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L UFTRÖHRENRESEKTIONEN UND IHRE D URCHFÜHRBARKEIT

A: Respiratorisches Epithel, B: Lamina propria,

C: Hyaliner Knorpel, D: Tunica adventitia,

Die Luftröhre dient der Beförderung von Luft zum Ein- und Ausatmen mit dem Ziel des alveolären Gasaustausches in den Lungen. Sie ist ein lebensnotwendiges Organ und versorgt indirekt den Organismus mit Sauerstoff als Grundlage für die zelluläre Atmung. Auf dem Weg durch die Luftröhre wird die Atemluft erwärmt, angefeuchtet und gereinigt. Die Flimmerhärchen und der von den Tracheadrüsen produzierte Schleim sorgen für eine Selbstreinigung der Atemwege. Verunreinigungen werden durch den abgesonderten Schleim gebunden und mit den in Richtung Rachen schlagenden Flimmerhärchen abtransportiert. Auf die selbe Art und Weise werden ebenfalls in der Luft enthaltende Keime wie z. B. Bakterien, Pilze oder Viren abgewehrt, so dass das Organ eine entscheidende Funktion in der Immunabwehr übernimmt.

2.2 Luftröhrenresektionen und ihre Durchführbarkeit

2.2.1 Erkrankungen der Luftröhre und ihrer Umgebung

Die meisten trachealen Läsionen können heute erfolgreich entfernt und rekonstruiert werden (GRILLO 1970 u. GRILLO 1989). Erkrankungen der Luftröhre, die eine Resektion von mehr als der halben Ausgangslänge unumgänglich machen, sind aber immer noch lebensbedrohliche Eingriffe. Es gibt eine Reihe von Krankheitsursachen wie z. B. primäre und sekundäre Tumoren, Intubationstraumata oder Unfalltraumata und angeborene Missbildungen wie z. B. langstreckige Trachealstenosen, Agenesie

und Atresie, die eine Indikation für einen größeren Luftröhrenersatz darstellen (GRILLO 2003b). Wobei nur eine kleine Anzahl von Patienten betroffen sind, die zur Zeit palliativ mit Stents und T-tubes behandelt werden (GRILLO 2002). Bis heute findet jedoch keine dieser Methoden eine klinische Akzeptanz.

2.2.2 Reparatur und Heilung der Luftwege

Operative Eingriffe an der Luftröhre und die anschließende Heilungsphase sind aufgrund der anatomischen Gegebenheiten kompliziert. Die Luftröhre hat kein eigenes Blutversorgungsgefäß und wird über kleinlumige Seitenäste der Schilddrüsengefäße, welche wiederum ein kollaterales Netzwerk ausbilden, durchblutet (SALASSA et al. 1977). Bei Dissektionen kommt es zur Zerstörung dieses Netzwerkes. Dadurch ist die für die Heilung essenzielle Durchblutung im Wundbereich nicht gegeben. Hinzu kommt, dass die Knorpelspangen aufgrund der physiologisch nicht vorhandenen Durchblutung diesen Prozess unterstützen. Die Folge sind Nekrosen, die zu Komplikationen in den Wundbereichen führen.

NAEF vergleicht 1990 das Heilungsvermögen der Luftwege mit dem des Magen-Darm-Traktes und der Haut. Die Wundheilung dieser Gewebe verkompliziert sich durch die vorhandenen keimhaltigen Schleimhäute. Die Wundflächen sind über den ständigen Kontakt zur Atemluft einem hohen Keimdruck ausgesetzt und so empfänglicher für bakterielle Infektionen. Zusätzlich führt nekrotisches Gewebe im Bereich der Anastomosen zur Ausbildung von Luftlecks, die wiederum ein hohes Infektionspotenzial für das umliegende Gewebe darstellen.

