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5. GEFAHRENBEURTEILUNG

5.7 KARTIERBERICHT UND KARTE DER NATURGEFAHRENPROZESSE DER SIEDLUNG KARMAIYQ

bildung eine Landschaft völlig zerstören. Im Besonderen neigen Talflankengräben dazu, sich zu Ödland oder badlands zu entwickeln.

Neben der dominierenden Gefahr der Grabenerosion spielt die Gefahr von Hangrutschungen infolge von Ufererosion am Charnawati Kholy lediglich eine untergeordnete Rolle. Auf der orographisch rechten Seite des Charnawati Kholy ist es zu einer Hangrutschung in khet-Feldern gekommen, was durch eine ca. 30 m hohe und bis zu 20 m breite Rutschfläche erwiesen ist (vgl.

Bild 27). Der Zeitpunkt des Ereignisses ließ sich nicht mehr exakt rekonstruieren, liegt vermut-lich aber einige Jahre zurück, da der Anrissbereich der Rutschung bereits rekultiviert wurde und mit jungen Bäumen und Sträuchern bestanden ist.

5.7 KARTIERBERICHT UND KARTE DER NATURGEFAHRENPROZESSE

innerhalb von 24 Stunden über 300 mm Niederschlag, an neun Stationen wurden über einen Zeitraum von 48 Stunden über 400 mm Niederschlag registriert. So erhielten beispielsweise Nibuwatar 681 mm und Sindhuli Ghadi 624 mm Niederschlag innerhalb von 48 Stunden.50 Am 20. Juli 1993 kam es zu ähnlich intensiven Niederschlägen wie am Vortag. Dabei bildete sich ein 500-800 km² großes Niederschlagsgebiet über den Distrikten Makwynpur, Kabhre Palyncok und Sidhuli. Infolge der hohen Niederschlagsintensität waren die Böden in den Niederschlags-gebieten schnell mit Wasser gesättigt. Das Niederschlagswasser floss vermehrt oberflächlich ab und führte auf diese Weise in kürzester Zeit zu enormen Hochwasserabflüssen im Einzugsgebiet. Dies zog zunächst zahlreiche Hangrutschungen im nördlichen Bygmati-Einzugsgebiet nach sich, da die stark wasserführenden Flüsse Hänge unterschnitten, die auf-grund der Wassersättigung ein hohes Eigenwicht hatten und abrutschten.

Bedingt durch den hohen Abfluss im Bygmati wurden am Abend des 19. Juli 1993 33 der ins-gesamt 36 Wehre der 403,5 m langen Staustufe bei Karmaiyy geöffnet51, um dadurch einen schnelleren Abfluss der Wassermassen zu gewährleisten. Am Morgen des 20. Juli 1993 wurden schließlich alle Wehre geöffnet. Am 20. Juli 1993 erreichte gegen 18 Uhr eine erste Flutwelle das Bygmati-Wehr. Um Mitternacht hatte der Bygmati seinen „normalen“ Monsunpegel er-reicht, der Pegel stieg jedoch weiterhin an. Da der Fluss große Geschiebemenge mitführte, blockierten Baumstämme bis zu 30 m Länge, Schutt, Geröll und feineres Sediment die Wehr-tore. In einzelnen Toren wurde Geschiebe bis zu einer Höhe von 4 m akkumuliert. Der Fluss soll sich daraufhin auf einer Länge von bis zu 12 km hinter dem Wehr aufgestaut haben, da der Abfluss durch die mit Geschiebe blockierten Tore des Wehres nicht mehr gewährleistet war.

Nach eineinhalb Stunden überflossen die Wassermassen das Wehr und breiteten sich in der nahezu ebenen Fläche des Teryi aus. Nachdem das Wasser zunächst allmählich außerhalb des Flussbettes angestiegen ist, habe nach Auskunft lokaler Informanten innerhalb weniger Minuten das ganze Gebiet etwa 2 m unter Wasser gestanden. Nach 6-8 Stunden sei das Hochwasser lang-sam gefallen und habe dann noch brusthoch gestanden.

Obwohl die Überschwemmung nachts stattfand, verloren lediglich 16 Menschen in Karmaiyy ihr Leben. Die Sachschäden waren allerdings, wie bereits zuvor erwähnt, enorm. Abgesehen von der Beschädigung oder Zerstörung von Infrastruktureinrichtungen wurden zahlreiche Ge-bäude durch das Hochwasser beschädigt. Der stark Geschiebe führende Fluss erodierte den Uferbereich und riss weiteres Lockermaterial mit sich.

