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Kooperation und Spezialisierung

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 40-44)

Dokumentation einer Rekommunalisierung

I

m Zuge der Rekommunalisierung der Energieversorgung in der DDR und später in den neuen Ländern entstanden in der Landeshauptstadt Dresden wie in vielen anderen Kommunen gemischtwirtschaftliche Strukturen. Exemplarisch dafür die DREWAG Stadtwerke Dresden GmbH.

Die DREWAG wurde am 1. Januar 1930 als Aktiengesellschaft gegründet und übernahm die Versorgung der Stadt Dresden mit Gas, Wasser und Strom. Bis zum August 1948 bestand die Drewag als Kapitalgesellschaft und ging anschließend in der Kommunalen Wohnungsverwaltung, im VEB Energieversorgung Dresden bzw. VEB Energiekombinat Dresden auf. Im Jahr 1993 wurden die kurz nach der politischen Wende entstandenen Unternehmen Dresdner Wärmeversorgung GmbH (DWV) und Teile der Energieversorgung Sachsen Ost AG (ESAG) zur Dresden Elektrizität und Fernwärme GmbH (DEF) zusammengeschlossen. Diese wurde wiederum 1997 mit Dresden Gas GmbH (DG) und Dresden Wasser und Abwasser GmbH (DWA) zur DREWAG Stadtwerke Dresden GmbH fusioniert, mit der Besonderheit, dass der Abwasserbereich der DWA als spätere Stadtentwässerung Dresden GmbH selbstständig blieb. Gesellschafter der Drewag waren bis zur Rekommunalisierung im Jahr 2010 die Stadt Dresden mit 55, die EnBW mit 35 und die Thüga AG mit 10 Prozent.

Die wichtigsten Schritte des Rekommunalisierungsprozesses, der nicht nur die Drewag, sondern auch den Erwerb der Geso betraf, dokumentieren wir nachfolgend.

Übernahme der vollen kommunalen Verantwortung in ihrer Einheit aus Aufgabenträgerschaft und Leistungserbringung für alle oder einzelne Bereiche der Daseinsvorsorge auf der Grundlage und zur vollen Durchsetzung des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung. Dabei geht es zum einen um die Ersetzung der privaten durch die kommunale Aufgabenerledigung im Kontext mit einem Eigentumsübergang (Rekommunalisierung), zum anderen um die erstmalige Aufgaben-erledigung in kommunaler Trägerschaft, die bisher nicht Gegenstand der kommunalwirtschaft-lichen Betätigung waren (Kommunalisierung).

Für die Prozesse von Kommunalisierung und Rekommunalisierung sollen folgende Ebenen unterschieden werden:

ˆ Die singuläre, aufgabenbezogene Kommunalisierung/Rekommunalisierung (z.B. im Zu-sammenhang mit dem Auslaufen von Konzessionsverträgen)

ˆ Die komplexe Kommunalisierung/Rekommunalisierung für mehrere Bereiche der Daseins-vorsorge (z.B. den Gesamtbereich der Energieversorgung)

ˆ Die gesellschaftspolitische Kommunalisierung/Rekommunalisierung (Aufgabenträgerschaft und Leistungserbringung werden ergänzt durch zusätzliche Elemente der Bürgerbeteiligung und -mitwirkung wie direkte Eigentumsbeteiligung)

1 In der Literatur finden sich entweder gar keine oder nur sehr unbefriedigende Definitionen. Deshalb stellen wir hier einen eigenen Vorschlag zur Diskussion, den Prof. Dr. Michael Schäfer, Professor für Kommunalwirtschaft an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, erarbeitet hat.

Kommunalisierung/Rekommunalisierung – Versuch einer Definition1

folgenden Verhandlungen teilte EnBW am 6. Januar 2010 mit, dass die TWD als präferierter Bieter ausgewählt worden sei.

Bereits am 11. Februar erfolgte die Unter-zeichnung des Kaufvertrages noch unter Gremienvorbehalt. Am 9. März stimmte der EnBW-Aufsichtsrat zu.

