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Kategorisierungen des Verwaltungsrechts

2. Verwaltungsrecht und Verwaltung

2.1 Begriff und Bedeutung des Verwaltungsrechts

2.1.3 Kategorisierungen des Verwaltungsrechts

§ 433 BGB

(1) 1Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen.

2Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

Der Staat wird durch § 433 Abs. 2 BGB nicht als solcher, sondern wie jeder andere (Rechtsunterworfene) auch berechtigt, im Falle eines wirksamen Ver-tragsschlusses den Kaufpreis zu verlangen; das Recht, den Kaufpreis zu verlan-gen ist also kein Sonderrecht des Staates. Und der Staat wird nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB auch nicht als solcher, sondern wie jeder andere (Rechtsunterwor-fene) verpflichtet, das Grundstück zu übereignen; diese Pflicht ist keine staatli-che Sonderpflicht. Damit ist § 433 BGB eine zivilrechtlistaatli-che Vorschrift. Das folgt aber bereits eindeutig aus ihrer Verortung im BGB.

2.1.3 Kategorisierungen des Verwaltungsrechts

Unterschieden wird angesichts der im bundesdeutschen Recht üblichen, "allge-meine Regelungen vor die Klammer ziehenden" Gesetzgebung zwischen dem

"Allgemeinen Verwaltungsrecht" und dem "Besonderen Verwaltungsrecht.

Das Allgemeine Verwaltungsrecht ist vornehmlich im VwVfG1, 2 geregelt und enthält allgemeine Verfahrens- und Formvorschriften; so statuiert beispielswei-se § 28 VwVfG die Pflicht, Beteiligte vor Erlass eines belastenden Verwal-tungsaktes anzuhören, und § 39 VwVfG die Pflicht, schriftliche Verwaltungsak-te schriftlich zu begründen. Darüber hinaus finden sich im VwVfG aber auch

1 Bzw. aus den VwVfGen der Länder. Das sind z. T. (wortgleiche) Vollgesetze, wie beispielsweise das VwVfG NRW bzw. das LVwVfG BW / z. T. (statische / dynami-sche) Verweisungsgesetze, wie etwa das BerlVwVfG bzw. das SächsVwVfG.

2 Anwendbar ist das VwVfG, sofern Bundesbehörden Bundesrecht bzw. Landesbehör-den Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen, im Übrigen Landesverfahrensrecht, vgl. dazu § 1 Abs. 1 - 3 VwVfG.

Beispiel 3

Einteilung des Ver-waltungsrechts

Allgemeines Ver-waltungsrecht

eine Vielzahl von materiellen Vorschriften, insbesondere zu den Handlungsin-strumenten "Verwaltungsakt" und "öffentlich-rechtlicher" Vertrag. Namentlich werden, was zunächst den Verwaltungsakt angeht, Festlegungen getroffen ins-besondere zu Begriffsmerkmalen und Erscheinungsformen (§ 35 VwVfG), zu Wirksamkeitsanforderungen (§§ 43, 44 VwVfG), zur Zulässigkeit von Neben-bestimmungen (§ 36 VwVfG) sowie zur Aufhebung (§§ 48 ff. VwVfG). Bzgl.

Des öffentlich-rechtlichen Vertrags enthält das VwVfG Festlegungen zum Zu-standekommen und zu Erscheinungsformen (§§ 51, 55, 56 VwVfG) und zur Wirksamkeit (§§ 57, 58, 59 VwVfG). Von vornherein zu vergegenwärtigen gilt es sich, dass die Vorschriften des VwVfG immer gelten, d. h. für sämtliche Verwaltungsakte bzw. öffentlich rechtlichen Verträge, sofern im Besonderen Verwaltungsrecht nichts Spezielleres festgelegt ist.3

Mit Besonderem Verwaltungsrecht ist das bundes- bzw. landesrechtliche "Fach-recht" gemeint, d. h. die Festlegungen zu den einzelnen verwaltungsrechtlich reglementierten Sachmaterien (vgl. zur Zuständigkeit des Bundes und der Län-der Art. 70 ff. GG und im Einzelnen den Studienbrief zum Verfassungsrecht).

Zum bundesrechtlichen Fachrecht gehören z. B. das im Wesentlichen im BImSchG zusammengefasste Bundesimmissionsschutzrecht, das die Zulässig-keit der Errichtung und des Betriebs immissionsträchtiger Anlagen regelt, und das in der GewO enthaltene Gewerberecht4, das der Überwachung der Aus-übung von Gewerben dient. Um landesrechtliches Fachrecht handelt es sich etwa beim in den Landespolizei- bzw. Landesordnungsgesetzen5 und Landes-bauordnungen6 verorteten Polizei- und Ordnungsrecht bzw. Bauordnungsrecht.

