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l Beiträge zur Dogmatil

Im Dokument Theologie und Kirche, (Seite 161-178)

M i t besonderer Rücksicht auf die Dogmatik von Prof. D r . Thomasius.

Von

Prof. Nr. Luthaidt.

(Fortsetzung und Schluß des ersten Artikels.)

I. Die Lehre von Gott und der ewigen Begründung unserer Gottesgemeinschllft in ihm.

1, D e r dogmatische Gesichtspunkt der G o t t e s l e h i e . Welches der Gesichtspunkt sei, von welchem aus in der Dogmatit die Lehre von Gott abzuhandeln, das ist die erste Frage. Sie entscheidet sich von dem matcrialen Prinzipe der Dogmatik aus. Ist dieses das Heil der Gottesgemcinschaft des Menschen in Christo Jesu, so ist das Erste, was in Betracht zu kommen hat, die ewige Begründung dieser Gottesgemeinschaft.

Sie liegt nur in Gott, und zwar im Dreieinigen. Darnach bestimmt sich denn auch, wie in der Dogmatik von Gott zu handeln sei. Nicht irgend eine Lehre von Gott überhaupt ist zu geben, sondern von Gott, sofern er eben der ewige Grund jener Gottesgemeinschaft ist. Unter diesen religiö»

sen Gesichtspunkt ist die ganze Lehre von Gott zu stellen und nicht irgend»

wie spekulativ zu behandeln. Daraus folgt, daß die Säße, welchen die dogmatischen Aussagen über Gott zuzustreben haben, keine anderen werden sein können als die, daß Gott Liebe sei, d. h. der Gott der Gottesgemein»

schaft, und Drciciniger, d. h. der Gründer und der Vollbringer dieser Gottes»

gemeiuschaft. Alles was sonst von Gott ausgesagt wird, kommt in Be>

tracht nur sofern es hiemit in Zusammenhang steht.

11

1 5 4 Prof. vr. Luthaldt.

Die Stellung, welche die reformatorische Theologie zu dieser Lehre ein»

genommen, ist eine Erinnerung hieran. Es ist bekannt, wie sehr Luther den

„Schulen" zümte, als welche der Teufel reite, die zuoberst anfangen von Gottes Wesen zu spekuliren außer und abgesehen von Christo ' ) ; wie er dagegen fordert, daß man von der Krippe und vom Kreuz ausgehe, so wei-ter steige durch Christi Herz zu Gottes Herz und das göttlich gute Vawei-terherz erkenne. „ D a s heißt dann Gott recht erkennen, wenn man ihn nicht bei Gewalt oder Weisheit (die erschrecklich sind), sondern bei der Güte und Liebe ergreifet."-). M t H l M r l im Sinne Luthers sagen, die Theologie müsse Pektoral-Theologie sein, nicht bloß, wie Neander es meint, subjek-tiv, sondern objektiv: Theologie vom Herzen Gottes — kurz Heilserkennt-niß. I n diesem Sinne hat Melanchthon in seinen loois diese Lehre an-fangs ganz weggelassen, und als er sie später hineinnahm, doch mit allem Nachdruck an jenen Gesichtspunkt erinnert. I n seinen Vorlesungen über die looi vom Jahre 1533 zur Vorbereitung der neuen Ausgabe von 1535 beginnt er den loous äs Den mit den Worten: u u i l u i n invsuio ex-Oläium llptiug Irnio looo, i n Huo äs natura V s i ali^iiiä äiosuclvim

«st, Hrmm i ä Huoä (Üiristus llit aä ?ki1ippum, oupisutsm viäere p a t r e m : ?tli1iz>i»s, Hui viäet ms, viäet et patrsm eto. Hauo ^ r a -vi»8im»ln ll,6tuo2itiai!si!i tsueamu» ut äisoaniu» lleum <^un,ersrs in Onristo; in iiuo «uiin voluit pateüsri, iunotsgoers et »p^>i«»

ksuäi. Außer Christo falle man in korrsuäÄ» teuedl««. Nur in ßhrifto gewinne man die rechte Erkenntniß, nämlich z»iA,otioa8 ooßnitiu^