2.2.3 Entwicklung der Tracheachirurgie

In der Trachea-Chirurgie gelten heute Luftröhrenresektionen von über 50 % der Ausgangslänge (> 6 cm) des Organs als sehr problematisch. Bei kleineren Resektionen ist es möglich, nach der Entfernung des erkrankten Gewebes die Enden der Trachea wieder zu re-anastomosieren (GRILLO 2002). Dies ist erstmals 1881 GLÜCK und ZELLER in einem Hundemodell gelungen, mit der Hoffnung diese Technik auch in der Humanmedizin anwenden zu können.

Im frühen 20. Jahrhundert wurden von NOWAKOWSKI (1909) und LEVIT (1912) zur Reparatur trachealer Defekte Haut und Fascia lata eingesetzt. Später, in der Mitte

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des 20. Jahrhunderts, haben CONLEY (1953), KAY (1951) und SWEET (1952) die meisten Heilungen nach Resektionen wieder durch End-zu-End-Anastomosen erzielt. Der zu resezierende Anteil beschränkte sich jedoch auf höchsten 2-3 Trachealringe; dies entspricht einer ungefähren Länge von 2-3 cm. MICHELSON et al. gelang 1961 an einem Hundemodell die Trachea aus dem umliegenden Gewebe zu mobilisieren und so die Resektionslänge auf 12 Ringe, also ca. 4-6 cm zu erhöhen. GRILLO et al. (1964a) haben diese Form der Rekonstruktion an menschlichen Leichen durchgeführt. Dabei fanden sie heraus, dass bei physiologischer Halshaltung mit zunehmender Resektionslänge die anatomische Spannung exponentiell steigt. In nachfolgenden Arbeiten von Grillo wurden die Resektionslängen durch eine Halsbeugehaltung der Patienten in Richtung Brust erhöht. Bei Resektionslängen von mehr als 6 cm ist eine Re-anastomosierung trotz Halsbeugung nicht durchführbar. In solchen Fällen wurden Prothesen aus den unterschiedlichsten Materialien implantiert. Eine geeignete Prothese für größere Resektionen ist bis heute nicht gefunden (GRILLO 2002).

2.2.4 Anforderung an eine Luftröhrenprothese

BESLEY hat 1950 die longitudinale Flexibilität bei ausreichender seitlicher Stabilität und die luminale Besiedelbarkeit mit respiratorischem Epithel als wichtige Eigenschaften für eine Luftröhrenprothese beschrieben. Wobei die luminale Epithelialisierung wünschenswert wäre, aber nicht unbedingt erforderlich ist (CRAIG et al. 1953 u. GRILLO 1965). Das Prothesenmaterial sollte ein gutes Einwachsen des Empfängergewebes ermöglichen und gleichzeitig keine Entzündungen, Granulationen, Infektionen oder Erosionen hervorrufen. Forscher wie JACKSON et al. (1950) und SCHERER et al. (1986) ergänzten wichtige Kriterien wie z. B.

Biokompatibilität, keine Toxizität, geringe Immunogenität, geringe Thrombozytogenität und keine Karzinogenität der implantierten Prothesen. Weiterhin ist eine Resistenz der Prothese gegenüber bakteriellen Besiedlungen und ein dauerhaft haltbares Material zwingend notwendig.

2.2.5 Luftröhrenprothesen im klinischen und experimentellen Einsatz Bis heute sind die Behandlungserfolge unter der Verwendung von Prothesen und den verschiedensten Operationstechniken zum Ersatz größerer Luftröhrendefekte nur kurzfristig (GRILLO 2003a). Körperfremde tubuläre Prothesen aus festen und porösen Materialien wurden in Tierexperimenten und teilweise auch in der Klinik implantiert. Als feste Materialien kamen, überwiegend in Hundemodellen, Stahlröhren (DANIEL 1948 u. WYKOFF 1973), Stahlspiralen (KESHISHIAN et al.

1956), Glassröhren (DANIEL 1948), Polyethylenstrukturen (SHAW et al. 1968), Siliconschläuche (BORRIE et al. 1973 u. DEMOS et al. 1973) und Teflonröhren (KRAMISH et al. 1963 u. BAILEY et al. 1970) zum Einsatz. Da die Ergebnisse dieser Studien sehr unbefriedigend waren, wurden diese Prothesen nur gelegentlich klinisch eingesetzt. Als nachteilig erwies sich ein schlechtes Einwachsen der Prothesen, da sie aufgrund ihrer Steifheit wanderten und sich vom Implantationsort entfernten.

