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Konkretisierung der Lernziele technischer Bildung

3 Methodologische Aspekte technischer Bildung

4.1 Welche Ziele werden im Rahmen technischer Allgemeinbildung angestrebt?

4.1.4 Konkretisierung der Lernziele technischer Bildung

Im Gegensatz zu den curricularen Lehrplänen gehen die heute dominierenden kompetenzorien-tierten Curricula der Frage bewusst aus dem Weg, welche konkreten Lern- oder Unterrichtsziele verfolgt werden sollen. Eine intentionale Konkretisierung ist jedoch eine notwendige Voraus-setzung für die Planung und Gestaltung jeglicher Bildungsmaßnahme und damit auch für me-thodische Überlegungen. Während die beiden vorangegangenen Abschnitte dem Verständnis der Konstruktion beziehungsweise Interpretation übergeordneter Bildungsziele dienen sollten, soll hier nun der Frage nachgegangen werden, wie man von Bildungszielen, Bildungsstandards oder Grobzielen zu konkreten Lern- oder Feinzielen aufschließt. Einer einfachen Ableitung konkreter Ziele aus den Vorgaben steht in der Regel ein Konglomerat aus fachlichen, didakti-schen, pädagogischen und psychologischen Erwägungen entgegen. In der Praxis findet dem-nach ein curricularer Transformationsprozess durch die Lehrenden statt und zwar vom formalen hin zum individuellen Curriculum (Kron 2008, S. 222). Gekennzeichnet ist dieser Prozess durch subjektive Interpretationen und Schlussfolgerungen der Vorgaben. Um sich nicht allzu weit von den ursprünglichen Bildungsabsichten zu entfernen, lohnt sich daher eine Rückverfolgung der Ziele oder Kompetenzen bis zu den ggf. dahinterliegenden Überlegungen zu Schlüsselproble-men, Schlüsselchancen und Lebenssituationen sowie den daraus sich ergebenden Erkenntnis- und Verhaltensperspektiven.

Richtungsbestimmung von Lernzielen: Bildungsziele, Grobziele, Kompetenzen oder Bil-dungsstandards lassen im Allgemeinen die beabsichtigten Erkenntnis- und Verhaltensperspek-tiven durchscheinen. Wie in Abschnitt 4.1.3 dargestellt, können ErkenntnisperspekVerhaltensperspek-tiven in ver-schiedene Dimensionen eingeteilt werden, z.B. in eine naturwissenschaftlich-technologische, eine human-soziale und eine ökologische Dimension. Für die nähere Operationalisierung eines vorhandenen Bildungszieles, also für eine Beschreibung des gewünschten Endverhaltens des Lerners, ist die Verhaltensperspektive zu analysieren. Hierzu sind, wie in Abschnitt 4.1.3 dar-gelegt, wieder verschiedene Möglichkeiten gegeben, etwa Analysieren, Konstruieren und Her-stellen, Nutzen, Bewerten und Beurteilen oder Kommunizieren. Ist ein curricular vorgegebenes Ziel nicht eindeutig einer bestimmten Erkenntnis- oder Verhaltensperspektive zuzuordnen, muss diese „Richtungsbestimmung“ durch das Bildungspersonal erfolgen. Für die Richtungs-bestimmung können – wie bei der Analyse der Schlüsselprobleme bzw. Schlüsselchancen vor-her – wiederum didaktische Raster helfen (vgl. Pahl 2008, S. 116ff.).

Bezug von Lernzielen auf konkrete Lerninhaltsbereiche: Selbst, wenn die vorherrschende Erkenntnisperspektive und damit der Inhaltsbereich sowie das grundsätzlich angestrebte End-verhalten bereits grob geklärt sind, erschwert die Vielfalt möglicher Inhalte die Konkretisierung von Lernzielen. Es ist eine Antwort auf die Frage zu finden, an welchen konkreten Lerninhalten die Verhaltensoptionen nun ausgebildet bzw. angebahnt werden können. Die Problematik der Findung geeigneter Lerninhalte wird auch deswegen erschwert, weil Ziele und Inhalte sich nicht immer konsequent auseinanderdividieren lassen. Der Entscheidungsraum für die Defini-tion konkreter Lern- oder Feinziele ist demnach um die Dimension Inhalt zu erweitern (s. Abb.

4.5). Ohne der in Kapitel 4.2 beabsichtigten näheren Charakterisierung technischer Lerninhalte vorgreifen zu wollen, sollen diese kurz skizziert werden.