NS8 von Gottes mi8sri<:oräiH u. f. w. So ist denn auch in der Aus-gab« von 1535 die Gotteslchre behandelt. I n den späteren Ausgaben tritt

1) Mgl. bes. seine Auslegung von I o h . 14—16, z. V. zu 14. 10: das ist fein geredet wider solche Flattergeister, so gerne spekuliren von hohen Dingen, wol-len ein Loch durch den Himmel bohren und ersehen alles was Gott selbst ist und thut, und lassen dieweil Christum fahren als dürften sie sein nichts dazu. G«l.

Ausg. 49, 83. Und so noch öfter. Vgl. auch zu" I o h . 17, 3: „Merke wie Chri-stus in diesem Spruch sein und des Vaters Erkenntniß in einander sticht und bin-det, ohn« daß man allein durch und in Christo den Vater erkennt. Denn das h«b«

ich oft gesagt und sage es noch immer, daß man auch, wenn ich nun todt bin, daran gedenke und sich hüte vor allen Lehrern, als die der Teufel reitet und füh-ret, die oben am höchsten anfangen zu lehren und predigen von Gott, blos und

«Hytsondert von Chrifto> wie man bisher in hohen Schulen spekulirt und gespielt hat mit seinen Werken droben im Himmel, was er sei, denke und thue bei sich selbst u. s. w. Vrl. Ausg. 50, 182.

2) Erl. Ausg. 11, I b i .

Beiträge zur DogMt«. 5 5 5 aber bereits dieser Gesichtspunkt der Heilserkenntniß mehr zurück und macht dem mehr formalen der offenbarungsmäßigen Gottescrkenntniß Plah: man solle sich an den Mtskaotuiu v e u m , halten und nicht vaFabuuäig spo-oulatiouidus c^uaerei-e v s u i u . '). Dies ist in der folgenden Entwicke-lung der Dogmatik immer mehr der Fall. So fehlt bei G e r h a r d jener materiale Gesichtspunkt völlig und den Ausgangspunkt bildet nur die for-male Frage: ob und woraus man Gott erkennen könne — nämlich aus orsawra et Zoriptura 2). Bei der matcrialen Bestimmung und Beschrei-bung des Wesens Gottes selbst aber tritt die Erwägung, daß es sich auch hier um Heilscikcnntniß handle, zurück. Es ließ sich kaum erkennen, daß nicht ein römischer Scholastiker, sondem ein Sohn der Kirche der Rcforma»

tion diese Lehre bearbeitet habe. Bei C o t t a aber in seinem appeuäix zu diesem Abschnitt') ist das Bewußtsein, daß das reformatorische Princip auch diese Lehre zu bestimmen habe, völlig geschwunden. Aber bereits vor ihm, bei Quenstedt, und so denn auch bei den folgenden, H o l l a z und B u d -deus, finden wir kaum eine Spur mehr hicvon. Nur in diesem Doppel«

ten bewahrt es sich: daß die Voranstcllung der Lehre von Gott gerechter»

tigt wird mit dem üui» ultimus, nämlich der t r u i t i o I ) u i , also mit der Erkenntniß, daß es sich schließlich um die Gemeinschaft Gottes handle, und in dem andern, daß durchgängig als die offmbarungsmäßige Lehre von Gott die Lehre von der Trinität bezeichnet, und daß damit die Lehre vom We»

sen und den Eigenschaften Gottes verbunden wird, als wäre sie ebenso ei»

genthümlich offenbarungsmäßig wie jene.

Es ist unter den Neueren besonders T h o m a s i n s , welcher energisch auf den Gesichtspunkt hingewiesen hat, unter welchen eine christliche Dog»

matik die Gottcslehre zu stellen habe, nämlich den der Gottcsgemeinschaft <).

