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4. Ergebnisse

4.5. Ergebnisse zu neuronalen Parametern

4.5.1. Bedingung (Annäherung <> Statisch)

Die Analysen zu den ausgewählten ROIs ergaben im Vergleich von sich annähernden bezie-hungsweise statisch dargebotenen Bildern signifikante Aktivierungsunterschiede sowohl zwischen als auch innerhalb der beiden Gruppen. Die Ergebnisse beschreiben tendenziell stärkere Aktivierun-gen für sich annähernde im GeAktivierun-gensatz zu statischen Bildern in den angegeben ROIs. Die signifikanten Ergebnisse für die entsprechenden ROIs sind in Tab. 5 angeführt, in Abb. 12 ist die Aktivierung des ACC bei sich annähernden im Vergleich zu statisch präsentierten Gesichtern ersichtlich.

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Tabelle 5

Signifikante Gehirnaktivierungen für Straftäter und Kontrollen für den Kontrast Annäherung > Statisch

Kontraste und Gehirnregionen H MNI-Koordinaten F-Wert Post-hoc pFWE C

x y z t-Tests

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; MNI: Montreal Neurological Institute; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Regionen: ACC: anteriorer cingulärer Cortex; DLPFC: dorsolateraler präfrontaler Cortex;

PMC: prämotorischer Cortex; VLPFC: ventrolateraler präfrontaler Cortex

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Abbildung 12. Darstellung der Aktivierung des anterioren cingulären Cortex (ACC) bei der Betrachtung von sich annähernden im Gegensatz zu statisch präsentierten neutralen Gesichtern.

Des Weiteren wurden einfache Regressionen für die Gehirnaktivierungen der ausgewählten ROIs und relevanten Fragebogendaten (PCL-R, STAXI, ERQ) sowie für die interpersonale Distanz mithilfe der Ergebnisse des Silhouetten – Tests für jede Gruppe separat durchgeführt.

Für den Kontrast Annäherung > Statisch ergaben sich für die Straftäter positive Zusammenhänge zwischen der Aktivierung im DLPFC und der Facette Interpersoneller Stil der PCL-R sowie des OFC mit der Subskala Ablehnung des STAXI. Negative Zusammenhänge fanden sich hinsichtlich der Aktivierung im OFC und der PCL-R-Facette Lebensstil sowie des gesamten Gehirns mit dem Faktor Chronisch instabiler und antisozialer Lebensstil. Des Weiteren gab es einen negativen Zusammenhang mit der Skala Ärgerkontrolle und diversen ROIs: dem ACC, dem DLPFC, dem DMPFC und dem VLPFC.

In Bezug auf die Kontrollen fanden sich positive Zusammenhänge zwischen dem DMPFC und der Facette Interpersoneller Stil sowie zwischen dem OFC und der Ärgerkontrolle und dem gesamten Gehirn und dem Zustandsärger. Die Skala Unterdrückung des ERQ war bei den Kontrollen negativ sowohl mit dem DMPFC als auch mit dem DLPFC assoziiert. Die genauen Werte sind in Tab.

6 angeführt.

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Tabelle 6

Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den ausgewählten ROIs und relevanten Fragebogendaten für den Kontrast Annäherung > Statisch

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Regionen: ACC: anteriorer cingulärer Cortex; DLPFC: dorsolateraler präfrontaler Cortex; DMPFC: dorsomedialer präfrontaler Cortex; OFC: orbitofrontaler Cortex; VLPFC: ventrolateraler präfrontaler Cortex

66 In Bezug auf die interpersonale Distanz konnte anhand der Regressionsanalyse festgestellt werden, dass bei Straftätern ein positiver Zusammenhang zwischen der Aktivierung des ACC, des DMPFC sowie des PMC und der nach vorne bevorzugten interpersonalen Distanz zu Frauen besteht.

