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Bei der Kultivierung dermaler Fibroblasten auf glycierten Kollagengelen entstehen

4. DISKUSSION

4.2 Die Wirkung von AGEs auf Fibroblasten

4.2.8 Bei der Kultivierung dermaler Fibroblasten auf glycierten Kollagengelen entstehen

Ein weiteres und in dieser Form noch nicht beschriebenes Merkmal von dermalen Fibroblasten, die auf glycierten Matrices kultiviert wurden, ist das Auftreten kleiner globulärer Strukturen in der unmittelbaren Zellperipherie. Diese waren bereits im Phasenkontrast sichtbar, konnten aber ebenfalls fluoreszenzmikroskopisch nachgewiesen werden, da sie sich durch TRITC-Phalloidin anfärben ließen (Abb. 3.51).

Dieses Experiment belegte, dass die globulären Strukturen Aktin enthalten. Auf den Kontrollgelen war das beschriebene Phänomen dagegen nicht sichtbar.

Die Befunde weisen auf eine veränderte Interaktion der Fibroblasten mit glyciertem Kollagen hin, welche Einfluss auf die Morphologie und Funktion der Zellen haben könnte.

Die Interaktion von Fibroblasten mit Kollagen erfolgt zumeist über Integrine, transmembrane Verbindungsproteine in den Fokalkontakten von Zellen.

In Kollagenfasern wurden verschiedene Motive identifiziert, mit denen Integrine vorrangig interagieren, wobei die wichtigste die Aminosäuresequenzen RGD und GFOGER umfassen (Ruoslahti 1991; Knight et al. 2000). Diese Bindungsmotive werden durch die Glycierung möglicherweise chemisch modifiziert, so dass eine

direkte Maskierung erfolgt. Zu vermuten ist ebenfalls, dass sie durch eine stärkere Vernetzung der Kollagenfibrillen räumlich nicht mehr frei zugänglich sind. Die meisten Studien, die die Interaktion von Zellen mit glycierten Matrixproteinen untersuchten, ergaben eine verminderte Adhäsionsfähigkeit (Bailey et al. 1999; Sakata et al. 2000;

McCarthy et al. 2004).

In den hier dargestellten Analysen zeigte sich dagegen, dass dermale Fibroblasten sowohl auf den Kontrollgelen als auch auf den glycierten Gelen gleich gut adhärierten.

Somit war der Vorgang der Adhäsion dieser Zellen auf glycierten Kollagengelen, im Gegensatz zu den vorher erwähnten Studien, nicht beeinträchtigt. Es ist jedoch zu bedenken, dass die in der hier gezeigten Arbeit verwendeten Kollagengele aus einem Gemisch verschiedener Kollagentypen bestanden, und somit eventuell noch ausreichend Bindungsmotive für eine Wechselwirkung von Fibroblasten mit der Matrix vorhanden waren.

Das Auftreten aktinhaltiger Strukturen könnte mit einer verstärkten Adhäsion dermaler Fibroblasten auf den glycierten Kollagengelen zu erklären sein, die dazu führt, dass größere Bereiche der Fokalkontakte nicht mehr gelöst werden können. Diese müssten in Folge dessen während der Lokomotion der Zellen abgeschnürt werden, um eine Migration zu ermöglichen. Es wurden verschiedene Mechanismen beschrieben, die die Migration von Fibroblasten und Keratinozyten über eine zweidimensionale Oberfläche durch das Abtrennen von Zell-Oberflächenkontakten gewährleisten (Palecek et al.

1996; Regen, Horwitz 1992; Mayer et al. 2004; Kirfel et al. 2004). Bei Fibroblasten waren in den abgetrennten Fragmenten, die wesentlich kleiner waren als die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Strukturen, hauptsächlich Adhäsionsrezeptoren der ß1-Integrine nachweisbar, nicht aber Proteine des Zytoskeletts. Diese Daten widersprechen den hier gezeigten Ergebnissen. Es ist jedoch vorstellbar, dass eine verstärkte Bindung der Zellen an die gylcierte Matrix dazu führt, dass größere Anteile der Fokalkontakte, die auch Zytoskelettkomponenten enthalten, abgetrennt werden müssen, um eine Migration zu ermöglichen (Mayer et al. 2004). Insgesamt könnten die beschriebenen Vorgänge eine verminderte Migrationsrate von dermalen Fibroblasten auf glycierten Kollagengelen bedingen.