Zwar kennen unsere Alten diesen Gesichtspunkt als truitio v s i auch, ab«

nur als formalen, nicht als materialen. Während jene sagen: weil Got>

tesgemeinschaft das letzte Ziel ist, muß die Dogmatik von Gott handeln, so werden wir sagen müssen: weil das Prinzip auch aller unsrer christlichen Gotteselkenntniß die Volksgemeinschaft in Christo ist, so haben wir in der

1) z. V. Nä. 1558. Basel, p. 14.

2) I, ?. 93.

3) I.P. lög ff.

4) I. 12 ff.

11*

156 Prof. Di-. Luthardt:

Dogmatik von Gott nur insofern zu handeln, als er der Gott unserer Got-tesgemeinschaft ist.

Damit erledigt sich die Frage der u,rti«u1i m i x t i und z>uri. I n eine Dogmatik gehören u r t i o u l i u i i x t i als solche gar nicht hinein, sondern nur in der Gestalt in welcher sie a r t i e n i i p u r i sind.

Allerdings wird die Dogmatik, also die theologische Auffassung von Gott, anzuknüpfen haben an das natürliche Bewußtsein, aber nur um als-bald diesem das christliche gegenüberzustellen. Dies gilt denn sofort von den eisten Fragen die hier in Betracht kommen! den nach Gottes Dasein und Gottes Wesen.

2) D a s D a s e i n G o t t e s .

Während T h o m a s i u s die Beweisführung für Gottes Dasein vol-lig aus der Dogmatik verweist ' ) , handelt P h i l i p p i zwar davon, aber nur um zu beweisen, daß die spekulativen Beweise für das Dasein Gottes keinen Raum in der christlichen Glaubenslehre finden, sondern nur der Selbsterweis Gottes, welcher in der objektiven Offenbarung und der die-selbe wiederspiegelnden christlichen Glaubenserfahmng gegeben und enthalten ist 2). Und K a h n i s hat sie in die Darlegung des allgemein religiösen Be-wuhtseins hineinverlegt ^).

Bei unsern Dugmatikern werden die Beweise für Gottes Dasein in der Regel ziemlich eingehend und nachdrücklich abgehandelt, sie sind von ih>

nen nicht ignorirt und etwa erst seit W o l f s in die Theologie eingeführt worden, wie man es vielfach darstellt ^), sondern sie nehmen bei jenen mci>

stens einen ziemlich bedeutenden Raum ein. Und von G e r h a r d an, der in der Gotteslehre überhaupt ein stark scholastisches Element in die protc-stantische Dogmatit einführt und in den Beweisen für Gottes Dasein bc-sonders auf Thomas Nquinas rekunirt^), wird es durchweg ausgespiochen, daß ihnen nothwendig eine Stelle in der Dogmatik zukomme, und zwar nicht bloß zur Bekämpfung der Ungläubigen, sondern auch zur Stärkung

1) I, 12.

2) I I , 1 — 17.

3) I. 153 ff.

4) Vgl. Hase Nu«. 10, Aufl. S. 131. EU. Dogm. 5. Aufl. S. 113. Ha-genbach Dogmengesch. 8. Aufl. S. 66.

b) 1 1 1 , 4 0 ^ , .

Beiträge zur Dogmatil. 1 5 7 des eignen wankenden Glaubens, aä 6äc!i nostrll? oonürmatinnem. So weist denn auch C a l o w den S a h Lalirts mit Entschiedenheit zurück, daß Gottes Dasein vom Theologen nicht z» beweisen, sondern als natürliche Er-kenntniß vorauszusehen sei, und wollte diese Zurückweisung in seinem oou>

8SN8U8 r « M i w 8 zum Bekenntniß der Kirche machen ' ) , J a , man holte aus der Schrift und der in ihr niedergelegten Offenbarung einzelne Argu>

mente heraus, wie die Wunder und Weissagungen, mit denen Gottes Da»

sein im eigentlichen Sinne bewiesen werden sollte 2), als ob, wer der Of>

fenbarung nicht glaubt, diesen Beweis ans ihr gelten ließe, und wer ihr glaubt, desselben noch bedürfte.