Die zu Frauen präferierte Distanz zur Seite korrelierte lediglich mit dem DMPFC positiv. Bezüglich der Distanz zu einem unbekannten Mann zeigte sich ein positiver Zusammenhang der Aktivierung in den Arealen ACC, OFC und VLPFC und der bevorzugten Entfernung nach vorne. Ebenfalls positiv assoziiert waren die Aktivierungen der ROIs OFC und VLPFC mit der Entfernung nach hinten sowie der Areale ACC, OFC und PMC mit der Entfernung zur Seite. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Straftäter mit steigender bevorzugter Distanz eine höhere Aktivierung in genannten Arealen in der Bedingung Annäherung > Statisch zeigen. Eine negative Korrelation zeigte sich dabei lediglich in der Gruppe der Kontrollpersonen, indem die bevorzugte interpersonale Distanz zu einem unbekannten Mann negativ mit der Aktivierung im gesamten Gehirn zusammenhängt. Die einzelnen Ergebnisse sind in Tab. 7 abzulesen.

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Tabelle 7

Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den ausgewählten ROIs und der interpersonalen Distanz in Millimetern gemessen nach vorne, zur Seite und nach hinten für den Kontrast Annäherung > Statisch

Fragebögen und Hirnregionen Straftäter Kontrollen

H x y z T p FWE C H x y z T p FWE C

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Regionen: ACC: anteriorer cingulärer Cortex; DMPFC: dorsomedialer präfrontaler Cortex; OFC: orbitofrontaler Cortex; PMC: Prämotorischer Cortex; VLPFC: ventrolateraler präfrontaler Cortex

68 4.5.2. Geschlecht des Posers (Männlich <> Weiblich)

Bei den Analysen zu den ausgewählten ROIs ergaben sich im Vergleich von männlichen und weiblichen Gesichtsausdrücken wiederum signifikante Aktivierungsunterschiede sowohl zwischen als auch innerhalb der beiden Gruppen. Die Ergebnisse beschreiben tendenziell stärkere Aktivierungen für weibliche im Gegensatz zu männlichen Ausdrücken in den angegeben ROIs. Die signifikanten Ergebnisse zwischen und innerhalb der Gruppen für die jeweiligen ROIs sind in untenstehender Tabelle (Tab. 8) angeführt, in Abb. 13 ist die Aktivierung im OFC bei weiblichen im Gegensatz zu männlichen Gesichtern dargestellt.

Tabelle 8

Signifikante Gehirnaktivierungen für Straftäter und Kontrollen für den Kontrast Weiblich > Männlich

Kontraste und Gehirnregionen H MNI-Koordinaten F-Wert Post-hoc pFWE C

x y z t-Tests

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; MNI: Montreal Neurological Institute; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Regionen: DMPFC: dorsomedialer präfrontaler Cortex; OFC: orbitofrontaler Cortex; VLPFC: ventro- lateraler präfrontaler Cortex

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Abbildung 13. Darstellung der Aktivierung des orbitofrontalen Cortex (OFC) bei der Betrachtung von weiblichen im Gegensatz zu männlichen neutralen Gesichtern.

Auch für den Kontrast Weiblich > Männlich wurden einfache Regressionsanalysen für die Zusammenhänge der Aktivierungen in den ROIs sowohl mit den relevanten Fragebogendaten (PCL-R, STAXI, ERQ) als auch für die interpersonale Distanz anhand der Ergebnisse des Silhouetten – Tests berechnet.

Für die Straftäter ergaben sich für den Kontrast Weiblich > Männlich positive Zusammenhänge zwischen der Aktivierung des OFC mit der PCL-R-Facette Lebensstil sowie des gesamten Gehirns mit dem Faktor Chronisch instabiler und antisozialer Lebensstil. Im Rahmen des STAXI ergaben sich bei den Straftätern positive Korrelationen der Aktivierungen in den Arealen ACC, DLPFC, DMPFC und VLPFC mit der Ärgerkontrolle. Negative Zusammenhänge ergaben sich zwischen dem Aktivierungsniveau des DLPFC und einer Facette der PCL-R – dem Interpersonellen Stil – sowie zwischen dem OFC und der Skala Ablehnung des STAXI.

