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6. HERKUNFT UND DATIERUNG DER WAREN

6.2. D IE HOCHMITTELALTERLICHEN W AREN

6.2.19. Keramische Absatzgebiete

jedoch auch im Spätmittelalter in Gebrauch gewesen. Die Tabelle wird also durch einen gewissen Anteil spätmittelalterlicher Keramik verfälscht. Daher sind in der folgenden Tabelle 19 lediglich die Waren aufgeführt, bei denen eine frühere odere spätere Datierung ausgeschlossen ist508. Das Fehlen der Elmpter Ware zieht hier jedoch starke Veränderungen der Anteile nach sich. Der Menge der gelben Irdenware steht der Anteil der Grauwaren recht nahe. Zählt man die Proto- und Faststeinzeuge noch hinzu, sind die gelben Irdenwaren sogar in der Überzahl.

gelbe Irdenware

Grauware glasierte Irden-ware

Protostein-zeug

Faststein-zeug

Sonder-waren

Summe 1223 1382 36 456 203 67

Prozent 36,32 41,05 1,07 13,54 6,03 1,99

Tabelle 19 Der Anteil ausschließlich hochmittelalterlicher Waren.

Um ein repräsentatives Ergebnis der hochmittelalterlichen Zustände zumindest annähernd zu erreichen, bietet sich eine dritte Möglichkeit an. In der Tabelle 20 wurden lediglich die Inhalte der Fundkomlexe addiert, die keine spätmittelalterlichen Waren wie z. B. Steinzeuge beinhalten und demnach mit annähern-der Sicherheit hochmittelalterlich sind509. Das Ergebnis zeigt wiederum deutlich, daß die Grauwaren durchweg dominieren, gefolgt von den gelben Irdenwaren und ihren späteren Ausführungen (PST und FST). Bemerkenswert ist auch der Vergleich der Tabelle 18 mit Tabelle 20. Von 1172 Scherben gelber Irdenware stammen 483 (41 %) aus hochmittelalterlichen Befunden. Die restlichen 59 % können als ver-lagerte Scherben Pingsdorfer Art in spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Komplexen interpretiert wer-den. Bei den Grauwarescherben stammen von insgesamt 9375 Scherben lediglich 2314 Fragmente (25 %) aus hochmittelalterlichem Zusammenhang. Die übrigen 75 % a priori als verlagerte Funde zu bezeichnen, geht an der Wirklichkeit vorbei. Mit Sicherheit ist ein Großteil dieser Fragmente spätmittelalterlich. Daß die Grauwaren (besonders die Elmpter Ware) noch weit bis ins Spätmittelalter hinein in Benutzung waren, wurde hier bereits angesprochen.

gelbe Irdenware

Grauware glasierte Irdenware

Protosteinzeug Faststeinzeug Sonder--waren

Summe 483 2314 20 165 66 67

Prozent 15,51 74,28 0,64 5,30 2,12 2,15

Tabelle 20 Der Anteil hochmittelalterlicher Waren (aus rein hochmittelalterlichen Komplexen).

WW2 HA500 Husterknupp Elsbachtal gelbe Irdenware 73,8 39,0 31,7 16,2

Protosteinzeug 0,4 0,0 3,6 5,5 Faststeinzeug 1,9 0,0 9,9 0,2 Grauware 23,6 60,0 54,4 77,4 Glasierte Ware 0,2 1,0 0,5 0,7

Tabelle 21 Prozentualer Vergleich der Warenanteile im Elsbachtal, dem Husterknupp, Hambach 500 (HA500) und Pützlohn (WW2).

Im folgenden sollen die Warenverteilungen im Elsbachtal mit anderen hochmittelalterlichen Fundorten verglichen werden. Es bieten sich hier natürlich nur Grabungen an, bei denen das Fundmaterial quantifi-ziert vorliegt. Dies gilt neben dem Elsbachtal vor allem für den Husterknupp, Hambach 500 (HA500) und

508 Hier entfallen mehrere nicht näher bestimmbare Warengruppen, bei denen eine hochmittelalterliche Datierung nicht gesichert ist, sowie die hoch- und spätmittelalterliche Elmpter Ware (FSTLE1/STLE1, IRGR, IRGR1, IRGR1/PST1, IRLE, SONDERWARE, IRGL, IRGL6/IRGL7). Die frühen Grauwaren (IRGR4 bis IRGR9) sind jedoch weiterhin in der Tabelle belassen, da sie in der Masse hochmittelalterlich und nicht karolingisch sind.

509 Auch diese Tabelle gibt sicherlich nicht exakt die Warenverteilung im Hochmittelalter wieder, da nicht jeder spätmittelalterliche Fundkomplex generell Steinzeug enthalten muß.

