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kommunale Unternehmen

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 40-44)

Ein Vergleich von Philosophien, Realitäten und zwängen

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ie Dualität aus Regionalversorgern und Stadtwerken in Ostdeutschland ist eine direkte Folge des Stromvergleiches vor dem Bundesverfassungsgericht aus dem Jahre 1992. Sie hat über 20 Jahre die Energieversorgungsstrukturen in den Neuen Bundesländern geprägt. Aktuell zeigt sich ein Trend, in dem Stadtwerke in ihr Umland integrieren, Kommunen die Konzessionen für die Netze selbst übernehmen und eigene Stadtwerke gründen oder in dem über die Rekommunalisierung von Regionalversorgern diskutiert wird. Eine Entwicklung zu mehr kommunaler Verantwortung ist zwar generell zu begrüßen, darf allerdings nicht in einer Entsolidarisierung und Atomisierung von Versorgungsstrukturen enden. Die jahrzehntelange, in der Regel erfolgreiche, Koexistenz zwischen Regionalversorgern und Stadtwerken sollte nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Angesichts der demografischen Entwicklung und den entsprechenden Implikationen für die Märkte liegt die Strategie der Stunde nicht in Autarkiebestrebungen, sondern in der Verschränkung regionaler Interessen.

Zu diesen Themen lud UNTERNEHMERIN KOMMUNE Fachleute aus Kommunen, kommunalen Unternehmen, kommunalen Spitzenverbänden und Regionalversorgern zum gemeinsamen Austausch ins Leipziger SeaSide Park Hotel. Lesen Sie im Folgenden eine Zusammenfassung der Runde.

Karl-Ludwig Böttcher (l.) und Martin Wenzel

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

„Wir haben seinerzeit ganz objektiv gewogen, was unter den konkreten Voraussetzungen in Altenburg und angesichts der zu erwarten-den Anforderungen aus eigener Kraft möglich

ist.“ Hier hätten sämtliche Versorgungssparten eine Rolle gespielt. „Wir haben einen Partner gefunden, der uns bei den strategischen Her-ausforderungen intensiv unter die Arme greifen konnte.“ Schließlich sei dies nicht zuletzt eine Vorbedingung für die notwendige Paragraph 5-Genehmigung gewesen. Wenzel will nicht die Gegensätze, sondern eher die Gemeinsamkeiten zwischen Regionalversorgern und Stadtwerken thematisiert wissen. Schließlich hätte der betei-ligte Regionalversorger den Prozess hin zu einem erfolgreichen Mehrspartenunternehmen nach-haltig begleitet.

Bodo Himpel verweist in der Replik dar-auf, dass die Frage nach Wohl oder Wehe einer Kooperation sich möglicherweise weniger an der Wahl eines bestimmten Modells, sondern eher an den Persönlichkeiten der beteiligten Akteure entscheiden würde. Im Hinblick auf die Ein-gangsfrage nach möglichen Gegensätzen zwi-schen Regionalversorgern und Stadtwerken will die Oberbürgermeisterin des erzgebirgischen Schwarzenberg eine profane Schwarz-Weiß-Be-trachtung überwinden und stattdessen mögliche Grautöne ausleuchten. „Die Privatisierung Ende der 90er Jahre kannte genauso ihre Exzesse wie der aktuelle Trend der Rekommunalisierung“, sagt Heidrun Hiemer. Letztlich seien immer jene Unternehmen am besten gefahren, die den Ausgleich zwischen beiden Modellen und einen offenen Austausch anstrebten. Hiemer erzählt, dass nachdem die Stadt Schwarzenberg einige angrenzende Gemeinden aufgenommen hatte, innerhalb der Verwaltungsgrenzen plötzlich zwei Versorger agierten. „Wir sind auf die enviaM zugegangen und haben über eine Übertragung der

Netze verhandelt. Gegen eine größere Summe an die Stadt und die Übertragung der entsprechen-den Netze sicherten wir dem Unternehmen eine Beteiligung in Höhe von 25,1 Prozent an unseren Stadtwer-ken zu.“ Im neuen U n t e r n e h m e n werde nun eine stärkere betriebs-wirtschaftliche O r i e n t i e r u n g verfolgt, was die Oberbürgermeis-terin als angeneh-men Nebeneffekt der Transaktion ansieht. Nun gebe man zwar ein Viertel ab, aller-dings könne das Know-how des größeren Partners auch dazu genutzt werden, die Erträ-ge insErträ-gesamt zu steiErträ-gern. Eine komplette Aus-lagerung der Verantwortung im Sinne einer Übertragung von Mehrheitsanteilen sei jedoch keine Option, die die Oberbürgermeisterin ins Kalkül ziehen würde. Schließlich wolle man sich die proaktive Gestaltungsfähigkeit nicht nehmen lassen.