Bei der Gruppe der Kontrollen gab es einen negativen Zusammenhang zwischen dem ACC und der Facette Interpersoneller Stil, ebenso zwischen dem OFC und der Ärgerreaktion. Positiv korrelierte die Aktivierung des DLPFC und des DMPFC mit der Emotionsregulationsstrategie Unterdrückung sowie des gesamten Gehirns mit dem Zustandsärger. Genaue Werte sind in Tab. 9 ersichtlich.

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Tabelle 9

Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den ausgewählten ROIs und relevanten Fragebogendaten für den Kontrast Weiblich > Männlich

Fragebögen und Hirnregionen Straftäter Kontrollen

H x y z T p FWE C H x y z T p FWE C

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Regionen: ACC: anteriorer cingulärer Cortex; DLPFC: dorsolateraler präfrontaler Cortex; DMPFC: dorsomedialer präf-rontaler Cortex; OFC: orbitofpräf-rontaler Cortex; VLPFC: ventrolateraler präfpräf-rontaler Cortex

In Bezug auf die Ergebnisse der Regression hinsichtlich der interpersonalen Distanz in der Bedingung Weiblich > Männlich zeigten sich lediglich für die Gruppe der Straftäter signifikante Ergebnisse. Dabei ergab sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Aktivierung des PMC sowohl mit der nach vorne bevorzugten Distanz zu einer unbekannten Frau als auch mit der nach hinten bevorzugten Entfernung zu einem unbekannten Mann. Negative Zusammenhänge zeigten sich

71 hinsichtlich der Distanz zu einer unbekannten Frau zwischen dem ACC, dem DLPFC und dem DMPFC mit der Entfernung nach vorne sowie des DMPFC mit der präferierten Entfernung zur Seite.

Die nach vorne bevorzugte Distanz zu einem unbekannten Mann korrelierte negativ mit der Aktivierung des ACC, des OFC sowie des VLPFC, ebenso in negativem Zusammenhang mit dem ACC und dem OFC stand die nach hinten bevorzugte Distanz zu einem unbekannten Mann. Die seitlich zu Männern bevorzugte Distanz korrelierte bei den Straftätern negativ mit der Aktivierung des OFC und des VLPFC. Genaue Ergebnisse sind in unten stehender Tabelle (Tab. 10) ersichtlich.

Tabelle 10

Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den ausgewählten ROIs und der interpersonalen Distanz in Millimetern gemessen nach vorne, zur Seite und nach hinten für den Kontrast Annäherung > Statisch

Fragebögen und Hirnregionen Straftäter Kontrollen

H x y z T p FWE C H x y z T p FWE C

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Regionen: ACC: anteriorer cingulärer Cortex; DLPFC: dorsolateraler präfrontaler Cortex; DMPFC: dorsomedialer präfrontaler Cortex; OFC: orbitofrontaler Cortex; PMC: prämotorischer Cortex, VLPFC: ventrolateraler präfrontaler Cortex

72 4.5.3. Dreifachinteraktion (Gruppe x Bedingung x Geschlecht des Posers)

Im Rahmen der Varianzanalyse ergab sich hinsichtlich der in dieser Studie ausgewählten ROIs eine dreifache Interaktion für den Kontrast Straftäter > Kontrollen & Annäherung > Statisch &

Männlich > Weiblich. Die Ergebnisse weisen damit auf eine erhöhte Aktivierung des OFC bei Straftätern im Gegensatz zu Kontrollen und bei sich annähernden männlichen Gesichtsausdrücken im Gegensatz zu statisch präsentierten weiblichen Gesichtern hin (Tab. 11). In Abb. 14 ist die Aktivierung des OFC bei Straftätern bei der Betrachtung sich annähernder männlicher Gesichter im Gegensatz zu statisch präsentierten weiblichen Gesichtern dargestellt.

