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und 25. April 2012 auf der Zukunft Kommune in Stuttgart

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 69-75)

Kommunen zukunftsfähig ausrichten

am 24. und 25. April 2012 auf der Zukunft Kommune in Stuttgart

Zwei Tage voller Austausch unter Kollegen und Experten für kommunale Belange sowie mehr als 40 hochkarätige Vorträge, Podiumsdiskussionen und Workshops zu aktuellen Themen bietet die Zukunft Kommune im Verbund

mit der public12 und der Public IT ihren Fachbesuchern. Drei Fachkonferenzen zu den Themen Konversionsflächenmanagement, Friedhofsmanagement und Social Media laden zum intensiven Erfahrungsaustausch ein.

Dem brennenden Thema Fach-kräftesicherung widmet sich eine halbtägige Veranstaltung des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg im Praxisforum der Messe. Experten aus der regionalen und kommunalen Wirtschaftsförderung und der Bundes-agentur für Arbeit vermitteln Ideen und

Impulse, wie Kommunen Unternehmen bei der Rekrutierung von Fachkräften unterstützen können.

Der Frage, ob eine Kommune ohne inter-kommunale Zusammenarbeit langfristig überhaupt

noch zukunftsfähig ist, geht Erik Schmidtmann in seinem Vortrag nach. Im Umfeld eines zunehmenden Standortwettbewerbs, anhaltender Finanzknappheit, kontinuierlichen Aufgabenzuwachses und veränderter Anforderungen an die lokale Infrastruktur müssten Kommunen in größerem Maßstab denken und handeln, so die Erfahrung des Geschäftsführers der GECON GmbH.

Informationen zum Messe-programm sowie die Möglichkeit, sich für einen vergünstigten Eintritt zur Messe online zu registrieren, finden Interessierte unter

www.zukunft-kommune.de.

Eine Information der public Messe GmbH

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“

Der Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse (1877 – 1962) hat dieses Motto in einem Brief an Wilhelm Gundert im Jahr 1960 zu Papier gebracht. Alle, die in unserem Land Politik machen, sollten es sich hinter den Spiegel stecken: vieles, was uns als Lösung präsentiert wird, taugt genau deshalb wenig, weil der faule Kompromiss bereits bei der Formulierung der Ziele Pate gestanden hat. Also auch bei künftigen Funktional- und Gebietsreformen bitte an Hermann Hesse denken!

zitiert

„Die Neufassung von Strukturen bringt immer auch ganz persönliche Probleme mit sich“, schildert Wolfgang Branoner seine Erfahrungen mit der Berliner Bezirksreform. Jeder der ursprünglich 23 Bezirke in Berlin hatte einen hauptamtlichen Bürgermeister, einen Stellver-treter, vier Dezernenten und 45 Bezirksver-ordnete. Angesichts der Verwerfungen, die eine Vereinheitlichung von Strukturen zwangsläufig mit sich brächten, wundert sich Branoner noch heute darüber, dass die Reform mit breiter Mehr-heit verabschiedet wurde. Das Bewusstsein für die Optimierung von Verwaltungshandeln sei offenbar auch bei den betroffenen Amtsträgern manchmal größer, als erwartet. Im Gegensatz zur Berliner Bezirksreform sah sich die Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern bei ihrer Kreis-gebietsreform einem deutlich stärkeren

Wider-stand der Bürger gegenüber. Abseits der Frage, wie die Kommunen für die Erfüllung ihrer Aufgaben am besten strukturiert werden könnten, hätte sich der Unmut mit der Reform aber eher an Fragen entzündet, die der persönlichen Identifikation mit der regionalen Einheit zuzuordnen seien, erzählt Ralf Drescher, der Landrat des neu gebildeten Großkreises Vorpommern-Rügen. „Name, Kreis-verwaltungssitz und Autokennzeichen standen für viele der Diskutanten über den tatsächlich funktionalen Aspekten“, so Drescher. Dies sei kaum verwunderlich, meint Prof. Dr. Michael Schäfer.

Schließlich seien die Bürger in ihrem alltäglichen Leben kaum vom neuen Zuschnitt der Landkreise betroffen. „Es gibt doch kaum jemanden, der regel-mäßig darauf angewiesen ist, das Landratsamt zu besuchen“, so der Professor für Kommunalwirt-schaft und Herausgeber dieser Zeitschrift.

