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Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen

Der Einsatz des Hundes bei Kindern und Jugendlichen verfolgt unterschiedliche Zielsetzungen:

• Die Entwicklung von sozialer Kompetenz

• Bildung und Persönlichkeitsentwicklung

• Beteiligung – die Kinder werden in Prozesse und Entscheidungen miteinbezogen

• Und Prävention – die Möglichkeit sich in der freien Natur zu bewegen, die Körperwahrnehmung zu besinnen und Stress abzubauen. (Kirchpfening, 2012)

Unterschiedliche Einsatzgebiete können sein:

• Schule und Kindergarten

• Frühförderung behinderter Kinder und Jugendlicher

• Basale Stimulation

8.1 Einsatzgebiet Schule und Kindergarten

Stresserzeugende Situationen in der Schule, wie z.B. eine Aufgabe an der Tafel zu erledigen, ein Referat zu halten oder aufgerufen zu werden und die Antwort nicht gleich zu wissen, sind für Kinder zum Teil sehr belastend. Solche Situationen können durch die Anwesenheit eines Schuldhundes wesentlich entschärft werden.

Wie eine deutsch-österreichisch-schweizerische Pilotstudie aufzeigt, ist dafür das „Kuschel-Hormon“ Oxytocin verantwortlich. Prof. Dr. Henri Julius, Leiter des deutschen Forscherteams, erläutert dazu: „Gerade Kinder, denen es schwerfällt, anderen Menschen zu vertrauen, die schlechte Erfahrungen in der Familie, vielleicht sogar traumatische Erlebnisse verarbeiten müssen, reagieren in Stresssituationen mit einer erhöhten Ausschüttung des Hormons Kortisol.“

8.1.1 Der Hund im Einsatz

• Die Anwesenheit eines Präsenz- bzw. eines Besuchshundes kann gleichzeitig durch Aufklärung durch den Hundeführers dazu beitragen, Unfälle in der Zukunft zu vermeiden.

Spielerisch und einprägsam kann Wissen rund um den Hund (richtiger Umgang mit Hunden, Hundeverhalten etc.) vermittelt werden. Kinder, die von einem Schulhund besucht wurden, konnten die Sprache der Hunde nachweislich (Grazer Studie) besser verstehen und sich auch in potentiell gefährlichen Situationen (zum Beispiel unerwartete Begegnung mit einem freilaufenden Hund) deutlich richtiger verhalten.

• Kinder lernen durch den Umgang mit Hunden u.a. ein anderes Lebewesen zu verstehen und zu respektieren und auf die „Sprache“ und das Verhalten von Hunden richtig zu reagieren.

• Weiters lernen sie was Verantwortung, Fürsorge, Freundschaft und Rücksichtnahme bedeutet.

• Besuchshunde können z.B. in Kindergärten, Schulen aber auch anderen Kinder- und Jugendlichengruppen (z.B. Sportverein, Pfadfinder etc.) eingesetzt werden.

Bei Besuchen ist immer zu achten

• auf die Vermittlung von altersgerechtem bzw. schulstufenentsprechendem Sachwissen zum Thema Hund,

• auf die Berücksichtigung von gehandicapten Kindern (z.B. Integrationsschulen),

• auf kleine Gruppengrößen und

• auf ausreichende Räumlichkeiten (z.B. Platz für Sesselkreis).

Bei einem Besuch sollte u.a. vermittelt werden:

Hundeverhalten, Haltung, Pflege und Bedürfnisse von Hunden

Richtiger Umgang mit Hunden, insbesondere die Vermittlung der Fähigkeit, Verhalten richtig zu interpretieren, um Gefahrensituationen vorzubeugen

Einsatzort Schule und Klasse

• Kinder und Jugendliche sind – auch zur eigenen Sicherheit – vor dem ersten Einsatz des Hundes in die grundlegenden Verhaltensregeln gegenüber Hunden sowie deren Bedürfnissen einzuführen. Die Bedingungen für ein angenehmes Miteinander der SchülerInnen umfassen auch den rücksichtsvollen Umgang mit dem Hund.

• Im Bereich des Schulgebäudes ist der Hund durch den Hundeführer gesichert zu führen (mit Halsband/Brustgeschirr und Leine). Diesbezügliche Landesgesetze sind zu beachten.

• Der Hund darf nicht ohne Aufsicht mit Kindern/Jugendlichen alleine gelassen werden.

• Es sind im Voraus Absprachen zu treffen, dass der Hundeführer, wenn es nötig wird (z.B.

Erkrankung der Lehrperson, Überforderung des Hundes), die Klasse mit dem Hund verlassen kann und die weitere Aufsichtspflicht durch eine geeignete Person übernommen wird.