Tabelle 11

Signifikante Gehirnaktivierungen für Straftäter und Kontrollen für den Kontrast Annäherung > Statisch

Kontraste und Gehirnregionen H MNI-Koordinaten Post-hoc pFWE C

x y z t-Tests

Straftäter > Kontrollen & Männlich > Weiblich & Annäherung > Statisch

Between Subjects

OFC L -33 14 -17 3.72 .009 186

OFC R 33 20 -14 3.82 .005 139

Anmerkungen:

H: Hemisphäre; L: links; R: rechts; MNI: Montreal Neurological Institute; pFWE: nach familywise error korrigierte p-Werte; C: Cluster-Größe

Anatomische Region: OFC: orbitofrontaler Cortex

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Abbildung 14. Darstellung der Aktivierung des orbitofrontalen Cortex (OFC) bei Straftätern bei der Betrachtung von sich annähernden männlichen im Gegensatz zu statisch präsentierten männlichen neutralen Gesichtern.

5. Diskussion

Das Ziel dieser Studie bestand darin, den Einfluss von Psychopathie sowie des Eindringens in den personalen Raum anhand der Präsentation sich annähernder beziehungsweise statisch präsentier-ter Bilder von männlichen und weiblichen Gesichtsausdrücken bei Straftäpräsentier-tern im Gegensatz zu Kon-trollen zu überprüfen. Die Reaktion auf die Gesichtsausdrücke sollte auf zweierlei Art erfasst werden, zum einen über die von den Probanden abgegebene Beurteilung von Valenz und Arousal und zum anderen über die von ihnen gezeigte Gehirnaktivierung bei der Präsentation der Bilder im Scanner.

In der vorliegenden Untersuchung wurde der Fokus dabei auf die Aktivierung bestimmter frontaler Areale (OFC, DLPFC, DMPFC, VLPFC, VMPFC, ACC) und des PMC gelegt. Einige der oben an-geführten Hypothesen konnten bestätigt werden. Diese Ergebnisse sollen im folgenden Kapitel dis-kutiert werden.

5.1. Diskussion der Stichprobe

Hinsichtlich des Alters und der höchsten abgeschlossenen Ausbildung (Pflichtschule, Lehre, höhere berufsbildende Schule, Matura, Studium/Fachhochschule) gab es keinen Unterschied zwi-schen den beiden Gruppen. Auch wenn man die beiden Gruppen anhand ihrer Bildungsjahre verglich, unterschieden sie sich nicht voneinander. Hinsichtlich des Alters gab es eine relativ große Range in

74 beiden Gruppen (Straftäter: 19 – 52 Jahre, Kontrollen: 24 – 51 Jahre), was in Bezug auf die Reprä-sentativität positiv anzumerken ist. Dies war bei der höchsten abgeschlossenen Ausbildung weniger der Fall. In der Gruppe der Straftäter hatten sieben der Probanden lediglich den Pflichtschulabschluss, dies war nur bei drei der Kontrollpersonen der Fall. Ein Straftäter, jedoch keine Kontrollperson wie-sen den Abschluss einer höheren berufsbildenden Schule auf. Das umgekehrte Muster zeigte sich bei der Matura, über welche lediglich fünf Personen der Kontrollgruppe verfügten. Keinen Unterschied gab es beim Lehrabschluss und beim Abschluss eines Studiums beziehungsweise einer Fachhoch-schule, über diesen verfügten in jeder Gruppe neun Personen beziehungsweise eine Person. Diese Informationen stellen die Repräsentativität der Stichprobe zwar hinsichtlich der höchsten abgeschlos-senen Ausbildung infrage, jedoch kann dies durch die mittleren Bildungsjahre beider Gruppen rela-tiviert werden (Straftäter: 11.06 Jahre; Kontrollen: 11.78 Jahre). Generell ist anzumerken, dass diese Ergebnisse repräsentativ für diese Stichprobe zu sein scheinen. Eine Studie aus den U.S.A. konnte in diesem Zusammenhang aufzeigen, dass 75 % der amerikanischen Straftäter nicht im Besitz eines High-School-Abschlusses sind (Alliance for Excellent Education, 2006) und die Anzahl der Häftlinge ohne High-School-Abschluss in den letzten Jahren sogar stetig zunahm (Harlow, 2003). Evidenz für diese Befunde geben auch die in der vorliegenden Studie erzielten Werte im Wiener-Matrizen-Test-2 (WMT-Wiener-Matrizen-Test-2), einem Instrument zur Erhebung der allgemeinen Intelligenz. Dabei erreichten Straftäter im Mittel einen Intelligenz-Quotient (IQ) von rund 74, wohingegen in der Gruppe der Kontrollen der Mittelwert bei rund 97 IQ-Punkten lag. Anzumerken ist jedoch, dass dieses Ergebnis eventuell an einer geringer vorhandenen Motivation der Insassen gelegen haben könnte, welche den Test mehr-heitlich im Rahmen einer Gruppentestung durchgeführt haben. Außerdem erhielten sie im Gegensatz zu den Personen der Kontrollgruppe für ihre Teilnahme an der Studie keine finanzielle Vergütung, sondern lediglich eine CD mit Bildern ihres Gehirns, was zu einer eventuell fehlenden Motivation beigetragen haben könnte. Angemerkt wird, dass auch die Möglichkeit für sozial erwünschte Ant-worten nicht zu vernachlässigen ist. Dies spielt besonders in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Straftäter in der vorliegenden Studie bereits im Entlassungsvollzug befanden und eventuell in Hin-blick auf ihre künftig bald stattfindende Entlassung bei der Beantwortung der Fragen auf deren ge-sellschaftliche Akzeptanz achteten, eine Rolle.

