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5.3 E XPERIMENT 2: E INFACHES 3-D K ULTURVERFAHREN

5.3.3 Probenentnahme

Für die angewandten Nachweismethoden dieser Besiedlungsversuche wurden aus den Diarahmen mit einer Biopsy Punch gleichgroße Gewebeproben (∅ 8 mm) entnommen. Die Überprüfung der Vitalität der Zellen erfolgte qualitativ im wöchentlichen Abstand über den LIVE/DEAD Viability Assay. Bei vorhandener Vitalität wurde parallel zu den Lebend-Tod Tests an den Gewebeproben der Cell-Proliferation Assay (MTT-Test) vorgenommen und anschließend das Gewebe histologisch für die HE-Färbung, die Azan-Färbung und Pentachromfärbung aufgearbeitet.

5.3.4 Sandwich-Besiedlungstechnik:

LIVE/DEAD Viability Kit, Cell Proliferation Assay, Histologie

Tab. 7:Übersicht zu den Ergebnissen der Sandwich-Besiedlungstechnik

Sandwich Kulturdauer

17) 01 88 ++ ++ ++

18) 021 42 + - o

19) 022 30 - o o

20) 019 21 - o o

21) 02 77 + + +

22) 03 77 + + +

LIVE/DEAD Viability Assay Kit MTT-Test

- nur tote Zellen o kein Test durchgeführt + lebende und tote Zellen - keine Aktivität

++ überwiegend lebende Zellen + Aktivität ++ gute Aktivität Histologie

o keine Histologie durchgeführt -- keine Zellen vorhanden

- abgestorbene Zellen und Zellreste

+ Zellen vorhanden keine Matrixproduktion

++ Zellen mit Matrixproduktion unter Lagunenbildung

Ergebnisse 100

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5.3.5 Injektions-Besiedlungstechnik:

LIVE/DEAD Viability Kit, Cell Proliferation Assay, Histologie

Tab. 8: Übersicht zu den Ergebnissen der Injektions-Besiedlungstechnik

Injektion Kulturdauer in Tagen

LIVE/DEAD Viability Assay Kit MTT-Test

- nur tote Zellen o kein Test durchgeführt + lebende und tote Zellen - keine Aktivität

++ überwiegend lebende Zellen + Aktivität ++ gute Aktivität

Histologie

o keine Histologie durchgeführt -- keine Zellen vorhanden

- abgestorbene Zellen und Zellreste

+ Zellen vorhanden keine Matrixproduktion

++ Zellen mit Matrixproduktion unter Lagunenbildung 5.3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse

Bei der Sandwich-Besiedlungstechnik konnte in 14 von 22 Versuchansätzen eindeutig mit dem LIVE/DEAD Viability Assay der Tod der Zellen nachgewiesen werden. In weiteren 6 Versuchsansätzen traten zwar vereinzelt in Inseln liegende lebendige Zellen auf, diese waren jedoch nicht im ausreichenden Maß vorhanden, um die SIS zu bewachsen. Dies belegten auch immer wieder in Abständen durchgeführte MTT-Tests. Zwei der Versuchsansätze (Nr.6/Nr.17) waren über 12 Wochen in Kultur und bewiesen von der ersten Woche bis zur letzten Woche im LIVE/DEAD Viability Assay eine hohe Zellvitalität.

Die mikroskopische Beurteilung dieser Gewebe im Durchlicht wurde durch die Gewebedicke der SIS erschwert. Die Anordnung der Zellen und die noch runde Zellmorphologie, war in den Präparaten 6 und 17 jedoch gut zu erkennen (Abb.

23 A). Auch makroskopisch konnte mit zunehmender Kulturdauer eine Verfestigung des Gewebes beobachtet werden. Die beschriebenen Befunde wurden unterstützt durch die Ergebnisse im MTT-Test und durch die HE-, Azan- und Pentachromfärbungen. In den Abbildungen 22 B-D zu den Färbungen ist deutlich zu erkennen, dass die Zellen vereinzelt oder in isogenen Zellgruppen liegen und von der typischen Knorpellagune umgeben werden. Die von ihnen produzierte Kollagenmatrix stellt sich in der Azanfärbung hellblau dar und ist in der Pentachrom grün-gelb. Wieder ein Hinweis auf eine beginnende Mineralisation.

