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LANDNUTZUNGS- UND WIRTSCHAFTSSYSTEME .1 Landnutzungs- und Wirtschaftssysteme im Hohen Himylaya

4. SYSTEMABGRENZUNG UND SYSTEMBESCHREIBUNG

4.3 KONDITIONELLE SYSTEMGRENZEN

4.3.6 LANDNUTZUNGS- UND WIRTSCHAFTSSYSTEME .1 Landnutzungs- und Wirtschaftssysteme im Hohen Himylaya

Laut UHLIG (1976) erfordern große Höhenunterschiede im Bereich der Himylaya-Hauptkette jahreszeitliche Wanderungen zwischen Wirtschaftsflächen in unterschiedlichen Höhenlagen.

Neben diesem Prinzip der vertikalen Stufung unterschiedlicher Nutzung haben zahlreiche im Hohen Himylaya beheimatete ethnische Gruppen wie z.B. die Thykyli, Manangki oder Gurun auch eine große horinzontale Mobilität entwickelt (vgl. HEIDE, 1988, 1993; MESSERSCHMIDT, 1976a, 1976b, 1984; POHLE, 1992, 1993a, 1993b). Die Manangki entwickelten, ähnlich wie die Gurun und auch Thykyli, ein kombiniertes Wirtschaftssystem aus Ackerbau, Viehzucht und Handel, bei welchem traditionell in verschiedenen Höhenstufen unterschiedliche wirtschaftliche Aktivitäten im jahreszeitlichen Wechsel getätigt werden (vgl. FÜRER-HAIMENDORF, 1975;

HAFFNER, 1979; UHLIG, 1976).44

Die landwirtschaftlichen Anbauflächen beschränken sich auf lokale Gunstlagen. Diese konzent-rieren sich in erster Linie auf Schwemmfächer (z.B. Bargachhyp, Lyrjun), alluviale Talböden, Flussterrassen und fluvio-glaziale Terrassen (z.B. Manyn) sowie weniger steile Hanglagen, wobei süd- bzw. südwestexponierte Lagen bevorzugt werden. Im Gebiet des Hohen Himylaya reichen die Jahresniederschläge generell für den Regenfeldbau aus. Da die Hauptvegetationszeit mit dem Monsun zusammenfällt, sind selbst nördlich der Himylaya-Hauptkette die Nieder-schläge der Monsunausläufer für den Regenfeldbau ausreichend, so dass lediglich in Trockenpe-rioden bewässert werden muss. Ausschlaggebend für die Verbreitung bestimmter Anbaufrüchte und die Intensität des Anbaus sind in erster Linie die Temperaturverhältnisse. Aus dem Temperaturabfall mit zunehmender Höhe resultiert daher eine Höhenstufung der einzelnen An-baukulturen: Da Reis äußerst frostempfindlich ist, tritt der Reisanbau im Hohen Himylaya nach Norden zurück und wird schließlich ab ca. 1800 m NN von Mais als Hauptanbaufrucht abgelöst.

44 Ackerbestellung nahe der Hauptsiedlung im Frühjahr, im Sommer Vieh auf Hochweide, im Herbst nach Ernte Weide auf abgeernteten Feldern, im Winter meist nur Männer in tiefer gelegene Regionen Süd-Nepals, vom Winterquartier aus Handel mit Tierprodukten, Heil- und Gewürzkräutern (POHLE, 1992:423).

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Mit zunehmender Höhenlage wird der Mais als Hauptfrucht von Buchweizen und Weizen ab-gelöst, an der Höhengrenze des Ackerbaus werden Gerste und Kartoffeln kultiviert. In den Re-gionen um Bargachhyp und Lyrjun kann noch ganzjährig Ackerbau mit zwei Ernten pro Jahr auf einer Parzelle betrieben werden, in Manyn hingegen ist nur noch eine Ernte im Jahr mög-lich. In Bargachhyp und Lyrjun werden neben Mais verschiedene Gemüsesorten und Legumino-sen kultiviert, in Hausgärten finden sich häufig Apfel- und AprikoLegumino-senbäume. Da in Manyn die Höhengrenze des Maisanbaus überschritten ist, werden hier neben Weizen und Buchweizen vor allem Gerste, Kartoffeln und Gemüse angebaut.