Das Besondere Verwaltungsrecht enthält zum einen spezielle Verfahrens- und Formvorschriften, vor allem aber materielle Vorschriften, insbesondere die für das Fachrecht notwendigen gesetzlichen Ermächtigungen (vgl. zum Bedürfnis von gesetzlichen Ermächtigungen im Einzelnen noch 3.1.1.2). Derartige gesetz-liche Ermächtigungen finden sich im bundesrechtgesetz-lichen Fachrecht beispiels-weise in den §§ 20, 25 BImSchG (zum Erlass einer Untersagungsverfügung) und in §§ 15 Abs. 2, 35 GewO (zum Erlass einer Untersagungsverfügung), im

3 Es gilt: lex specialis derogat legi generali = die speziellere Regel derogiert die allge-meine; vgl. dazu im Einzelnen noch Punkt 6.3.3.2

4 Diese inhaltliche Aufteilung zwischen allgemeinen und besonderen Rechts-Teilen ist üblich und wird immer kleinteiliger, so dass man sie anfangs schwer überblickt: Genau genommen stellt sich die Gewerbeordnung als "Besonderes Polizei- und Ordnungs-recht" dar, enthält indessen wiederum nur das "Allgemeine GewerbeOrdnungs-recht", während das

"Besondere Gewerberecht", d. h. die Vorschriften zu bestimmten Gewerbearten, in besondere Gesetze "ausgelagert" wurde, etwa ins GastG, ins PersBefG, ins KWG etc.

5 PolG BW, ASOG Berlin, PolG NRW und OBG NRW, SächsPolG (angelehnt an den MEPolG). Sofern landesrechtliche Vorschriften angeführt werden, werden im vorlie-genden Studienbrief aus Platzgründen fortan nur Baden-Württemberg, Berlin, Nord-rhein-Westfalen und Sachsen berücksichtigt. In den übrigen Bundesländern existieren indessen durchweg nahezu identische Vorschriften.

6 LBO BW; BauO Bln; Bau NRW und SächsBauO (angelehnt an die MBO).

Besonderes Verwal-tungsrecht

landesrechtlichen Fachrecht etwa in § 29 Abs. 1 ASOG Berlin7 (zum Erlass eines Platzverweises) bzw. in § 78 BauO Bln8 (zum Erlass einer Baueinstel-lungsverfügung). Wie weiter oben bereits angesprochen, werden die Vorschrif-ten des Allgemeinen Verwaltungsrechts durch die des Besonderen Verwal-tungsrechts, d. h. durch das Fachrecht verdrängt. Das gilt freilich nur insoweit, wie sich dort speziellere Regelungen finden; anderenfalls gelangen die Vor-schriften des Allgemeinen Verwaltungsrechts zur Anwendung.

Nachdem der in Baden-Württemberg ansässige Bertram Bau (B), ohne sich zuvor eine Genehmigung eingeholt zu haben, mit der Errichtung eines Einfami-lienhauses beginnt, erwägt der bei der zuständigen Landesbehörde tätige Volk-brand Vergäll (V) erzürnt den Erlass einer Baueinstellungsverfügung. Muss V die Baueinstellungsverfügung schriftlich erlassen und muss er sie begründen?

§ 64 LBO BW9

(1) 1Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen, so kann die Baurechtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen. 2Dies gilt insbesondere, wenn …

Mangels spezieller Vorschriften im Besonderen Verwaltungsrecht darf V die Baueinstellungsverfügung schriftlich oder mündlich erlassen; vgl. § 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG BW10. Falls V schriftlich vorgeht, bedarf es nach § 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG BW einer Begründung.

B (Beispiel 4) stellt die Bauarbeiten ein und beantragt den Erlass einer Bauge-nehmigung. Gilt für die Baugenehmigung ebenfalls Formfreiheit und ein Be-gründungserfordernis?

§ 58 LBO BW11

(1) 1Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. ... 3Die Baugenehmigung bedarf der Schriftform;

§ 3 a des LVwVfG BW findet keine Anwendung. 4Erleichterungen, Abweichun-gen, Ausnahmen und Befreiungen sind ausdrücklich auszusprechen. 5Die Bau-genehmigung ist nur insoweit zu begründen, als sie Abweichungen, Ausnahmen

7 Bzw. in § 27 a PolG BW; § 34 Abs. 1 PolG NRW; § 21 Abs. 1 SächsPolG (in Anleh-nung an § 12 MEPolG).

8 Bzw. in § 64 LBO NRW; § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW; § 79 SächsBO (in Anleh-nung an § 79 MBO).

9 Bzw. § 78 BauO Bln; § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW; § 79 SächsBO (in Anlehnung an § 79 MBO)

10 Das LVwVfG BG entspricht wörtlich dem des VwVfG Bund.

11 Bzw. § 71 Abs. 1 BerlBO; § 75 Abs. 1 BauO NRW; § 72 Abs. 1 SächsBO (in Anleh-nung an § 72 MBO)

Beispiel 4

Beispiel 5

oder Befreiungen von nachbarschützenden Vorschriften enthält und der Nach-bar Einwendungen erhoben hat. …

Angesichts des § 58 Abs. 1 Satz 3 LBO BW (§ 37 Abs. 2 LVwVfG BW wird hiervon verdrängt) muss die Baugenehmigung schriftlich erlassen werden, be-darf nach § 58 Abs. 1 Satz 5 LBO BW (§ 37 Abs. 2 LVwVfG BW wird hiervon verdrängt) indessen grundsätzlich keiner Begründung.