• Keine Ergebnisse gefunden

4.2 Vergleich der Dimensionen von knöchernem Geburtsweg

4.5.2 Kraft- und Energieaufwand bis zum Austreten der Brust

Für den Austritt der Brust war an beiden Gliedmaßen ein mittleres Kraftmaximum von 585 ± 160 N nötig. Dies war 32% höher als das an einer Gliedmaße (444 ± 125 N) gemessene Kraftmaximum. Mit 372 N war bei wechselseitigem Zug mit einer Differenz von 5 cm das Kraftmaximum bei Kalb Nr. XI am geringsten und mit 1037 N bei gleichzeitigem Zugmodus bei Kalb Nr. XIX am höchsten. Die niedrigste mittlere Zuglast an einer Gliedmaße wurde mit 239 N bei Kalb Nr. XVIII beim gleichzeitigen

Ergebnisse

Zug und die höchste Zuglast mit 749 N beim wechselseitigen Zug mit einer Differenz von 10 cm bei Kalb Nr. XIX beobachtet.

Der Vergleich der auftretenden Kräfte bis zum Austreten der Brust an beiden bzw. an einer Gliedmaße bei den drei Zugmodi erbrachte Variationskoeffizienten von 25,0 bis 31,0% bzw. von 18,2 bis 27,9%. Für den Energieaufwand lagen die Variationskoeffizienten an beiden Gliedmaßen im Bereich von 21,7 bis 27,5% und an einer Gliedmaße im Bereich von 24,6 bis 27,1% für die verschiedenen Zugmodi.

4.5.2.1 Kraft- und Energievergleich an beiden Gliedmaßen

Der Kraftaufwand an beiden Gliedmaßen zum Auszug der Brust unterschied sich zwischen dem wechselseitigen Zug mit einer Differenz von 5 bzw. 10 cm und dem gleichzeitigen Zugmodus nicht (p > 0,05).

Die Energieaufwendung an beiden Gliedmaßen zeigte einen signifikanten Unterschied (p < 0,001). Für den wechselseitigen Auszug mit einer Differenz von 10 cm wurde mit 104,9 ± 24,7 kJ am meisten Energie bis zum Austreten der Brust an beiden Gliedmaßen aufgebracht. Dieser Energiewert war um 9% (p < 0,01) bzw.

16% (p < 0,001) höher als beim wechselseitigem Auszug mit einer Differenz von 5 cm (96,7 ± 21,0 kJ) bzw. als beim gleichzeitigem Zugmodus (90,5 ± 24,9 kJ). Die Energie war beim gleichzeitigen Zug tendenziell um 6% geringer als beim wechselseitigen Zug mit einer Differenz von 5 cm (0,05 < p < 0,10).

4.5.2.2 Kraft- und Energievergleich an einer Gliedmaße

Betrachtet man die Maximalkräfte, welche an den einzelnen Gliedmaßen auftraten, so zeigten sich zwischen den einzelnen Zugverfahren sehr deutliche Kraftdifferenzen (p < 0,0001). Beim wechselseitigen Zug mit einer Differenz von 10 cm traten an einer Gliedmaße die höchsten Kraftmaxima mit 547 ± 115 N auf. Diese waren um 27%

(p < 0,001) höher als beim wechselseitigen Auszug mit einer Differenz von 5 cm (432

± 79 N). Beim gleichzeitigen Zugmodus waren mit 352 ± 98 N die geringsten

Ergebnisse

maximalen Kräfte an den einzelnen Gliedmaßen zu beobachten. Im Vergleich zu dem wechselseitigen Zug mit einer Differenz von 10 cm bzw. 5 cm waren die genannten Kräfte beim gleichzeitigen Zugmodus um 36% (p < 0,0001) bzw. 21%

(p < 0,001) bei gleichzeitigem Zugmodus erniedrigt.