Zwei Partner für die Region

Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer bezieht sich auf die Ausführungen Karl-Ludwig Böttchers zur Genesis der ostdeutschen Versorgungswirt-schaft. Während dort geschildert wurde, dass sich einige kleinere Städte mit ihren Ambitionen zur Gründung von Stadtwerken etwas verhoben hätten, hätte man in Plauen angesichts einer Einwohnerzahl

von knapp 70.000 deutlich zu zöger-lich agiert. Die Kommune hätte sich seinerzeit nicht entschließen können, den Mut zur Gründung eigener Stadtwer-ke aufzubringen.

Die enviaM hätte zwar stets eine sichere Versorgung zu angemessenen Preisen gewähr-leisten können, die Erträge aus der

Versorgungs-wirtschaft seien jedoch an der Stadt Plau-en vorbeigegangPlau-en. „Und natürlich wollPlau-en die Kommunen mit ihren Stadtwerken auch Gewinne erwirtschaften“, stellt Oberdorfer klar. Denn schließlich würden diese an ande-rer Stelle den Bürgern wieder zugutekommen.

Oberdorfer ist seit dem Jahr 2000 im Amt. „Teil seiner politischen Agenda sei es gewesen, den Fehler aus den Anfangszeiten nach der Wende wieder rückgängig zu machen. „Im Jahr 2010 ist der Konzessionsvertrag der Stadt Plauen mit dem regionalen Energieversorger ausgelaufen.

Wir wollten Stadtwerke neu gründen und haben dafür eine beschränkte Ausschreibung zur Fin-dung eines strategischen Partners durchgeführt“, so Oberdorfer. Eine komplette Erledigung der Versorgungsaufgaben in eigener Hand hielt der Oberbürgermeister gerade aufgrund der gerin-gen Erfahrungerin-gen in der Versorgungswirtschaft für einen deutlich zu radikalen Weg. „Unser Partner enviaM verfügt nicht nur über das nöti-ge Know-how, sondern auch über einen großen Kundenstamm in der Stadt Plauen.“ Gerade hinsichtlich der Re-Finanzierung des Netz-erwerbs war Oberdorfer daran gelegen, einen klar betriebswirtschaftlich orientierten Partner an seiner Seite zu wissen. Die Preise hätten sich auch deshalb verringert, weil die Stadt Plauen als ein sehr kompaktes Siedlungsgebiet eine günsti-gere Versorgung ermöglicht, als in der Region.

Die enviaM ist sowohl an den Stadtwerken in Plauen als auch denen in Schwarzenberg als strategischer Partner beteiligt. Auf die Frage, inwieweit solche Modelle gerade vor dem Hin-tergrund des aktuellen Trends zu einem Mehr an kommunaler Verantwortung tragfähig erschei-nen, antwortet Carl-Ernst Giesting, Vorstands-vorsitzender der envia Mitteldeutsche Energie AG, wie folgt: „Ich kann auch deshalb keinen Widerspruch zwischen Regionalversorgern und Stadtwerken erkennen, weil beide Seiten in, für Roundtable Regionale Wertschöpfung

Prof. Dr. Michael Schäfer (l.) und Ralf Oberdorfer

Bodo Himpel (l.) und Carl-Ernst Giesting

und von der gleichen Region leben.“ Die Mög-lichkeiten, Erträge aus den Netzen zu generieren, seien für beide Seiten die gleichen. Zudem käme es aufgrund der technischen Voraussetzungen zu einer automatischen Konvergenz im Netz-betrieb. Allein die Gewinnverwendung könne sich unterscheiden. Insgesamt ist die enviaM an 29 Stadtwerken beteiligt. „Seit Beginn mei-ner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender des Unternehmens haben wir in den Aufsichtsräten kein einziges Mal Beschlüsse der kommunalen Mehrheitseigentümer torpediert. Insofern kann ich kaum Gegensätze erkennen“, so Giesting abschließend.

