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Allgemeine Strukturüberlegungen zu Unterrichtsmethoden

3 Methodologische Aspekte technischer Bildung

3.1 Allgemeine Strukturüberlegungen zu Unterrichtsmethoden

Funktion und Definition von Methoden: Bis heute ist die Auffassung verbreitet, der Sinn und Zweck von Unterrichtsmethoden liege allein darin, den Schülerinnen und Schülern Bildungs-inhalte zugänglich zu machen. Ausgangspunkt derartiger Überlegungen ist die Annahme eines gewissen Primats von Bildungsinhalten (was, warum?) gegenüber der Methodik (wie, womit?).

Dass es sich dabei um ein eingeschränktes Methodenverständnis handelt, macht bereits der Dis-kurs um die Gleichberechtigung von materialer und formaler Bildung deutlich (vgl. Blankertz 1974, S. 36ff.; Kron 2008, S. 73). Konkret haben etwa die lerntheoretische Didaktik von Hei-mann und Schulz oder auch die kritisch-konstruktive Didaktik von Klafki auf den bildungsbe-deutsamen Implikationszusammenhang zwischen Inhalten und Methoden verwiesen. Mittler-weile zählt die Forderung, dass die Wechselwirkung zwischen Inhalt und Methode genauer in den Blick zu nehmen sei zu den Standardformeln für didaktische Planungsprozesse. Vermieden werden soll dadurch eine hierarchisierende Über- oder Unterordnung zwischen beiden didakti-schen Kategorien (vgl. Meyer 1987a, S. 77).

Eine eindeutige Verständigung über Methodenfragen leidet jedoch – darauf weist Blankertz bereits 1974 (S. 104) hin – häufig daran, dass ganz unterschiedliche Aspekte und Dimensionen berührt werden. Dies schlägt sich etwa in verschiedenen Begrifflichkeiten oder Umschreibun-gen nieder, die im Zusammenhang mit Methoden Verwendung finden. Begriffe wie Verfah-rensweisen, Lernhilfen, Unterrichtsformen, Lehrgriffe, Unterrichtsverfahren oder Arbeits- und Aktionsformen spannen für sich durchaus eigene Bedeutungshorizonte auf (vgl. Winkel 1991, S. 12f.). Ordnung in dieses Bedeutungsgeflecht zu bringen, versucht Ewald Terhart (2000, S.

26 f.) mit einer Auswertung verschiedener Definitionen des Begriffs Methoden. Dabei stellt er vier unterschiedliche mehr oder weniger durchgängige Punkte fest: Im Rahmen der Dimension

„Zielerreichung“ dient die Methode als Mittel zur Erreichung von Lern- und Unterrichtszielen.

Innerhalb der Dimension „Sachbegegnung“ fungiert sie als vermittelnde Instanz zwischen dem zu erlernendem/anzueignendem Objekt und dem lernenden/aneignenden Subjekt. Im Mittel-punkt der Dimension „Lernhilfe“ steht die Schaffung möglichst günstiger Lernbedingungen für den Schüler. Bei der Dimension „Rahmung“ geht es um die Einbettung von Lernprozessen in den institutionellen Rahmen der Schule.

Die strukturelle Erschließung von Methoden lässt sich darüber hinaus noch auf andere Dimen-sionen ausdehnen. Da Methodenentscheidungen das interpersonelle Geschehen determinieren, kann beispielsweise von einer Sozialdimension gesprochen werden. Des Weiteren kann Me-thodenentscheidungen eine Inhaltsdimension zugebilligt werden, wenn sie selbst zum Unter-richtsinhalt bzw. Lerngegenstand werden (vgl. Köck 2015, S. 555). Weil die Methodik des Un-terrichts zuweilen mit Effizienz-, Effektivitäts- und Leistungsanalysen in Verbindung gebracht wird, weist der Einsatz von Methoden außerdem eine Evaluations- oder Reflexionsdimension auf.

Zusammenfassend lässt sich resümieren, dass es sich bei Methoden für Lehr- und Lernprozesse um auf bestimmte Ziele und Inhalte ausgelegte Vorgehensweisen handelt, die eine äußere Or-ganisations-, Handlungs- und Sozialstruktur sowie eine innere Sach-, Erkenntnis- oder Lern-struktur integrieren. Sie geben dem Handeln der am Bildungsprozess Beteiligten, dem Inhalt und dem Lernprozess Sinn und Ordnung. Als Gestaltungsmittel im Unterricht dienen sie der Aneignung der Wirklichkeit, als Unterrichtsinhalt der Handlungsfähigkeit in dieser Wirklich-keit.