Der Unterschied der höchsten Energiebeträge an einer Gliedmaße war bei den verschiedenen Zugmodi nur tendenziell (0,05 < p < 0,10). Dabei war der Energieaufwand an einer Gliedmaße für den wechselseitigen Zug mit einer Differenz von 10 cm mit 58,6 ± 14,4 kJ um 7% (p < 0,05) höher als beim gleichzeitigen Auszug (54,7 ± 14,9 kJ). Unterschiede im Energieaufwand zwischen wechselseitigem Zug mit einer Differenz von 5 und 10 cm (p > 0,05) bzw. zwischen wechselseitigem Zug mit einer Differenz von 5 cm und dem gleichzeitigem Zugmodus waren nicht festzustellen (p > 0,05).

Diskussion

5 Diskussion

Ziel bei der manuellen Zughilfe ist die Geburt von lebenden und entwicklungsfähigen Kälbern bei gleichzeitiger Schonung des Muttertiers (ANDRES 1962). Dies ist nicht nur aus Gründen des Tierschutzes, sondern auch vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit eines Zuchtbetriebes anzustreben (NEVILLE et al. 1978;

DEMATAWEWA u. BERGER 1997). Die bisherigen teilweise kontroversen Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Zughilfe beruhten häufig auf Empirie oder auf Beobachtungen der physiologischen Geburt. Während einige Autoren (BENESCH 1957b; SLOSS u. DUFTY 1980b; ARBEITER 1993; JACKSON 2007) den wechselseitigen Auszug propagierten, um damit eine Schrägstellung des Schultergürtels mit verringerten Querdurchmessern zu erreichen, empfahlen andere (BOECKER u. RÜSSE 1983) den gleichzeitigen Auszug um die nach ihrer Meinung optimale Keilform von Kopf und Gliedmaßen beizubehalten. Vergleichende Untersuchungen zu den auftretenden Kräften während der Zughilfe existieren bis heute nur wenige. Während FÜTTERER (1985) und WULLINGER (1985) Kraftmessungen mittels einer Federwaage bei Geburten bis zum Einzug von Kopf und Karpalgelenken in den Beckeneingang durchführten, um Prognosen für die Durchführbarkeit des weiteren Auszugs geben zu können, stand bei PADBERG (1993) die tierschutzrelevante Frage nach der absoluten erforderlichen Kraft für den gesamten Auszug mittels mechanischem Geburtshelfer im Vordergrund. Nur BOECKER (1982) führte bisher im Rahmen einer in vitro durchgeführten Studie Untersuchungen durch, bei denen die auftretenden Kräfte bei verschiedenen Zugmethoden für den Auszug eines Kalbes miteinander verglichen wurden. Die in dieser Arbeit angewandte Methode wurde jedoch nur sehr kurz beschrieben. So wurden z.B. keine Angaben über die Reproduzierbarkeit gemacht und es wurden teilweise Zugmodi gewählt, die nicht praxisrelevant sind.

Ziel der vorliegenden Studie war es daher, ein biomechanisches in vitro Modell zur objektiven Beurteilung geburtshilflicher Maßnahmen zu entwickeln und zu überprüfen, ob damit durchgeführte Versuche wiederholbare Ergebnisse liefern. In

Diskussion

anschließenden Versuchen sollten die bei verschiedenen reproduzierbaren Zugmodi auftretenden maximalen Zugkräfte und notwendigen aufgewendeten Energien miteinander verglichen werden, um auf objektiven Messergebnissen basierende Empfehlungen für die Geburtshilfe geben zu können.