ˆAm 18. März 2010 gab der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden mit über-wältigender Mehrheit dem Erwerb der GESO seine Zustimmung.

ˆIn Ostsachsen entstand damit ein starker, eigenständiger kommunaler Unter-nehmensverbund der Versorgungsbranche.

Das regionale Partnerschaftsmodell mit den ostsächsischen Städten, die Mehrheits-eigentümer an ihren Stadtwerken sind, und mit den Gemeinden, die mittels KBO oder direkt an der ENSO beteiligt sind, eröffnete die Chance, gemeinsam die Struktur der Energieversorgung zu beeinflussen.

ˆAm 27. August 2009 gaben die Landeshaupt-stadt und die Kommunale Beteiligungs-gesellschaft mbH an der Energie Sachsen Ost (KBO) bekannt, dass die ostsächsischen Kommunen einen schlagkräftigen Verbund zum Erwerb der GESO bilden und am Erwerb der GESO für den Fall deren Ver-äußerung interessiert sind.

ˆEs folgte ein Verkaufsvorgang, an dem als Bieter insbesondere ausländische Energie-versorgungskonzerne, ausländische Finanzinvestoren und das ostsächsische TWD-KBO-Konsortium auftraten.

Das TWD-KBO-Konsortium zeichnete sich dadurch aus, dass nur in diesem Konsortium die DREWAG dauerhafter Bestandteil der GESO bleiben konnte. Für die anderen Bieter ergab sich aus dem vor-gesehenen Rückkauf der DREWAG zum Ertragswert ein schwer zu kalkulierendes wirtschaftliches Risiko. Im Ergebnis der

ˆMit der ostsächsischen Sparkasse wurde für den Erwerb ein Finanzierungsmodell entwickelt. Dresden blieb damit auch weiterhin schuldenfrei, da die Technischen Werke in der Lage waren, den Kauf selbst finanziell darzustellen. Mit der Kauf-preiszahlung von ca. 836 Mio. Euro im März 2010 wurde die Transaktion abgeschlossen.

ˆDie GESO AG wurde anschließend auf die EnergieVerbund Dresden GmbH, eine 100 %-ige Tochter der TWD ver-schmolzen. Die EnergieVerbund Dresden GmbH wird das „GESO-Modell“ in der Grundausrichtung beibehalten. Es basiert auf den drei Säulen DREWAG, ENSO und Stadtwerkebeteiligungen.

Eine neue Qualität wurde dadurch erreicht, dass DREWAG und ENSO erst-malig unter einer einheitlichen Führung

stehen. n

Erstens:

Die Rekommunalisierung in Dresden – streng genommen muss man von einer Rekommunalisierung in Ostsachsen sprechen – hat zu einer Stärkung der kommunalen Versorgungswirtschaft geführt. Im Ergeb-nis des Stromvergleichs von 1992 waren in Ostsachsen wie in allen weiteren ostdeutschen Gebieten gemischtwirtschaftliche Strukturen in der Regionalversorgung entstanden. Die Enso als ostsächsischer Regionalversorger ist nunmehr wieder komplett in kommunaler Hand.

Zweitens:

Dass in Ostsachsen nunmehr ein starker, kommunaler Unternehmensver-bund der Versorgungsbranche entstanden ist, hat vor allem folgende Aspekte:

• Das Unternehmen wird nunmehr ausschließlich aus Sachsen ge-führt; der Unternehmenssitz in Dresden konnte erhalten werden.

• Mit dem Standort konnten auch die Arbeitsplätze und die lokale Wertschöpfung für die Region gesichert werden.

• Es werden Skalen- und Synergieeffekte durch vergrößerte Netz-, Erzeugungs-, Vertriebs- und Dienstleistungsvolumina möglich.

• Mit dem Unternehmensverbund entstanden und enstehen Wachstumschancen in Ostsachsen.

• Durch den Erwerb der GESO entstand ein starkes regionales Partnerschaftsmodell mit den ostsächsischen Städten, die Mehrheits-eigentümer an ihren Stadtwerken sind, und mit den Gemeinden, die mittels KBO oder direkt an der ENSO beteiligt sind.