In 20 Versuchen der Injektions-Besiedlungstechnik konnten keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt werden. Im Lebend-Tod-Test waren in 17 Versuchen die Zellen nicht vital, und in den übrigen 3 Versuchsansätzen (Nr. 13,14 und 15) waren sowohl lebende, als auch tote Zellen zu finden. Die lebenden Zellen konnten sich im Kulturverlauf nicht stabilisieren und starben ab. Dies wurde durch weiterführende Untersuchungen mit dem MTT-Test und der Histologie belegt. Bei

Ergebnisse 102

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diesen Proben war keine Stoffwechselaktivität im MTT-Test zu messen und auch keine Matrix- bzw. Lagunenbildung in der Histologie nachzuweisen.

Abb. 23: Mikroskopische Ergebnisse des einfachen 3-D Kulturverfahren aus der Sandwich-Besiedlungstechnik

Abb. A:

Die Durchlichtmikroskopie von porcinen Rippenknorpelzellen nach 6-wöchiger Kultivierung im Sandwich belegt eine erhaltende runde Zellmorphologie.

Vergrößerung: 200-fach Abb. B:

Die HE-Färbung von porcinen Ohrknorpelzellen nach 6,5-wöchiger Kultivierung im Sandwich zeigt Knorpelzellen in Lagunen liegend umgeben von neusynthetisierter Matrix. Vergrößerung: 200-fach

Abb. C:

Die Azan-Färbung von porcinen Rippenknorpelzellen nach 6-wöchiger Kulivierung im Sandwich belegt ebenfalls eine Neusynthese von Matrix, die sich durch ihre hellblaue Farbe von der azellulären SIS abhebt. Vergrößerung: 400-fach

Abb. D:

Die Pentachromfärbung von porcinen Ohrknorpelzellen nach 6,5-wöchiger Kultivierung im Sandwich deutet durch die blaugrün Färbung der neusynthetisierten Matrix auf eine beginnende Mineralisation hin. Vergrößerung: 10-fach

A B

C D

5.4 Experiment 3: Komplexes 3-D Kulturverfahren

Das komplexe dreidimensionale Kultursystem stellt ein Verfahren zur Entwicklung einer direkten Besiedlungsmethoden der tubulären SIS dar. Die tubulär präparierte Matrix wurde, wie in Kapitel 4.4.3 beschrieben, mit frisch isolierten porcinen Rippenknorpelzellen unter Rotation besiedelt. In 4 Versuchsansätzen wurde, orientiert an den anatomischen Verhältnissen der Luftröhre, die Außenfläche der SIS (siehe Tab. 9) besiedelt.

Tab. 9: Übersicht zu den Besiedlungsversuchen, komplexes 3-D Kulturverfahren

Versuchsnummer Besiedlungsort Zellzahl Bioreaktor 24 Außenwand 20 Millionen Bioreaktor 25 Außenwand 20 Millionen Bioreaktor 26 Außenwand 20 Millionen Bioreaktor 27 Außenwand 20 Millionen

Nach einer 3-wöchigen Kulturdauer, mit luminaler Mediumperfusion, wurde die tubuläre Matrix zur Probenaufbereitung aufgeschnitten und in die Zonen 1a,b (Medium-Einlauf); 2a,b (Mitte); 3a,b (Medium-Auslauf) eingeteilt (vgl. Abbildung 24).

Aus jedem dieser Bereiche wurden Gewebeproben mit Stanzen (∅ 8mm) entnommen. Dieses Gewebematerial wurde für den MTT-Test, den GAG-Assay, den Westernblot und die Histologie verwendet. Vor der Probenentnahme wurde der komplette Darm makroskopisch beurteilt und mit dem LIVE/DEAD Viability Assay Kit gefärbt. Eine stark rote Eigenfluoeszenz der extrazellulären Matrix erschwerte die Beurteilung.