M a n wird zwar dem beistimmen müssen, was R a d o w i ß einmal sagt, daß es zu den nothwendigsten Aufgaben der Gegenwart gehöre, den Glauben an das Dasein eines persönlichen Gottes und' an die Fortdauer der Seele zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. D a s heißt: es sind der gegenwärtigen Generation in weiten Kreisen nicht bloß die Grundele-mente der christlichen Wahrheit, sondern auch der allgemeinen religiösen Weltanschauung unsicher geworden 'oder abhanden gekommen und dadurch die Grundlagen unseres gesammten sittlich-socialen Bestandes erschüttert.

Aber eben darum, weil es sich hier um allgemeine menschlich»religiöse Wahrheiten handelt, ist dies nicht Aufgabe der Dogmatik, sondern der Re>

ligionsphilosophie. Allerdings hat die Dogmatik anzuknüpfen an das all-gemein menschliche religiöse Bewußtsein, aber nur um das zu lehren, was ihren eigenthümlichen I n h a l t bildet. Und nicht minder ist gewiß, daß die gewöhnliche Wirklichkeit des allgemeinen menschlichen religiösen Bewußtseins einer Reinigung und Corrcctnr bedarf; aber die Dogmatik hat dieselbe nur in soweit zu vollziehen, als sie sich den nöthigen Unterbau für ihre eigent-s liehe Lchrdareigent-stellung hereigent-stellen muß. Dieeigent-s ieigent-st daeigent-s apologetieigent-sche Moment,

1) Nä. N u r e k « A a r b n ^ . ?lOß>-. 1846, p. Ni Resieimu« L08 <1«i äneeiit,

<^uc><1 »It <Ioui!> nun >I«!)«i'u » tlinalaßu prudari »«<! tHNhuain naturaliter »upponi, . i d e a l e Hrtioulüm 6äs! nun 63»o Sto. Itk daeVt, D. O. (^alixtug in Spitoino t^so^

InAia« IN34 p. 69, 70 IiigcL verdi»i »>1« De» ita^uo, Huouiain luniine rationi» « i«»

du» f^oti» ü « m . 1 eoüi^it «t, enneluäit Plnlnsn^i», c^uncl «it, <zu«<1 unu» «it etc. Iluiu»»

inc«!i nii«3!>, f»«it tlieoloFu», givo, ut leotiu« I»gu»r, piassuppunit, tHU<zu»ii>, in i n -f e r w n w i i ! <U»o!>,Uni» tr^otata et äemunztrat-l, et tautum ea proprli« »>di<z>i« peouli».

lil>u8 ^rinoipii», niiniruin ilivinis üterl«', ea perze^uitui', <zu»e »lioczuiil illzeuio liu»

m^nn inen^nit,i, lurout et i i n p e l v i a , "

2» So z. N. Gerhard 1o°i 44ff. und Hollaz S. !i20.

1 5 8 P ^ . vr. Luthatbt:

welches der Dogmatik in ihren ersten Partien eignet — ähnlich dem Ver-fahren iu der areopagitischen Rede.

Der Sah der Dogmatik selbst über Gottes Dasein lautet demnach nicht daß ein Gott sei oder daß der Gott, den wir zu denken nicht umhin können, wirklich sei, sondern daß der Gott der Heilsosfenbarung Gott sei, daß sich also dadurch unser Verhalten zu ihm bestimme als ein Verhalten nicht etwa bloß des Wissens, sondern des Glaubens und der Hoffnung.

1 Petr. 1. 29.

3) D a s Wesen G o t t e s .