50 Die Messungen der lediglich 136 hydrometrischen Stationen Nepyls sind sicherlich nicht dazu geeig-net, die hydrologischen Charakteristika einzelner Einzugsgebiete zu bestimmen. Dennoch vermitteln die gemessenen Werte einen Eindruck über die ungeheuren Niederschlagsmengen, die am 19. und 20.

Juli 1993 über Zentralnepyl niedergingen.

51 Anfang der 1970er Jahre entstand zunächst die Idee eines Multipurpose project: ein Hochdamm sollte in der Schlucht des Bygmati an dessen Austritt aus dem Gebirge errichtet werden, der neben dem Aufstau von Bewässerungswasser auch zur Gewinnung von Elektrizität und zur Hochwasserkontrolle dienen sollte. 1981 wurde mit Unterstützung internationaler Entwicklungsorganisationen (u.a. auch der GTZ) eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Da jedoch Wasserrechtsstreitigkeiten mit dem Nachbarland Indien, in dem der Bygmati seinen Lauf fortsetzt, nicht beigelegt werden konnte, wurde die Idee des Hochdammbaus fallen gelassen. Da die weitere Entwicklung des Teryi durch Bewässe-rungslandwirtschaft (Nassreisanbau) von ungebrochener Priorität war, beschloss die nepalesische Re-gierung den Bau eines Wehres. Die Planung des Bagmati Irrigation Project begann bereits 1976: Ziel war es, im Rahmen zweier Entwicklungsstufen die Bewässerung von insgesamt 68.000 ha Land im Teryi sicher zu stellen. Zunächst sollte mit 30.000 ha in den Distrikten Sarlyhi und Rautahat begon-nen werden. Im Jahr 1989 beauftragte die nepalesische Regierung ein chinesisches Unternehmen mit dem Bau des Wehres (vgl. DWIDP, 1993).

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Fluss

Kanal

Erwiesene Überschwemmungsfläche (< 2 m)

Ufererosion

Wehr

Buhnen Abgrenzung des Untersuchungsgebietes

0 500 1.000 m

Kartiergrundlage: HMG, SURVEY DEPARTMENT, 1992b Entwurf und Grafik: A. Titz

Karte 16: Karte der Naturgefahrenprozesse Karmaiyy

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Die größten wirtschaftlichen Schäden, die von DHITAL, KHANAL & THAPA (1993) auf 150 Mio. NR beziffert werden, entstanden an dem noch nicht vollständig fertig gestellten Bygmati-Wehr. Das Bygmati-Wehr bei Karmaiyy war am 1. Juli 1993 in Betrieb genommen worden und wurde auf diese Weise bereits vor seiner endgültigen Fertigstellung ein Opfer der Fluten. Die Schäden vom 20. und 21. Juli 1993 waren so groß, dass es erst im September 1994 wieder in Betrieb genommen werden konnte. Der gerade fertig gestellte Hochbau wurde vor allem an den elektrischen und mechanischen Installationen beim Überfließen sowie durch das mitgeführte Geschiebe stark beschädigt. Auch die Haupt- und Nebenkanäle, die erst zu 80 % fertig gestellt waren, wurden bis zu 3 m hoch mit Schwemmsand und Schlick gefüllt, einige Kanäle sind sogar gebrochen.

Vom 8. bis 10. August 1993 kam es im Gebiet der Mahybhyrat Lekh und Siwylik-Kette in Zentralnepyl erneut zu intensiven Niederschlägen. Die folgenden Überschwemmungen waren weniger stark als jene knapp drei Wochen zuvor, sie führten jedoch zu weiteren Schäden und behinderten die Aufräumarbeiten in den betroffenen Regionen.