Ergebnisse 104

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Zone 1a

Zone 3a Zone

1b

Zone 2b

Zone 3b Zone

2a

Abb. 24: Schema zur Probenentnahme, komplexes 3-D Kulturverfahren

Nach 3-wöchiger Kultivierung porciner Knorpelzellen im komplexen 3-D Kultur-verfahren wurde die tubuläre Matrix longitudinal aufgeschnitten und für die einzelnen Nachweise Gewebeproben aus den Zonen 1a-b (Mediumeinstrom), 2a-b (Mitte) und 3a-b (Mediumausstrom) genommen.

5.4.1 Makroskopie

Die Besiedlung und Zellverteilung waren aus rein makroskopischer Sicht auf der Darmoberfläche zufällig erfolgt. Eine Matrixproduktion war mit dem bloßem Auge sichtbar (Abb. 25). Sie schien an den Stellen, an denen der Darm in Falten lag, stärker zu sein. Dies wurde durch die mikroskopische Beurteilung bestätigt. Die Matrix hatte eine gelatineartige, klare Konsistenz und war leicht vom Darm zu trennen (Tab. 10).

Tab. 10: Übersicht der makroskopischen Ergebnisse, komplexes 3-D Kulturverfahren

Versuchsnummer Konsistenz Morphologie Zusammenhalt von Zellen und SIS

Bioreaktor 24 ++ dicke gallertige Auflagerungen leicht trennbar

Bioreaktor 25 - SIS sehr dünn und

durchscheinend

leicht trennbar

Bioreaktor 26 - nur stellenweise gallertige Auflagerungen

leicht trennbar Bioreaktor 27 + gallertig rauhe Oberfläche leicht trennbar

- zäh, schwer schneidbar, + schneidbar, ++ gut schneidbar

Abb. 25:Makroskopie, komplexes 3-D Kulturverfahren

Die besiedelte SIS des Bioreaktors 27 aus dem komplexen 3-D Kulturverfahren wurde nach 3-wöchiger Kultivierung mit porcinen Rippenknorpelzellen longitudinal aufgeschnitten. Deutlich sind die gelatineartigen Auflagerungen der neu-synthetisierten Matrix zu sehen.

Ergebnisse 106

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5.4.2 Fluoreszenzfärbung zur Zellverteilung

In der Anwendung des LIVE/DEAD Viability Kit mit einem anderen Fluoreszenzfiltersystem, spiegelt die Grünfärbung in den Abbildungen 25 A und B nicht die Vitalität der Zellen wieder, sondern lediglich deren Verteilung. Es ist keine quantitative Aussage über die Anzahl der Zellen auf einer definierten Fläche möglich.

Die Verteilung der Zellen oder deren Proliferation auf der SIS ist unabhängig vom Mediumein- oder -ausstrom. Die Zellverteilung innerhalb der 6 Zonen war willkürlich und nicht regelmäßig ausgebildet. Unter Verwendung des entsprechenden Filters konnte die Vitalität der Zellen in allen Besiedlungsversuchen nach 3 Wochen belegt werden.

Abb. 26: Fluoreszenzfärbung zur Zellverteilung, komplexes 3-D Kulturverfahren

Abb. A:

Eine Fluoreszenzfärbung aus der Zone 2a des Bioreaktor 24 nach 3-wöchiger Kultivierung zur Veranschaulichung der Zellverteilung.

Vergrößerung: 100-fach

Abb. B:

Eine Fluoreszenzfärbung aus der Zone 1a des Bioreaktor 24 nach 3-wöchiger Kultivierung zur Veranschaulichung der Zellverteilung.

