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4.4 Kombination von DARinv und Clickreaktion für die Zweifarbenmarkierung von Glycanen

4.4.1 Kombination der DARinv mit der kupferfreien Clickreaktion

4.4.1.1 Auswahl der modifizierten Kohlenhydrate und ihrer Ligationspartner Für die Kombination der DARinv mit der kupferfreien Clickreaktion mussten zunächst geeignete modifizierte Kohlenhydrate gewählt werden. Die in dieser Arbeit bisher verwendeten Dienophil-modifizierten ManNAc-Derivate werden hauptsächlich in sialinsäurehaltige Glycokonjugate auf der Zellmembran eingebaut. In der Literatur wurden bisher sowohl modifizierte GlcNAc[32a]-, GalNAc[23]- als auch Fucosederivate[33b]

metabolisch in Glycanstrukturen eingebaut und durch die Clickreaktion detektiert.

GlcNAcylierte Glycoproteine sind vor allem in intrazellulären Strukturen vorhanden und bei eukaryotischen Zellen nicht auf der Zellmembran.[32a, 99] Fucose und GalNAc werden metabolisch auch in Glycokonjugate auf der Zellmembran eingebaut. Dies erlaubt eine einfachere Visualisierung durch eine geeignete Ligationsreaktion und konfokale

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Fluoreszenzmikroskopie. Da der synthetische Aufwand für modifizierte GalNAc Derivate geringer ist als für Fucose, wurde das azidfunktionalisierte Derivat Ac4GalNAz 104 für die kupferfreie Clickreaktion gewählt. Um die Bedingungen für die Clickreaktion zu testen, wurde zudem Ac4ManNAz 105 verwendet (siehe Abbildung 4.52). Beide Derivate wurden nach literaturbekannten Vorschriften ausgehend von Galactosamin bzw. Mannosamin dargestellt.[23, 30] Für die kupferfreie Clickreaktion können Cyclooktine eingesetzt werden.

Der Abbau der hohen Ringspannung im Cyclooktin ist die Triebkraft dieser Reaktion, so dass die Reaktion bei Raumtemperatur abläuft. Es wurden in der Literatur bereits einige Derivate vorgestellt, die Weiterentwicklung von geeigneten Cyclooktinen ist aber immer noch ein intensiv bearbeitetes Feld der aktuellen Forschung (siehe 2.4.1.3). Für diese Arbeit wurde das von der Arbeitsgruppe um Boons entwickelte Cyclooktin 24 (DIBO) gewählt (siehe Abbildung 4.52).[64] Als Marker sollte zum einen Biotin zum Einsatz kommen, um die Methode zu etablieren, zum anderen musste ein Farbstoff gewählt werden, der mit dem bisher für die DARinv verwendeten AlexaFluor-647-markierten Streptavidin kompatibel ist. Das mit AlexaFluor-488-markierte DIBO 106 wurde im Laufe dieser Arbeit kommerziell erhältlich (Abbildung 4.53). Das mit Biotin markierte DIBO 107 war in der Arbeitsgruppe Wittmann bereits vorhanden.[100]

Abbildung 4.52 Azid-funktionalisierte Monosaccharide Ac4ManNAz 105[30] und Ac4GalNAz 104[23] und das von Boons entwickelte ringgespannte Alkin 24[64] für die kupferfreie Clickreaktion.

Abbildung 4.53 Cyclooktin für die Anwendung im MOE mit Biotin oder AlexaFluor-488 funktionalisiert.