L u t h e r spricht es als seine Regel aus, daß er Gott nicht in seiner Majestät, sondern i n der Krippe Bethlehems zu erkennen suche '). Das heißt: er will nichts wissen von einer spekulativen Gotteserkenntniß, sondern das Wesen Gottes so gefaßt wissen, wie es aus der Heilsoffenbarung er-kannt wird. D a ist es nun ein Doppeltes, was er hervorhebt. Das Erste ist Gottes Macht, die immer und allenthalben thätig ist — oder mit der Schrift zu reden: Gott ist das Leben. S o redet er von Gott besonders in seinem mächtigen Buche 6e 8«rvo a i d i t r i o . Dazu kommt er von der Gewißheit aus, daß unser Heil ausschließlich in Gott begründet und von ihm gewirkt sei. Das Andere ist Gottes Liebe. Und das bezeichnet er als die eigentliche Gotteserkenntniß; denn das heiße Gott recht erkennen, ihn nicht bei seiner Macht oder Weisheit u. dgl., sondern bei seiner Liebe zu

«fassen^). Es bedarf nicht der Erinnerung, wie L u t h e r sich nicht genug thun kann diese zu preisen'). M i t diesen Gedanken war der Weg ange-geben, welchen die Dogmatik zur Entwickelung der Lehre von Gottes We-stn einzuschlagen hatte. T h o m a s i u s thut den alten Dogmatikern nicht Unrecht, wenn er ihnen zum Vorwurf macht, daß sie sich in die abstrakten Definitionen der Scholastiker verirrt haben.

G e r h a r d nennt es zwar eine praktische Definition, Gott als die Liebe zu fassen^), aber unvermittelt daneben steht die wissenschaftliche:

1) 8s^uol »utein I>»no pslpetunln reßulkm, ut, <zu»ntum pozgLm, t»Ieg Hu«»»

tioue» vitsm, yun« nn» protl»I>unt »ä «nimm »umm»s in»j>!»t2tis. Neliu» »utem et tutin» e«t oansigtsi'« »ä Pl»«»ep« Okrigti nomin!»; plurimum enim penouli in so

«»t, »i in illa« I»k^riutlio« äiviuiwtis t« iuvolv»». üu^ri-llt. in ßeu, üxeß oz>z>. I»t, 0al I I , 170.

2) Erl. Ausg. 11, 151.

3) Vgl. z. N. 19, 366.

4) I^oi «ä. c-ott» III, ?2.

Beiträge pn D»gn«M. ^ ^ 3 v o n » «8t ssgeutia «pirituaii», niiuplioissiiun, u. s. w. Diese Deßm»

tion hatte schon M e l a n c h t h o n eingeführt und sie geht durch die ge>

sammt« orthodoxe Dogmatik hindurch. NsLeuti», »piMualis i n ü n i t » nennt ihn Q u e n s t e b t ' ) , iuäepöuäsu« H o l l a z ^ ) . Dieser Gottesbegriff wird in aller Abstraktion des reinen bestimmungslosen Seins, wie sie die griechische Götterlehre chawkterisiit, ausgeführt °), in einer Weise, wie fie schließlich für das christliche Bewußtsein unwahr wird. Allerdings ist E M als persönlicher vorausgesetzt, aber es ist nicht der Begriff der Persönlich-keit, welcher zu Grunde gelegt wird, sondern der des reinen Seins. D i e folgende Zeit hebt die Moment« der Persönlichkeit mehr hervor. Während die philosophische Richtung in der Theologie das Selbstbewußtsein betont, hat die mehr theologische Richtung mit besonderem Nachdruck den Begriff der Liebe als den Wesensbegriff Gottes an die Spitze gestellt. D n nun Liebe Bezeichnung nicht zunächst des Wesens, sondern des Verhaltens ist, demnach Gott bereits voraussetzt, so ist es nur entsprechende Folgerichtig.

Kit, wenn T h o m a s i u s als das Primäre in Gott de» Willen bezeichnet:

Gott die absolute Persönlichkeit — demnach das Dreifache, alMtter Will«.

Selbstbewußtsein, Sein, zusammengefaßt: Geist.