Der Prozess der Migration ist ein weiterer Mechanismus, der zur Kontraktion von Kollagengelen beiträgt. In der Literatur wurde bereits beschrieben, dass es bei der Migration von Fibroblasten in Kollagengelen zu einer Umorganisation und Bündelung der Kollagenfibrillen kommt (Porter et al. 1998). Diese Vorgänge konnten in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe der rasterelektronenmikroskopischen Analyse dokumentiert werden. Hier zeigte sich, dass dermale Fibroblasten teilweise vollständig in das unbehandelte Kollagen einwanderten und das sie umgebende

Kollagenfasernetzwerk in seinem räumlichen Aufbau veränderten (Abb. 3.54). Dies war bei Zellen, die auf glycierten Kollagengelen kultiviert wurden, nicht nachweisbar. Hier schienen die Fibroblasten nicht in die Gele migrieren zu können und es war keine strukturelle Veränderung der Kollagenfaserarchitektur sichtbar. Die Daten erklären die bei den durchgeführten Kontraktionsassays gezeigten Ergebnisse, bei denen die Fibroblasten die glycierte Matrix im Gegensatz zu Kontrollgelen nicht mehr kontrahieren konnten.

Die Befunde könnten, wie bereits beschrieben, auf eine erhöhte Stabilität der Gele oder eine veränderte Interaktion der Zellen mit der Matrix zurückzuführen sein. Somit würde das durch die Glycierung eingeschränkte Migrationsverhalten dazu beitragen, dass die Zellen die sie umgebende Matrix nicht bündeln und komprimieren können. Dies hätte Auswirkungen auf Wundheilungsprozesse, da die glycierte Matrix durch Fibroblasten keinen räumlichen Umbau mehr erfahren kann und somit die Wundschließung und der Heilungsvorgang erschwert würden. Ebenfalls könnte die eingeschränkte Migrationsfähigkeit der Zellen dazu führen, dass Fibroblasten langsamer in die Wunde einwandern. Auch bei entzündlichen Prozessen der Haut käme es hierdurch möglicherweise zu einer eingeschränkten Rekrutierung von immunologisch aktiven Zellen und Makrophagen, was zu einer verzögerten Immunantwort und Abwehrreaktion führen würde.

Verschiedene Studien belegen, dass glycierte Proteine die Aktivität von Matrixmetallo-proteinasen inhibieren (DeGroot 2004; Okano et al. 2002). Daher könnte eine verminderte Degradationsfähigkeit durch MMPs ebenfalls für die bereits beschriebenen Phänomene verantwortlich sein. Fibroblasten sezernieren verschiedenste MMPs und führen auf diese Weise zu einem Abbau und einer Umorganisation der sie umgebenden extrazellulären Matrix. Es ist zu vermuten, dass eine Glycierung des Kollagens die Erkennungssequenzen der MMPS zerstört oder unzugänglich macht.

Hierfür spricht ebenfalls die in der vorliegenden Arbeit nachgewiesene, eingeschränkte Degradierbarkeit von AGE-BSA durch die lysosomale Fraktion aus Mausleber sowie durch hochaufgereinigtes Cathepsin D. Der verlangsamte Abbau der glycierten Proteine durch Proteasen scheint durch eine sterische Hinderung aufgrund der Glycierung zu erfolgen und ist nicht auf eine direkte Inhibition der Enzymaktivität zurückzuführen. Die dargestellten Ergebnisse weisen somit darauf hin, dass eine Glycierungsreaktion zu einer strukturellen Modifikation von Proteinen führt und ihre Funktion verändert.