Subsidiarität gilt für alle Ebenen Ralf Drescher war ursprünglich der einzige Land-rat in Mecklenburg-Vorpommern, der die Kreis-gebietsreform unterstützte. Allerdings hätte er sich gewünscht, dass die Veränderung von Strukturen noch stärker mit einer Funktionalreform einher-gegangen wäre. Das hätte jedoch auch an den Landkreisen gelegen, die sich mit ihrer destruktiven Haltung gegenüber der Landesregierung, die Diskussion um eine eventuelle Übernahme von Kompetenzen verbaut hätten. „Angesichts geringer werdender Zuweisungen und der ebenfalls sinkenden Bevölkerungsdichte im Land müssen wir unsere Optimierungsstrategien an größeren Strukturen ausrichten. Hinzu kommt, dass wir mit der Zusammenlegung von Landkreisen auch Personal-kosten einsparen können“, zeigt sich Drescher aber VIELFÄLTIGE ERFAHRUNGEN AUS VERWALTUNGSREFORMEN IN OSTDEUTSCHLAND

Grenzen überwinden

SNPC-Roundtable zur Optimierung von Verwaltungsstrukturen

G

anz Deutschland und die Neuen Bundesländer im Besonderen stehen vor enormen Herausforderungen in Bezug auf die demografische Entwicklung und die wachsende Haushaltsnot der kommunalen Ebene. Kommunale Gebiets- und Aufgabenstrukturen müssen diesen veränderten Verhältnissen entsprechen. In den Neuen Bundesländern und Berlin wurden bis zum heutigen Tage vielfältige Funktional- und Gebietsstrukturreformen realisiert. Gemeinsam war ihnen eine sukzessive Vergrößerung der kommunalen Verwaltungseinheiten.

Beginnend mit den sehr kleinteiligen DDR-Kreisen beherbergt Ostdeutschland heute die flächenmäßig größten Landkreise der Bundesrepublik.

Die jüngste Reform in Mecklenburg-Vorpommern hat diesbezüglich eine intensive Debatte aufgeworfen, wie weit diese Entwicklung gehen darf und welche Effekte sie für die demokratische Verfasstheit der Kommunen, für die Beteiligung der Bürger und für eine optimale Erfüllung der Daseinsvorsorgeaufgaben zeitigt. UNTERNEHMERIN KOMMUNE nahm dies zum Anlass, die verschiedenen Reformansätze der kommunalen Ebene zu diskutieren. Begleitet wurde die Runde von der Expertise des auf kommunale Belange spezialisierten Beratungsunternehmen SNPC in Berlin. Der Roundtable am Berlin-Charlottenburger Unternehmenssitz des Consulters vereinte eine geballte Reformerfahrung.

Der Freistaat Sachsen hat seine Kreisreform des Jahres 2008 erfolgreich implementiert, Mecklenburg-Vorpommern ist mittendrin und auch in Brandenburg ist eine Diskussion erwacht, an den letztmals 1993 veränderten Strukturen neu zu feilen. Nicht zuletzt hatte der Moderator und Gastgeber der Runde, Wolfgang Branoner, in seiner Zeit als Berliner Wirtschaftssenator die letzte Verwaltungs- und Bezirksreform in der Hauptstadt intensiv begleitet. Unterschiedliche Erfahrungen mit verschiedenen Reformmodellen bildeten so die Grundlage für eine lebhafte Debatte um den optimalen Zuschnitt von Verwaltungsstrukturen insbesondere auf der Ebene der Landkreise.

insgesamt überzeugt von der Notwendigkeit der Reform. Er hält es für zweckdienlicher „Gebiets-reformen zu realisieren, anstatt Kooperationen zu verordnen, deren Realisierung jedoch der Freiwillig-keit überlassen wird.“ Bei den Strukturen gelte es,

eine kritische Masse zu erreichen, die durch eine Mischung der Faktoren Einwohnerzahl, Fläche und regionale Verflechtung definiert werden könnte.