Aber ist es ein vollziehbarei Gedante, da« Sein als dlitteö M o -ment auf Wille und Bewußtsein folgen zu lassen, da es doch neben diesen als eine unterscheidbare Bestimmung von Gott gar nicht zu bestehen »er-mag? Wie T h o m a s i u s , so geht auch P h i l i p p i von der Thatsache un-serer Gottesgemeinschaft aus. auf Grund deren wir Gott vor Allem «Is die persönliche Liebe erfahren. Daraus leitet P h i l i p , p i die drei Bestimm»»' gen ab: Gott ist absolute Substanz, absolutes Subjekt, absolute Liebe.

Aber abgesehen von dem Ausdrucke „absolute Substanz", womit die Mei>

tät, Independenz und Nothwendigkeit des göttlichen Seins ausgedrückt sein soll, ist es eine dein christlichen Bewußtsein fern liegende Abstraktion, E M zuerst als Sem, und dann erst als Persönlichkeit zu beschreiben, statt alle Aussagen über Gott Aussagen über dies „Subjekt" sein zu lassen. P H i -l i p p i tade-lt T h o m a s i u s darum, daß er, „gegen den a-l-lyrmeü-len'tirch-li-

allyrmeülen'tirchli-1) I, 284.

2) f. »29.

3) Den« e»t in«,-» et »iu>z>Ii»i»»im» o»»onti». Heu» ««t »in>pli«i«Äii>» « j » . z»1ie!t»8. In v«o iäein «»t ««»« «t intsUizel« et voll«. G e i h . lo«l-!lll, !?3 ,<^,,

Ihomas. I. 32, 24fs.

160

Prof. Di. Luthardt,

chen Consensus", den Willen als das Primitive in Gott fasse '). Aber ist es denn ein Produkt der Energie christlichen Glaubens, Gott vor Allem als das Sein, als ?i> övicu? äv zu fassen, und nicht vielmehr ein Erzeugniß heidnischer Philosophie, deren Tradition, und wen» sie noch so alt ist, kein Recht der Czi-stenz in der Kirche koustituirt? Es ist die Weise philosophischer Betrachtung vom Sein auszugehn, um von da aus die Persönlichkeit zu gewinnen 2).

Das ist ihre höchste Aufgabe in Betreff Gottes, die sie z» lösen vermag.

Die Theologie dagegen hat damit zu beginnen. I h r Gott ist von vorn-herein ein persönlicher. V o n diesem hat sie nun zu sagen, was er sei. D a kann sie nun gar nickt mehr zu solchen abstrakten Bestimmungen, wie daß er das schlechthin einfache Sein — m e r a vt Zimplioissiiug, Wsentia — kommen, sondern wenn sie ihn eus nennt, so muß sie dem gleich inhalts-volle Bestimmungen geben. Wird Gott theologisch nicht sofort in seiner konkreten Bestimmtheit und Lebendigkeit gefaßt, so wird entweder dem Deismus oder dem Pantheismus der Weg gebahnt. Diese doppelte Kon»

seqnenz hat der abstrakte Gottesbegriff unserer Alten wenigstens nicht ab-geschnitten °j.

Das Niedrigste, was von Gott gesagt werden kann,' ist offenbar, daß ei oau82, s u i , seine eigene That, sei. Das hat nicht bloß die negative Be-deutung, die Begründung Gottes durch etwas Außergöttliches zu ver-neinen, wie P h i l i p p i meint«), sondern auch die positive, ihn in der Ein-heit des Seins und Werdens aus ihm selber zu erfassen. Und das ist nicht eine von der Schrift verlassene Spekulation, wie derselbe behauptet ^), son-dem ist mit der Schriftbezeichnung Gottes als des Lebens gesagt.

Wenn ich recht sehe, sind die umfassendsten Aussage», welche die Schrift von Gott thut, die, daß er das Leben, daß er das Licht, daß er die Liebe sei. Das erste — diese mehr metaphysische Gottesbezeichnung — schließt die Bestimimmgen der Aseität und Geistigknt in sich. S o Gott zu-nächst zu fassen, sind wir veranlaßt, sofern er uns vor Allem als Grund und

1) i l , 63f.