Technik hat einen zweckgerichteten Charakter, der die Realisierung technischer Artefakte, Sachsysteme oder Prozesse zum Ziel hat. Eine zentrale Rolle nehmen bei den Inhalten techni-scher Bildung daher die zweckorientierten, künstlichen Gebilde, also die technischen Sachsys-teme selbst ein. Sie lassen sich unter verschiedenen Aspekten oder Erkenntnisperspektiven ana-lysieren. Über eine funktionale Analyse in Haupt- und Teilfunktionen kann dabei bis zu den inhärenten Funktions- und Wirkprinzipien technischer Systeme vorgedrungen werden. Da diese auf naturwissenschaftlichen Gesetzen und Wirkprinzipien basieren, gehören naturwissenschaft-liche Erkenntnisse ebenfalls zu den unabdingbaren Inhaltsbereichen technischer Bildung. In technischen Artefakten und Sachsystemen sind Können, Wissen und Wollen einzelner Men-schen vergegenständlicht (Ropohl 1988, S. 87). Als materieller Teil der Kultur kann die Tech-nik daher nicht losgelöst von ihren Herstellungs- und Verwendungszusammenhängen betrach-tet werden. Neben die naturwissenschaftlich-technologische Dimension tritt demnach die hu-man-soziale Dimension der Technik. Selbst klassische technikwissenschaftliche Probleme las-sen sich nicht allein auf eine Sach- und Objektebene festlegen, stets ist der Mensch in seiner biologischen und sozialen Dimension sowohl als Hersteller und Nutzer mitzudenken. Zum In-haltsbereich technischer Bildung gehören daher die technischen Handlungen, Vorgehenswei-sen, Methoden oder Prozesse, die bei Herstellung, Verwendung oder Außerbetriebnahme von Technik von Bedeutung sind. In der Beschäftigung mit der Technikgeschichte erschließt sich einerseits die Nützlichkeit sowie lebenserleichternde Funktion der Technik für Individuum und Gesellschaft, andererseits fordert die Betrachtung historischer Fehlentwicklungen oder Kata-strophen zur Suche nach Antworten auf, wie ähnliche Irrungen zukünftig vermieden werden können. In der soziohistorischen Deutungsperspektive schließt die Technikgeschichte zur Technikbewertung auf. Ihr wird auch deswegen eine eigenständige Rolle zugebilligt, weil sie einen Zugang zu politischen, wirtschaftlichen, wirtschaftsgeographischen oder auch philoso-phischen und ethischen Fragen eröffnet.

In Anlehnung an die systematischen Betrachtungen Ropohls (1979a) zur Technik sowie der Gliederung von Henseler und Höpken (1996, S. 33) lassen sich zusammenfassend folgende

globale Inhaltsbereiche technischer Bildung definieren:

 Technische Artefakte, Sachsysteme und Prozesse

 Naturwissenschaftliche Grundlagen

 Technische Handlungen und methodische Vorgehensweisen in der Technik

 Technikgeschichte

 Technikbewertung

Den gesamten Entscheidungsraum zur Spezifizierung übergeordneter Bildungsziele sowie zu ihrer Konkretisierung in Lernziele verdeutlicht die Abbildung 4.5.

Abb. 4.5: Entscheidungsraum zur Bestimmung übergeordneter Bildungsziel und konkreter Lern-ziele technischer Bildung (vgl. Köck 2007, S. 56)

Operationalisierung: Mit der Entscheidung für bestimmte Erkenntnis- und Verhaltensper-spektiven sind die Operatoren für die konkreten Lern- oder Feinziele bereits vorbestimmt. Um sie zu erreichen, sind jedoch ggf. Teilziele zu formulieren. Dabei können die Operationsnamen von Müller (1990, S. 107) behilflich sein (s. Tabelle 4.2). Sie sind zwar auf den Konstruktions-vorgang bezogen, lassen sich jedoch auch für Verhaltensbeschreibungen in anderen technischen Handlungsbereichen verwenden.

Tab. 4.2: Operationsnamen als Grundlage für die Beschreibung von Lern- und Feinzielen im Rah-men technischer Bildung (vgl. Müller 1990, S. 107)

1. Bestimmen

- feststellen (abbilden, er-mitteln, untersuchen)

4.1.4 Exkurs: Probleme und Chancen im Kontext von Technik und technischer