Helmut Preuße vertritt die Position der kommunalen Unternehmen in Berlin und Branden-burg. Generell würden kommunale Unternehmen Gebietsreformen sehr pragmatisch gegenüberstehen, stellt er klar. „Im Sinne der Planungssicherheit ist es uns dabei wichtig, die Weichen möglichst früh zu stellen.“ Gerade im Rahmen der Energiewende und der damit zusammenhängenden Investitionen sei es von enormem Interesse, zu wissen, an welchen Strukturen sich die Unternehmen in Zukunft aus-richten werden, so der VKU-Landesgruppenchef und Geschäftsführer der Stadtwerke Schwedt. Dass die Landes-SPD Brandenburg in einem viel dis-kutierten Papier Leitbilder für 2030 entwirft, sei in dieser Hinsicht zu begrüßen – obgleich inhalt-lich sicher noch Diskussionsbedarf bestünde. Ganz ähnlich sieht dies Dietmar Schulze, der Landrat der Uckermark. Vor seiner Wahl zum Landrat war er Staatssekretär im Brandenburgischen Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Ver-braucherschutz. Aus seiner Erfahrung sowohl in den Kommunen als auch auf Seiten der Landespolitik hätte er gelernt, dass vor einer Gebietsreform die Diskussion um eine optimale Verteilung der Auf-gaben und Funktionen liegen müsse. „Quantität und Qualität müssen zusammen gedacht werden“, fasst Schulze zusammen. Der Landratskollege aus Mecklenburg-Vorpommern unterstützt dies, ver-weist aber auch darauf, dass das Konzept der Sub-sidiarität für alle Seiten gelten müsse. „Wenn Ämter

und Gemeinden über bessere Möglichkeiten ver-fügen, habe ich kein Problem, Aufgaben auf diese Ebene zu verlagern. Allerdings hat sich das Land von einer Funktionalreform bislang weitgehend abgekoppelt“, so Drescher. Bevor sich kommunale Körperschaften oder die Landesebene streiten, wer für welche Aufgaben verantwortlich zeichnet, sollte erst einmal geklärt werden, ob die Leistungen in Zukunft überhaupt erbracht werden müssen, ergänzt Schulze. „Ich habe im Landtag ein Gesetz eingebracht, mit dem der Fischereischein für Fried-fische generell abgeschafft wurde.“ Auch dies sei ein Weg der Aufgabenoptimierung. Das viel diskutierte Positionspapier der Brandenburger Landes-SPD bewertet der Uckermärker Landrat als wichtigen Beitrag für eine offene Debatte. „Anstatt sich an einigen strittigen Details abzuarbeiten, sollten sich dessen Kritiker lieber konstruktiv an der Suche nach den besten Strukturen beteiligen“. Das Vorbild für eine gelungene Verwaltungsreform sieht Schulze in Sachsen. Denn hier sei eine weitgehende Struktur-reform mit einer Neuordnung von Funktionen und Aufgaben einhergegangen.

Benchmark Sachsen

Der so gelobte Rolf Keil ist 1. Beigeordneter im sächsischen Vogtlandkreis. Bei der ersten sächsischen Kreisreform 1996 handelte es sich noch um eine rein geographische Neuordnung von Verwaltungs-einheiten. Im Vogtland wurden fünf Altkreise zusammengefasst. „Angesichts der personellen Ver-werfungen ging diese Reform recht reibungslos von-statten“, erzählt Keil. In deren Folge sei es gelungen, die Personalstärke auf der kreislichen Ebene zu halbieren. „Die zweite Reform wurde dennoch not-wendig, weil die Verwaltungsstrukturen im Land insgesamt dringend einer Erneuerung bedurften.“

Allein für den Bereich Naturschutz verwies er auf ein Dickicht von fünf maßgeblichen Verwaltungs-ebenen. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und

SPD nach den Landtagswahlen des Jahres 2004 verankerte eine erneute Verwaltungsreform. Jedoch machte der Landkreistag zur Vorbedingung, dass es parallel und gleichzeitig auch eine Neuordnung von Funktionen und Aufgaben geben müsse. „Die Bevölkerung der neu gefassten Kreise sollte auch nach dem Jahr 2020 bei mehr als 200.000 Menschen liegen, die Fläche sollte nicht größer sein als 3.000 Quadratkilometer, bisherige Landkreise sollten nicht zerschnitten werden, eine Gemeindegebietsreform sollte in diesem Zusammenhang nicht erfolgen und die gleichmäßige Entwicklung der Natur- und Lebensräume gewährleistet bleiben“, schildert Keil die Leitlinien der Reform. Im Ergebnis wurde die Anzahl der Kreise auf zehn und die der kreisfreien Städte auf drei reduziert – etwa ein Viertel der Ein-heiten, die nach der Neugründung des Freistaats 1990 noch bestanden. „Im Vogtlandkreis waren die Auswirkungen der zweiten Reform nicht allzu groß, da hier lediglich die kreisfreie Stadt Plauen in den umliegenden Landkreis integriert wurde“, sagte Keil.