5.1 Kälber

Die Entscheidung, die totgeborenen Kälber vor den Untersuchungen einzufrieren, wurde vor allem aus organisatorischen Gründen und wegen möglicherweise postmortal auftretender Veränderungen der Tiere bestimmt. Die Kälber unmittelbar nach ihrer Totgeburt über mehrere Stunden den aufeinander folgenden Auszugsversuchen zu unterziehen erschien im Blick auf gleich bleibende Bedingungen durch das allmähliche Einsetzen der Totenstarre als ungünstig. Eine Alternative dazu wäre gewesen, das Lösen der Totenstarre abzuwarten. Die dabei beginnenden Fäulnisprozesse hätten aber wiederum die Wahl nach dem geeigneten Zeitpunkt für die Untersuchungen erschwert. Darüber hinaus bot sich aus Gründen einer guten Planung das Einfrieren der Kälber vor den Auszügen an. Es konnte eine größere Anzahl von Versuchstieren gesammelt werden, während die in vitro Anlage entwickelt und fertig gestellt wurde. Das kontrollierte und gleichmäßige Auftauen der Tierkörper in der Kühlkammer war zeitlich gut vorauszuplanen und der Zeitpunkt des vollständigen Auftauens mittels ausgiebiger Palpationen v. a. im Bauch- und Brustraum gut festzustellen. Es wurden alle Versuchstiere in gleicher Art und Weise dieser Prozedur unterzogen, was für einen objektiven Vergleich einen hohen Stellenwert hatte.

Die bei den Auszügen verwendeten 20 Kälber wiesen mit 42,4 ± 2,7 kg eine ähnliche durchschnittliche Körpermasse wie bei der von ESSMEYER (2006) durchgeführten Studie auf (43,9 ± 0,3 kg). Die gemessenen Dimensionen der Scheitel- Steiß- Länge im Bereich des Kopfes und sogar im Bereich der Brust, wo beim ersten Auszug bei allen Kälbern der größte Auszugswiderstand zu beobachten war, wiesen äußerst geringe Variationen innerhalb der Versuchsgruppe auf. Auch ESSMEYER (2006)

Diskussion

gab für die Scheitelbreite der Kälber der Rasse HF in ihrer Studie vergleichbare Werte an.

Die bei einer Gliedmaßendifferenz von 0 cm, 5 cm und 10 cm erfolgten Messungen der Körperumfänge im Bereich der Ellbogen- und der Buggelenke zeigten, dass sich die Umfänge besonders im Bereich der Ellbogen bei steigender Gliedmaßendifferenz im Verhältnis zur Nullstellung änderten. Während sie auf der Höhe der kranialen Ellbogen deutlich abnahmen, stiegen die Werte auf Höhe der kaudalen Ellbogen an.

Auf Höhe der Buggelenke konnten nur geringe Änderungen der Körperumfänge bei versetzten Gliedmaßen beobachtet werden. Schließlich ließen die durchgeführten Umfangsmessungen aus Sicht der Körperumfänge allein keine eindeutige Aussage über einen günstigeren Zugmodus zu. Der Aussage von BOECKER (1982) muss daher widersprochen werden. Sie beobachtete in ihrer Studie eine deutliche Zunahme der Umfänge auf Höhe der Ellbogen- und der Buggelenke bei einseitig und auch beidseitig gebeugten Gelenken. Für die Autorin war dies ein deutlicher Hinweis für den gleichzeitigen Zug an den Gliedmaßen, um so den Vorderkörper zu strecken und damit kleinere Umfänge am Vorderkörper zu bewirken. In der vorliegenden Studie wurde die Beugung in den Ellbogen- und Buggelenken durch das Einhalten immer gleicher Differenzen von 5 cm und 10 cm zwischen den Gliedmaßen reguliert.

BOECKER (1982) machte allerdings bei ihren Umfangsmessungen keine Aussagen über den Grad der Beugung im Ellbogen und Buggelenk. Dies dürfte wohl der Hauptgrund für die sich widersprechenden Ergebnisse beider Umfangsmessungen sein und lassen das Ergebnis von BOECKER (1982) unter objektiven und praktisch relevanten Gesichtspunkten fraglich erscheinen.