Selten erfolgte eine komplette Re-Epithelialisierung des Lumens, und häufig traten Infektionen zwischen den Prothesen und dem respiratorischen Epithel auf. Zu Anfang war die Steifigkeit der Prothesen für kurze Zeit von Vorteil, bis sich aufgrund von Infektionen Granulationsgewebe ausbildete und den Luftweg stenotisch verschloss. Ebenso wurden poröse Prothesen wie z. B. Biopolymere aus Fibrin oder Collagen, Marlix-Prothesen (BEALL et al. 1962), Polytetrafluoroethylen-(PTFE)-Prothesen (CULL et al. 1990), Polyurethan-Polytetrafluoroethylen-(PTFE)-Prothesen (JACOBS et al. 1988) und Meshes gestützt von Plastikringen oder Spiralen (BUCHER et al. 1951, GREENBERG et al. 1962 u. POTICHA et al. 1966) mit Omentum, Faszie oder Perikard zur Luftabdichtung umwickelt, tierexperimentell getestet. Wenige dieser vielversprechenden Techniken kamen auch klinisch zum Einsatz.

Tierexperimente zur Porengröße (SCHERER et al. 1986) der porösen Prothesen ergaben, dass eine optimale Kapillarsprossung bei einer Porengröße von 40-60 µm erreicht werden kann. Die Studien zeigten, dass die porösen Grafts eine bessere Basis für die Zellmigration bieten. Leider gilt dies auch für die bakterielle Kolonisation. Zusätzlich kam es bei den festen Prothesen durch die Proliferation von Narbengewebe zu Obstruktionen und Stenosen.

Die experimentelle Implantation von nicht vitalen, autogenen, allogenen und xenogenen Bioprothesen aus Kadavertracheen fixiert in Alkohol, Formalin, Glutaraldehyd oder flüssigem Stickstoff waren im Großtiermodell (SCHERER et al.

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1986) nicht erfolgreich. GRILLO et al. (1964b) machten die gleichen Erfahrungen.

Die von ihnen implantierten, konservierten lyophylisierten Gewebe wurden schnell durch Narbengewebe ersetzt.

Große Luftröhrendefekte mit schlechter Prognose wurden später durch nicht vitale und vitale autogene, allogene Bioprothesen mit direkter oder indirekter Vaskularisation aus z. B. Omentum (BALDERMANN et al. 1987), Intercostalmuskel (PENTON et al. 1952), Rippe und Pleura (WATSON et al. 1983) ersetzt. Die Vaskularisation fördert den Heilungsprozess und soll das Auftreten von Nekrosen verhindern. So wurde eine Vielzahl von Prothesen aus den verschiedensten Kombinationen von vitalem oder totem Gewebe mit variierenden Graftmaterialien getestet.

In einem Review von 2002 fasst GRILLO zusammen, dass lange Grafts zu Nekrosen und Granulationen neigen, und dass die Revaskularisation der Implantate aufgrund der trachealen Gefäßstruktur ein schwer lösbares Problem darstellt. Für erfolgreich hält er einen Autograft oder einen kryokonservierten Allograft mit omentaler Vaskularisation. Zudem weist er auf das Problem der Immunsuppression bei Patienten mit frisch transplantierten Allografts hin. Im Gegensatz dazu, wird bei der Verwendung von kryokonservierten Grafts nur eine geringe bis keine Immunsuppression benötigt.

Aus den aufgeführten Gründen wäre ein vaskularisiertes, idealerweise autologes Trachea-Implantat wünschenswert. Eine langfristige und spannungsfreie Rekonstruktion sowie ein Längenwachstum nach Tracheaoperationen im Kindesalter sollten möglich sein. Für die Herstellung solcher Trachea-Implantate bietet der Bereich Tissue Engineering erfolgversprechende alternative Therapieansätze (GRILLO 2003c).