Im Zuge der Reform seien insgesamt 4.000 Staats-bedienstete vom Land auf die Kreisebene verlagert worden. Der Vogtlandkreis hätte aus diesem Pool 300 neue Mitarbeiter erhalten. Zusätzlich wären 180 Beamte der ehemals kreisfreien Stadt Plauen in die neue Verwaltung integriert worden. Der größere Personalbestand ging einher mit erweiterten Verantwortlichkeiten. „Im sozialen Bereich über-nehmen wir nun fast alle Aufgaben. Hinzu kommen die Vermessungsverwaltung, die Schul-netzplanung, die Landwirtschaftsämter, die hoheit-liche Forstverwaltung, Umwelt- und Naturschutz, Denkmalschutz und weiteres mehr“, zählt Keil auf. Die Landratsämter und damit die kommunale Ebene seien somit gestärkt aus der Reform hervor-gegangen und die übertragenen Aufgaben nicht an Weisungen der Landesebene gebunden. „Auch bei den kommunalen Unternehmen auf der Kreisebene haben wir in enger Kooperation mit den Nach-barkreisen sinnvolle Regelungen finden können“,

Wolfgang Branoner, Geschäftsführer von SNPC und Moderator der Veranstaltung

Helmut Preuße, VKU-Landesgruppenchef Berlin-Brandenburg (l.), und „sein“ Landrat in der Uckermark: Dietmar Schulze

heißt es abschließend. „Die Kreisreform in Sachsen ist sicherlich ein Benchmark, an dem sich andere Länder orientieren können“, entgegnet Wolfgang Branoner. Interessant sei dabei auch die Tatsache, dass der Impuls für eine Funktionalreform aus der Ebene der Kommunen kam. Landrat Schulze bestätigt diese Haltung für die Brandenburger Landkreise und die aufwallende Debatte um eine Neuordnung von Strukturen. Im Vergleich der ver-schiedenen Reformen und Reformansätze in den Neuen Ländern wird Branoners positive Bewertung der sächsischen Reform von allen Diskutanten am Tisch geteilt. Grundlage der Reform in Sachsen, war ein unabhängiges Gutachten, dessen Vorgaben weit-gehend erfüllt wurden. „Es hat uns in Sachsen sehr geholfen, auf diese unabhängige externe Expertise zurückgreifen zu können und damit für einen Aus-gleich zwischen den betroffenen Ebenen zu sorgen“, schildert Keil. Mit einer ähnlichen Herangehens-weise und der Berücksichtigung der Besonderheiten des Landes Brandenburg mit seiner Lage um die Hauptstadt Berlin sei sicherlich auch dort eine sinn-volle Strukturreform zu realisieren, zeigt sich SNPC-Geschäftsführer Robert Krock zuversichtlich für die anstehenden Diskussionen in Brandenburg.

Alle gleichberechtigt an einen Tisch

„Es ist unstrittig, dass eine gelungene Reform nur im Einklang von Strukturen und Funktionen realisiert werden kann“, so Prof. Dr. Schäfer. Die Diskussion um die Neuordnung von Aufgaben werde allerdings noch zu stark an den Gremien orientiert. „Eine angemessene Aufgabenkritik kann kein autarkes Thema der Landkreise oder der Landesregierung sein.

Sinnvoller wäre ein Forum, das all diese Institutionen vereinigt und einen ergebnisoffenen Dialog ermög-licht. Wenn externe Expertise diesen Ausschuss moderieren würde, könnte man auf kurzem Wege zu tragfähigen Lösungen gelangen“, so Prof. Dr. Schäfer.

Dem Bürger sei in den meisten Fällen egal, in welcher Struktur seine Belange geordnet würden, ergänzt Robert Krock. „Die Verwaltungen sind in der Regel sehr kompetent, können diesen Prozess aber nicht ausreichend in der Öffentlichkeit kommunizieren.