4.3.6.2 Landnutzungs- und Wirtschaftssysteme im Nepalesischen Mittelland

Kennzeichnend für die kleinbäuerliche, subsistenzorientierte Landwirtschaft im Nepalesischen Mittelland ist die Kombination von extrem kleinen, terrassierten Anbauparzellen, die in Privat-besitz sind, eine relativ große Anzahl von Nutztieren sowie ausgedehnte Wald- und Weideflä-chen (vgl. LIMBERG, 1981, 1982; KOLLMAIR, 1999). Nach SCHMIDT-VOGT (1999) sind vor allem Wälder als Nährstoffgrundlage für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit integraler Be-standteil der bergbäuerlichen Landwirtschaft. Die Bodenfruchtbarkeit wird mit Hilfe von selbst produziertem organischem Dünger in Form von Viehdung aufrechterhalten bzw. wieder herge-stellt.

Bei den ackerbaulich genutzten Flächen muss zunächst zwischen den Bewirtschaftungs-systemen khet (Bewässerungsfeldbau) und bari (Trockenfeldbau) unterschieden werden. Auf khet-Feldern, die meist im Hangfußbereich liegen, wird während der Regenzeit auf nivellierten, umwallten Terrassenparzellen Nassreis angebaut. In der winterlichen Trockenzeit folgen je nach Bewässerungspotenzial häufig Weizen oder Kartoffeln. Im Frühjahr folgt Mais oder eine Bra-che. Wie KOLLMAIR (1999) betont, zeichnet sich der Nassreisanbau im Nepalesischen Mittel-land durch eine exzellente ökologische und ökonomische Anpassung an die vorherrschenden Umweltbedingungen aus. Nach CARSON (1985) bieten nivellierte Reisterrassen darüber hinaus kaum einen Ansatzpunkt für Erosion, so dass die Erosionsraten für diese Flächen nur gering sind. Die Terrassenkanten der khet-Felder sind meist baumfrei, werden aber zum Schutz vor Erosion mit Leguminosen bepflanzt.

Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Anbaufläche im Nepalesischen Mittelland werden von bari, terrassierten Trockenfluren, eingenommen. Die Parzellen nehmen meist Hänge mit bis zu 20° Neigung ein, teilweise werden aber auch Steilhänge mit über 30° Neigung bewirtschaftet.

Kennzeichnend für die bari-Felder sind ineinander übergehende Parzellen, deren Oberfläche meist um 1-2° nach außen geneigt ist; eine Umwallung fehlt. Hauptanbaufrucht auf bari ist Mais, daneben werden Fingerhirse, Weizen, Senf (in Ostnepal weiter verbreitet als in Zentral-nepyl), Öl-, Hülsen- und Knollenfrüchte sowie zahlreiche Gemüsearten kultiviert. Ein weiteres charakteristisches Merkmal der bari-Felder ist der Bestand mit Futterbäumen entlang der Ter-rassenkanten. Die Futterbäume (vgl. PANDAY, 1982; KOLLMAIR, 1999) dienen der Gewinnung von Schneitelfutter und Einstreu oder liefern Brennmaterial. In den untersuchten Siedlungen Jaljale sowie Pokhare und Thulinygi sind während des Monsuns Mais und Fingerhirse Hauptanbaufrüchte auf bari. Während der Mais im April/Mai in die Hauptbeete gesät wird, wird die Fingerhirse von Mai bis Juni vorgezogen und danach aus den Saatbeeten in die bereits mit Mais bestandenen Hauptbeete umgesetzt (multiple cropping). Auf diese Weise können zwei Ernten im Jahr erzielt werden. Durch winterlichen Weizenanbau können auf ökologisch be-günstigten bari-Feldern auch drei Ernten im Jahr erzielt werden.

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4.3.6.3 Landnutzungs- und Wirtschaftssysteme im Teryi

Der Teryi ist durch den siedelnden und wirtschaftenden Menschen im Verlauf weniger Jahr-zehnte zu einer Kulturlandschaft umgeformt worden. Charakteristisch für das Landschaftsbild dieser Region sind die weitläufigen Nassreisfelder (vgl. HAFFNER, 1979). Im Zuge der infratstrukturellen Erschließung dieser grenznahen Region haben sich zahlreiche urbane Han-delszentren herausgebildet. Wie im Nepalesischen Mittelland, so ist jedoch auch im Teryi lediglich ein eingliedriges Wirtschaftssystem ausgebildet.

