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KARTIERBERICHT UND KARTE DER NATURGEFAHREN- NATURGEFAHREN-PROZESSE DER SIEDLUNG TQTOPQNĪ

5. GEFAHRENBEURTEILUNG

5.4 KARTIERBERICHT UND KARTE DER NATURGEFAHREN- NATURGEFAHREN-PROZESSE DER SIEDLUNG TQTOPQNĪ

5.4 KARTIERBERICHT UND KARTE DER

len und Tosen geweckt, als eine Flutwelle über die Siedlung hereinbrach. In Tytopyni wurden 13 Gebäude zerstört, in Nauni Bagar, rund 800 m südlich von Tytopyni auf einer Uferterrasse der Kyli Gamdaki gelegen, wurden sechs der insgesamt zehn Gebäude der Siedlung zerstört.

Für Tytopyni besteht erwiesenermaßen eine Gefahr durch Hochwasser bzw. Überschwemmun-gen. Da Tytopyni jedoch knapp 15 m oberhalb des Flussbettes der Kyli Gamdaki liegt ist davon auszugehen, dass lediglich Ereignisse extremen Ausmaßes eine Schadenwirkung auf die Sied-lung ausüben. Wie bereits angeführt, konnte nicht exakt geklärt werden, wodurch die vergan-genen Hochwasser verursacht wurden. Sollten Gletscherseeausbrüche dafür verantwortlich sein, so besteht potenziell auch in Zukunft die Gefahr von Hochwasser infolge von GLOFs. Durch den Anstieg der Lufttemperaturen im Hohen Himylaya (vgl. SHRESTHA et al., 1999) wird die Wahrscheinlichkeit sowohl für das Auftreten als auch für den Ausbruch von Gletscherseen erhöht (vgl. HORSTMANN, 2004; UNEP, 2002). Infolge von Hochwasser besteht vermutlich die Gefahr der Ufererosion an der Böschung der fluvialen Aufschüttungsterrasse, an deren östlichen Rand die Siedlung Tytopyni liegt. Da die Kyli Gamdaki nördlich von Tytopyni ein starkes Gefälle aufweist (vgl. KUHLE, 1982), ist ihr Verlauf in dem schluchtartig verengten Abschnitt bei Tytopyni durch hohe Fließgeschwindigkeiten gekennzeichnet, was die erosive Kraft des Flusses verstärkt. Wird fluviales Aufschüttungsmaterial am Böschungsfuß abgetragen, können Teile der leicht erodierbaren Böschung abrutschen.

Bei der Felsgleitung vom 26. September 1998 handelt es sich um eine großflächige, relikte Rut-schung, die in der Vergangenheit bereits mehrfach reaktiviert wurde. Nach SIKRIKAR & PIYA (1998) wurde die Rutschung infolge des Udayapur-Erdbebens vom 22. August 1988 (Magni-tude 6,6) erstmals wieder reaktiviert. Kurz vor der verheerenden Felsgleitung am 26. September 1998 ging bereits am 10. August 1998 nach intensiven Niederschlägen eine Felsgleitung aus der linken Flanke des späteren Anrissgebietes voraus. Durch eine Kluftkreuzung im Gestein kam es an dieser geologischen Schwachstelle zur Ausbildung eines keilförmigen Anrisses. Die Rut-schung vom 10. August 1998 hatte die Entstehung neuer Zerrspalten im Anrissgebiet zur Folge.

Am 26. September folgte dann eine Rutschung aus der rechten Flanke, infolge dessen das abge-rutschte Material in Form eines bis zu 30 m hohen und 40-50 m breiten Rutschkegels im Bett der Kyli Gamdaki abgelagert wurde (vgl. Bild 21). Das Tal wurde auf seiner gesamten Breite dammartig blockiert, was zu dem zuvor beschriebenen Aufstau der Kyli Gamdaki mit kurzzeiti-ger Seebildung führte. Bereits einen Tag nach der Felsgleitung hatte die Kyli Gamdaki diesen Damm an der orographisch rechten Talflanke auf einer Breite von rund 25 m durchbrochen, so dass sich der vortags aufgestaute See weitgehend entleeren konnte. Zum Zeitpunkt der Feldar-beiten in Tytopyni im März 2003 blockierte noch immer ein Großteil des Rutschkegels das Flussbett der Kyli Gamdaki. Da der Fluss infolge der Rutschung seinen Lauf an die orographisch rechte Talflanke verlegt hat, die verbliebene Rutschmasse also bogenförmig um-fließt, ist es an diesem „neuen“ Prallhang aufgrund von Hangunterschneidung bereits kurz nach dem Rutschereignis zu zwei weiteren Rutschungen kleineren Ausmaßes gekommen. Auch aktu-ell besteht auf der orographisch rechte Talflanke die Gefahr von Rutschungen, so dass der dort verlaufende Hauptverkehrsweg permanent gefährdet ist.