• Einzel- und Mehrkontakte mit Kindern/Jugendlichen haben geregelt abzulaufen. Dadurch kann eine übermäßige Stressbelastung des Hundes, auch in den Pausen, vermieden werden.

• Es ist sinnvoll, die Besuche des Hundes zu vermerken und eine Einsatzdokumentation mit den pädagogischen Zielsetzungen und deren Umsetzung zu führen.

• Der Unterricht darf durch den Einsatz eines Präsenzhundes nicht gestört werden.

• Der nachweisbare Stressregulationseffekt durch die Anwesenheit eines Hundes in der Klasse sollte sowohl für die Aneignung von Fachwissen als auch zur Förderung der sozialen und personalen Kompetenzen der Kinder/Jugendlichen genützt werden.

• So aufregend und angenehm der Aufenthalt eines Hundes in der Klasse für die

Kinder/Jugendliche ist, so anstrengend kann es für den Hund (und den Hundeführer) sein.

Die vorgegebenen Einsatzzeiten sind daher einzuhalten. Diese Einsatzzeiten gelten auch für ganztägige Schulformen bzw. in der Nachmittagsbetreuung.

• Schulveranstaltungen sind „Ausnahmesituationen“. Es ist daher zu beachten, ob die pädagogische Verantwortung bzw. die Aufsichtspflicht des Hundeführers gegenüber den Kindern/Jugendlichen mit der Versorgung des Hundes zu vereinbaren ist. Die Sicherheit der Kinder/Jugendlichen muss jedenfalls uneingeschränkt gewährleistet sein und eine

Überforderungssituation des Hundes ausgeschlossen werden.

Grundvoraussetzungen:

• Ein festgelegter, störungsfreier Rückzugsbereich für den Hund (in der Regel eine Decke in einer Raumecke oder eine Hundebox; diese Zone ist für Menschen tabu) in oder außerhalb der Klasse.

• Kein Zugang des Tieres zu einem eventuellen Küchenbereich.

• Freier Zugang zu Wasser für den Hund.

• Bei Präsenzhunden Auslaufbereich im Nahbereich der Schule.

8.1.2 Settingbeispiele: Kindergarten

Bei einem Besuch in Kindergärten bzw. Volksschulen kann man z.B.

• Die Kinder den Hund streicheln und/oder bürsten lassen

• Herz des Hundes fühlen und horchen lassen

• Kleine Kunststückchen des Hundes vorzeigen

• Den Hund durch die Kinder an der Leine führen lassen

8.2 Frühförderung

Der Begriff Frühförderung ist eine Sammelbezeichnung für pädagogische und therapeutische Maßnahmen für Kinder mit einer Behinderung oder die von einer Behinderung bedroht sind. Die Maßnahmen der Frühförderung umfassen den Zeitraum der ersten Lebensjahre und können sich bis zum Kindergarteneintritt oder bis zur Einschulung erstrecken.

Allgemeine und spezielle Frühförderung

Man unterscheidet allgemeine Frühförderung und spezielle Frühförderung: Während sich die allgemeine Frühförderung an Kinder mit kognitiver und seelischer Behinderung sowie an Kinder, denen ohne Förderung eine entsprechende Behinderung droht, wendet, richtet sich die spezielle Frühförderung an Kinder mit Sinnesbehinderungen wie z. B. Blindheit,

Sehbehinderung, Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit. Liegen sowohl allgemeine Entwicklungsrückstände als auch eine Sinnesbeeinträchtigung vor, können beide Frühförderangebote ergänzend und kooperativ tätig werden.

Allgemeine Frühförderung

Im Vordergrund stehen in der Regel pädagogische – meist heilpädagogische – Hilfen, wie die Entwicklungsförderung, die z. B. durch geeignete und in der Regel sehr spielerische Methoden Anreize gibt. Hinzu kommen in vielen Fällen medizinisch-therapeutische Maßnahmen, wie sie z. B. durch die Krankengymnastik, die Ergotherapie, die Logopädie oder die Motopädie erbracht werden.

Spezielle Frühförderung für sinnesbeeinträchtigte Kinder

8.3 Kinder im privaten Haushalt- gewohnte Umgebung des Kindes

Durch einschneidende Erlebnisse und Ereignisse (z.B. Scheidung, Todesfall oder Umzug), kann es vorkommen, dass Kinder einen besonderen Förderbedarf haben. Der Besuch des

Therapiebegleithundes im gewohnten Lebensraum des Kindes, kann in solchen Fällen eine entwicklungsfördernde Maßnahme sein. Ebenso bietet es eine gute Möglichkeit für Kinder, die körperlich eingeschränkt sind und ihr Zuhause nur mit sehr viel Aufwand verlassen können.