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Für die Etablierung der kupferfreien Clickreaktion für diese Arbeit wurden zunächst Bedingungen in Anlehnung an die Arbeit von Ning et al.[64] gewählt und dann weiter optimiert. Hela-S3-Zellen wurden unter Anwesenheit der modifizierten Derivate Ac4ManNAz 105 bzw. Ac4GalNAz 104 für drei Tage kultiviert. Als Negativkontrolle dienten Hela-S3 Zellen, welche ohne zusätzlichen Zucker gewachsen waren. Nach drei Tagen wurden die Zellen gewaschen und mit biotinmarkiertem Dibo 107 inkubiert. Anschließend wurden sie mit AlexaFluor-647-markiertem Streptavidin inkubiert. In Abbildung 4.54 sind die dazugehörigen Mikroskopieaufnahmen zu sehen. Wie erwartet erkennt man eine deutliche Anfärbung der Zellmembran bei den Zellen, welche unter Anwesenheit der modifizierten Zucker gewachsen sind. Bei den Zellen der Negativkontrolle ist keine Anfärbung zu erkennen. Interessanterweise ist das Signal bei den mit Ac4GalNAz inkubierten Zellen deutlich stärker als bei den mit Ac4ManNAz gewachsenen Zellen.

Abbildung 4.54 HeLa-S3-Zellen wurden für 3 Tage unter Standardbedingungen mit 100 µM Ac4ManNAz 105 (links) oder 100 µM Ac4GalNAz 104 (Mitte) oder ohne zusätzlichen Zucker (rechts) kultiviert.

Inkubation mit 50 µM Biotin-Dibo 107 für 1 h bei 37 °C und anschließend für 20 min mit 1 µg/mL AlexaFluor-647-markiertem Streptavidin bei RT.

Für die Kombination der DARinv mit der Clickreaktion mussten die Bedingungen für diese beiden Reaktionen noch so angepasst werden, dass sie beide in einem einzigen Experiment angewendet werden konnten. Bisher waren die Zellen sowohl für die DARinv als auch für die kupferfreie Clickreaktion für zwei bis drei Tage unter Anwesenheit von 100 µM bis 150 µM unnatürlichem peracetyliertem Zucker kultiviert worden. Werden diese Konzentrationen nun einfach addiert, so ist die totale Konzentration an unnatürlichem Zucker mit über 200 µM zu hoch, so dass die Zellen nicht mehr normal proliferieren. Daher wurden die Bedingungen zunächst für beide Ligationsreaktionen getrennt voneinander so angepasst, dass eine möglichst geringe Zuckerkonzentration für eine dennoch ausreichende Anfärbung nötig war. Ac4GalNAz 104 wird sehr gut von den

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Zellen metabolisiert, daher konnte die Konzentration an Ac4GalNAz 104 auf bis zu 25 µM verringert werden. Um ein gutes Signal bei der DARinv zu erzielen, war eine minimale Konzentration von 100 µM Ac4ManNPtl 49 nötig. Dies bedeutet eine Gesamtkonzentration an unnatürlichen Zuckern von 125 µM, was die Zellen in ausreichender Weise tolerierten. Da die Inkubationszeiten der beiden Ligationsreaktionen unterschiedlich waren, wurde entschieden, die beiden Reaktionen nacheinander durchzuführen. Um zu überprüfen, ob das verwendete Tetrazin mit dem Cyclooktin reagiert, wurden die Stammlösungen von Tetrazin-Biotin 100 und AlexaFluor-488-markiertem Dibo 106 äquimolar gemischt und durch HPLC analysiert. Auch nach 2 Tagen konnte keine Reaktion detektiert werden.

HeLa-S3-Zellen wurden für 3 Tage unter Anwesenheit von beiden Zuckern, Ac4ManNPtl 49 und Ac4GalNAz 104 oder von nur einem Zucker kultiviert. Als Negativkontrolle dienten Zellen, die ohne zusätzliche Zucker gewachsen waren. Nach drei Tagen wurden die Zellen gewaschen und mit Tetrazin-Biotin 100 inkubiert. Nach wiederholtem Waschen wurden die Zellen mit AlexaFluor-647-markiertem Streptavidin inkubiert, bevor die Zellen mit AlexaFluor-488-markiertem Dibo 106 (AF488-Dibo) inkubiert wurden. Nach mehreren Waschschritten wurden die Zellen durch konfokale Fluoreszenzmikroskopie analysiert.