Drittens:

Die regionale Energieversorgung in kommunaler Hand bietet die Möglich-keit, die zunehmende Differenzierung in den Rahmenbedingungen – hier sind vor allem die demografische Entwicklung und die kommunale Finanzausstattung relevant – zu kompensieren. Objektive Einflüsse auf die Ertragskraft vor allem durch die Abnahme der Verbraucherzahlen können durch Kooperation und Spezialisierung gemindert werden.

Viertens:

Die Formierung des Energieverbundes Dresden mit den beiden Säulen Drewag und Enso ist ein in jeder Hinsicht richtiger Schritt zur Konzentration kommunaler Ressourcen, auch mit Blick auf die Wett-bewerbskraft im weiter heiß umkämpften Energiemarkt.

Fünftens:

Die derzeit vor allem theoretisch formulierte Annahme, dass die kommunalen Versorger im Prozess der Energiewende besondere Chancen bei der dezentralen Erzeugung von Erneuerbaren Energien hätten, negiert, dass das Gros der eher kleinen kommunalen Ver-sorger dafür gar nicht über die technologischen und investiven Voraussetzungen verfügen. Kooperations- und Fusionsprozesse wie im vorliegenden Beispiel sind also eine elementare Voraussetzung dafür, dass die kommunale Versorgungswirtschaft diese apostrophierten Chancen auch tatsächlich nutzen kann. Die kommunale Antwort auf die Energiewende darf keinesfalls in einer Atomisierung der Erzeugung bestehen.

Der Königsweg ist vielmehr die interkommunale Kooperation. Und dieser komplizierte Prozess ist im Regelfall einfacher zu gestalten, wenn die Protagonisten der kommunalen Familie angehören.

Sechstens:

Die Rekommunalisierung in Dresden und Ostsachsen hat weit über den Freistaat hinaus Bedeutung. Sie ist im Zeitraum der letzten Jahre neben der Rekommunalisierung der Wemag, ebenfalls 2010, die bedeutendste Rückführung von Versorgungsstrukturen in die kommunale Hand im nationalen Maßstab.

Die Effekte der Rekommunalisierung Von Prof. Dr. Michael Schäfer

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Verantwortung tragen Sie für alle drei in der Ein-leitung genannten Unternehmen. Erläutern Sie uns das bitte im Zusammenhang mit einer kurzen Vorstellung von DREWAG, ENSO und EVD?

Dr. Richter:

Das ist schnell erklärt. Die ENSO ist der Regional-versorger in Ostsachsen mit den Schwerpunkten im Strom- und Gasbereich. Die DREWAG ist das Dresdner Stadtwerk und versorgt Dresden insbesondere mit Strom, Gas, Trinkwasser und Wärme. DREWAG und ENSO sind vertikal integrierte Unternehmen. Das heißt, sie bestehen aus liberalisierten Bereichen – wie Vertrieb, Beschaffung und Erzeugung – und aus dem regulierten Netzbetrieb. Die EVD ist das Binde-glied zwischen DREWAG, ENSO und den anderen ostsächsischen Stadtwerken. Also insgesamt ein starker ostsächsischer Unternehmensverbund.

Zieschank:

Und dieser Zusammenhalt oder Verbund ist nichts Neues. Wenn wir in die DDR-Zeit zurückschauen, dann gab es bereits eine einheit-liche Energieversorgung – das Energiekombinat Dresden, allerdings unter der zentralstaatlichen Leitung der DDR. Durch die politische Wende musste das DDR-System in das angestrebte föderalistische System überführt werden.

Das ergab letztendlich eine zersplitterte Ver-sorgungssituation und zahlreiche neue Akteure.

