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6. HERKUNFT UND DATIERUNG DER WAREN

6.3. D IE SPÄTMITTELALTERLICHEN UND NEUZEITLICHEN W AREN

6.3.19. Gefäßfunktion

a b c f g h i j l m o

BAD 1

FST1 14 2

FSTLE1 2 1

IRGE1 2 1 1 1

IRGE11 1

IRGE1h 1 2

IRGE2 1 1 3 IRGE2h 1

IRGE8 1

IRGL1 1

IRGL3 3

IRGL5a 3

IRGL5b 1

IRGL7 1 1

IRGL8 1

IRGR1 67 2 1 2

IRGR1h 5

IRGR2 1

IRLE3 1

IRLE6 1

KAR5h 1

POLYrot 2

PST1 7 3 7

PST1vor 1 1

PST2 3

PST3 1

ST1 8

ST2 5

ST2Brue 18

ST2Sieg 11

ST3 5

ST7 1

STLE1a 1 22

STLE1b 34 1

STLE4 3

STLE6 1

STLE7 3

STLE8 3

Wester 4

Tabelle 34 Kombination Ware-Griffprofil.

sich daher zwei Lösungsmöglichkeiten an: a) die Elmpter Ware wurde noch bis in das 15. Jahrhundert hinein produziert, und/oder b) eine große Zahl der glasierten Irdenwaren des Elsbachtals datiert bereits in das 15. Jahrhundert. In Duisburg liegen glasierte, rottonige Irdenwaren aus Komplexen des 15. Jahr-hunderts vor, bei denen eine lokale Produktion angenommen wird1035. Daneben spielen auch noch Grau-waren und weißtonige, glasierte IrdenGrau-waren eine bedeutende Rolle1036. Im Elsbachtal zeigt sich, daß gla-sierte Schüsseln der Form r3 durchaus als Nachfolger der Elmpter Kragenrandschüsseln zu sehen sind.

Dies belegt einerseits die typologische Ähnlichkeit der Elmpter Form r1 und der Form r3 (Ware IRGL3), andererseits sind gleichartige Formen in den Niederlanden im 15./16. Jahrhundert in Gebrauch gewesen.

Mit einem allmählichen Übergang der Elmpter zur glasierten Ware kann daher noch im 15. Jahrhundert gerechnet werden1037. Es ist sicher auch kein Zufall, daß in vielen Komplexen des 15. Jahrhunderts Elmpter Ware zu finden ist. Um diese Scherben kategorisch als verlagerte Funde auszuklammern, ist ihre Zahl zu groß. Zur Datierung der glasierten Schüsseln können die Befunde des Elsbachtals aber nur wenig beitragen. Ein geschlossener Komplex mit einer solchen Schüssel aus einem Erdkeller oder unterirdischem Gangsystem (FR 116 St. 11) beinhaltet wenige Scherben, die eine Datierung in das 16.

Jahrhundert wahrscheinlich machen1038. Ein weiterer Komplex (FR 114 St. 22) erlaubt dieselbe Datierung.

In beiden Komplexen fehlt die Elmpter Ware bereits vollständig.

Wie bei den Perioden des Hoch- und Spätmittelalters fällt in der frühen Neuzeit das Fehlen der Tassen und Becherformen auf. Eine Schale des Elsbachtals aus Hafnerware mag als Trinkschale zwar genutzt worden sein, bildet jedoch einen Einzelfall. Der Großteil der neuzeitlichen glasierten Waren besteht neben weiten Topfformen aus Schüsseln. Auffälligerweise sind kleinere Formen wie Teller selten und lassen sich nur in der Hafnerware (POLY) nachweisen, also einer der potentiell jüngsten Keramikgattungen. Diese Beobachtung läßt auf gewandelte Tischsitten schließen: erst im 19. Jahrhundert wurde es üblich, daß die ganze Familie nicht mehr aus einer Schüssel aß, sondern jede Person am Tisch einen eigenen Teller besaß1039. Teller und kleinere Schüsseln („Kümpchen”) aus Steinzeug, wie sie in Haus Gelinde (ca. 1700-1870) vorhanden sind, fehlen im Elsbachtal vollkommen1040.

Bemerkenswert ist die große Menge der Schüsselfragmente im Elsbachtal. Die Zahl der hoch- und spätmittelalterlichen Elmpter Schüsseln, die der neuzeitlichen glasierten Waren und auch die der einzelnen Steinzeugformen ist auffällig hoch. Dies kann durch den Wirtschaftscharakter des Elsbachtals geklärt werden: Schüsseln dienten vorwiegend zum Aufrahmen der Milch zur Herstellung von Käse, Butter und Dickmilch. Da Milch nur begrenzt haltbar ist, muß eine entsprechend hohe Zahl an Schüsseln verfügbar sein1041. Die Schüsseln besaßen demnach sowohl Küchen-, Tisch- als auch vor allem Wirtschaftsfunktion.