Hauptanbaufrucht auf den khet-Feldern des Teryis ist Nassreis. In abhängigkeit von edaphischen und topographischen Faktoren sowie der Bodenqualität folgen auf den Nassreis unterschiedliche Anbaufrüchte. Besteht auch im Winter die Möglichkeit, die khet-Felder ausreichend zu bewäs-sern, so können bis zu drei ernten im Jahr erzielt werden, davon jedoch nur eine Reisernte. Als Winterfrucht wird meist Senf (nep. tori) angebaut. Ist der Grundwasserstand auf den Flächen zu hoch, wird statt des Senfs Weizen angebaut. Mancherorts besteht die Möglichkeit, im Frühjahr nochmals Reis zusammen mit Mungobohnen und Linsen anzubauen, kann nicht ausreichend bewässert werden, wird Mais angebaut. Auf den bari-Feldern des Teryi können nicht mehr als zwei Ernten im Jahr erzielt werden. Überwiegend wird Mais in Kombination mit mit Hülsen-früchten angebaut, seltener mit Trockenreis. Wie auf khet, so folgen auch auf den bari-Feldern Senf und weizen als Winterfrüchte (vgl. MÜLLER-BÖKER, 1999).

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Nutzung Tourismus, Handel; Regenfeldbau, Viehzucht Handel, Tourismus; Regen- und Oasenfeldbau, Viehzucht Tourismus, Handel; Regenfeldbau, Viehzucht Tourismus, Handel; Regenfeldbau, Bewässerungs- feldbau (Nassreis) Regenfeldbau, Bewässerungs- feldbau (tiefere Lagen); Viehzucht Viehzucht, Regenfeldbau, Bewässerungs- feldbau; Verwaltung

Vegetation Immergrüner Höhenwald Temperierter Koniferenwald Feuchter bis temperierter Koniferenwald Immergrüner Bergwald Fragmente der natürlichen Vegetation (tropischer Falllaubwald, immergrüne Wälder) Fragmente von Salwald, Bambus

Klima monsunfeucht, wintertrocken arid monsunfeucht, rtrocken winte monsunfeucht, cken wintertro monsunfeucht, ertrocken wint monsunfeucht, rtrocken winte subtropisch, feucht

Bevölkerung Gyasumdopa, Gurun Manangki, Gurun, Tibeter Thykyli, Kymi, Syrki Thykyli, Magar, Syrki, Dymai Newyr, Chetri, Brahmanen Chetri, Tymyn, Newyr Chetri, Brahmanen, Tymyn, Thyru, Magar, Kushnar

Haus & Siedlung Einzelhäuser in geschlossener Siedlung; überwiegend permanent bewohntes Bauern-/ Händlerhaus, zweigeschossiger, massiver Stein- bzw. Holz-/Steinbau Kompakte Siedlung, Gebäude bilden eine Baumasse; überwiegend permanent bewohntes Bauern-/Händlerhaus, zweigeschossiger, massiver Steinbau Einzelhäuser in geschlossener Siedlung; überwiegend permanent bewohntes Bauern-/ Händlerhaus, zweigeschossiger, massiver Steinbau Einzelhäuser, Straßendorf; permanent bewohntes Händlerhaus, drei- bis viergeschossiger Stein- bzw. Ziegelbau Lockere Gruppensiedlung, Gehöfte und Weiler; permanent bewohntes Bauernhaus, zweigeschossiger Stein- oder Holz-/ Steinbau Einzelne Gebäude, Gehöfte & Weiler; permanent bewohntes Bauernhaus, zweigeschossiger Stein- bzw. Holz-/ Steinbau Einzelhäuser in geschlossener Siedlung; permanent bewohntes Bauernhaus des Mittellandes (s.o.), Jungsiedlerhäuser, zwei- bis dreigeschossiger Ziegelbauten

Relief und topo- graphische Lage Talbodenlage, l Schwemmkege Talbodenlage, Aufschüttungs- terrasse Talbodenlage, Schwemmfächer Talbodenlage, Aufschüttungs- terrasse Hanglage Hanglage Talbodenlage, Flussterrasse

Distrikt/ Siedlung/ Höhenlage Manyn Bagarchhyp 2100 m NN Manyn Manyn 3500 m NN Mustyn Lyrjun 2550 m NN Myygdi Tytopyni 1250 m NN Sindhupylchok Jaljale 2040 m NN Dolakhy Pokhare & Thulinygi 1680-2100 m NN Sarlyhi Karmaiyy 130 m NN

Tab. 8: Charakterisierung der untersuchten Siedlungen (eigene Erhebungen) Geogra phische Region HOHER HIMQLAYA NEPALESI- SCHES MITTEL- LAND TERQI

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