Zweckverbände, Stadtwerke und Regionalver-sorgungsunternehmen übernahmen die Ver-sorgungsaufgaben. Diese Zersplitterung führte nicht immer zu betriebswirtschaftlich optimalen Ergebnissen, so dass Bedarf nach Kooperationen, Zusammenschlüssen, strategischen Partner-schaften und Privatisierungen entstand. So sind im Zuge der vergangenen 20 Jahre in Ost-sachsen über verschiedene Zwischenschritte wieder die Gas- und die Stromversorgung in der ENSO gebündelt worden. In Dresden wurde die DREWAG – das Unternehmen war bereits von

1930 bis August 1948 der Dresdner Versorger – als Querverbundunternehmen wieder gegründet.

Dr. Richter:

Jetzt haben wir die Chance und auch die Ver-pflichtung, dass DREWAG und ENSO unter dem Dach der EVD enger zusammenwachsen.

Hierfür ist aus unserer Sicht zwingend eine gemeinsame Führung erforderlich.

Breite politischer Mehrheit für Rekommunalisierung

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Unser Generalthema lautet „Rekommunalisierung der Energieversorgung in Dresden“. Was hat sich grundsätzlich für die drei Unternehmen geändert?

Dr. Richter:

Anlass für die getätigten Unternehmenskäufe war, dass die EnBW und auch Vattenfall ihre Anteile an ostsächsischen Energieversorgungs-unternehmen verkaufen wollten und deshalb

auf dem Markt angeboten haben. Bei unserer Entscheidung waren Chancen und Risiken abzuwägen. Für uns gab es zwei Optionen.

Zum einen hätten wir abwarten können, welcher Käufer von EnBW und Vattenfall gefunden wird, um dann zu sehen, wie wir

mit diesem neuen Partner zusammenpassen.

Das entsprach jedoch nicht dem Dresdner Gestaltungsanspruch. Deshalb unterstützte eine sehr breite politische Mehrheit den zweiten Weg, dass wir uns selbst als Bieter aktiv in dem Verkaufsprozess einschalten.

Die wesentlichen Beweggründe unseres Engagements waren:

ˆErstens sollte in Ostsachsen ein starker, eigenständiger kommunaler Unter-nehmensverbund der Versorgungsbranche mit dem Erhalt der Unternehmenszentralen von DREWAG und ENSO in Dresden entstehen.

ˆZweitens sollten Standort, Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung sollen für die Region gesichert werden.

REKOMMUNALISIERUNGSFAZIT FüR OSTSACHSEN:

Entstanden ist ein starker

kommunaler Versorgungsverbund

Interview mit Dr. Reinhard Richter und Reiner Zieschank, beide u.a. Geschäftsführer der EnergieVerbund Dresden GmbH

F

ür die regionale und nunmehr kommunale Energieversorgung in Ostsachsen und Dresden steht ein Unternehmensverbund: Die EnergieVerbund Dresden GmbH, die DREWAG Stadtwerke Dresden GmbH und die ENSO Energie Sachsen Ost AG. Wer wofür zuständig ist, in welcher Konstellation diese Akteure zueinander stehen und welche Effekte sich aus deren Zusammenwirken ergeben sollen, war Thema eines Gespräches, das wir mit Dr. Reinhard Richter und Reiner Zieschank führten.

Reiner Zieschank

Dr. Reinhard Richter

ˆDrittens sollte das Risiko, das die Unter-nehmen DREWAG und ENSO aus-einanderlaufen, eliminiert werden. Nur auf diese Weise bestand die Möglichkeit, Skalen- und Synergieeffekte durch ver-größerte Netz-, Erzeugungs-, Vertriebs- und Dienstleistungsvolumina zu erreichen.

DREWAG und ENSO sind jetzt konzernun-abhängig und in einem gemeinsamen Unter-nehmens-verbund. Das eröffnet viele Optionen des Zusammengehens. Wir dürfen jedoch nicht

übersehen, dass sich die Unternehmen trotz der gemeinsamen Vergangenheit sehr unterschiedlich entwickelt haben. Das betrifft die Unternehmens-kultur, manifestiert sich in unterschiedlichen Prozessen und Strukturen bis hin zu differenzierten Marktauftritten. Das berücksichtigen wir, und arbeiten deshalb auf den verschiedenen Ebenen immer offener und besser zusammen.