Deshalb halte ich die Idee eines übergreifenden Forums mit unabhängiger Moderation für sehr

sinn-voll.“ Ralf Drescher empfiehlt in diesem Zusammen-hang, alle Aufgaben auf den Tisch zu packen und gemeinsam neu zu sortieren. Damit ließe sich ver-hindern, dass die Eitelkeiten der jeweiligen Ebene nur ihre Besitzstände verteidigen. Die Diskussion würde in der Öffentlichkeit nicht zerfasert und den Bürgern ein ausgegorener Vorschlag präsentiert, sagt Drescher in Bezug auf die sehr emotional und auf Aspekte der Identifikation verkürzte Debatte in Mecklenburg-Vorpommern.

„Die Herausforderungen, die sich bis zum Jahr 2019 stellen, sind allen bewusst. Doch die Kommunen sitzen in der augenblicklichen Debatte nicht nur im Land Brandenburg eher am Katzentisch. In welcher

Struktur könnte denn eine Diskussion geführt werden, die alle Ebenen angemessen beteiligt“, fragt Prof. Dr. Schäfer. „Die sächsische Reform hat es vor-gemacht“, entgegnet Rolf Keil. Hilfreich seien vor allem drei Punkte gewesen: Erstens die Beteiligung zweier wesentlicher politischer Strömungen durch die Abmachungen im Koalitionsvertrag, zweitens die Hinzuziehung eines externen Gutachtens und drittens der Verzicht auf eine öffentliche Diskussion über die Massenmedien. Prof. Dr. Schäfer entgegnet, dass sich auch die sächsische Diskussion auf die Beurteilung des Status Quo verengte. Im Ergebnis der Diskussion seien dann Aufgaben von A nach B geschoben worden. „Eine generelle Aufgabenkritik im Sinne: Wo werden Aufgaben angebunden und müssen sie auch in Zukunft noch erfüllt werden, habe in letzter Konsequenz nicht stattgefunden.

Zentrale Frage einer Funktionalreform ist die Aufteilung der Aufgaben zwischen Mittelzentren und Landkreisen. Angesichts der demografischen und fiskalischen Entwicklungen müssen die Mittel-zentren Kern der kommunalen Daseinsvorsorge werden. Landkreise könnten in diesem Zusammen-hang die Funktion übernehmen, interkommunale Kooperationen zu fördern“, entwirft Prof. Dr.

Schäfer sein Leitbild für eine konsequente und konsistente Aufgabenkritik. Die Landkreise in Sachsen stehen vor der Aufgabe noch einmal 30 Prozent ihres Personals abzubauen. Gleichzeitig haben die Kreistage die Möglichkeit, Aufgaben an die Kommunen zu übertragen. Im Grundsatz sei der von Prof. Dr. Schäfer skizzierte Weg also gangbar. „Und die wirtschaftlichen und demo-grafischen Zwänge geben vielfältige Impulse, ihn auch zu beschreiten“, sagt Rolf Keil.

Optimistisch in die

Brandenburger Strukturreform Helmut Preuße sieht in der Infrastruktur den wesentlichen Treiber von Gebietsreformen. „Gerade in Bezug auf die Energiewende bietet sich für

Robert Krock, Geschäftsführer von SNPC (l.), und Rolf Keil, 1. Beigeordneter im Vogtlandkreis

Prof. Dr. Michael Schäfer, Professor für Kommunalwirtschaft an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (l.), und der Landrat des neu gebildeten Großkreises Vorpommern-Rügen, Ralf Drescher

die Kommunen auch die große Chance, Wert-schöpfung in die Kommunen zu holen oder sie dort zu belassen“. Voraussetzung sei jedoch eine verstärkte interkommunale Kooperation und die Abkehr von verwaltungsbezogenem Besitzstandsdenken. „Wenn sich Landkreise in diesem Zusammenhang noch stärker als Partner der Kommunen und als Dienst-leister der Bürger verstehen, alle Seiten in einer geeigneten Struktur nach den besten Lösungen suchen und Partikularinteressen überwunden werden können, hat Brandenburg alle Chancen, aus den Erfahrungen anderer Länder zu lernen und ein anerkanntes Leitkonzept für die Neustrukturierung

