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Konkretisierung und Wiederaufbau staatlicher Strukturen in Deutschland

4 EXPLIKATION DES BUNDESDEUTSCHEN FÖDERALISMUS –

4.3 Konkretisierung und Wiederaufbau staatlicher Strukturen in Deutschland

Die alliierten Machtgeber übernahmen die Aufgabe des Katalysators der föderal-staatlichen Installation. Dabei förderten sie vertikal die Eigenständigkeit der deutschen Politik aktiv „von unten nach oben“.60 Bereits zu einem frühen Zeitpunkt wurde den Deutschen ihre Selbstverwaltung61 in Form von Bürgermeistern und Landräten wieder zurückgegeben.

Eine wichtige, rahmengebende Voraussetzung für die Errichtung der deutschen Staatlichkeit war die Festlegung der geographischen Markung. Die Grundlage für die territoriale Fixierung der Grenzen bot die alliierte Westzone. Die modale Einteilung der Länder wurde dabei dual vorgenommen. Zum einen blieben ursprüngliche Ländergrenzen – bspw. in Bayern – bestehen, zum anderen wurden neue Länder gebildet, die jedwede Tradition und Historie außer Acht ließen. Diese katasterlichen Maßnahmen bei der Grenzziehung wurden überwiegend von den Alliierten praktiziert und so war damals – unverwunderlich - die Rede von einer willkürlichen Grenzziehung ohne jegliche Berücksichtigung von kulturellen, traditionellen und wirtschaftlichen Beziehungen. Aus diesem Grund gab es in den letzten Jahrzehnten immer wieder Anstoß zu Diskussionen über eine Neugliederung der Länder, die im Deutschen Grundgesetz legitimes Mittel ist, um langfristige Probleme von Ländern zu lösen62. Die drei westlichen Besatzungszonen versuchten schon frühzeitig die Zusammenarbeit zu koordinieren und semi-zonale Organe, zur Verbesserung der Abstimmungen untereinander, einzurichten.63

Die Konfiguration einer deutschen Verfassung wurde von den Alliierten in die Hände der Ministerpräsidenten gelegt. Die Delegation arbeitete im Verfassungskonvent von Herrenchiemsee einen Verfassungsentwurf für Deutschland aus. Dieser stellte die Basis für das deutsche Grundgesetz und war somit wichtige Wegmarke für die Ausgestaltung des politischen und gesellschaftlichen Systems in Deutschland.

Eine grundsätzliche Festlegung, die von den Entscheidungsträgern zu treffen war, bildete sich in der Wahl der Staatsform heraus. Letztendlich fiel die Entscheidung auf

60 Ebenda, S. 78.

61 Die Rückgabe der Selbstverwaltung unter diesem Gesichtspunkt kann nicht als umfassend betrachtet werden; jedoch stellt diese den Beginn deutscher Handlungsaktivität dar.

62 Vgl.: Art. 29 Neugliederung des Bundesgebietes, Grundgesetz.

URL: http://www.bundesregierung.de/Gesetze/Grundgesetz-,4244/II.-Der-Bund-und-die-Laender.htm, [Zugriff: 06.08.2004].

63 In der amerikanischen Zone wurde ein Länderrat in Stuttgart eingerichtet, der als Abstimmungsorgan fungierte.

Kapitel 4: Explikation des bundesdeutschen Föderalismus – Entstehung und Aufbau eine „Bundesrepublik“, die einem „Bund deutscher Länder“ vorgezogen wurde. Diese Entscheidung deutete bereits begrifflich auf ein engeres Zusammenwirken der Länder untereinander hin.

Der legislative Rahmen wurde ebenfalls ausgearbeitet. Dabei fiel die Wahl auf eine ausschließliche Gesetzgebung, dessen Kompetenzen vom Bund und von den Ländern ausgeübt werden sollten. Außerdem wurde sowohl eine konkurrierende als auch eine Rahmengesetzgebung vereinbart. Diese Charakteristika stellen für die noch folgende Betrachtung der Reformforderungen der Kompetenzverteilung in der Gesetzgebung die Ansatzpunkte. Dies trifft insbesondere auch dann zu, wenn nach den zuständigen Stellen innerhalb der Berufsbildung gefragt wird und in diesem Zusammenhang auch Forderungen nach Veränderungen in den Gesetzgebungskompetenzen gestellt werden.

