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5. GEFAHRENBEURTEILUNG

5.3 KARTIERBERICHT UND KARTE DER NATURGEFAHREN- NATURGEFAHREN-PROZESSE DER SIEDLUNG LQRJUN

5.3 KARTIERBERICHT UND KARTE DER

niedergelassen. Darüber hinaus wurde das Wasserkraftwerk, der Police-Checkpost sowie das Haus der örtlichen Frauengruppe, die auf der orographisch rechten Seite des Lyrjun Kholy ste-hen, stark beschädigt. Da das Wasserkraftwerk im März 2003 noch nicht wieder benutzt werden konnte, wurde die Siedlung seit dem Murereignis vom 13. Juli 2002 gegen Bezahlung mit Elektrizität aus benachbarten Ortschaften im Kyli Gamdaki-Tal versorgt. Neben einer im Bau befindlichen Lodge wurde eine bereits bestehende Lodge zur Hälfte zerstört. Da das südliche Kyli Gamdaki-Tal während des Monsuns praktisch nicht von Touristen frequentiert wird, waren in der betroffenen Lodges keine Opfer zu beklagen. Infolge der Übermurung sind zahlreiche landwirtschaftliche Nutzflächen nicht mehr nutzbar. Da die Untersuchung in Lyrjun vor Beginn der Obstbaumblüte stattgefunden hat kann nicht sicher gesagt werden, ob die Obstbaumkulturen auch weiterhin Früchte tragen werden. Der Schaden an den Nutzflächen beläuft sich nach An-gaben lokaler Informanten auf rund 15 Mio. NR, durch das Murereignis vom 13. Juli 2002 ist ein Gesamtschaden von über 70 Mio. NR entstanden.

Bild 18: Infolge des Murganges von 2002 stark beschädigtes Gebäude. Auf der freien Fläche links neben dem Gebäude stand das Haus einer Syrki-Familie, das vollständig zerstört wurde. (Aufnahme: A. Titz, März 2003)

Ursache für das Mureignis war laut lokaler Informanten ein Lawinenabgang am Dhaulygiri-Massiv, der einen Damm am Lyrjun Kholy, der in Verbindung mit dem Wasserkraftwerk zur Elektrizitätserzeugung errichtet worden ist, zerstörte, so dass sich Wasser- und Geröllmassen zu Tal ergießen konnten. Nach Ansicht der Verfasserin ist das Murereignis jedoch vermutlich durch den Bruch einer Verklausung im Gerinne des Lyrjun Kholy ausgelöst worden. Da zahlrei-che Lawinenbahnen des Südostgletszahlrei-chers des Tukce Peak (6920 m) in das Einzugsgebiet des Lyrjun Kholy münden ist jedoch nicht auszuschließen, dass dem Gerinne, wie von den Bewoh-nern angegeben, infolge einer Lawine oder eines Gletscherabbruches Schnee und/oder Wasser zugeführt wurde, was zu einer Geschiebemobilisierung geführt hat. Für die Siedlung selbst

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steht keine unmittelbare Lawinengefahr, die Lawinen tragen jedoch potenziell mobilisierbare Feststoffe und Transportmedien wie Wasser und Schnee in das Gerinne.

Das Einzugsgebiet des Lyrjun Kholy liegt in 4000 bis 4200 m Höhe im so genannten Mynypythi Himyl, südöstlich der Gletscher von Dhaulygiri I und Tukce Peak. Mehrere Gerinne vereinigen sich dort zum Lyrjun Kholy, der über eine Horizontaldistanz von etwa 4 km auf die Talsohle der Kyli Gamdaki in 2550 m NN abfällt. Im Bereich zwischen 3400 m und 2600 m NN hat sich der Wildbach tief in das Gelände eingeschnitten. In diesem Bereich weist der Bach vermutlich eine Tendenz zu Tiefen- und Seitenerosion auf, wodurch sich die Sohle fortwährend eintieft und infolge Hangunterschneidung die Rutschgefahr erhöht. Im oberen Einzugsbereich können durch Erosions- und Verwitterungsprozesse sowie abschmelzenden Permafrost poten-ziell große Feststoffmassen akkumuliert werden, die bei Schneeschmelze, intensiven Nieder-schlagsereignissen oder aufgrund von Lawinen/Eisbrüchen umgelagert und mobilisiert werden können. Feststoffe können bedingt durch die hohe Reliefenergie der Dhaulygiri-Ostflanke, die die größte Reliefenergie der kontinentalen Erdoberfläche aufweist, leicht mobilisiert und trans-portiert werden. Da der Lyrjun Kholy den letzten Kilometer bis zu seiner Mündung in die Kyli Gamdaki mit äußerst niedrigem Gefälle verläuft, können Murgänge bereits dort auslaufen und zur Ablagerung gelangen (vgl. Karte 12). Die erwiesene Übermurungsfläche wurde anhand der Murablagerungen abgegrenzt. Abgesehen von der erwiesenermaßen übermurten Fläche ist je-doch auch der südwestliche Teil der Siedlung potenziell durch Übermurung gefährdet, sollte es zu einem Murausbruch am Hals des Schwemmfächers kommen. Neben der Übermurungsgefahr besteht für Lyrjun vermutlich auch die Gefahr der Übersarung. Es kann in Abhängigkeit von der Topographie des Schwemmkegels angenommen werden, dass die potenziellen Übermurungs- und Übersarungsflächen identisch sind.