Mut zum Irrtum

Leider herrsche nicht in allen Konstellationen eine derart ausgeprägte Harmonie, schränkt Prof. Dr. Schäfer ein. Gerade die Diskussion um eine mögliche Rekommunalisierung der eon Thüringen würde doch zeigen, dass auch schwie-rige Konflikte ausbrechen könnten. Wenn etwa einzelne Städte mit Auslaufen der Konzessionen ihre Netze von denen des Regionalversorgers abtrennen würden, sei dies natürlich auf unter-schiedliche Interessenlagen zurückzuführen.

Martin Wenzel schließt an, „wir haben bewusst auf die Netze der eingemeindeten Stadtteile

verzichtet, weil der wirtschaftliche Effekt einer Netzübernahme den Aufwand nicht gerecht-fertigt hätte. Sicherlich war ein solcher Schritt politisch gewollt, doch nicht zuletzt unser strate-gischer Partner hatte vor einer unnötigen Über-nahme von Investitionsrisiken gewarnt.“

Prof. Dr. Schäfer nimmt den Ball von Ober-bürgermeisterin Hiemer auf und wirbt für eine differenzierte Betrachtung. Genau wie die Phase der Privatisierung kenne auch der aktuelle Trend der Rekommunalisierung seine Exzesse.

Wich-tiger sei es allerdings, die Versorgungsstruktu-ren an erwartbare Effekte der mittelfristigen Zukunft anzupassen. Der demografische Wan-del bilde hier einen übergreifenden Trend, vor dessen Hintergrund insbesondere in den Neuen Bundesländern etliche Neuorientierungen in der Versorgungswirtschaft erforderlich würden.

Adressat dieser Bemerkung war Dr. Harald Michel, Geschäftsführer des Instituts für ange-wandte Demographie in Berlin. „Demografie ist nicht alles, aber ohne Demografie ist alles nichts“, umschreibt Dr. Michel den allumfäng-lichen Einfluss demografischer Entwicklungen auf sämtliche gesellschaftliche Teilbereiche.

Andererseits sei es schwierig, allgemeingül-tige Umgangsregeln zu formulieren. Zu spezi-fisch würden die einzelnen Prozesse ablaufen zumal sich bestehende Disparitäten im Zuge des demografischen Wandels weiter verschärfen würden. „Die richtigen Antworten zu finden, ist auch deshalb so schwierig, weil es bislang noch keine Erfahrungen mit dem gesellschaftlichen Trend der Schrumpfung gibt. Gerade deshalb muss auch der Irrtum erlaubt sein, ohne gleich zwingend zu politischen Konsequenzen füh-ren zu müssen“, meint Dr. Michel. Gerade in den Neuen Bundesländern lägen Regionen mit guten Wachstumsprognosen in direkter Nach-barschaft zu strukturschwachen Räumen. „Ist es

vor diesem Hin-tergrund besser, unterschiedliche Regionen zu ver-schränken oder sollten Koope-rationen eher zwischen ähn-lichen Partnern erfolgen?“, geht eine Nachfrage an den Demo-grafie-Experten.

„Es ist vermutlich sinnvoller, spezi-fische Konzepte für spezifische Entwicklungen zu entwerfen“, fällt die Antwort recht deutlich aus. Karl-Ludwig Böttcher ver-tritt mit dem Brandenburgischen Städte- und Gemeindebund sowohl prosperierende Stadt-werkekommunen als auch kleinere Kommunen mit Beteiligungen an Regionalversorgern. „Die Unausweichlichkeit des demografischen Wandel wurde zu spät realisiert – nicht nur, aber auch in Brandenburg“, so Böttcher. Im Hinblick auf die Energieversorgung würde er nach wie vor nur solchen Kommunen zu einer Eigenerledigung raten, die über die nötigen demografischen,

wirtschaftlichen und fachlichen Vorausset-zungen verfügen. Die notwendige Solidarität zwischen den Kommunen könne nur über das Regionalversorgungsprinzip gesichert werden.

Wenn stärkere Kommunen ihre eigenen Rosi-nen pickten, sei dies noch zu tolerieren, doch

wenn sie dies auch außerhalb ihrer Gemarkun-gen tun würden, werde der Solidaritätsgedanke gesprengt. Denn „auch die Kommunen tragen eine regionale Verantwortung“, meint Böttcher.