öffentlicher Aufgaben zu entwickeln“, so Robert Krock. Sein Partner bei SNPC, Wolfgang Branoner, fasst die Diskussion zusammen. In Bezug auf die zentralen Aspekte Gebietsstrukturen, Funktionen und eine angemessene Aufgabenkritik müsse ein Raum geschaffen werden, in dem sich alle betroffenen Seiten ergebnisoffen und konstruktiv mit einer Optimierung von Strukturen auseinander-setzen. „Wesentliche Treiber der Debatte sind die Infrastruktur, die Erreichbarkeit, die Bürgernähe und die Kosten. Die repräsentative Demokratie ist dazu da, dem Bürger hier Orientierung zu geben und ihn zu überzeugen“, so Branoner. Bei

der-TEILNEHMER (IN NAMENSALPHABETISCHER REIHENFOLGE)

ˆ Drescher, Ralf, Landrat Vorpommern-Rügen

ˆ Keil, Rolf, 1. Beigeordneter Vogtlandkreis

ˆ Krock, Robert, Geschäftsführer SNPC GmbH, Berlin

ˆ Preuße, Helmut, Mitglied des Präsidiums des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) und Vorsitzender der VKU-Landesgruppe Berlin-Brandenburg

ˆ Schäfer, Michael, Prof. Dr., Professor für Kommunalwirtschaft, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (FH), Herausgeber und Chefredakteur UNTERNEHMERIN KOMMUNE

ˆ Schulze, Dietmar, Landrat Uckermark Moderation:

ˆ Wolfgang Branoner, Senator a.D., Geschäftsführer SNPC GmbH, Berlin

Die relevanten Ebenen sollten sich zusammentun, alle Aufgaben auf einen Tisch packen und gemeinsam

neu sortieren. So ließe sich verhindern, dass die Eitelkeiten

der jeweiligen Ebene nur ihre Besitzstände verteidigen.

„ ______________________

Ralf Drescher Landrat Vorpommern-Rügen

art komplexen Fragestellungen könne dies nur in einer breiten Allianz aus politischen Ebenen und Interessen erfolgen. „Die heutige Diskussion mit Protagonisten aus unterschiedlichen Ländern, unterschiedlichen Parteien und mit unterschied-lichen Erfahrungen stimmt mich zuversichtlich, dass Pragmatismus, Selbstreflexion und Verantwortungs-bewusstsein groß genug sind, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.“ n

Das Gespräch dokumentierte Falk Schäfer www.snpc.de

Mit der Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern sind deutschlandweit die flächenmäßig größten Landkreise entstanden.

Tatsächlich muss die Energiewende in den Kommunen gelingen, denn viel mehr noch als die Abkehr von nuklearen und fossilen Energieträgern geht es um die Wechsel von technischen Groß-kraftwerken zu kleinen regenerativen Anlagen, die Energie verbrauchsnah, klimaneutral und ohne Übertragungsverluste erzeugen können. Abhängig von den individuellen topografischen Voraus-setzungen wird jede Kommune ihr Potenzial untersuchen, um sich mit einem optimierten Mix von Wind, Sonne, Biomasse, Geothermie und Speicherung möglichst unabhängig von künftigen

Energieimporten zu machen. Gleichzeitig hat sie die Möglichkeit durch Verpachtung von Land und Dachflächen, Beteiligungen an Anlageinvestitionen und die Stärkung des örtlichen Handwerks auch wirtschaftlich von der Energiewende zu profitieren.

Die Kommunen benötigen eine Energie- und Klimastrategie Die Energiewende macht es nicht nur möglich, dass die Kommunen sich stärker in die Gestaltung der Energieversorgung einbringen, vielmehr ist der politische Gestaltungswille der Kommune Voraussetzung für ihr Gelingen! Denn

Energie-wende heißt nicht nur lokale Energieerzeugung, sondern auch Energieeffizienz, Sanierung von Gebäuden, Umgestaltung von öffentlichen Räumen, neue Mobilitätskonzepte, die Vernetzung von Unternehmen untereinander und mit sozialen Einrichtungen, mithin der Entwurf eines ganz-heitlichen Energieerzeugungs,- einsparungs und –austauschskonzeptes oder eines integrierten Energie- und Klimaplans.

Verbraucher werden zu Erzeugern und Anteils-eignern von Erzeugungsanlagen. Sie müssen ihre Gebäude energetisch sanieren und ihr Verhalten ändern, ihnen müssen Anreize zum Mitmachen geboten werden. Hier bietet sich die Chance zu einem neuen Miteinander und zu einem attraktiven sozialen Umfeld, die vor allem Kommunen mit drohendem Bevölkerungsrückgang interessieren dürfte. Die Energiewende ist insofern vor allem ein tiefgreifender gesellschaftspolitischer Prozess.

