMGF 2016, S. 19f).

Zur Stärkung der persönlichen Kompetenzen sind insbesondere die vulnerablen Zielgruppen zu erreichen, da sie am meisten Unterstützung benötigen. Für einen erleichterten Zugang zu verständlichen Informationen müssen internetbasierte In-formationen geprüft werden, als auch die unterschiedlichen schriftlichen Aufzeich-nungen wie Broschüren, Folder sowie die interaktive Kommunikation. Inhaltlich müssen sich die Informationen sowohl mit dem persönlichen Gesundheitsverhalten als auch mit dem Gesundheitssystem im Allgemeinen befassen. Die Patientensou-veränität wurde in dieser Arbeit bereits diskutiert und ist eine Maßnahme, die Ange-hörige von Gesundheitsberufen in einer interaktiven, wertschätzenden Kommunika-tion fördern können und müssen. Hier sind u.a. die Entwicklung und der Umgang mit der elektronischen Gesundheitsakte sowie das Kontaktieren einer Patientenan-waltschaft wichtige souveräne Strategien für eine betroffene Bevölkerung. Zur

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entierung im Gesundheitssystem als auch im Bildungs- und Sozialsystem sind Maß-nahmen relevant, die z.B. durch ein Case Management, durch Gesundheitslotsen oder ähnliche Programme gefördert werden können (vgl. BMGF 2016, S. 20). Es wurden in den letzten Jahren zu den oben genannten Themen Arbeitsgruppen und Initiativen gestartet, viele Maßnahmen werden bereits erfolgreich umgesetzt. Eine neuerliche Studie in Anlehnung an die HLS-EU-Q ist in Österreich gestartet und soll 2021 präsentiert werden, um weitere wirkungsvolle Maßnahmen und Bedarfe zu identifizieren (vgl. Röthlin/Ganahl/Novak 2017, S. 1f). Beispielgebend ist das Selbst-bewertungsinstrument zum „Wiener Konzept Gesundheitskompetenter Kranken-hausbehandlungsorganisation“ (vgl. Dietscher/Lorenc/Pelikan 2015, S. 7ff). Studien belegen, dass eine gute Gesundheitskompetenz die Wirksamkeit und Effizienz von Krankenbehandlungen verbessert. Somit ist dies ein wichtiger Beitrag zum Quali-tätsmanagement, wenn z.B. weniger Patientinnen und Patienten wieder aufgenom-men werden müssen, oder das Medikaaufgenom-mentenmanageaufgenom-ment besser verstehen. In Bezug auf die Gesprächsführung erklärt dieses Wiener Konzept u.a. die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter eines Krankenhauses als wichtige Zielgruppe, um ihre ge-sundheitskompetente Kommunikation durch Schulungen zu verbessern (vgl.

ebda.).

Das österreichische Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat den Ent-wicklungsbedarf zur Gesprächsqualität in der Krankenversorgung untersucht. Wie in dieser Arbeit bereits erwähnt, zeigen die Ergebnisse eine unzureichende Kom-munikation und Gesprächsführung. Aufbauend auf die Grundlagenarbeit wurde eine Studie zu österreichischen und internationalen Praxismodellen und Entwicklungs-initiativen für eine verbesserte Gesprächsqualität in der Krankenversorgung in Auf-trag gegeben. Die Ergebnisse liegen seit 2015 vor und zeigen zahlreiche gut er-probte Modelle und Leitfäden für die Wissenschaft, für Aus- Fort- und Weiterbildun-gen mit überwieWeiterbildun-gend ärztlichem Personal als Zielgruppe. Wesentlich weniger rele-vantes Material wurde international als auch österreichweit für Patienteninformation und Patientenschulung ausfindig gemacht. Maßnahmen, die z.B. von Seiten der Politik für Grundlagenarbeit von qualifizierten Patientengesprächen relevant wären, wurden bei der Recherche kaum gefunden, wodurch sich die Annahme bestätigt, dass bisher nur mäßig an Rahmenbedingungen für eine verbesserte Gesprächs-qualität angesetzt wurde (vgl. Sator/Nowak/Menz 2015b, S. VIII f).

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Bedauerlicherweise wurden in diesen Studien überwiegend Ärztinnen und Ärzte als Profis für Patientengespräche „nominiert“ und somit vorrangig nach relevanten Da-ten für diese eine Zielgruppe geforscht. Angehörige von Pflegeberufen als primäre Ansprechpersonen bei Krankenhausaufnahmen und bei der Bewältigung des All-tags wurden in den Studien selten als Expertinnen und Experten für eine angemes-sene Kommunikations- und Gesprächsführung erwähnt. Dies kann durchaus den Verdacht erhärten, dass in der Öffentlichkeit und selbst bei Gesundheitswissen-schatlern der Pflegeberuf auf Grund der historisch geprägten, hierarchischen Kran-kenhausstrukturen als professionelle Berufsgruppe in der Krankenversorgung und Kommunikation unterschätzt wird (siehe Kap. 3.3.1, S. 32f).

Studien, welche gezielt die größte Berufsgruppe in der Krankenversorgung in den Blick nimmt und sie hinsichtlich ihrer Gesprächsführung und Entwicklungsbedarfe untersucht, konnten im Rahmen der Literaturrecherche für dies Arbeit kaum ausfin-dig gemacht werden. Man kann davon ausgehen, dass die Pflegewissenschaft diese Themen noch ausreichend untersuchen wird. Buresh & Gordon (2006, S. 37) merken in ihren Abhandlungen für eine öffentliche Stimme der Pflege zynisch an:

„Es wäre allgemein bekannt, dass man nicht als Pflegeperson auf die Welt kommt, sondern dazu ausgebildet werden muss.“ In der Zwischenzeit hat sich durch die zunehmende Professionalisierung der Pflege die Wahrnehmung in der Öffentlich-keit verändert, dennoch sind gesundheitspolitische Debatten im Zusammenhang mit Kommunikation und Gesundheitskompetenz sehr medizinorientiert.

Das folgende Kapitel gibt einen Überblick an hilfreichen Methoden, Wegen und Vo-raussetzungen für eine qualitätsvolle Kommunikation und Gesprächsführung im Pa-tientenkontakt.

5 Professionelle Gesprächsführung und Kommunikation

5 Professionelle Gesprächsführung und Kommunikation

In diesem Kapitel werden hilfreiche Instrumente der Gesprächsführung aufgezeigt, um Menschen im Klinikalltag über die Sprache im Sinne von Caring wertschätzend zu begegnen. Zunächst werden Aspekte der humanistischen Psychologie veran-schaulicht und ein Menschenbild für die berufliche Pflege diskutiert. Die Klienten-zentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers bildet einen Schwerpunkt in diesem Kapitel. Die Studienlage zum personenzentrierten Ansatz soll die Aktualität dieser Vorgehensweise begründen. Kommunikationspsychologische Perspektiven, wie das Quadrat der Nachricht und der Ansatz der Transaktionsanalyse werden als nützliche Betrachtungsweisen von Gesprächen erklärt. Die Motivierende Ge-sprächsführung bildet in diesem Kapitel den Abschluss und veranschaulicht, wie eine kompetent gestaltete Gesprächsführung Verhaltensänderungen fördern kann, um mehr Gesundheitskompetenz bei chronisch erkrankten Menschen zu erzielen.