Methodendiskussion: Professionelles Lehrerhandeln lässt sich an der Trias Fachkompetenz, didaktischer Kompetenz und pädagogischer Kompetenz festmachen. Entscheidungen, die auf der Grundlage dieser Kompetenzen getroffen werden, bilden die „Statik“ für die Beantwortung der Fragen, was, warum, wie und womit „etwas“ im Unterricht gemacht wird (vgl. Wernke &

Zierer 2017, S. 10f.). Reflektierte Methodenentscheidungen zählen somit – um im Bild zu blei-ben – zum „Bauplan“ für den Unterricht. Gegen ein algorithmisches Abhängigkeitsverhältnis zwischen der vorher geplanten Methode und dem resultierenden Lerneffekt lassen sich freilich verschiedene Bedenken ins Feld führen.

Alle Methodenrafinesse – so beispielsweise ein Einwand von Hilbert Meyer (2003, S. 327f.) – helfe nichts, wenn Schülerinnen und Schüler Methoden als Zwangsmaßnahmen erleben wür-den. Gegen eine starke Fixierung auf Methoden lässt sich auch erkenntnistheoretisch argumen-tieren. Besonders der Konstruktivismus hat für die Vorstellung vom lernenden Subjekt tiefgrei-fende Veränderungen gebracht. Das in Lernprozessen zu vermittelnde „Wissen“ wird hier ja nicht als unabhängige, vom Subjekt völlig neutrale Größe betrachtet, sondern als individuell konstruierte Erkenntnis. Damit wird der eine, bei allen Schülerinnen und Schülern gleicherma-ßen erfolgreiche methodische „Königsweg“ in Frage gestellt. Andererseits ist gerade der Kon-struktivismus Verpflichtung, von einer Kultur des Lehrens zu einer Kultur des Lernens zu ge-langen. Für Methodenentscheidungen bedeutet dies einen Vorrang für die Planung und Gestal-tung solcher Lernsituationen und Lernumgebungen, in denen die Schülerinnen und Schüler an-geregt werden, individuelle Konstruktionen der Wirklichkeit aufzubauen, zu reflektieren und ggf. weiterzuentwickeln (vgl. Wesemann 2006, S. 249).

Die aktuell dominierende Kompetenz- beziehungsweise Outputorientierung formeller Bil-dungsprozesse, mit ihrem Fokus auf dem Zusammenhang zwischen Wissen und Können, lenkt allerdings den Blick wieder verstärkt auf Methodenfragen. Ein kompetenzorientierter Unter-richt, der diesen Namen verdiene, müsse – so die Forderung – nicht primär von der Abfolge von Inhalten aus, sondern von den erforderlichen Lernprozessen und Lerngelegenheiten her konzipiert werden. Das bedeute, dass der Lehrer zwar weiterhin für die Bereitstellung von Wis-senselementen verantwortlich ist, aber eben auch für solche Situationen sorgen muss, in denen dieses Wissen zeitnah und möglichst selbstständig zur Anwendung gebracht werden kann (Lersch 2011, S. 41f.).

Einteilung von Methoden: Für die Einteilung der vielfältigen methodischen Erscheinungsfor-men existieren unterschiedliche Taxonomien. In den meisten Fällen orientieren sich die allge-meindidaktischen Klassifikationsversuche am zeitlichen, planerischen oder organisatorischen Umfang der Interaktions- und Aktivitätsformen zwischen Lehrer und Schüler, den Schülern untereinander oder zwischen Schüler und Lerngegenstand.

Ein allgemeines Methodenraster stellen beispielsweise Gudjons, Teske und Winkel 1991 vor.

Es beruht auf der Analyse des Ausmaßes an Kommunikation zwischen Lehrer, Schülern und Lerngegenständen und unterscheidet in ein- und mehrpolige Interaktionsformen. Eine verbrei-tete Systematik zur Klassifikation des methodischen Repertoires ist nach wie vor die von Wolf-gang Schulz (1965). Sie weist fünf Ebenen auf, die in einem dependenten und hierarchischen Verhältnis zueinanderstehen. Grundlage für die Einteilung ist das Ausmaß der vom Lehrer ge-troffenen Entscheidungen in Bezug auf organisatorische und soziale Aspekte. Der untersten Ebene der Systematik lassen sich relativ kurzfristig von der Lehrkraft vorgenommene Metho-denentscheidungen wie Lob und Tadel oder Ermunterung zuordnen. Sie werden als Urteilsfor-men bezeichnet. Darüber befindet sich die Ebene der AktionsforUrteilsfor-men, Hierzu zählen u.a. der Lehrervortrag, Experimente oder auch die Lehrerfrage. Auf der darüber liegenden Ebene der Sozialformen können folgende Formen unterschieden werden: Frontalunterricht, Gruppenun-terricht oder Einzelarbeit bzw. Stillarbeit. Grundsätzlicher Natur und damit wiederum überge-ordnet ist die Frage des Stufenaufbaus bzw. Artikulationsschemas des Unterrichts (z.B. in Ein-stieg, Phase der Erarbeitung mit Lernschritten und Wiederholung). Die oberste Ebene in diesem Modell ist den umfassenden Methodenkonzeptionen vorbehalten. Dazu zählen u.a. die Projekt-methode, induktive oder deduktive Methoden.