Pützlohn (WW2)510. Deutlich zeigt sich, daß der Anteil der gelben Irdenwaren mit steigender Nordlage sinkt (Tabelle 21). Dagegen wächst die Zahl der Grauware stetig an. Mitten durch das rheinische Braunkohlenrevier verläuft demnach eine Übergangszone, auf deren nördlicher Seite die niederrheinischen Grauwaren und auf deren südlicher Seite die gelben Irdenwaren vorherrschen. Die geographische Lage der Siedlung hat also beträchtlichen Einfluß auf die Zusammensetzung des keramische Fundstoffs.

Auffälligerweise gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem Fundmaterial des Husterknupps und dem des Elsbachtals, obwohl beide Fundorte nur wenige Kilometer trennen. Die Zahl der gelben Irdenware ist auf dem Husterknupp deutlich höher. Neben dem geographischen Aspekt mag daher noch ein anderer Faktor Einfluß nehmen. Der Anteil an Tischgeschirr ist auf einer Burg durch den sozialen Kontext höher anzusetzen. Das Tischgeschirr des Hochmittelalters setzt sich im Rheinland hauptsächlich aus gelben Irdenwaren, besonders aus Pingsdorfer Ware und ihren Nachfolgern (Proto- und Faststeinzeug) zusammen, die auf dem Husterknupp eine größere Rolle spielen511.

Im Rahmen der gelben Irdenwaren läßt die Verteilung der Varianten weitere geographische Strömungen erkennen. Bei der Trennung der gelben Irdenware in Vorgebirgswaren und „Landrassen” wird deutlich, daß die eigentliche „Pingsdorfer Ware” im Elsbachtal relativ häufig vorhanden ist, dagegen im Südwesten in Pützlohn nur eine untergeordnete Rolle spielt (Tabelle 22). Dies ist auch nicht verwunderlich, da Pützlohn offenbar im Einzugsgebiet der Langerweher-Jüngerdorfer Ware des Hochmittelalters steht, die wiederum durch die Produktion um Brunssum/Schinveld beeinflußt ist. Auch in Hambach 500 ist die eigentliche Pingsdorfer Ware nur mit 12 % vertreten512. Solche kleinräumigen Absatzgebiete des Hoch- und Spätmittelalters konnte H.-G. Stephan auch im südlichen Weserbergland und Nordhessen nachweisen. Mittels archäologischer und archivalischer Quellen zeigte sich dort, daß der Großteil der Keramik innerhalb eines Radius von ca. 30-40 km verhandelt wurde513. Interessant wäre in diesem Zusammenhang natürlich auch ein Vergleich der Paffrather und Elmpter Ware, dies scheitert jedoch daran, daß beim Husterknupp und in Hambach 500 diese Waren kaum zu trennen sind514.

Verhoeven hat die Verbreitung hochmittelalterlicher Keramik in den belgisch-niederländischen und rheinischen Gebieten kartiert und erschloß daraus keramische Provinzen mit einer bestimmten Waren-zusammensetzung515. Das Rheinische Braunkohlenrevier liegt demnach an der Peripherie eines Gebietes, in dem Andenne-Ware noch verbreitet ist. Das geringe Auftreten glasierter Waren des Hochmittelalters im Elsbachtal bestätigt dies516. Die von Verhoeven gezeichnete Südostgrenze der Elmpter Ware517 muß verbreitert werden, da das Elsbachtal deutlich durch das Vorhandensein von Elmpter Produkten gekennzeichnet ist518. Bemerkenswert ist die rheinorientierte Verbreitung der Vorgebirgskeramik (IRGE1), die als Handelsgut eine Sonderrolle einnimmt519. Das Elsbachtal selbst liegt am östlichen Rand

510 Die Ergebnisse von der „Alten Burg” in Lohn, Stadt Eschweiler, Krs. Aachen, die von U. Recker als Magisterarbeit (1995) an der Universität Bonn vorgelegt wurden, können hier nicht einbezogen werden, da das Fundmaterial noch weitgehend das Spätmittelalter und die Neuzeit einschließt. Die spätmittelalterlichen Grauwaren würden die Verhältnisse des Hochmittelalters verfälschen. Hier können jedoch die Ergebnisse vom benachbarten Pützlohn (HÖLTKEN 1995) als Ersatz genutzt werden.

511 Vgl. ähnliche Beobachtungen von W. Janssen in Südniedersachsen (W. JANSSEN 1966, 90-98) und R.

Atzbach in Hannover (ATZBACH 1997, 319 f.). R.-D. Bauche dagegen bewertet die sozialen Unterschiede eher gering (BAUCHE 1997, 66).