Die Rahmenbedingungen für die Leistungen der Daseinsvorsorge müssten an die gesellschaft-lichen Trends angepasst werden. Hier sollten sich nicht nur verschiedene Kommunen son-dern auch verschiedene Sparten noch stärker verschränken. Im Hinblick auf die Energiewen-de plädiert Böttcher für mehr Konsistenz und mehr Konsequenz bei der Schaffung passender politischer Rahmenbedingungen. Zudem weist er darauf hin, dass die Dezentralisierung genau dort ihre Grenzen hätte, wo Strom in nennens-wertem Maße auch industriell versorgungssicher zur Verfügung stehen müsse.

Steigende Netzkosten und weniger Kunden

Auch Carl-Ernst Giesting bezieht sich auf den demografischen Wandel, wenn er aus diesen Prozessen eine wachsende Interessendivergenz zwischen Ballungsräumen und eher dünn besie-delten Gebieten schlussfolgert. „Die Energiever-sorgung muss von den Kunden bezahlt werden.

Wir müssen aufpassen, dass es hier nicht zu Preisdifferenzen kommt, die dazu geeignet wären, bestimmte Disparitäten zu verstärken.“

Ein Rückgang der Bevölkerung um 20 Prozent führe zwangsläufig dazu, dass die Netzkosten von einem Fünftel weniger Haushalten ausgeglichen werden müssten. Auch die Energiewende und der damit verbundene Aufwand würde sich aktu-ell eher bei den Regionalversorgern und weniger bei den Stadtwerken zeigen, so Giesting. „Derzeit haben wir in Deutschland 65 Gigawatt Kapazi-täten an Erneuerbaren Energien. Davon sind 63 Gigawatt an die Verteilnetze angeschlossen, was eindrucksvoll verdeutlicht, dass die Energiewen-de ein regionales Thema darstellt. Die Kosten für die Anbindung an die Verteilnetze steigen Roundtable Regionale Wertschöpfung

Die Privatisierung Ende der 90er Jahre kannte genauso ihre

Exzes-se wie der aktuelle Trend der Rekommunalisierung.

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Heidrun Hiemer

Dr. Harald Michel und Heidrun Hiemer

KOMMUNALWIRTSCHAFT AKTUELL

angesichts der Dezentralisierung exponentiell an.

Desweiteren werden immer mehr Eigenversorger – etwa mit Photovoltaik-Anlagen auf dem Haus-dach – aus dem Netz ausscheiden. Dies alles wird dazu führen, dass immer weniger Menschen die dennoch notwendigen Netze finanzieren werden und dass im Rahmen der energetischen Erneue-rung eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet“, so der Vorstandsvorsitzende der enviaM. Die Antwort auf diese Probleme läge in der Effizienz, der Effizienz der Strukturen und der Effizienz bei der Nutzung von Energie, so Giesting abschließend.

Ralf Oberdorfer erwähnt in diesem Zusam-menhang eine Aussage des DENA-Chefs Ste-phan Kohler. Danach soll der Netzausbau in den kommenden zehn Jahren etwa sechs Cent pro Kilowattstunde kosten. Dies entspräche etwa 25 Prozent der Stromkosten. Prof. Dr.

Michael Schäfer will diese energetische Betrach-tung um eine soziale Komponente erweitern. In den strukturschwachen Regionen des Landes würden nicht nur immer weniger, sondern auch zunehmend ärmere Kunden die proportional steigenden Netzkosten begleichen müssen. „Die Kommunen werden vor dem Hintergrund ihrer prekärer werdenden Haushaltslage kaum noch in der Lage sein, diese sozialen Schieflagen über Transferzahlungen ausgleichen zu können.“ An die Runde richtet er die, wie er selbst eingesteht, sehr komplexe Frage, welche Strukturen den geschilderten sozialen, energetischen und demo-grafischen Prozessen am ehesten gerecht werden können. Bodo Himpel freut sich über den brei-ten Konsens, der in der Runde vorherrscht. Aller-dings bedauert er im nächsten Atemzug, dass sich diese Ethik der Verantwortung nicht überall zeige. Wenn die Bundespolitik kein schlüssiges Konzept verfolgen könne, dann müssten zumin-dest die Kommunen den Ansprüchen an ein verantwortungsvolles Handeln in der Energie-politik gerecht werden. „Letztlich gibt es keine Roundtable Regionale Wertschöpfung

i infos

DIE TEILNEHMER DER DISKUSSIONSRUNDE (IN NAMENSAlPHABETIScHER REIHENFOlGE)