2) Vgl. z. B. Schade über den Gegensatz des theist. und pantheist. Stand-punkts. 1648. S. 155 ff., 174, 801, 205. — Schellina, Philos, der Mythol.

1857. S. 29fl.

3) Vgl. Auberlen, die göttliche Offenbarung 1, 192 ff. Vgl. auch Schel-l i n g a. a. O. S. 77f.

4) I I . 64.

ö) I I , 65.

Beiträge zur Dogmatik. 161 Ziel unseres gesammten Lebens zuin Vewiißtscin kommt: t u uo» oroasti aä to et cor uostrum inc>uietuiu est äonoo rs^uieseat i u w . Als persönliche aber sind wir sittliche Wesen, und Gott ist unser sals sittlicher Wesen) Grund und Ziel, Das ist er als Licht, d, i, als der sich selbst gleiche und s,imit heilige, als welcher er Allem, was er nicht ist, entnom-men ist nnd es von sich ausschließt und was ihm widerstreitet verneint.

Darin liegt denn, daß Gott der Selbstglcichc oder Unveränderliche und Vollkommene, der Wahre »nd der Gute ist. Das ist die ethische Erhe-bung des Gottesbcgriffcs, welche T h o m a s i u s dadurch vollzieht, daß er auf seine drei Bestimmungen des Willens, des Selbstbewußtseins und des Seins die weitere folgen läßt: Gott ist absolute Vollkommenheit. Daß aber Gott sich zum Grunde und Ziele unsrer Guttcsgemcinschaft gesetzt hat, das läßt ihn uns als die Liebe erkennen, und zwar nicht zunächst als die Liebe zu sich selbst, sondern zu uns, als oaritas Udsra, als donum

oonimuui-«ativulll 8 u i , nämlich aä extra.

I n diesen Aussagen über Gott sind bereits die Wcsensbestimmtheiten Gottes enthalten. Cs ist ein Verdienst von T h o m a s i u s ' Dogmatik diese von den gewöhnlichen Eigenschaftsaussagen scharf gesondert zuhaben. T h o masius nennt als solche Wcsensbestimmtheiten: absolute Macht, absolute I n -telligcnz und absolute Seligkeit, Dnrch die Trinität bestimmen sie sich ihm dann zur Heiligkeit, Wahrheit und Liebe, Aber ich kann es nicht gerecht-fertigt finden, daß nur im Zusammenhange mit der Trinität von Gott Hei-ligkeit ausgesagt wird. Sie eignet ihm als Gott und nicht erst als trini-tanschcm. Gott kann gar nicht anders denn als heiliger gedacht werden, wenn er überhaupt ethisch gedacht werden soll. Weiter aber: warum sollte die absolute Seligkeit weniger dem Trinitarischen eignen, als 5ie Heiligkeit, da doch Gott der Selige ist sofern er in sich selbst sein völliges Genüge hat

I n diesen Aussagen über Gott sind bereits die Wcsensbestimmtheiten Gottes enthalten. Cs ist ein Verdienst von T h o m a s i u s ' Dogmatik diese von den gewöhnlichen Eigenschaftsaussagen scharf gesondert zuhaben. T h o masius nennt als solche Wcsensbestimmtheiten: absolute Macht, absolute I n -telligcnz und absolute Seligkeit, Dnrch die Trinität bestimmen sie sich ihm dann zur Heiligkeit, Wahrheit und Liebe, Aber ich kann es nicht gerecht-fertigt finden, daß nur im Zusammenhange mit der Trinität von Gott Hei-ligkeit ausgesagt wird. Sie eignet ihm als Gott und nicht erst als trini-tanschcm. Gott kann gar nicht anders denn als heiliger gedacht werden, wenn er überhaupt ethisch gedacht werden soll. Weiter aber: warum sollte die absolute Seligkeit weniger dem Trinitarischen eignen, als 5ie Heiligkeit, da doch Gott der Selige ist sofern er in sich selbst sein völliges Genüge hat

Im Dokument Theologie und Kirche, (Seite 161-178)