Vergrößerung: 40-fach

A B

5.4.3 Cell Proliferation Assay (MTT-Test)

Über die Höhe der Stoffwechselaktivität sollten eventuell bevorzugte Ansiedlungszonen der Zellen auf der tubulären SIS ermittelt werden. Nach 21-tägiger Kulturdauer wurde von der besiedelten SIS aus den 3 Zonen jeweils eine Gewebestanze entnommen und diese mit MTS-Reagenz inkubiert. Anschließend erfolgte die photometrische Messung des von den stoffwechselaktiven Zellen umgesetzten Farbstoffes.

In den 4 Versuchen wurde eine hohe Streuung der stoffwechselaktiven Zellen in den 3 Zonen festgestellt (Diagr. 10). Es bildete sich keine einheitliche Zellverteilung aus.

0,000 0,100 0,200 0,300 0,400 0,500 0,600 0,700 0,800

1 2 3

Besiedlungszonen

abs. Ext. [490nm]

Bioreaktor 24 Bioreaktor 25 Bioreaktor 26 Bioreaktor 27 Diagr. 10: MTT-Test, Komplexes 3-D Kulturverfahren

Die tubuläre SIS wurde mit porcinen Rippenknorpelzellen besiedelt und 3 Wochen im Bioreaktor kultiviert. Anschließend wurde die Stoffwechselaktivität an Gewebeproben (∅ 8 mm) der Bioreaktoren 24-27 aus den Zone 1-3 gemessen. Für die 4 Besiedlungs-versuche ist keine einheitliche Verteilung der Stoffwechselaktivität innerhalb der 3 Zonen ersichtlich.

Ergebnisse 108

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5.4.4 DMMB-Assay (GAG-Assay)

Die Gewebestanzen aus dem MTT-Test wurden anschließend für den GAG-Assay aufgearbeitet. Übereinstimmend mit den Daten des MTT-Tests konnte keine einheitliche Verteilung des GAG-Gehaltes innerhalb der 3 Zonen festgestellt werden.

Bei den Bioreaktoren mit hoher Stoffwechselaktivität (Bior. 24 und 27) ist auch ein hoher Glucosaminoglykangehalt zu beobachten.

-15 5 25 45 65 85 105 125 145 165 185

1 2 3

Besiedlungszonen 1-3 Glucosaminoglykangehalt [µg/ml]

Bioreaktor 24 Bioreaktor 25 Bioreaktor 26 Bioreaktor 27 Diagr. 11: GAG-Assay, Komplexes 3-D Kulturverfahren

Die tubuläre SIS wurde mit porcinen Rippenknorpelzellen besiedelt und 3 Wochen im Bioreaktor kultiviert. Anschließend wurde der Glucosaminoglykangehalt an Gewebeproben (∅ 8 mm) der Bioreaktoren 24-27 aus den Zone 1-3 gemessen. Für die 4 Besiedlungsversuche war keine einheitliche Verteilung des Glucosaminoglykan-gehaltes innerhalb der 3 Zonen ersichtlich. Die Bioreaktoren (24/27), die im MTT-Test eine gute Stoffwechselaktivität aufwiesen, zeigten auch im GAG-Assay eine höhere Glucosaminoglykanproduktion.

5.4.5 Westernblot (Kollagensynthese)

Aus den 3 Zonen des Bioreaktors wurden Proben im Westernblot auf das Vorkommen von extrazellulären Matrixproteinen wie Kollagen I, II, III und auf das Vorkommen von Zytoskelett-Proteinen, wie Vimentin sowie auf die Anwesenheit von Zellstoffwechselproteinen, wie dem Enzym GAPDH aus der Glykolyse getestet. In allen Bioreaktoren konnte das Protein Vimentin aus dem Zytoskelett nachgewiesen werden. Die Bioreaktorproben der Zonen, die die stärksten Vimentin-Banden aufwiesen, wurden für den Nachweis der restlichen Marker eingesetzt. Die Kollagenproteine I und III konnten in keinem der 4 besiedelten Bioreaktoren nachgewiesen werden. Das Stoffwechselprotein GAPDH lieferte ein starkes Bandensignal bei den Bioreaktorenproben 24, 26 und 27. Die Intensität der Bande des Bioreaktors 25 fiel sehr viel schwächer aus. Für den Kollagen Typ II Marker waren bei den Bioreaktoren 26 und 27 positive Banden zu erkennen.