512 HEEGE 1998, 166.

513 STEPHAN 1978/79; STEPHAN 1983b, 18-25.

514 Einem Vergleich von Pützlohn mit dem Elsbachtal kann entnommen werden, daß in beiden Siedlungen Paffrather und Elmpter Ware im Verhältnis 1:3 auftreten. In Pützlohn kommt jedoch noch eine große Zahl lokaler Grauwaren (möglicherweise aus Jüngerdorf) hinzu (HÖLTKEN 1995). Gerade bei den Grauwaren ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, daß sie ausschließlich oder zum großen Teil aus den Töpfereien um Elmpt und Paffrath stammen. Hier zeigen sich eher Kulturprovinzen einer gleichartigen Keramikmachart. Diese Provinzen mit Absatzgebieten gleichzusetzten, ist fragwürdig.

515 VERHOEVEN 1990, Abb. 9-13.

516 Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammen die wenigen glasierten Scherben (IRGL7) aus anderen Produktionen, so daß die eigentliche Andennekeramik im Elsbachtal mit keinem Exemplar belegt ist.

517 VERHOEVEN 1990, Abb. 12.

518 Dies gilt auch für die Siedlung Pützlohn (HÖLTKEN 1995).

519 VERHOEVEN 1990, Abb. 10.

der Region Nr. 8, die nach Verhoeven durch südlimburgische Produkte versorgt ist520. Dies ist dahingehend zu modifizieren, daß der Raum um das Elsbachtal eher in die Region Nr. 7 (Pingsdorf-Region) einzugliedern ist. Die Grenze zwischen Nr. 7 und Nr. 8 muß demnach nach Westen verschoben werden. Zum anderen sollte in der Region Nr. 8 darauf geachtet werden, daß diese nicht ausschließlich durch südlimburgische Produkte (aus Brunssum/Schinveld), sondern auch durch südlimburgisch beeinflußte Töpfereien (z. B. Jüngersdorf, Wildenrath) geprägt ist.

WW 2 HA 500 Elsbachtal Feine gelbe Irdenware 3,0 12,0 87,3 Grobe gelbe Irdenware 97,0 88,0 12,7

Tabelle 22 Die prozentuale Verteilung der feinen und groben gelben Irdenwaren im Elsbachtal, Hambach 500 und Pützlohn (WW2).

Per. I Per. II Per. IIIA Per. IIIB Per. IIIC Per. IIID Per. IV Gelbe Irdenware 67,0 15,1 8,6 18,9 33,7 21,1 1,6 Protosteinzeug 0,5 0,3 0,0 2,0 5,5 5,9 6,7 Faststeinzeug 0,0 0,0 0,0 0,0 2,9 11,7 43,8 Grauware 32,5 84,6 91,4 79,1 57,7 60,3 46,6 Glasierte Ware 0,0 0,0 0,0 0,0 0,3 1,0 1,4

Tabelle 23 Die prozentuale Verteilung der Waren der Perioden I – IV auf dem Husterknupp.

Ein dritter Aspekt muß angefügt werden, der die Zusammensetzung der Waren beeinflußt. Die quantitativen Verhältnisse der Warengruppen sind chronologisch empfindlich. Dies mag zwar nicht verwundern, die Funde vom Husterknupp lehren jedoch, daß sich diese Verhältnisse nicht immer linear verändern (Tabelle 23)521. Sind die gelben Irdenwaren in der Periode I noch dominant, haben sich die Prozentsätze in der folgenden Periode II umgekehrt. Erst danach (Periode III) steigen die gelben Irdenwaren (zusammen mit den Fast und Protosteinzeugen) wieder gleichmäßig an. Das 10. Jahrhundert steht offenbar noch unter dem Einfluß der karolingischen Zeit bzw. der gelben Vorgebirgswaren, und erst mit dem 11. Jahrhundert sind neue Grauwareprodukte zu verzeichnen522.

Bei der vergleichenden Beurteilung eines Fundortes dieser Region gilt es daher, die geographische Lage, den sozialen Kontext und den zeitlichen Horizont des keramischen Materials mit einzubeziehen. Weitere quantifizierende Aufarbeitungen von Siedlungsmaterial dieser Region werden in Zukunft eine differen-zierte Karte erhoffen lassen, aus der sich wirtschaftsgeographische Zusammenhänge – möglichst in zeitli-cher Tiefe – nachvollziehbar machen.

520 VERHOEVEN 1990, Abb. 275 und Abb. 13.

521 Die Werte wurden aus der Publikation von R. Friedrich zusammengestellt (FRIEDRICH 1998, Tab. 2, 8, 13, 16, 22, 27 und 35).

522 In ähnlicher Weise können auch die Seriationsergebnisse in Hambach 500 gedeutet werden. Der Tabelle nach schließt sich an die karolingischen Vorgebirgswaren und an die Mayener Ware eine zahlenmäßig geringe Gruppe der Grauwaren an, wiederum gefolgt von den hochmittelalterlichen gelben Irdenwaren.

Gegen Ende der Tabelle finden sich die späteren Grauwaren, darunter auch die Elmpter Waren (HEEGE 1998, Beilage 7).