Eine bedeutende Funktionsgruppe des Elsbachtals bilden Vorratsgefäße in der Form von Baaren: diese dienten zur Milchaufbewahrung und waren gerade in den Niederlanden und Belgien (mit ausgeprägter Milchwirtschaft) sehr beliebt. Historisch sind sie Anfang des 19. Jahrhunderts belegt, erlangten aber schon in der frühen Neuzeit überregionale Bedeutung1042. Daneben sind sie auch als Kappeskrüge bezeichnet worden1043 und wurden demnach auch zum Einlegen von Weißkohl verwendet. Die Langerweher Baaren bilden funktional die Nachfolge der Elmpter Amphoren des Spätmittelalters. Problematisch ist jedoch, daß die ersten Baaren erst um 1600 nachweisbar sind, das Ende der Elmpter Amphoren indes noch im 14.

1035 GAIMSTER 1988a, 58 f.

1036 GAIMSTER 1988a, 56-58.

1037 Grauwaren sind im Binnenland und in den östlichen Niederlanden noch bis um 1500 bzw. noch bis in das 16. Jahrhundert in Gebrauch: CARMIGGELT 1994, 58; BARTELS 1999, Abb. 5,5.

1038 Langerweher Ware der jüngeren Variante (STLE1b), ein Siegburger Steinzeugfuß (Form b5) und ein glasierter Topf der Form r37c.

1039 FRANCKE 1988, 76.

1040 HACKSPIEL 1993, Abb. 42-43. — Steinzeugteller sind aus Altenrather Töpfereiabfall bekannt, spielen jedoch im Töpferabfall eine untergeordnete Rolle: FRANCKE 1999, 69 und Abb. 18.

1041 Die archäobotanischen Untersuchungen W. D. Beckers lassen darauf schließen, daß seit dem Hochmittelalter eine Ausweitung der Acker- und Weideflächen des Elsbachtals zu verzeichnen ist: BECKER 2000. Mit einer intensiven Milchwirtschaft ist daher zu rechnen.

1042 Sie wurden für würdig empfunden, in mehreren Reisebeschreibungen des 19. Jahrhunderts Erwähnung zu finden: SCHWARZ 1937, 36 f. und 46 Anm. 2.

1043 HURST 1977, 221.

Jahrhundert angesetzt wird. Daß mit dem Ende der Amphoren eine Phase ohne jegliche Vorratsgefäße anschließt, ist auszuschließen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Elmpter Amphoren – ähnlich wie die Kragenrandschüsseln (s. o.) – noch in das 15. Jahrhundert hineinreichen1044. Den Übergang zu den Langerweher Baaren mögen vielleicht glasierte Waren (IRGL5b und IRGL6) der Form r36 gebildet haben.

Im Elsbachtal deutet das Vorkommen von Teeschalen aus Steingut auf die Zunahme verfeinerter Tischsitten. Auf dem benachbarten Burghof von Belmen und Haus Gelinde (ca. 1700-1870) spiegelt sich ein höherer sozialer Status wider, da hier Schalen aus Steingut/Fayence und Porzellan zum üblichen Fundgut gehören1045. Unterschiede im sozialen Status und der Wirtschaftsweise werden durch den Mengenvergleich der Waren des Burghofes von Belmen sichtbar (Tabelle 35)1046. Glasierte Irdenwareformen (besonders Schüsseln und Töpfe) sind im Elsbachtal vergleichsweise selten und werden vor allem durch die Elmpter Ware ersetzt1047. Steinzeuge aus Siegburg/Brühl und Köln/Frechen sind in nahezu gleichen Anteilen vertreten, auf dem Burghof überwiegen jedoch reich dekorierte Siegburger Renaissancegefäße. Dies gilt auch für die Westerwälder Ware, die auf dem Burghof häufiger nachzuweisen ist. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die hohe Zahl Langerweher Scherben aus dem Elsbachtal, die vor einem anders gearteten sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund zu sehen ist. Im bäuerlichen Milieu besaß die Langerweher Keramik einen zentralen Stellenwert innerhalb des Geschirrs.

Elsbachtal Burghof Belmen

IRGL4 0,8 8,7

IRGL3 2,5 7,9

IRGL8 0,4 2,4

IRGL6 1,4 3,2

POLY 5,6 14,2

Langerwehe 51,5 15,8 Siegburg/Brühl 24,2 28,4 Köln-Frechen 2,5 1,4 Westerwald 5,9 18,1

Tabelle 35 Vergleich der Waren zwischen dem Burghof in Belmen und dem Elsbachtal (Angaben in Prozent).

1044 Die Produktion von Grauwarekrügen der Form r51 kann dagegen durchaus schon im 14. Jahrhundert enden, da zu diesem Zeitpunkt bereits adäquater Ersatz aus Steinzeug zur Verfügung stand.

1045 HACKSPIEL 1993, 90 f.; auf dem Burghof von Belmen fanden sich 60 Gefäße aus Porzellan, 40 Gefäße aus Steingut und 7 Gefäße aus Fayence (freundl. Mitteilung L. Jansen M.A.).

1046 Ich danke Herrn Dr. L. Jansen M.A. für die Überlassung einer tabellarischen Quantifizierung der Waren (aufgeschlüsselt nach Gefäßeinheiten bzw. Mindestindividuenzahl); vgl. auch JANSEN 1994.

1047 Den 7452 Elmpter Scherben des Elsbachtals stehen lediglich 40 Mindestindividuen des Burghofes gegenüber.