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LPS-Stimulation führt zu Veränderungen des Sekretoms von PCBUS

6. D ISKUSSION

6.2 LPS-Stimulation führt zu Veränderungen des Sekretoms von PCBUS

PCBUS

Nachdem eine Modulation der PCBUS durch LPS anhand ihrer Vitalität nachgewiesen wurde, wurde ihr Sekretom mithilfe mehrer ELISAs auf den Gehalt an IL-1, IL-6, CXCL8 und TNF-

untersucht.

PCBUS sezernieren IL-1 und IL-6 in Reaktion auf LPS

LPS-stimulierte PCBUS sezernierten im Vergleich zu nicht-stimulierten PCBUS dosisabhängig mehr IL-1. Es wurde keine Basissekretion in nicht-stimulierten PCBUS nachgewiesen (Abbildung 6, B). IL-1 zählt zu den proinflammatorischen Zytokinen und kann unter anderem durch Endothel- und Epithelzellen, Fibroblasten und Makrophagen freigesetzt werden (BARKSBY et al. 2007). Diese Zelltypen liegen in PCBUS in ihrem physiologischen Gewebeverband vor. Wenn Eutergewebe mit LPS in Kontakt kommt, ist es naheliegend, dass das proinflammatorische Zytokin IL-1 sezerniert wird (SHUSTER et al. 1993). Aus der Sekretion von IL-1 durch PCBUS nach LPS-Stimultion ergibt sich der erste Hinweis, dass diese Ex-vivo-Methode geeignet ist, grundlegende immunologische Vorgänge im Euter zu untersuchen, bevor ein Tierversuch nötig wird. IL-1 aktiviert Gefäßendothelien und Leukozyten, induziert Fieber und die Akute-Phase-Reaktion (BANNERMAN 2009). Wenn in einem Ex-vivo-Modell IL-1 sezerniert wird, kann dies hinweisend auf eine pyrogene Reaktion im Tier sein, wobei auch die Migration von Leukozyten angeregt werden kann. Passend dazu zeigten SHUSTER et al. (1993), dass eine intramammäre LPS-Infusion zu einer Ödembildung und zu stark erhöhten somatischen Zellzahlen in der Milch führte.

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Bereits untersucht wurde die IL-1-Sekretion nach Stimulation von pbMEC mit LPS sowie E. coli. Dabei konnte mehrfach ein Anstieg der Expression von IL-1 nachgewiesen werden (MCCLENAHAN et al. 2005; STRANDBERG et al. 2005; LAHOUASSA et al. 2007).

Allerdings handelt es sich bei pbMEC um Euterepithelzellen, die isoliert von ihrem Gewebeverband vorliegen. In neuerer Zeit wurden vermehrt Untersuchungen an intaktem Eutergewebe geschlachteter Kühe durchgeführt (RABOT et al. 2007; LIND 2011; FILOR 2019). RABOT et al. (2007) wiesen in Explantkulturen von Euterparenchym als Reaktion auf eine Stimulation mit 10 µg/ml LPS (O111:B4) eine gesteigerte Expression von IL-1 nach.

Diese Reaktion ist spezifisch für das Euterparenchym. In Zitzen-Explantkulturen dagegen konnte LIND (2011) keine Basisexpression und auch keine durch 1 µg/ml LPS induzierte IL-1-Expression nachweisen (LIND 2011). Der fehlende Nachweis von mRNA in der Explantkultur bei LIND (2011) steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit.

Jedoch wurde hier Euterparenchym verwendet und bei LIND (2011) Gewebe aus der Zitze. Es liegt nahe, dass aufgrund divergierender Zellzusammensetzung Unterschiede zwischen Expressionsmuster der Zitzen-Explantkulturen und dem Sekretom von PCBUS aus dem Euterparenchym vorliegen. FILOR (2019) konnte in Eutergewebspräzisionsschnitten eine Sekretion von bis zu 200 pg IL-1/PCBUS nach Zugabe von 1 µg/ml LPS (O55:B5) im Zeitverlauf über sechs Stunden beobachten. Eine stärkere IL-1-Sekretion wurde nach Stimulation der PCBUS mit vitalen E. coli nachgewiesen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden bei einer Stimulation mit 100 ng/ml LPS IL-1-Sekretionen von 37 bis 523 ng/ml gemessen. Die Untersuchungen von FILOR (2019) werden also bestätigt. Außerdem lässt die nachgewiesene IL-1-Sekretion die Schlussfolgerung zu, dass die Zugabe von 10 und 100 ng LPS/ml in PCBUS, die bereits 96 Stunden alt sind, zu einer proinflammatorischen Immunreaktion führt.