Ergebnisse 110

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Abb. 27: Westernblot, Komplexes 3-D Kulturverfahren

Gewebeproben, der mit porcinen Rippenknorpelzellen besiedelten SIS, der Bioreaktoren 24-27 aus den Zonen 1a und 3a wurden nach 3-wöchiger Kultivierung im Westernblot auf die Anwesenheit von GAPDH, Kollagen I, Kollagen II und Kollagen III überprüft. GAPDH konnte für alle Bioreaktoren nachgewiesen werden und Kollagen Typ II nur für die Bioreaktoren 26 und 27. Kollagen I und III war in keiner der 4 Besiedlungsversuche nachweisbar.

- Negativ-Kontrolle, + Positiv Kontrolle

5.4.6 Histologie

Die HE-Färbungen der Bioreaktorproben zeigten, dass Zellen gewachsen waren, Matrix produziert wurde und die für Knorpelgewebe typische Lagunenbildung vorhanden war (Abbildung A). Häufig ließ sich noch eine Grenze zwischen den aufgesiedelten Zellen und der Matrix erkennen (Abbildung D). An anderen Stellen wiederum fingen die Zellen an, in die Matrix einzuwachsen und sie umzubauen (Abbildung B+C). In der Pentachromfärbung fielen in einigen Präparaten gelb gefärbte Matrixbestandteile auf, die sich auch in nativem Knorpelgewebe als Kollagenfasern so darstellen würden.

Ergebnisse 112

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Abb. 28: Histologie, komplexes 3-D Kulturverfahren Abb. A:

Die HE-Färbung einer Probe aus Bioreaktor 26 zeigt nach 3-wöchiger Kultivierung mit porcinen Rippenknorpelzellen ein blau gefärbtes, knorpelähnliches Gewebe. Deutlich sind die Grenzen zwischen der azellulären Matrix und dem neusynthetisierten Gewebe zu erkennen. Vergrößerung: 200-fach

Abb. B:

Die HE-Färbung einer Probe aus Bioreaktor 27 zeigt nach 3-wöchiger Kultivierung mit porcinen Rippenknorpelzellen ein blau gefärbtes knorpelähnliches Gewebe, dass beginnt in die azelluläre Matrix einzuwachsen.

Vergrößerung: 200-fach

Abb. C:

Die Pentachromfärbung einer Probe aus Bioreaktor 27 weißt aufgrund der Gelbfärbung der produzierten ECM auf eine beginnende Kollagensynthese hin.

Vergrößerung: 100-fach

Abb. D:

In der Pentachromfärbung einer Probe aus Bioreaktor 27 wird stellenweise ein Einwachsen der Knorpelzellen in die azelluläre Matrix sichtbar.

Vergrößerung: 200-fach

C D

A B

6 Diskussion

6.1 Einleitung

Mit den Methoden des Tissue Engineering bietet sich die Möglichkeit, bioartifizielle Konstrukte oder Gewebe aus lebenden Zellen, Trägerstrukturen und Biomaterialien zu entwickeln. Dies kann für alle nicht regenerierbaren Gewebedefekte eine alternative Therapie gegenüber den bisher eingesetzten Behandlungsmethoden darstellen. Erkrankungen der Luftröhre oder ihrer Umgebung, die eine umfangreiche Resektion unumgänglich machen, sind nur schwer erfolgreich zu therapieren. Der klinische Einsatz von autologen Gewebegrafts (MARINOD et al. 2003), trachealen Allografts (KUSHIBE et al. 2000), synthetischen Prothesen (JACOBS et al. 1988) oder einer Kombination aus den genannten, hat bis heute zu keiner Akzeptanz geführt (GRILLO 2002). Häufige Probleme sind intra- und postoperative Komplikationen, die beim autologen Gewebeersatz durch z. B. Speiseröhre oder Darm zu Stenosen mit Atemschwierigkeiten führen. Bei allen beschriebenen Verfahren treten Nekrosen im Bereich der Anastomosen und somit Luftlecks auf, die wiederum zu Infektionen führen. Die Nekrosen sind begründet in der mangelhaften Vaskularisation des Wundbereiches. Aufgrund der Gefäßanatomie der Luftröhre (SALASSA et al. 1977) ist kein direkter Anschluss der Implantate an das patienteneigene Gefäßsystem möglich. Patienten, die allogene Grafts erhalten, sind von einer lebenslangen Immunsuppression abhängig.