An der Abbruchkante der westlich von Lyrjun ansteigenden glazifluvialen Terrasse befindet sich im oberen Bereich eine frei liegende Erosionsfläche, in die einige anthropogene Höhlen eingelassen sind. Im Bereich des Hangfußes sind rezente Ablagerungsformen zu finden, die von Rutschungen aus der Abbruchkante stammen. Das akkumulierte Rutschmaterial ist vermutlich relikt, da es bewaldet ist. Die Rutschung ist laut Angaben der Bewohner Lyrjuns inaktiv. Auf-grund von Verwitterungsvorgängen und bodenhydrologischen Prozessen könnte sie jedoch vermutlich reaktiviert werden. Im Gegensatz dazu stellt die Ufererosion durch die Kyli Gamdaki eine große Gefährdung dar, da der Fluss in dem rund 700 m breiten Bett permanent seinen Lauf verlagert (vgl. Bild 19, 1999 und Bild 20, 2003). Verläuft die Kyli Gamdaki am orographisch rechten Ufer, so können infolge Ufererosion große Mengen des feinkörnigen Materials des Schwemmfächers abgetragen werden. Nach Auskunft zahlreicher Bewohner Lyrjuns spielt sich dieser Prozess in Abhängigkeit vom jeweiligen Verlauf der Kyli Gamdaki beinahe alljährlich ab.

Ein nicht unmittelbar die Siedlung bedrohende Gefahr geht von des südwestlich von Lyrjun mündenden Ghatte Kholy aus. Das Einzugsgebiet dieses murfähigen Gerinnes liegt im Glet-schervorfeld des Dhaulygiri Ostgletschers und fällt auf einer Horizontaldistanz von 2,5 km von 4000 m auf die Talsohle der Kyli Gamdaki auf rund 2500 m NN ab. Aufgrund von Verwitte-rungs- und Schmelzvorgängen (möglicherweise auch das Ausschmelzen des Permafrostes) wer-den dem Gerinne kontinuierlich Schuttmassen und Wasser zugeführt, die in dem überaus steilen Längsprofil des Baches talabwärts transportiert werden. Die Murgefahr ist durch Murablage-rungen am Schwemmkegelhals des Ghatte Kholy erwiesen. Nach Angaben lokaler Informanten kommt es im Tal des Ghatte Kholy immer wieder zu Übermurung und Übersarung, von den Auswirkungen ist die Siedlung Lyrjun jedoch nicht betroffen.

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Starke Tiefenerosion

Tiefenerosion

Seitenerosion, aktiv

Erosionsfläche mit freigelegter Oberfläche, , substabil offen

Ausbruchsweg Murgang

Potenzieller Ausbruchsweg Murgang

Ufererosion

Abgrenzung des Untersuchungsgebietes

Übermurungsgebiet

Potenzielles Übermurungsgebiet

Gerinne mit Murgang

Fluss

Terrassenkante

Verklausung (vermutet)

Buhne / Gabion

Kartiergrundlage: HMG, SURVEY DEPARTMENT, 1996c Entwurf und Grafik: A. Titz

Karte 12: Karte der Naturgefahrenprozesse Lyrjun

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Bild 19: Lyrjun vor dem Murereignis vom Juli 2002. Die Kyli Gamdaki verläuft am Rand des Schwemm-fächers, der Mündungsbereich des Lyrjun Kholy wird landwirtschaftlich genutzt.

(Aufnahme: A. Titz, September 1999)

Bild 20: Lyrjun im März 2003. Im Mündungsbereich des Lyrjun Kholy sind rezente Murablagerungen zu erkennen. (Aufnahme: A. Titz, März 2003)

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5.4 KARTIERBERICHT UND KARTE DER