Die im Vergleich zu FILOR (2019) gesteigerte IL-1-Sekretion trotz geringerer LPS-Konzentration lässt sich mit der Verwendung von mehrfach enzymatisch hydrolysiertem, hochreinem LPS erklären. Dieses enthält keine weiteren bakteriellen Zellkomponenten wie bei anderen LPS-Präparaten üblich, sodass ausschließlich TLR4 aktiviert wird (HIRSCHFELD et al. 2000; TAPPING et al. 2000; CONEJEROS et al. 2015).

IL-1 induziert außerdem die Sekretion von CXCL8, TNF-, IL-6 und IL-12 (LARSEN et al.

1989; COLDITZ et al. 1990; BANNERMAN 2009). LPS-stimulierte PCBUS wurden daher

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auch auf die Sekretion von CXCL8, TNF- und IL-6 untersucht. Dabei zeigte sich, dass auch die Sekretion von IL-6 und CXCL8 dosisabhängig durch LPS-Stimulation gesteigert wurde (Abbildung 6, A und D). Dies steht im Einklang mit den Untersuchungen zu Eutergewebe-Explantkulturen von RABOT et al. (2007), wobei sowohl die Expression von IL-6, als auch die CXCL8-Expression signifikant durch LPS-Stimulation gesteigert wurde. Das Ergebnis kann als weiterer Hinweis gewertet werden, dass PCBUS nach der untersuchten Methode in der Lage sind, eine proinflammatorische Immunantwort auszulösen, die der des Eutergewebes in vivo ähnelt. Denn auch in der Milch ist IL-6 nachweisbar, wenn LPS (1 µg/ml, O55:B5) oder E. coli (30 Kolonie-bildende Einheiten eines Mastitisisolates) intramammär infundiert wurden (SHUSTER et al. 1993; SHUSTER et al. 1997). Im Gegensatz zu IL-1 weist IL-6 nicht nur proinflammatorische, sondern auch antiinflammatorische Eigenschaften auf. So kann IL-6 die IL-1-Expression vermindern und die Expression des IL-1-Rezeptorantagonisten und des löslichen TNF--Rezeptors fördern (BANNERMAN 2009). IL-6 wird wie IL-1 von verschiedenen Zellen, die im Eutergewebe vorkommen, sezerniert. PCBUS sind also auch in der Lage, antiinflammatorische Komponenten der angeborenen Immunantwort abzubilden.

CXCL8 ist nur in LPS-stimulierten PCBUS nachweisbar

Bei CXCL8 (auch IL-8) handelt es sich um ein CXC-Chemokin, das präferenziell neutrophile Granulozyten anlockt (HARADA et al. 1994; KOBAYASHI 2008). CXCL8 wird sowohl von MAC-T-Zellen, Zellen einer immortalisierten bovinen mammären Epithelzelllinie (MCCLENAHAN et al. 2005), und pbMEC (WELLNITZ u. KERR 2004; LAHOUASSA et al.

2007) als auch von Euter- und Zitzenexplantkulturen in Reaktion auf eine LPS-Stimulation vermehrt exprimiert (RABOT et al. 2007; LIND 2011). Auch im Tiermodell konnte bereits eine vermehrte CXCL8-Expression nach E. coli-Infusion nachgewiesen werden (RINALDI et al.

2010). Dass CXCL8 auch im Sekretom LPS-stimulierter PCBUS nachgewiesen werden kann, nicht aber in unstimulierten Eutergewebeschnitten, stützt zusätzlich die Hypothese, dass sich PCBUS für die Untersuchung proinflammatorischer Prozesse eignen. Mittels ELISA konnte LIND (2011) dagegen nur eine minimale Konzentration von 4 bis 10 pg/ml CXCL8 in den Explantkultur-Überständen nachweisen, jedoch keine Veränderung durch LPS-Stimulation beobachten. Es wurde allerdings ein Kit für humanes CXCL8 verwendet. LAHOUASSA et al.

(2007) haben beschrieben, dass das humane ELISA-Kit eine deutlich geringere Sensitivität besitzt als deren eigener für bovines CXCL8 etablierter ELISA. Auf diese Weise wiesen sie

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eine Basissekretion von CXCL8 durch bMEC und eine gesteigerte Sekretion nach Stimulation mit S. aureus und E. coli nach (LAHOUASSA et al. 2007). Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein ELISA für bovines CXCL8 nach CRONIN et al. (2015) verwendet. Dieser kann mit minimaler Kreuzreaktivität zu anderen Mediatoren 62,5 bis 2000 pg/ml CXCL8 detektieren.