5.2 Knöcherner Geburtsweg

Für die Untersuchungen stand eine konstante Vergleichbarkeit innerhalb der Versuche im Vordergrund. Es wurde immer derselbe Geburtsweg für die Auszüge eingesetzt. Dadurch war es möglich die verschiedenen Auszüge bei allen Kälbern miteinander zu vergleichen. Der in dieser Studie verwendete Geburtsweg bestand ausschließlich aus dem knöchernen Becken. Auf einen weichen Geburtsweg wurde

Diskussion

verzichtet. Nach GRUNERT und RÜSSE (1978) bestimmt die Größe des knöchernen Geburtsweges auch die maximale Weite des Geburtskanals. Das von außen angebrachte Latexband diente als Ersatz für die großen Beckenbänder, die vor der Geburt erschlaffen (SCHULZ et al. 1968; STEINER 1979). Die Hauptfunktion des Latexbandes war es, das Abrutschen des Kopfes zwischen der freien Fläche lateral des Kreuz- und Sitzbeines zu verhindern. Der Einfluss des dehnbaren Latexbandes auf die Auszüge dürfte wohl vernachlässigbar sein, da es stark dehnbar war. Darüber hinaus ging es, wie bereits erwähnt, bei der Zughilfe nicht um die auftretenden absoluten Kräfte, sondern um den Vergleich der Kräfte bei verschiedenen geburtshilflichen Verfahren unter ansonsten identischen Bedingungen.

Für die Untersuchungen wurde ein Becken einer 72 Monate alten Kuh verwendet. In dieser Altersklasse treten Dystokien nicht sehr häufig auf (MEIJERING 1984), wobei es auch nicht das Ziel der Arbeit war, die mütterlichen Faktoren als mögliche Ursachen für Geburtsschwierigkeiten zu untersuchen. Das verwendete Becken wies aber über die für die Rasse Holstein Friesian repräsentativen Größendimensionen auf (HEUN et al. 2008). Der für den Geburtsablauf wichtige Parameter der Pektenvertikale (GRUNERT u. RÜSSE 1978; NICKEL et al. 1992; HARTWIG 1993) konnte auf Grund seiner Definition als senkrechte Verbindungslinie zwischen dem kranialen Ende der Beckenfuge und der Ventralfläche des Kreuzbeins (HAMEL 1963;

JOHNSON et al. 1988; VAN DONKERSGOED et al. 1990; NICKEL et al. 1992;

WEIHER et al. 1992; KÖNIG u. LIEBICH 2001) mittels Computertomographie am isolierten Beckenknochen nicht exakt bestimmt werden (persönliche Mitteilung von HEUN 2008). Von den beiden Höhendurchmessern im Beckeneingang wurde daher nur die Conjugata vera als mediane Verbindungslinie vom Promontorium zum kranialen Ende der Beckenfuge (MENISSIER u. VISSAC 1971; LASTER 1974;

NICKEL et al. 1992; KÖNIG u. LIEBICH 2001) bestimmt.

Die Konservierung des Beckens mittels Formalin wurde einer konventionellen Mazeration vorgezogen. Die natürlichen Verbindungen zwischen Kreuz- und Darmbein und auch in der Beckensymphyse blieben auf diese Weise erhalten. Die

Diskussion

von NORMAN und YOUNGQUIST (2007) beschriebene Bewegung in der Beckensymphyse war bei dem knöchernen Geburtsweg nicht gewährleistet. Auch die Beweglichkeit des Kreuzdarmbeingelenks war bei dem verwendeten Becken sehr wahrscheinlich nicht mit den sub partu vorherrschenden Verhältnissen vergleichbar.

Dementsprechend konnte durch die eingeschränkte Bewegung im Iliosakralgelenk nicht, wie von SCHUIJT (1988) beschrieben, die Höhe im Bereich des Beckenausgangs erweitert werden. Dennoch hatte das verwendete Becken einen in Relation zu anderen Becken mit durchschnittlichen Größen hohen Beckenausgang.