Wesentliche Nachteile synthetischer Prothesen sind die fehlende Vaskularisation, die mangelhafte Flexibilität, die mögliche Entstehung toxischer Abbauprodukte, Thrombosierungen, Kalzifkationen und überschießende Entzündungsreaktionen des umliegenden Gewebes.

Deshalb wäre ein autologes, vaskularisiertes Tracheaimplantat zur spannungsfreien Deckung größerer Defekte ideal.

Tissue Engineering weißt das Potenzial auf, die Nachteile der bisher üblichen Behandlungsmethoden zu überwinden. So macht z. B. die Verwendung von patienteneigenen Zellen eine lebenslange Immunsuppression der Patienten überflüssig. Weithin erfüllen biologische Matrices die biomechanischen Eigenschaften eher als künstliche Prothesen und haben den Vorteil einer besseren

Diskussion 114

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Integration in das patienteneigene Gewebe (HODDE 2002). Die Abhängigkeit von nur begrenzt zur Verfügung stehenden Spenderorganen wäre minimiert.

Die Eigenschaften eines idealen Luftröhrenersatzes sind wie folgt zusammenzufassen:

• nicht toxisch

• nicht kanzerogen

• biokompatibel

• nicht thrombogen

• antiinflammatorisch

• dauerhaft haltbar

• resistent gegenüber bakteriellen Besiedlungen

• longitudinale Flexibilität

• seitliche Stabilität

• gute Integration in das Empfängergewebe

• Vaskularisation

6.2 Tissue Engineering: Trachealer Knorpel

Mit den Methoden des Tissue Engineering ist es möglich, aus autologen Zellquellen die einzelnen Zellkomponenten der Luftröhre, bestehend aus Fibroblasten, SMC`s, Chondrozyten und respiratorischem Epithel, getrennt voneinander in-vitro zu züchten, um sie anschließend zu einem Luftröhrenersatz zusammenzufügen. Als Besiedlungsgrundlage soll die tubuläre Matrix (SIS) dienen. Dabei handelt es sich um ein chemisch und mechanisch azellularisiertes, tubuläres Stück Jejunum vom Schwein. Die vorliegende Arbeit konzentrierte sich auf die Entwicklung einer Knorpelzellstruktur zur Stabilisierung des flexiblen Matrixschlauches.

Die Regenerierbarkeit von Knorpeldefekten ist aufgrund der begrenzten Teilungsfähigkeit der Zellen und der nicht vorhandenen Vaskularisation des Gewebes nur eingeschränkt möglich. Deshalb werden immer wieder neue Therapieansätze zur Behandlung von Knorpelschäden, hauptsächlich im Bereich der

Orthopädie und der plastischen Chirurgie, entwickelt. Unter der Verwendung autologer Chondrozyten werden laufend neue ex-vivo Kulturverfahren vorgestellt.

Der Einsatz autologer Knorpelzellen zur in-vitro Generierung von Knorpelspangen ist in der Thorax-Chirurgie nicht verbreitet. Die Nutzung einer autologen Zellquelle würde eine Immunsuppression der Patienten überflüssig machen.

Als Knorpelzellquellen könnten Faserknorpel aus dem Ohr, hyaliner Knorpel aus der Nasenscheidewand oder aus der Rippe dienen. Bereits veröffentlichte Arbeiten zur vergleichenden Darstellung der drei Zellquellen (KOJIMA et al. 2003 u. TAY et al.

