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Langzeit-Inhalationsversuche mit Quarz an Ratten

÷ Damit resultiert für LC bei 3 mg/m 3 x Jahren

XIII. Risikobetrachtungen bei der Übertragung tier- tier-experimenteller Daten zur Kanzerogenität und

4. Langzeit-Inhalationsversuche mit Quarz an Ratten

Die Tabelle XIII.1 zeigt Daten der vier Langzeit-Inhalationsversuche mit Quarz bei Ratten sowie die Ergebnisse linearer Extrapolationen zu einer Konzentration von 0,05 mg/m3. Der Extrapolationsschritt ist bei der Studie von MUHLE et al. (1991), bei der die niedrigste Quarz-Konzentration verwendet wurde, relativ klein. Es trat eine Tumorhäufigkeit von 19 % auf (3 % bei den Kontrollen), woraus sich ein Excess Risi-ko von etwa 1 % für eine Expositions-Konzentration von 0,05 mg/m3 errechnet. Man erhält sehr ähnliche Ergebnisse, gleichgültig ob man das Expositionszeitmuster rechnerisch berücksichtigt oder nicht. Aus der Studie von HOLLAND et al. (1986) ergibt sich ein niedrigerer Wert für die kanzerogene Potenz, wobei nicht klar ist, inwieweit dieser Unterschied auf den anderen Rattenstamm, die andere Quarzprobe oder auf eine Verkürzung der Überlebenszeiten zurückzuführen ist. Auf einen relativ deutli-chen Einfluss der erheblich verkürzten Lebens- und damit Beobachtungsdauer ist bei

der Studie von DAGLE et al. (1986) zu schließen, so dass die dort für den Hauptteil der Studie berechnete kanzerogene Potenz sicherlich nicht als valide Schätzung zu betrachten ist. In der Studie von SPIETHOFF et al. (1992) wurde ein deutlich von den anderen Versuchen verschiedenes Expositionszeitmuster verwendet. Die Tiere wa-ren nur an 29 Tagen exponiert. Es liegt nahe, dass eine kumulative Exposition, die aus einer relativ hohen Konzentration über einen kurzen Zeitraum in jungem Alter resultiert, eine größere Bedeutung für das Lebenszeitrisiko besitzt als die zahlenmä-ßig gleiche kumulative Exposition, die auf eine lange dauernde Exposition bis fast zum Ende der Versuchszeit zurückzuführen ist. In der Berechnung in Tabelle XIII.1 ist daher für den Versuch von SPIETHOFF et al. (1992) ein Gewichtungsfaktor von 2 enthalten, der jedoch unsicher ist (ROLLER, 2002). Insgesamt erscheint es plausi-bel, die gemäß der gut dokumentierten und mit relativ niedriger Expositionskonzent-ration durchgeführten Studie von MUHLE et al. (1991) erhaltene Beziehung von un-gefähr 1 % Tumorrisiko pro 0,05 mg/m3 Quarzstaub für einen Vergleich mit epide-miologischen Daten zugrunde zu legen. Der Mittelwert aus den vier Einzelschätzun-gen von 0,95; 0,18; 0,16 und 2,3 % pro 0,05 mg/m3 ist dem sehr ähnlich.

An der Studie von SPIETHOFF et al. (1992) ist noch ein zusätzlicher Gesichtspunkt bemerkenswert. In diesem Versuch wurden Konzentrationen des Quarzes DQ 12 von ca. 6 und 30 mg/m3 verwendet. Aus der Darstellung wird zwar nicht völlig deutlich, ob es sich dabei um Gesamtstaub oder um Feinstaub handelt, und man muss anneh-men, dass sich die Zahlen nicht auf den alveolengängigen Staubanteil beziehen, aber nach den Angaben bei MUHLE et al. (1991) ist der alveolengängige Staubanteil bei DQ 12 mit ca. 70 % relativ hoch. Offensichtlich trat in dem Versuch von SPIETHOFF et al. (1992) bei keiner der Quarz-Konzentrationen eine akute Mortalität auf, in der Gruppe mit 6 mg/m3 war der Median der Überlebenszeit in der Lebenszeit-Studie mit 105,6 Wochen praktisch genau so hoch wie in der Kontrollgruppe mit 105,9 Wochen. Selbst in der 30 mg/m3-Gruppe war die mediane Überlebenszeit nicht nennenswert verkürzt. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, welche gesundheitli-chen Schäden infolge von Konzentrationen an praktisch reinem Quarzstaub in Höhe von 6 oder 30 mg/m3 beim Menschen, insbesondere im vergleichbaren Alter von He-ranwachsenden, zu erwarten wären.