„Es gibt kein dauerhaftes

Patentrezept für die Energiezukunft“

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Welche Effekte müssen aus der Rekommunalisierung mittel- und langfristig folgen, und wie wollen Sie diese Potenziale erschließen?

Zieschank:

Die traditionelle Energieversorgung erlebt turbulente Zeiten. Die Erfahrungswerte ganzer Generationen verlieren nahezu an Bedeutung.

Die Energiewende, sich ständig ändernde Regulierungsvorgaben, immer neue kostenwirk-same Umlageverfahren und ein zunehmender Preiswettbewerb um unsere Kunden prägen unser Umfeld. Technische Belange geraten zu oft in den Hintergrund, obwohl die physikalischen Grundlagen unverändert gelten.

Die großen Energieversorgungskonzerne vollziehen radikale und ungeahnte Strategie-wechsel. Die Energieversorgung wird vielfältiger und dezentraler. Es gibt kein dauerhaft gültiges Patentrezept für die Zukunft, insbesondere nicht für die nächsten 40 Jahre, in denen die Energiewende vollzogen werden soll.

Unser Unternehmensverbund schaut mit Optimismus nach vorn. Bei uns befinden sich die Intentionen der Anteilseigner und die regional verankerte Unternehmensausrichtung in Übereinstimmung. Die neue Anteilseigner-struktur ermöglicht es, den Kooperations-gedanken der ostsächsischen Energieversorger weiter auszugestalten. Aufbauend auf der seit Langem bestehenden Zusammenarbeit von ENSO und DREWAG – insbesondere in den technischen Bereichen – kommt der Kooperation unter dem Dach der EVD eine wachsende strategische Bedeutung zu. Die gemeinsame Arbeit soll so ausgeweitet werden, dass dadurch die zwei selbstständigen Unter-nehmen wirtschaftlich gestärkt werden. Es geht um das Einbringen der jeweiligen Stärken – wie z. B. Wissen, Spezialisierungen und Ressourcen – um daraus den größtmöglichen Nutzen zu ziehen.

Neue Kooperationsfelder ergeben sich vor allem aus den gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen, z. B. bei der IT-technischen Umsetzung. Bereits realisiert haben wir große Netzgesellschaften und deren Führung aus einer Hand durch eine Überkreuzverflechtung der Netz-Geschäftsführungen. Weiterhin ver-suchen wir, die Herausforderungen der Energie-wende zu meistern. Beispielsweise sind wir nicht nur durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, sondern auch beim Aufbau weiterer Produktionskapazitäten für Windstrom und Biogas aktiv.

Es ist unsere zentrale Aufgabe, die weit-sichtige Entscheidung des Stadtrates zur Rekommunalisierung der DREWAG und der ENSO nun erfolgreich auszugestalten.

Die Unternehmenskäufe sind im Wesent-lichen fremdfinanziert, so dass wir mit den

Unternehmenserträgen zwingend dazu bei-tragen müssen, dass wir mittelfristig wieder zu einer branchenüblichen Kapitalstruktur zurückkehren. Dann haben wir neben den strategischen, wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Effekten auch einen Unternehmenswert für unsere Eigentümer geschaffen. Die ersten erfolgreichen Schritte liegen hinter uns.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Gibt es aus der Neuordnung der kommunalen Energieversorgung in Dresden auch Erfahrungen, die kommunale Unternehmen anderswo in Deutschland zur Kenntnis nehmen könnten?