ˆ Böttcher, Karl-Ludwig, Geschäftsführer Städte- und Gemeindebund Brandenburg

ˆ Giesting, Carl-Ernst, Vorstandsvorsitzender envia Mitteldeutsche Energie AG

ˆ Hiemer, Heidrun, Oberbürgermeisterin Stadt Schwarzenberg

ˆ Himpel, Bodo, Geschäftsführer Halberstadtwerke

ˆ Michel, Dr., Harald, Geschäftsführer Institut für angewandte Demographie, Berlin

ˆ Oberdorfer, Ralf, Oberbürgermeister Stadt Plauen

ˆ Wenzel, Martin, Geschäftsführer EWA Energie- und Wasserversorgung Altenburg GmbH

Die Energiewende – das war Konsens in der Runde – wird zu einer Umverteilung von unten nach oben führen. Die Neuen Bundesländer werden aufgrund der unterdurchschnittlichen Sozialstruktur besonders von diesem Effekt betroffen sein.

Allerdings leben wir in einem politischen System, das sich

zunehmend daran gewöhnt hat, unangenehme Nachrichten und schlechte Aussichten einfach weg-zulächeln. Ein realistischer Befund bildet aber die einzige Grundlage, um am Ende die passenden Strategien finden zu können. In der Runde herrschte Einigkeit, dass Energieversorgung nur mit der Vernetzung regionaler Akteure nachhaltig sozial und auch ökologisch organisiert werden kann. Struk-turen müssen den Aufgaben entsprechen und nicht umgekehrt. Und größer ist in der Tat nicht immer gleich besser. Die Verwaltungsreformen in den Neuen Bundesländern haben aber leider bestätigt, dass sich letztere Sichtweisen noch nicht überall durchgesetzt haben. Falk Schäfer

Blaupause für die Energiewende und auch nicht für den Umgang mit dem demografischen Wan-del. Umso wichtiger ist es, dass wir uns etwas zutrauen, die objektiven Gegebenheiten im Auge behalten und in einem gewissen Rahmen auch den Irrtum zulassen“, schließt sich Himpel den Ausführungen von Dr. Michel an.

Ideen zur Optimierung von Strukturen

Oberbürgermeisterin Hiemer vermutet, dass die Sachzwänge der geschilderten Prozesse auch in der Bundespolitik anerkannt würden. Allerdings würden politische Zwänge innerhalb unserer repräsentativen Demokratie teilweise verhindern, dass sachorientiert entschieden und offen kom-muniziert werde. In Bezug auf die Frage nach sinnvollen Strukturen weist sie darauf hin, dass größer nicht immer gleichbedeutend mit besser sein muss. Auf der anderen Seite müsse dort, wo es sinnvoll ist, auch der Mut zu zentralstaat-lichen Lösungen gepflegt werden. Karl-Ludwig Böttcher thematisiert in diesem Zusammenhang den deutschen Föderalismus. Dieser hätte sicher-lich auch Vorteile, es müsse jedoch offener über dessen Defizite gesprochen sowie über den geo-graphischen und auch kompetenztechnischen Zuschnitt der Bundesländer nachgedacht

wer-den. Oberbürgermeister Oberdorfer schlägt in Bezug auf die Optimierung von Strukturen vor, die Anlagenbauer bei Erneuerbaren Energien dazu zu verpflichten, die Netzausbaukosten bis zum ersten Einbindepunkt selbst zu überneh-men. Über diesen Mechanismus könnten die sich vertiefenden Disparitäten zwischen Stadt und Land, Regionalversorgern und Stadtwerken ein wenig abgebaut werden. Martin Wenzel ist sich sicher, dass es kein Zurück vom eingeschla-genen Weg der Energiewende geben kann. Dies bedeute aber auch, dass sich alle Akteure mit steigenden Anforderungen arrangieren müssten.

„Hier gibt es bestimmte Grenzgrößen für eine wirtschaftliche Erledigung, die sich diametral entgegensetzt zum aktuellen Trend der Atomi-sierung von Strukturen entwickeln. “ Die einzel-nen Versorger müssten sich deshalb noch stärker Modellen der Kooperation öffnen.