Was vor einigen Jahren im Zuge der Netz-konzessionierungen als „Rekommunalisierung“ noch vor allem eine verwaltungstechnische Angelegenheit zu sein schien, entwickelt sich unter den Heraus-forderungen des Klimawandels zur Vision einer

„Kommunitarisierung“ unserer Gesellschaft, d.h. das Unabhängigerwerden menschlicher Gemeinschaften von globalen Finanz-, Waren- und Energieströmen.

Vom reinen Netzbetreiber zum Partner für die kommunale Energiewende

Der jahrhundertelange, genossenschaftlich organi-sierte Kampf gegen das Meer mag die Niederländer

von altersher gelehrt haben, dass der Mensch große Herausforderungen nur in gemeinschaftlicher Ver-antwortung meistern kann. Jedenfalls hat Alliander, der größte niederländische Betreiber von Strom- und Gasnetzen in kommunaler Hand, das gewaltige Programm AmsterdamSmartCity vor Jahren mit einer Millioneninvestition alleine zur Schaffung von Bürgerakzeptanz gestartet. Amsterdam will zur

„grünsten Metropole der Welt“ werden und parallel dazu hat Alliander im „Städtedreieck“, einer gemischt urban-ländlichen Region zwischen den Städten Apeldoorn, Deventer und Zutphen ein Programm initiiert mit dem Ziel der CO2-Neutralität ab 2030.

In Deutschland betreibt Alliander seit über zehn Jahren Strom- und Gasnetze und öffentliche Beleuchtung. Im vergangenen Jahr hat Alliander im Berliner Umland zehn neue Strom- und Gaskonzessionen erworben. Die Städte und Gemeinde haben Alliander konzessioniert, weil sich das Unternehmen als „aktiver Netzbetreiber“

in einem höchst dynamischen Umfeld dem Gelingen der Energiewende in Partnerschaft mit den Kommunen verpflichtet hat. Dies vor dem Hintergrund, dass Energieversorgung spätestens seit Fukushima mehr bedeutet als die zuverlässige Durchleitung von Strom und Gas. n

www.alliander.de KOMMUNALE ENERGIEVERSORGUNG:

Nach Fukushima mehr als nur Durchleitung

Von Stefan Slembrouck, Leiter Corporate Marketing, Alliander AG

D

ie Katastrophe von Fukushima hat in Deutschland eine Dynamik in der Energiewirtschaft entfacht, der man ohne weiteres revolutionären Charakter zugestehen kann. Manchen geht es zu schnell, vielen zu langsam, immerhin wird die Energiewende eher als Chance denn als Risiko wahrgenommen. Der Ausstieg aus der Atomenergie konnte nur „von oben“ verordnet, die Energiewende jedoch muss nach Meinung unseres Autoren „von unten“ realisiert werden. Stefan Slembrouck erläutert im nachfolgenden Text auch, warum ein kommunaler Netzbetreiber aus den benachbarten Niederlanden in diesem Prozess ein strategischer Partner sein kann.

Der jahrhundertelange, genossenschaftlich organisierte

Kampf gegen das Meer mag die Niederländer von altersher gelehrt haben, dass der Mensch

große Herausforderungen nur in gemeinschaftlicher Ver-antwortung meistern kann.

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Stefan Slembrouck

UNSER AUTOR

Stefan Slembrouck wurde am 26. Januar 1960 in Köln geboren und wuchs in der Schweiz auf. Nach dem Abitur/Matura studierte er in Belgien Philosophie, Literatur und Sozialwissen-schaften und begann danach eine Karriere in der Privatwirtschaft, die ihn über Verkauf, Marketing und Produktmanagement bis in die Strategie-bereiche von multinationalen Konzernen führte.

2009 stieß Stefan Slembrouck zu Alliander und wurde für das Unternehmen im Bereich Netzakquisitionen, Strategieentwicklung und Kommunikation tätig, Seit 2011 leitet er die Ab-teilung Corporate Marketing. Stefan Slembrouck ist verheiratet und hat vier Kinder.

Stefan Slembrouck

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 69-75)