Dr. Richter:

Das ist eine Frage, die wir schwer beantworten können. Die Kollegen brauchen mit Sicherheit keine Ratschläge. Zudem ist kein Fall vergleichbar. Wenn Sie jedoch wissen wollen, was uns in besonders guter Erinnerung ist, dann ist das ganz klar die politische Weitsicht und Entschlossenheit, die uns über den gesamten Erwerbsprozess gestützt haben. Vor allem die enge, zugleich auch sehr flexible Abstimmung mit der Verwaltungsspitze, dem eingerichteten Lenkungsausschuss und den Unternehmens-gremien ist eine wesentliche Voraussetzung, um einen solchen Prozess in einer Kommune erfolg-reich umzusetzen. Besonders betonen möchten wir, dass die Zusammenarbeit sehr vertrauensvoll war. Nichts von den sehr sensiblen Verhandlungs-details und abgestimmten Vorgehensweisen wurde aus dem Kreis der Involvierten hinausgetragen. n

Das Interview führte Michael Schäfer www.drewag.de

www.evd-dresden.de www.enso.de

Es ist unsere zentrale Aufgabe, die weitsichtige Entscheidung des Dresdner Stadtrates zur

Rekommunalisierung der DREWAG und der ENSO nun

erfolgreich auszugestalten.

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Reiner Zieschank

Für das Zusammenwachsen von DREWAG und ENSO unter

dem Dach der EVD ist aus unserer Sicht zwingend eine ge-meinsame Führung erforderlich.

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Dr. Reinhard Richter

UNSERE GESPRÄCHSPARTNER Dr. Reinhard Richter wurde 1955 geboren.

An der Universität Leipzig schloss er 1980 sein Studium als Diplom-Physiker und 1983 eine Forschungsarbeit mit der Promotion ab. Über Tätig-keiten an der Universität Leipzig, der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Stadtverwaltung Leipzig kam er 1997 zu den Technischen Werken Dresden, wo er seit 1999 als Prokurist tätig ist. Er ist seit 2010 auch Geschäfts-führer der Energieverbund Dresden GmbH und seit 2011 auch Vorstandsmitglied der ENSO und Geschäftsführer der DREWAG.

Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Reiner Zieschank wurde 1951 geboren. Sein Studium an der Universität Karlsruhe schloss er 1978 als Diplom-Volkswirt ab. Danach führte ihn seine berufliche Karriere zunächst in die USA und von 1986 bis 1991 zur MTU nach München. Seit dem 1. Januar 1992 ist er Vorstand der Dresdner Verkehrsbetriebe und seit 1997 Geschäftsführer der Technischen Werke. 2006 wurde er zusätzlich zum Geschäftsführer der Drewag berufen, wo er als Sprecher der Geschäftsführung fungiert. Er ist seit 2010 auch Geschäftsführer der Energiever-bund Dresden GmbH. Zieschank ist Mitglied des Präsidiums des Verbandes deutscher Verkehrs-unternehmen und führt die Landesgruppe Sachen-Thüringen. Er ist verheiratet und hat ein Kind.

Wenn man von Rekommunalisierung spricht, wird man zunächst zu unterscheiden haben, auf welchem Wege dieses Ergebnis erreicht wurde.

Der oben beschriebene Prozess in Dresden hat nichts mit der Frage zu tun, wie sich Kommunen verhalten, wenn die auf 20 Jahre abgeschlossenen Konzessionsverträge enden, und sie sich dann möglicherweise entschließen, eigene Stadtwerke zu gründen oder gemeinsam mit Partnern das Netz selbst zu betreiben. Die Situation in Dresden reicht darüber hinaus: Die beiden Aktionäre EnBW und Vattenfall wollten sich aus unter-schiedlichen Motiven von ihren Beteiligungen an der ENSO bzw. GESO insgesamt trennen. Nicht nur der Netzbetrieb, sondern auch die Erzeugung und Versorgung gingen in die wirtschaftliche Verantwortung der Stadt Dresden.