Die Ergebnisse sind in Abbildung 4.55 und Abbildung 4.56 zu sehen. Zellen, die ohne zusätzlichen Zucker kultiviert worden waren (Abbildung 4.55 links), zeigen eine unspezifische intrazelluläre Anfärbung durch AF488-Dibo 106. Über eine solche Hintergrundfärbung wurde bereits berichtet.[66, 101] Eine mögliche Erklärung dafür ist unspezifische Bindung des Farbstoffs an Zellkompartimente. Thiole können bekanntermaßen kovalente Bindungen mit Alkinen bilden[67], was ebenfalls eine Erklärung für die relativ starke Hintergrundfärbung sein kann. In Anwesenheit beider Zucker 49 und 104 und bei Durchführung beider Ligationsreaktionen ist wie erwartet in beiden Kanälen eine starke Anfärbung der Zellmembran zu detektieren (Abbildung 4.55 Mitte). Wird jeweils nur eine Ligationsreaktion durchgeführt, so ist nur im entsprechenden Kanal eine Zellmembranfärbung zu sehen (Abbildung 4.55 rechts und Abbildung 4.56 links). Als weitere Kontrollexperimente wurden Zellen in Anwesenheit von nur einem Zucker kultiviert, es wurden dennoch beide Ligationsreaktionen durchgeführt (Abbildung 4.56 Mitte und rechts). Eine Anfärbung der Zellmembran ist hier nur im entsprechenden Kanal zu detektieren. Dies ist ein wichtiges Experiment um unspezifische Bindung von Tetrazin-Biotin 100 bzw. AF488-Dibo 106 auszuschließen.

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Ac4ManNPtl Ac4GalNAz DARinv Click

- - - -

+ + + +

+ + + -

633 nm DARinv

488 nm Clickreaktion

Durchlicht

Abbildung 4.55 HeLa-S3-Zellen wurden für 3 Tage kultiviert. Links: Lebende Zellen wurden mit Tetrazin-Biotin 100 (1 mM) für 6 h bei 37 °C markiert und anschließend mit AF647-Streptavidin für 20 min bei RT und mit AF488-DIBO 106 (4 µM) für 30 min bei RT inkubiert. Mitte: Zellen wuchsen 3 Tage mit Ac4ManNPtl 49 (100 µM) und Ac4GalNAz 104 (25 µM) und wurden dann in gleicher Weise behandelt, wie oben beschrieben. (rechts) Zellen wuchsen 3 Tage mit Ac4ManNPtl 49 (100 µM) und Ac4GalNAz 104 (25 µM) und die DARinv wurde wie oben beschrieben durchgeführt. Maßstab 30 µM

4.4 Kombination von DARinv und Clickreaktion für die Zweifarbenmarkierung von Glycanen 89 für 20 min bei RT. Für die Clickreaktion wurden sie mit AF488-DIBO 106 (4 µM) für 30 min bei RT inkubiert. Links: Zellen wuchsen 3 Tage mit Ac4ManNPtl 49 (100 µM) und Ac4GalNAz 104 (25 µM) und die Clickreaktion wurde wie oben beschrieben ausgeführt. Mitte: Zellen wuchsen 3 Tage mit Ac4ManNPtl 49 (100 µM) und beide Ligationsreaktionen wurden wie oben beschrieben durchgeführt. Rechts: Zellen wuchsen 3 Tage mit Ac4GalNAz 104 (25 µM) und beide Ligationsreaktionen wurden wie oben beschrieben durchgeführt. Maßstab 30 µM

Durch die Kombination der DARinv mit Tetrazin-Biotin 100 und der Clickreaktion mit AlexaFluor-488-markiertem Dibo 106 konnten in einem Experiment verschiedene Glycanstrukturen lebender Zellen parallel angefärbt werden.[86] Mit dieser Strategie könnte man nun den Zusammenhang verschiedener Glycosylierungspfade untersuchen und diese direkt miteinander vergleichen.

Die bereits besprochene intrazelluläre Hintergrundfärbung mit AF488-Dibo 106 ist zwar weitaus schwächer als die Anfärbung der azidmodifizierten Glycanstrukturen. Dennoch wäre eine Strategie wünschenswert, mit der man nur die gewünschten Strukturen anfärbt und die Hintergrundfärbung auf ein Minimum reduziert ist. Im Gegensatz zur kupferfreien

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