Innerhalb des staatlichen Formgebungsprozesses stellte die Debatte um die zweite Kammer eine zentrale Partie dar. Hierin kommen auch die Verankerungen der staatlich-historischen Strukturen zum Vorschein. Die Dispute oszillierten zwischen zwei konkreten Modellen. Ein Pol stellte das „Senatsmodell“ nach amerikanischem Vorbild dar, welches von der SPD bevorzugt wurde. Dieses repräsentierte den Wunsch nach einer Vertretung des Volkes, die direkt von diesem gewählt werden sollte. Kritikpunkte am Senatsmodell waren eine Reproduktion der Landesparlamente und eine parteiliche Weisungsgebundenheit der Senatoren bei einer eventuellen Parteizugehörigkeit.

Der andere Pol bekundete das „Bundesratsmodell“ nach traditionellem Vorbild aus den staatlichen Vorgängern der Bundesrepublik Deutschland, welches von der CSU votiert wurde.64 Dieses Modell repräsentierte die Errichtung einer zweiten Kammer als Vertretung der Länder und etablierte die Souveränität jener auf Bundesebene. Nach langen Diskussionen verständigten sich die Protagonisten letztendlich auf das Bundesratsmodell.65

64 Vorbild aus der Bismarck-Zeit war der Bundesrat oder auch der Reichstag aus dem Hl. Römischen Reich.

65 Vgl. Laufer, Heinz; Münch, Ursula: Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland. Opladen:

Leske + Budrich, 1998, S. 82ff. oder: Vgl. Kilper, Heiderose; Lhotta Roland: Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Opladen: Leske + Budrich, 1996, S. 92ff.

5 Institutioneller Rahmen des deutschen Staatssystems

Die systemische Strukturierung im deutschen Bundesstaat gestaltet sich institutionell durchsetzt. Viele politische Einrichtungen und Organisationen bewegen die bundesstaatlichen Mechanismen.

In diesem Kapitel wird zum einen das ohne Zweifel wichtigste Organ föderaler Bundesstaatlichkeit in Deutschland, der Bundesrat, dargestellt. Die Entscheidung für dieses Modell wurde explizit getroffen und in Kapitel vier bereits modelliert.

Betrachtungspunkte in diesem Abschnitt bilden die Darstellung über den Aufbau und die Verfahrensweise des Bundesrates, unter Betonung der föderalistischen Rolle dieses Organs. Die Charakterisierung des Bundestages, als wichtigste staatliche Institution in der Bundesrepublik Deutschland, wird im Hinblick auf den föderalen Schwerpunkt dieser Arbeit nicht weiter verfolgt.

Zum anderen ist der institutionelle Bestand in der Berufsbildung Gegenstand der Betrachtung.66 Selektierte Organisationen in der beruflichen Bildung werden auf ihren föderalen Wesenszug untersucht.67 Dieser für die Arbeit essentielle Eigencharakter wird herausgestellt. Ein Perspektivenwechsel vom Föderalismus auf die Berufsbildung komplettiert die Illustration. Die Vorgehensweise wird von der Frage geleitet, welchen föderalen Beitrag diese Institutionen jeweils leisten. Die Darstellung der Bestands-aufnahme des föderalistischen Prinzips in der Berufsbildung schlägt die Brücke zum Titel der Arbeit.

Der erste Teil in diesem Kapitel wird literarisch durch deskriptiv-wissenschaftliche und institutionelle Literatur getragen. Der zweite Teil erfolgt durch die Auswertungen institutioneller Beschreibungen. Die Ausführungen werden, wenn möglich, mit föderalen Zügen gekennzeichnet.

66 Die institutionelle Betrachtung in der Berufsbildung fokussiert sich auf die organisationalen Elemente.

Als berufliche Institutionen könnten demnach auch das BBiG oder die Rahmenlehrpläne gesehen werden. Diese werden nicht explizit dargestellt, sondern dienen argumentativ als Plattform bzw.

Regelwerk für die Projektion der Organisationen.

67 Der zentrale Betrachtungspunkt innerhalb der Berufsbildung wird auf die Berufsausbildung im Dualen System und deren Institutionen gelegt. Aus diesem Grund wird nicht die gesamte Berufsbildung, wie z.B. die berufliche Weiterbildung, plakatiert.

Kapitel 5: Institutioneller Rahmen des deutschen Staatssystems

Dieses Kapitel bereitet auf die zweite Komponente des Arbeitsthemas, Reformdiskussionen des Föderalismusprinzips, vor. Dabei werden sowohl die allgegenwärtigen, zentralen Reformforderungen als auch die Reformdispute aufgenommen, die insbesondere in der Berufsbildung stattfinden.