Auf diese Weise konnte eine signifikante CXCL8-Sekretion in LPS-stimulierten PCBUS-Überständen, nicht aber in nicht-stimulierten PCBUS-Überständen nachgewiesen werden. Dabei wurden deutlich höhere Konzentrationen von 6,88 ng/ml (Median) ermittelt als bei LIND (2011), die bis zu 10 pg/ml CXCL8 nachwiesen.

TNF- konnte in PCBUS-Überständen nicht nachgewiesen werden

TNF- stellt ein weiteres proinflammatorisches Zytokin dar, das von Makrophagen, Lymphozyten, neutrophilen Granulozyten und Epithelzellen gebildet werden kann (DANIEL et al. 2005). Lokal aktiviert es Endothelzellen und führt zur Rekrutierung und Aktivierung von Leukozyten (BROUCKAERT u. FIERS 1996). Systemisch führt TNF- zur Induktion von Fieber und zur Synthese von Akute-Phase-Proteinen. Die Bildung von TNF- kann durch Pathogene, deren Wandbestandteile und Toxine, aber auch durch IL-1, IFN- und Komplementfaktoren induziert werden (BANNERMAN 2009). In der Milch von gesunden Eutervierteln kann TNF- nicht nachgewiesen werden. Es gibt jedoch zahlreiche Nachweise in der Milch von Mastitis-erkrankten Kühen (SHUSTER et al. 1995; SHUSTER et al. 1997;

RIOLLET et al. 2000; BANNERMAN et al. 2004). Dabei korreliert der Gehalt an TNF- mit der Schwere der Erkrankung (OHTSUKA et al. 2001). Die Studienlage zur LPS-induzierten TNF--Expression und -Sekretion in vivo und in vitro ist kontrovers: Nach intramammärer LPS-Infusion lässt sich kein TNF- in der Milch nachweisen (SHUSTER et al. 1993), sodass sich die TNF--Sekretion von entzündeten Eutern in vivo nicht auf LPS zurückführen lässt.

MCCLENAHAN et al. (2005) wies dagegen eine gesteigerte TNF--mRNA-Expression in LPS-stimulierten (1,5 mg/ml) MAC-T-Zellen nach. Auch in pbMEC konnte dies belegt werden (WELLNITZ u. KERR 2004; STRANDBERG et al. 2005). LIND (2011) wies anhand von Zitzenexplantkulturen eine Basisexpression von TNF- und auch eine LPS-Induzierbarkeit der Expression nach. Auch anhand von PCBUS konnte eine TNF--Sekretion bereits nach 24-stündiger Stimulation mit LPS (O55:B5, 1 µg/ml) nachgewiesen werden (FILOR 2019).

RABOT et al. (2007) konnten im Gegensatz hierzu anhand von Euterexplantkulturen keine

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Veränderung der TNF--Expression nach Stimulation mit 10 µg/ml LPS nachweisen. Auch im Rahmen dieser Arbeit konnte kein TNF- in den PCBUS-Überständen detektiert werden (Abbildung 6). Möglicherweise war die in dieser Arbeit ausgewählte LPS-Konzentration von 100 ng/ml zu gering, um eine nachweisbare TNF--Sekretion auszulösen. Auch das Alter der PCBUS (96 Stunden) könnte die Induzierbarkeit einer TNF--Sekretion im Vergleich zu den Zitzenexplantkulturen, die ohne Vorkultur und ohne resting time verwendet wurden, beeinträchtigt haben. Außerdem ist Zitzengewebe nicht gleichzusetzen mit dem für PCBUS verwendeten Euterparenchym. Die Unterschiede zu den Ergebnissen in der TNF--Sekretion von FILOR (2019) lassen sich mit dem Alter der PCBUS jedoch nicht erklären, da hier Kulturbedingungen und Inkubationszeiten identisch waren. Hier könnte wiederum die Verwendung von hochreinem LPS ausschlaggebend sein. Zudem wurde auf die Zugabe von FKS zum Kulturmedium verzichtet, sodass kein LPS-bindendes Protein im Medium enthalten war. Zur Situation in vivo passen die Ergebnisse dieser Arbeit insofern, dass intramammär appliziertes LPS nicht zur TNF--Sekretion in die Milch geführt hat (SHUSTER et al. 1993).

Zusammenfassend lässt sich festellen, dass PCBUS in der Lage sind, einige proinflammatorische Zytokine als Reaktion auf LPS zu sezernieren. Weiteren Aufschluss könnten zukünftig Transkriptomanalysen vergleichend zu mammären Epithelzellen und Eutergewebe akut erkrankter Kühe liefern.

6.3 D

IE

ROS-B

ILDUNG WIRD DURCH

PCBUS-Ü

BERSTÄNDE VERSTÄRKT