Auch Hilbert Meyer (1987a, S. 235 ff.) stellt ein Klassifikationsschema methodischen Handelns

vor. Für ihn konstituiert sich der methodische Gang des Unterrichts auf basaler Ebene in Hand-lungssituationen, d.h. kurzen Unterrichtsszenen, die von Lehrer und Schüler mit subjektivem Sinn belegt sind. Aus der Kombination mehrerer Handlungssituationen entstehen komplexere Handlungsmuster (z.B. Lehrervortrag, Schülerreferat, Unterrichtsgespräch, Tafel- oder Textar-beit). Diese wiederum können zu methodischen Großformen arrangiert werden (z.B. Lehrgang, Kurs, Projekt, Lektion). Da wohl nicht alle, in der Literatur als Methoden aufgeführten Erschei-nungen in dieses Schema passen, schlägt Meyer (2004, S. 74f.) zu Ordnungszwecken ein drei-stufiges Raster vor. Zur Mikromethodik zählt er verschiedene, kurzfristige Inszenierungstech-niken, wie Zeigen, Vormachen oder Input geben. Unter den Begriff Mesomethodik fallen So-zialformen, Handlungsmuster oder Verlaufsformen. Die Makromethodik umfasst die von ihm so genannten methodischen Großformen bzw. Grundformen des Unterrichts wie Freiarbeit, Lehrgänge oder Projektarbeit.

Während sich die eben aufgeführten Klassifikationsschemata vorrangig an der Reichweite so-wie der Verlaufs- und Handlungsstruktur der sozialen Interaktionen der am Unterricht Betei-ligten orientieren, fokussiert die in den Fachdidaktiken gesellschaftswissenschaftlicher Fächer gebräuchliche Einteilung von Methoden vor allem den Realitätsbezug. Unterschieden wird hier in Simulationsverfahren und Verfahren der Realbegegnung (vgl. z.B. Kolb 1981). Im Fokus der Simulationsverfahren steht dabei das sanktionsfreie, weil „nur“ simulierte Probehandeln, das seine Möglichkeiten durch die Auseinandersetzung des Lerners mit einem Modell, also einem Abbild bzw. Stellvertreter des Originals, entfaltet. Eigentümlich für die Methoden der Realbe-gegnung ist dagegen die Chance zum unmittelbaren Erfahrungsaufbau sowie zur Überprüfung oder Vertiefung bereits angebahnter Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten im realen Voll-zug. Die den einzelnen Bereichen üblicherweise zugeordneten Methoden sind in Tabelle 3.1 aufgeführt.

Tab. 3.1: Simulative Methoden und Methoden der Realbegegnung

Simulationsverfahren Verfahren der Realbegegnung

- Fallstudie - Simulationsspiel - Rollenspiel - Planspiel - Brainstorming

- Betriebspraktikum - Betriebserkundung - Experteninterview

Verfahren wie das Projekt, die Leittextmethode oder technikaffine Aufgabenarten, wie die Her-stellungs-, Instandhaltungs- oder Wartungsaufgabe integrieren Eigenschaften beider Metho-dengruppen. Sie lassen sie sich mit dem Label realitätsnahe oder projektorientierte Methoden etikettieren.

Als weiteres Einteilungskriterium für Methoden wird die bereits angesprochene Affinität einer Methode zum jeweiligen Fach bzw. zur jeweiligen Domäne herangezogen. Je nachdem, wie die Kongruenz der Methode zu Zielen, Inhalten oder auch zur Methodologie der mit dem Fach verbundenen Wissenschaftsdisziplinen eingestuft wird, lässt sie sich als fachspezifisch, fachty-pisch oder auch fachfremd charakterisieren. Bezogen auf den schulischen Technikunterricht können klassische oder fachspezifische Methoden technischer Bildung von alternativen oder fachtypischen Methoden unterschieden werden.

Insgesamt tragen diese Einteilungsmöglichkeiten, da sie ja für verschiedene Fächer und Lern-bereiche gleichermaßen Verwendung finden, wenig zur fachdidaktischen bzw. technikdidakti-schen Aufklärung von Methoden bei. Hierzu müssten Lerner, Technik und Methoden stärker aufeinander bezogen werden.