In Bezug auf die gemeinsame Erledigung spezifischer Back-Office-Prozesse arbeite die EWA Energie- und Wasserversorgung Alten-burg GmbH schon heute intensiv mit Unter-nehmen aus der Region zusammen, erzählt Wenzel. „Die Bildung großer Netzwerke wie Thüga oder enviaM ist sicherlich ein sinnvol-ler Schritt in die richtige Richtung“, heißt es weiter. Carl-Ernst Giesting ergänzt, dass es für die Kommunen angesichts der steigenden Auf-wände letztlich nur die Möglichkeiten gäbe, auf Erträge zu verzichten oder sich noch stärker mit anderen Partnern zu vernetzen. „Es muss und kann nicht jeder mehr alles vorhalten“, bestä-tigt Karl-Ludwig Böttcher. Dr. Harald Michel wagt einen positiven Ausblick. Das Problem-bewusstsein der beteiligten Akteure hätte sich in den vergangenen 20 Jahren immerhin deut-lich aufgeklart. Mittlerweile würden sogar vom Bundesinnenministerium Veranstaltungen durchgeführt, die die Funktionsfähigkeit des deutschen Föderalismus recht deutlich

hinter-fragen. n

Die Gesprächsrunde dokumentierte Falk Schäfer www.enviam.de

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Über eine Verflechtung von Beteiligungen konnte die RheinEnergie als mittelbare Toch-ter der Stadtwerke Köln zum Regionalver-sorger im südlichen Rheinland ausgebaut werden. Wie soll diese Struktur in Zukunft weiterentwickelt werden und welche Einflüsse hatten die Beschlüsse der Bundesregierung zur Energiewende auf die Ausarbeitung ihrer Kon-zeptionen? Von wem wird dieser strategische Denkprozess geführt?

Jürgen Roters:

Die Stadt Köln entfaltet allein aufgrund ihrer Größe eine gewisse Dominanz in der Region.

Doch wir haben auch gewachsene Struktu-ren, auf denen wir aufbauen können und bei denen wir das Prinzip Augenhöhe schon seit vielen Jahren praktizieren. Die Entwicklung der Unternehmen in kommunaler Hand muss einhergehen mit einer Verschränkung der beteiligten Kommunen.

Wenn die Bereitschaft vorhanden ist, auf unterschiedlichen Handlungsfeldern mit-einander zu kooperieren, dann bildet sich schnell Vertrauen. Wichtig ist, dass beide Seiten von einem gemeinsamen Interesse überzeugt sind.

Unsere Kooperationen wollen wir generell auf das gesamte Rheinland ausdehnen. Schon heute arbeiten wir mit den Kommunen im Umland eng zusammen. Probleme werden im

direkten Gespräch zwischen den Kommunalver-tretern gelöst. Die schwierige Haushaltssituation verpflichtet zur Zusammenarbeit und schweißt die beteiligten Kommunen fest zusammen. Alle Seiten sind darauf angewiesen, Synergiepoten-tiale noch stärker zu nutzen.

Für die RheinEnergie ist es wichtig, die eige-ne Rolle in der Region klar zu definieren, eieige-ne eigene Identität zu entwickeln und, darauf auf-bauend, Kooperationen zu etablieren. Ich denke, es ist uns in den vergangenen Jahren recht gut gelungen, die Bedenken kleinerer Partner abzu-bauen. Konsens ergibt

sich letztlich aus gemeinsamen Inte-ressen. Persönliche Befindlichkeiten dür-fen diesem gemein-samen Impuls nicht im Wege stehen. Mit dem Stadtwerke-Kon-zern haben wir eine Garantie, dass in den kommenden Jahren jährlich 60 Millionen Euro in den Stadt-haushalt abgeführt werden. Es bestehen Querverbünde zu den Städtischen Bädern und zu den Kölner Verkehrsbetrieben.

Nicht zuletzt deshalb stehen auch die Kölner fest zu ihren Stadtwerken.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Die Stadt Köln schaut sich also in ihrem regionalen Umfeld um und sorgt für Kom-munikation. So sollen Projekte identifiziert werden, bei denen die Erfolgsaussichten für eine Kooperation am größten sind. Ist das der Königsweg zur Etablierung regionaler Zusammenschlüsse und zur Nutzung von Synergiepotentialen oder sollten eventuelle Roundtable Interkommunale Kooperation

ROUNDTABLE-GESPRÄCH zU DEN POTENTIALEN INTERKOMMUNALER KOOPERATIONEN

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 40-44)