8.3.1 Grundvoraussetzungen

• Räumliche Ressourcen, die grundsätzlich genügend Platz bieten und auch dem Hund die Möglichkeit zum Rückzug bietet.

• Keine Hundehaarallergie aller im Haushalt lebender Personen.

• Das Kind sollte dem Hund angstfrei begegnen, es wäre kontraproduktiv, wenn ein

„Angstfaktor“ in den „sicheren Raum“ Zuhause kommt.

• Freier Zugang zu Wasser und zum Rückzugsort (z.b. Decke) für den Hund.

• Klare Verhaltensregeln mit dem Kind erarbeiten.

• Klare Regeln mit den Eltern abklären. In welche Räume darf der Hund, darf er aufs Bett, auf die Couch etc.

8.3.2 Vorteile

• Das Kind befindet sich an einem vertrauten, bekannten Ort und kann sich vielleicht schneller auf das Setting einlassen

• Das Kind empfängt Besuch, der nur wegen ihm kommt – dies wird zur Besonderheit (und ist vor allem für ein mit wenig Selbstbewusstsein Kind wichtig, z.B. Kind mit mehreren

Geschwistern etc.)

• Ein direkter Kontakt mit Angehörigen ist möglich, was sich in Institutionen eher schwieriger gestaltet.

8.3.3 Settingbeispiele

• Ruheübungen, bei denen der Hund beobachtet wird (Wahrnehmung schulen).

• Vertrauensverhältnis zwischen Kind und Tier langsam wachsen lassen- wenn für alle

Beteiligten ok, kann gerade in Einzelsetting ein besonderes Kuschelerlebnis daraus werden.

• Kind einbinden bei der Vorbereitung und stark auf Kommunikation setzten: was denkst du, wo könnten wir am besten die Decke platzieren? Wo ist der beste Platz für die

Wasserschüssel?

• Kind dazu animieren, wertfrei zu äußern, wie sich der Hund gerade fühlt. Das fördert

besonders die Fähigkeit, in weiterer Folge auch über die eigenen Empfindungen, Emotionen zu sprechen.

Achtung

Diese Form der Arbeit mit Kind und Hund lässt sehr viel Raum für unterschiedliche

Themeninhalte. Kinder müssen erst lernen, ihre Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken. Man weiß, dass besonders Kinder das eigene Gefühlsleben oft auf andere Objekte und Lebewesen.

(Beispiel Stofftier: „Mama, mein Bärchen hat Hunger. Wir müssen ihn füttern.“) übertragen.

Dieses Phänomen kann man also gut nutzen, denn auch auf den Hund werden bei gut gewählten Fragen, Gefühle und Bedürfnisse übertragen. Alleine aus der Frage: „Was denkst du braucht der Hund, um sich in seinem Zuhause wohlzufühlen?“- lässt sich sehr viel schöpfen. Wichtig dabei ist es sehr achtsam mit dem Kind umzugehen, gut zuzuhören und sensibel und wertfrei damit umzugehen.

8.4 Basale Stimulation®

„Basale Stimulation® in der Pflege“, ist ein Konzept der individuellen Entwicklungsförderung, das von Prof. Dr. Andreas D. Fröhlich 1975 ursprünglich für schwer- und schwerstbehinderte Kindern und Jugendlichen erarbeitet wurde. Basale Stimulation® versteht sich ausdrücklich als pädagogisches Konzept und nicht als therapeutische Technik. Während Fröhlich das Konzept für den Bereich der Sonderpädagogik entwickelte, wurde das Konzept von Christel Bienstein in Zusammenarbeit mit Fröhlich in den Bereich der Pflege übertragen.

In den letzten Jahren erwies sich die Übertragung der Grundprinzipien der „Basalen Stimulation® in der Pflege, auf den Personenkreis schwerstbeeinträchtigter Patienten in komatösen Zuständen, bei apallischen Syndrom etc. als erfolgversprechend. Durch intensive, jedoch sorgfältige entwicklungspsychologische und biographisch ausgewählte sensorischer Anregung kann die Körperwahrnehmung wieder aktiviert werden. Über die Erfahrung des eigenen Körpers wird das Körper-Ich stabilisiert und Eigenaktivitäten angeregt. Der Patient kann damit seiner Stabilisierung, ggf. auch zu seiner Gesundung beitragen.

Unansprechbarkeit, Bewusstlosigkeit etc. werden nicht als Hindernis für eine Interaktion von Pflegenden und Patienten gesehen.