2004) belegen, dass sich alle drei Zelltypen zur Generierung eines autologen Grafts eignen.

Die vorliegenden Ergebnisse „Zur Wahl der Zellquelle“ haben ergeben, dass sich die Entnahmetechnik des Nasenknorpels bei dem Versuchstier Schwein als sehr aufwendig herausstellte. Die für die Zellkultur erforderliche sterile Entnahme ist nur bei der Präparation des Rippenknorpels gegeben. Das Knorpelgewebe des Ohres und der Nase kann nur semisteril entnommen werden. Daraus resultiert ein hohes Kontaminationsrisiko für alle folgenden Arbeitsschritte. Aus diesem Grund ist eine Kultivierung der Knorpelzellen aus der Nase nicht standardisiert. Vergleichend wurde die Stoffwechselaktivität der Ohr-, Trachea- und Rippen Knorpelzellen bestimmt. Da keine wesentlichen Unterschiede in der metabolischen Aktivität dieser Zellen messbar waren, wurden alle weiteren Versuche auch aufgrund der oben beschriebenen Kontaminationsproblematik mit Rippenknorpelzellen fortgesetzt. Bei der Verwendung von autologen Rippenknorpelzellen ist die Entnahme größerer Gewebestückchen möglich und damit eine bessere Zellausbeute garantiert.

Nachteilig für den Patienten ist das zusätzliche Risiko eines operativen Eingriffs zur Gewebeentnahme.

In der klinischen Anwendung der autologen Zellspende steht in Regel nur begrenzt Biopsiematerial zur Verfügung. Deshalb reicht die Zahl der isolierten Zellen für die Besiedlungen von Matrices oft nicht aus und die Zellen werden unter in-vitro Bedingungen vermehrt. Es ist hinreichend beschrieben (MARLOVITS et al. 2004), dass die bisher übliche Zellvermehrung unter konventionellen Monolayer-Kulturbedingungen in Zellkulturflaschen innerhalb kürzester Zeit dazu führt, dass die Zellen im Prozess der Dedifferenzierung ihre morphologischen, biochemischen und physiologischen Eigenschaften verlieren. Die Zellen verändern unter 2-D

Diskussion 116

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Kulturbedingungen ihre Zellmorphologie von ursprünglich rund zu spindelförmig und wachsen unter Hyperproliferation fibroblastenartig (DESHMUKH et al. 1976).

Charakteristisch für diese Dedifferenzierungsvorgänge ist die fehlende Ausbildung einer extrazellulären Matrix mit einer knorpeltypischen Kollagen- bzw.

Proteoglycansynthese. Die Folge ist die Synthese minderwertigen Knorpels, der mechanischen Belastungen nicht standhält.

Da die Knorpelzellen schon bei der Isolation aus ihrer natürlichen Matrixumgebung gerissen werden, ist ein sofortiges Angebot einer ihrer physiologisch ähnlichen Umgebung von Vorteil (HODDE 2002). Deshalb gehen die Forschungsbemühungen der letzten Jahre dahin, die Kulturbedingungen so gut wie möglich den physiologischen Verhältnissen anzupassen, um den Zellen so eine Dedifferenzierungsgrundlage zu entziehen. Kombinationen aus einer geeigneten 3-D Matrix, mechanischer Belastung und den optimalen Kulturbedingungen werden derzeit gesucht. Bereits durchgeführte Arbeiten zur 3-D Kultivierung unter mechanischer Belastung (GIGANT-HUSELSTEIN et al. 2004) liefern viel versprechende Ergebnisse, welche belegen, dass die angewendeten Methoden die Dedifferenzierung unterdrücken.

Andere Arbeitsgruppen wiederum beschäftigen sich mit der Rückdifferenzierung von Chondrozyten. Dabei sollen die unter zweidimensionalen Kulturbedingungen vermehrten dedifferenzierten Zellen durch die Überführung in ein dreidimensionales Zellkultursystem zur Rückdifferenzierung (GOUPING et al. 2003) angeregt werden.