Das markübliche Verfahren hierzu ist ein sogenanntes strukturiertes Bieterverfahren. Ähnlich einer Versteigerung versucht der Verkäufer durch Ansprache möglichst vieler Marktteilnehmer einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen. Genau hierin liegt das Risiko des Verfahrens. Wer am Ende das Bieterverfahren erfolgreich für sich entscheidet, muss die Frage beantworten, warum andere Bieter nicht bereit waren, einen Kaufpreis in dieser Höhe zu bezahlen. Nicht selten hat in der Vergangen-heit der Wille zum Erfolg in einem Bieterver-fahren dazu geführt, dass Unternehmen auch zu teuer gekauft wurden. Die Position kommunaler Unternehmer ist dabei typischerweise noch dadurch belastet, dass Argumente zur Recht-fertigung eines höheren Kaufpreises nur begrenzt zur Verfügung stehen. Ausländische Energiever-sorger mögen bereit sein, für einen Markteintritt in Deutschland einen strategischen Aufschlag zu bezahlen (strategischer Kaufpreis), der sich aus den nackten Zahlen des Zielunternehmens nicht ableiten lässt. Die bei der Begründung eines Kaufpreises gerne beschworenen Synergieeffekte mögen eintreten, sind jedoch häufig nur dann wirklich spürbar, wenn sie gleichzeitig mit erheb-lichem Personalabbau verbunden sind. Dies ist in der Regel nicht der Plan des übernehmenden kommunalen Unternehmens.

Was war in Dresden anders?

Auf Grund geschickten taktischen Verhaltens der Stadt durch Kündigung des Konsortialvertrages im laufenden Bieterverfahren entstand eine Situation, die es anderen Bietern schwer machte, an ihren Geboten festzuhalten. Es dürfte die Erkenntnis Platz gegriffen haben, dass ein Erwerb der GESO gegen den erklärten Willen der Stadt langfristig kaum eine erfolgversprechende Strategie ist. Dies ver-schaffte der Stadt Dresden eine besondere Position im Bieterverfahren, die letztendlich einen Erwerb zu einem Preis verhindert hat, der wirtschaftlich nicht zu begründen ist. Dass die konservativen Annahmen bei der Bewertung der Zielgesellschaft GESO von der Realität übertroffen werden, kann mit Freude zur Kenntnis genommen werden. Ökonomisch und strategisch hat die Stadt alles richtig gemacht.

Welche Lehren können aus diesem Verfahren gezogen werden?

Wegen der Entscheidungsstrukturen kommunaler Unternehmen ist es für selbige nicht einfach, die in Bieterverfahren vorgegebenen Zeitpläne zu halten.

Dies erfordert sorgfältige Vorbereitung und eine enge Abstimmung zwischen den Verhandlungs-führern und den politischen Gremien. Eine sorgfältige Unternehmensbewertung unter Berück-sichtigung aller Risiken ist auch auf die Gefahr hin unverzichtbar, dass die Chancen, das Bieterver-fahren erfolgreich für sich zu entscheiden, etwas geringer sein mögen. Besonders bei einer hohen Fremdkapitalquote muss sichergestellt sein, dass die prognostizierten Erträge auch erzielt werden, da sie regelmäßig zu einem hohen Anteil für Zins und Tilgung aufgewandt werden müssen. Wurde ein zu hoher Kaufpreis bezahlt, werden der Bieter und die finanzierenden Banken schnell von der Wirklichkeit eingeholt. Wenn es um den nackten Kaufpreis geht, werden kommunale Unternehmen in strukturierten Bieterverfahren kaum erfolgreich sein. Die Sonder-faktoren, die für das kommunale Unternehmen als Bieter sprechen, müssen gefunden, untersucht und gegebenenfalls geschickt gespielt werden.

Aus Sicht es Verfassers waren die wesentlichen Erfolgsfaktoren für Dresden die folgenden:

ˆVerhandlungsführung durch Personen, die ein hohes Vertrauen aller städtischen Gremien genießen

ˆEnge und offene Kommunikation mit allen zuständigen öffentlichen Stellen, Gremien, Aufsichtsräten und Fraktionen

ˆTaktisch geschicktes Verhalten unter Nutzung der vorgenannten Sonderfaktoren

ˆPolitische Geschlossenheit

ˆ Erwerb eines eigenständigen und gesunden Unternehmens zu einem angemessenen Kaufpreis Dresden hat damit bewiesen, dass sich auch kommunale Unternehmen trotz einschränkender rechtlicher Rahmenbedingungen in einem Bieter-verfahren erfolgreich behaupten können.

Fazit

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 40-44)