„Basale Stimulation® in der Pflege“, nimmt über somatische , vestibuläre und vibratorische Anregung Beziehung zum Patienten auf. Zusätzlich können orale - auditive - taktil/haptische - olfaktorische und visuelle Angebote kommen, die dem Patienten helfen, ein elementares

Körperselbstbild, eine elementare Raum-Zeit-Orientierung aufzubauen und Beziehung zu seiner Umwelt aufzunehmen.

Basale Stimulation bedeutet die Aktivierung der Wahrnehmungsbereiche und die Anregung primärer Körper- und Bewegungserfahrungen sowie Angebote zur Herausbildung einer individuellen non-verbalen Mitteilungsform (Kommunikation) bei Menschen, deren Eigenaktivität aufgrund ihrer mangelnden Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist und deren Fähigkeit zur Wahrnehmung und Kommunikation erheblich beeinträchtigt ist (z. B. schwerst-mehrfachbeeinträchtigte Menschen, Schädel-Hirn-Traumatisierte, Menschen mit

hemiplegischem, apallischem oder komatösem Syndrom). Mit einfachsten Möglichkeiten wird dabei versucht, den Kontakt zu diesen Menschen aufzunehmen, um ihnen den Zugang zu ihrer Umgebung und ihren Mitmenschen zu ermöglichen und Lebensqualität zu erleben.

8.4.1 Therapieziele

• Rhythmisierung der Aktivzeiten und Ruheperioden

• Schaffung geeigneter Lebens- und Lernräume

• Organisation von Interaktionsangeboten und -möglichkeiten

• Aufbau von persönlichen Beziehungen

• Beteiligung an Alltagsaktivitäten Grundelemente

somatische Stimulation(über die Haut)

 Waschungen

 Einreibungen

 Körperberührung-Initialberührung

Aufbauelemente

• orale Stimulation (Wahrnehmung des Mundes fördern)

• auditiv/rhythmische Anregung

• visuelle Stimulation (Wahrnehmung der Umwelt durch bewusstes Sehen)

• taktil/haptische Stimulation (Erinnerung an die Fähigkeit der Hände wachrufen)

• olfaktorische Stimulation (Erinnerung über Geruchs- und Geschmackstoffe anregen)

Es werden Wahrnehmungserfahrungen angeboten, die an vorgeburtliche Erfahrungen anschließen und als Basis zur weiteren Entwicklung dienen.

Unter anderem werden Erfahrungen wie das Spüren des eigenen Körpers (Haut als Kontaktstelle zur Außenwelt), die Empfindung der eigenen Lage im Raum (Koordination) und das

Kennenlernen des eigenen Inneren (z. B. der Muskulatur) durch somatische, vestibuläre (Gleichgewichtssinn) und vibratorische Anregungen gegeben.

Außerdem werden fünf Sinne angesprochen (Sehen, Hören, Schmecken, Fühlen, Riechen).

8.4.2 Settingbeispiele ohne Hund

Singen, Summen, Wasserbett mit starkem Lautsprecher darunter, unterschiedliche Musik im Raum, Klang- und Rhythmus-Instrumente über oder neben dem Körper spielen; wenn möglich, den Menschen selbst einen Schlägel verwenden oder die Vibration eines Instrumentes selbst spüren lassen

Verschiedenartiges, farbiges Licht gebende, auch sich bewegende Beleuchtungskörper über der Bettstätte oder für den Menschen sichtbar im Raum um ihn herum

Sich bewegende Mobiles und Wasserspiele im Raum

Bällchenbett, Schaukeln

Massagen aller Art und Stärke mit den verschiedensten Methoden, Ölen, Gegenständen, Erde und Pflanzen

Stimulation durch wechselnde Lagerung, auch in Räumen mit Menschen und im Freien

Bewegung im Schwimm- und Sprudelbad mit unterschiedlichen Trage- und Spielgeräten

Die Nahrungsaufnahme, wenn möglich, reizvoll und angenehm gestalten

Rhythmus, der sich erkennbar wiederholt, im Tageslauf

Tätigkeiten mit Sprache begleiten, auch Erzählen

Stimulation durch das Berühren (Streicheln) von Tieren in der tiergestützten Therapie Jede Eigentätigkeit, die dabei möglich ist, wird unterstützt, ebenso jeder Ansatz, der wie eine Reaktion, eine Antwort wirkt oder ein gegenseitiges Miteinander entstehen lässt. Die Basale Stimulation sollte sinnvoll in den Alltag integriert werden (z. B. Förderpflege). Sie darf nicht aufgezwungen werden, stattdessen muss auf die aktuelle Befindlichkeit der Person Rücksicht genommen und das Angebot daran angepasst werden.