Die Beobachtung der relativ guten Verträglichkeit des Quarzes bei der Ratte steht in Übereinstimmung mit unseren Beobachtungen nach intratrachealer Instillation. So haben wir z.B. die Menge von 45 mg DQ12 sowohl verteilt auf 15 Instillationen als auch in einer einmaligen intratrachealen Instillation an Wistar-Ratten verabreicht. In-nerhalb eines halben Jahres verstarb keine von 41 einmalig behandelten Ratten und nur eine einzige der 39 mehrfach behandelten Ratten (Tumorhäufigkeiten des Ver-suchs veröffentlicht bei POTT und ROLLER, 1994; POTT et al., 1994). Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ein Mensch die Entzündungsreaktionen nach intratrachealer Instillation der – gemessen am Lungengewicht – entsprechenden Menge von etwa 45 Gramm an reinem DQ 12 überleben würde. All diese Daten sprechen im Hinblick auf klinisch relevante Effekte für den Gesamtorganismus für eine im Vergleich mit dem Menschen deutlich geringere Empfindlichkeit von Ratten gegenüber der Toxizi-tät von Quarz DQ12.

Tab. XIII.1 Dosis-Wirkungsbeziehungen in Langzeit-Inhalationsstudien mit Quarz bei Ratten. Daten der Versuche von MUHLE et al. (1991), HOLLAND et al.

(1986), DAGLE et al. (1986) und SPIETHOFF et al. (1992) sowie Ergebnis-se einer linearen Extrapolation zur Expositionskonzentration 0,05 mg/m3.

a 6 Stunden am Tag, 5 Tage pro Woche (HOLLAND et al., 1986: 4 Tage pro Woche; insgesamt 29 Expositionstage bei SPIETHOFF et al., 1992).

b In der Regel Konzentration an alveolengängigem SiO2-Staub; bei SPIETHOFF et al. (1992) vermut-lich Gesamt-SiO2-Staub.

c In Klammern: Mittlere Überlebenszeit der Kontrollgruppen.

d Prozentsatz von Ratten mit Lungentumor abzüglich "Spontanrate" (Excess Risiko).

e Unkorrigierte lineare Extrapolation: Expositionsdauer und -zeitmuster unberücksichtigt.

f Lineare Extrapolation anhand der gewichteten kumulativen Exposition, d.h. Expositionsdauer und -zeitmuster umgerechnet auf ein Expositionszeitmuster wie am Arbeitsplatz; außerdem die kurze Exposition in jungem Alter bei SPIETHOFF et al. (1992) stärker gewichtet (Einzelheiten s. ROLLER, 2002).

g Je 20 Ratten exponiert über 4, 8, 12 und 16 Monate, je 10 Ratten sofort nach Ende der Exposition getötet; Überlebende sollten nach 24 Monaten getötet werden (offensichtlich hat aber praktisch keine der exponierten Ratten bis zu diesem Zeitpunkt überlebt). Eine größere Zahl Tiere sollte über 24 Monate exponiert werden, offensichtlich waren diese Tiere bis zum Zeitpunkt 610 Tage (87 Wo-chen) gestorben.

h Beträchtliche Verkürzung der Lebenserwartung wegen Substanztoxizität.

i 3 Ratten mit Tumor unter 5 weiblichen Tieren, die nur für 4 Monate exponiert waren und daher die höchste Lebenserwartung hatten.

j Tumorhäufigkeit am Ende der Lebenszeitstudie über etwa 23/4 Jahre (in Klammern: Tumorhäufig-keit nach 24 Monaten).

k Abgegriffen aus einer Abbildung.