Als Ursache für die Felsgleitung vom 26. September 1998 bei Tytopyni müssen in erster Linie die lithologischen Verhältnisse im betroffenen Hang gesehen werden. In der Anrissnische ist deutlich die Schichtung von massivem weißen Quarzit und sehr verwitterungsanfälligem Phyllit zu erkennen (vgl. Bild 22). Am oberen Rand sind zudem stark geschieferte, grün-graue Phyllite mit zwei hervorstehenden Fugen auszumachen, die nahezu parallel zum Hang verlaufen. Unter Einfluss von Bergwasser wird diese Phyllit-Quarzit-Abfolge sehr instabil. Durch Zerrspalten

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kann Wasser in den Hang eindringen, wodurch sich an den Gesteinsgrenzen Zonen verstärkter Wasserführung ausbilden, die an geologischen Diskontinuitäten einen sprunghaften Wechsel der mechanischen Eigenschaften und somit ein Abgleiten zur Folge haben können. Das tonige Material saugt sich voll Wasser und kann als Gleitfläche fungieren, auf der die Hangmassen, die durch den Wassergehalt an Gewicht zugenommen haben, unter Einfluss der Schwerkraft ab-gleiten.

Vermutlich ist in dem Lockermaterial des Hanges eine Wassersättigung eingetreten, die durch Wasserinfiltration in den Hang, Versickerung und einen Anstieg des Porenwasserdruckes, Auf-quellen von Tonmineralien, Gewichtsanstieg durch Wassersättigung und Abnahme der Scher-kräfte letztendlich zur Rutschung geführt habt. Anders als bei einem Großteil der in Nepyl auf-tretenden Rutschungen gegen Ende des Monsuns dürfen intensive Niederschläge als Auslöser ausgeschlossen werden, da in den Wochen vor dem Ereignis nur wenig Niederschlag gefallen ist. SIKRIKAR & PIYA (1998) nennen als Ursache die Kultivierung der Fläche oberhalb der rezenten Rutschung. Diese landwirtschaftlich genutzten Flächen auf einer Verflachung oberhalb des Anrissgebietes werden in Trockenfeldbau bewirtschaftet. Sie waren zum Zeitpunkt des Rut-sches mit Früchten bestanden, deren Wurzeln potenziell die Infiltrationskapazität des Bodens erhöhen können. Die abgerutschte Hangpartie selbst war aufgrund der Steilheit (40° - 45°

Hangneigung) lediglich mit Gras und kleinwüchsigen Büschen bewachsen. Der Einfluss der Landnutzung und der natürlichen Vegetation auf die Infiltrationskapazität ist hier jedoch als gering einzustufen. Eine weitaus bedeutendere Rolle kommt den Zerrspalten zu, die sich bereits vor der Felsgleitung im Bereich der Anrissnische, vermutlich in Zusammenhang mit Erdbeben, gebildet haben. Tytopyni liegt lediglich 4 km südlich der aktiven Bruchzone der MCT, an wel-cher sehr häufig Erdbeben zu verzeichnen sind (vgl. Karte 1). Aufzeichnungen des Department of Mines and Geology zu Folge wurde unmittelbar vor der Felsgleitung keine Erdbebentätigkeit registriert, jedoch können gerade Erdbeben, die in zeitlich großen Abständen auftreten, in Ver-bindung mit Hebungsvorgängen zu einer Auflockerung und Destabilisierung von Hängen füh-ren. Die Destabilisierung des Rutschhanges bei Tytopyni ist vermutlich durch die Unterschnei-dung der periodisch Hochwasser führenden Kyli Gamdaki verstärkt worden.

Infolge der Felsgleitung bildeten sich vor allem in der rechten Hälfte der Anrissnische neue Zerrspalten, die in 2-100 m Entfernung von der Rutschungsfläche liegen. Diese Spalten sind 10-70 cm geöffnet, können an manchen Stellen jedoch bis zu 2 m weit sein. Nach Auskunft lokaler Informanten rutscht zeitweise Material aus dem Schuttkegel nach, im Falle einer großvolumigen Nachrutschung könnte die Kyli Gamdaki erneut aufgestaut werden.

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Fluss

Überschwemmungsgebiet/See (erwiesen)

Ufererosion

Terrassenkante

Rutschmasse tiefgründig, aktiv

Aktiver Bruchrand

Gabion

Abgrenzung des Untersuchungsgebietes

0 500 1.000 m

Kartiergrundlage: HMG, SURVEY DEPARTMENT, 1996d Entwurf und Grafik: A. Titz

Karte 13: Karte der Naturgefahrenprozesse Tytopyni

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Bild 21: Das Kyli Gamdaki-Tal bei Tytopyni im Frühjahr 2003. Noch immer blockiert die Rutschmasse das Flussbett. (Aufnahme: A. Titz, März 2003)

Bild 22: Anrissgebiet und Rutschmasse der Felsgleitung von Tytopyni. In der linken Anrissnische ist deutlich die Schichtung von massivem weißen Quarzit und Phyllit zu erkennen.

(Aufnahme: A. Titz, März 2003)

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