Auslöser für das Hochwasser am 20./21. Juli 1993 war die Verschiebung des Monsuntrogs nach Norden, was zu den höchsten Niederschlagsintensitäten über Zentralnepyl führte, die bislang erfasst wurden. In dieser Region entspringenden die Bygmati-Zuflüsse Kulekhani, Kokhajor, Marin und Kayan, die laut DWIDP (1993, o.S.) die 'most intensive flood producing subcatchments' sind. Für Ausmaß und Intensität des Hochwassers nach dem Austritt des Bygmati aus dem Gebirge ins Teryi muss auch das zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ganz fertig gestellte Wehr oberhalb Karmaiyy verantwortlich gemacht werden, da es die Wassermas-sen nicht kontrollieren konnte. Das Wehr wurde von Ingenieuren für ein Hochwasser mit 8-jährlicher Wiederkehrperiode52 und einem Spitzenabfluss von 8.000 m³/s geplant, beim Hochwasser vom 20./21. Juli 1993 wurde am Bygmati bei Pandheradabhan jedoch ein Spitzen-abfluss von 11.700 m³/s gemessen (35-jährliche Wiederkehrperiode). Die Angaben zur Wieder-kehrperiode von Hochwasser in Nepyl differieren bei unterschiedlichen Organisationen und Institutionen sehr stark. Die Werte für einen 100-jährlichen Spitzenabfluss am Bygmati schwanken von knapp unter 5000 m³/s bis 14.000 m³/s. Eine derartige Diskrepanz der Spitzen-abflusswerte resultiert wahrscheinlich aus den nur spärlich vorhandenen Abflussmessungen an wenigen Stationen.

Die Hochwassersituation wurde zusätzlich durch die hohe Geschiebeführung des Bygmati vschärft. Aufgrund von Hangunterschneidungen, Hangrutschungen und Ufererosion wurden er-hebliche Feststoffmengen wie Schwemmholz, Geröll und Schutt sowie feiner Schwemmsand und Schlick in den Fluss eingetragen, was zu einer Verklausung am Bygmati-Wehr führte. Da der Abfluss durch die Verklausung stark behindert war, kam es zu seitlichen Austritten sowie zum Überfließen des Wehres. Der Abfluss suchte sich samt den mitgeführten Feststoffen neue Fließwege und ergoss sich in die Ebene des Teryi.

52 Nach HEINIMANN et al. (1998) lässt sich aufgrund der empirischen Verteilungsfunktion die relative Häufigkeit für einen gefährlichen Prozess größer oder gleich einer bestimmten Intensität an einer ge-gebenen Gefahrenquelle bezogen auf einen definierten Zeitraum ermitteln. Dabei ist es üblich, den re-ziproken Wert der relativen Häufigkeit pro Jahr anzugeben, die mittlere Wiederkehrperiode oder Wiederkehrdauer, ausgedrückt als Anzahl der Jahre bzw. die Jährlichkeit des gefährlichen Prozesses mit einer bestimmten Intensität. Als Jährlichkeit wird die mittlere Anzahl von Jahren bezeichnet, die zwischen zwei Ereignissen gleicher Intensität an der betrachteten Gefahrenstelle bzw. auf der be-trachteten Bezugsfläche verstreichen. Dabei handelt es sich um einen rein statistischen Wert, der nichts über die Anzahl von Jahren zwischen zwei konkreten Ereignissen aussagt.

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Die Überschwemmungsgefahr für Karmaiyy ist erwiesen. Aufgrund des nahezu ebenen Gelän-des, des lediglich ein Gefälle von ca. 1 % aufweist, ist es jedoch schwierig, die Überschwem-mungsflächen bzw. potenzielle ÜberschwemÜberschwem-mungsflächen in Karmaiyy eindeutig abzugrenzen (vgl. Karte 16). Bedingt durch das geringe Gefälle dominiert der Typ der statischen Über-schwemmung, der durch einen verlangsamten Wasserabfluss des Hochwassers gekennzeichnet ist. Eine relativ lange Überschwemmungsdauer kann in Verbindung mit flachem Gelände wie im Teryi mächtige Feststoffablagerungen zur Folge haben. Neben der Überschwemmungs- und in diesem Zusammenhang auch Übersarungsgefahr geht vom Bygmati darüber hinaus die Gefahr der Seitenerosion aus. Nach Angaben lokaler Informanten kommt es bei hohem Abfluss im Bygmati nahezu alljährlich zu Erosionsprozessen an der Uferböschung (vgl. Bild 28).

Zudem geht von den Haupt- und Seitenkanälen des Bagmati Irrigation Project potenziell die Gefahr von Überschwemmungen aus. Die Wände der Kanäle können durch Seitenerosion destabilisiert werden und im schlimmsten Fall brechen.

Bild 28: Ufererosion am Bygmati im Siedlungsbereich von Karmaiyy. Bei geringer Wasserführung des Bygmati wird das Ufer zum Entsorgen von Müll genutzt. (Aufnahme: A. Titz, Februar 2003)

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