Als zusätzlicher Redifferenzierungsreiz wird häufig mechanischer Stress eingesetzt.

Der Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf der Entwicklung einer dreidimensionalen, biologischen Matrix. Die Chondrozyten sollten direkt nach der Isolation in dieser kultiviert werden, um den Schritt der zweidimensionalen Zellvermehrung und somit die Dedifferenzierung zu vermeiden. Als Besiedlungsgrundlage für die Entwicklung des Tracheaimplantates wäre eine primär flüssige Matrix, die sich im Laufe der Kultivierung verfestigt, von Vorteil, um so das entstandenen Gewebe in die gewünschte Form zu bringen. Denkbar wäre eine Kultivierung der Zellen in einer nachempfundenen Spangenform, um diese anschließend auf der tubulären Matrix zu fixieren.

Zur Zeit gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Trägermaterialien, die eine dreidimensionale Kultivierung von Knorpelzellen zulassen. Die synthetischen (CHEN et al. 1997) und teilweise auch die künstlich hergestellten biologischen Matrices (CHUBINSKAYA et al. 2001) ermöglichen ebenfalls eine freie Formgestaltung, bieten den Zellen aber nicht die unter physiologischen Bedingungen vorhandene notwendige Mikroumgebung (KIM et al. 2000). Die für Knorpelzellen essenzielle Interaktion mit der ECM zur Aufrechterhaltung und Produktion eines funktionellen Knorpelgewebes beschreibt GOESSLER (2003) in seinem Review.

Aus diesem Grund haben wir uns für eine natürliche biologische Matrix entschieden, die idealerweise Wachstumsfaktoren und Komponenten einer für Zellen natürlichen Mikroumgebung wie Kollagen, Elastin, Glucosaminoglykane, Fibronectin, Heparin- und Dermatansulfat enthält. Diese Umgebung bietet optimale Voraussetzungen für eine Rebesiedlung, sie fördert Anhaftung, Migration, Proliferation und die Differenzierung der Zellen. Die generierten Implantate interagieren schnell mit dem Empfängergewebe, induzieren früh Angiogenese und führen so zu einem funktionellen Gewebeersatz (HODDE 2002).

Zur Herstellung dieser neuartigen, noch nicht in der Literatur beschriebenen dreidimensionalen, flüssigen, natürlichen Matrix wurde Dünndarm vom Schwein azellularisiert und enzymatisch verflüssigt. Die enzymatische Aufarbeitung des azellularisierten Darmes zur flüssigen Matrix verändert zwar den strukturellen Aufbau des Gewebes, bietet den Zellen aber noch die Bestandteile einer natürlichen Mikroumgebung. Die ersten Vorversuche dienten der Prüfung auf Zellverträglichkeit, der Optimierung des Herstellungsverfahrens der flüssigen Matrix und der Wahl der geeigneten Zellkulturbedingungen für alle weiteren Experimente zum Vergleich der 2-D und 3-D Zellkultur.

Im ersten Hautpexperiment sollte eine 2-D Kultur der 3-D Kultur aus der entwickelten flüssigen Matrix vergleichend gegenübergestellt werden. Für beide Versuchsgruppen wurden deshalb gleiche Kulturbedingungen gewählt.

Wie bereits erwähnt, dedifferenzieren Zellen unter 2-D Bedingungen schneller als unter 3-D Bedingungen (HUCH et al. 2002). Als Dedifferenzierungsmarker wurde die Zellmorphologie, die Stoffwechselaktivität und die Zusammensetzung der ECM eingesetzt. Während der in-vitro Kultivierung verändern die Zellen ihre Morphologie

Wie bereits erwähnt, dedifferenzieren Zellen unter 2-D Bedingungen schneller als unter 3-D Bedingungen (HUCH et al. 2002). Als Dedifferenzierungsmarker wurde die Zellmorphologie, die Stoffwechselaktivität und die Zusammensetzung der ECM eingesetzt. Während der in-vitro Kultivierung verändern die Zellen ihre Morphologie