Für die beiden Gruppen wurden zwei Kontrollvariablen herangezogen, zum einen die Psycho-pathieausprägung erhoben mit der Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R) und zum anderen der Depressionswert gemessen mit dem Beck-Depressions-Inventar (BDI). Diese beiden Variablen wur-den zudem als Ausschlussvariablen für die Kontrollgruppe verwendet, wobei der Wert in der PCL-R nicht höher als 7 und im BDI nicht höher als 12 sein sollte. Personen, bei denen einer oder beide Werte über dem Cut-Off lagen, wurden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Wie erwartet un-terschieden sich die Straftäter in Bezug auf die Psychopathie mit einem Mittelwert von knapp 17

75 signifikant von den Kontrollen, welche im Schnitt einen Wert von unter 2 aufwiesen. Kritisch ist jedoch anzumerken, dass im Vereinigten Königreich ein PCL-R-Wert größer gleich 25 und in den U.S.A. erst ein Wert größer gleich 30 als klinisch signifikant betrachtet wird (Semple, 2005; Skeem et al., 2011). In der Forschung wird ebenfalls oft ein Cut-Off von größer gleich 25 angewandt (Skeem et al., 2011). Dies wirft die Frage auf, ob die in der vorliegenden Studie getesteten Straftäter hinsicht-lich dieses Merkmals eine repräsentative Stichprobe abgeben. Auch in Bezug auf die depressive Aus-prägung ergab sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Auch dieses Ergebnis scheint repräsentativ für die Gruppe der Straftäter zu sein. In einer Studie konnte eine Prävalenz einer Major Depression in einer Gefängnisstichprobe zwischen 13.1 % und 18.6 % festgestellt werden (Abramsky & Fellner, 2003), in den meisten Ländern liegt die Lebenszeitprävalenz, an einer Depres-sion zu erkranken, hingegen zwischen 8 % und 12 % (Andrade & Caraveo, 2003; Kessler et al., 2003).

Dieser Umstand sollte bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden, da nach Leppänen et al. (2004) depressive Personen dazu neigen, neutrale Gesichtsausdrücke schlechter erkennen zu können beziehungsweise ihnen einen emotionalen Gehalt zuweisen. Im Hinblick auf eventuelle Komorbiditäten auf Seiten der Insassen ist anzumerken, dass alle Probanden mit komorbiden Störun-gen (beispielsweise Borderline-Persönlichkeitsstörung, Alkohol- und DroStörun-gensuchtproblematik, Post-traumatische Belastungsstörung) von weitergehenden Analysen ausgeschlossen wurden.

Aufgrund dieser Limitationen ergab sich aus einer ursprünglichen Stichprobe von 42 Straftä-tern und 37 Kontrollen eine Gesamtstichprobe von 36 Personen mit jeweils 18 Probanden pro Gruppe.

Dies wurde im Rahmen der Berechnungen berücksichtigt.

5.2. Diskussion der Ergebnisse zur Psychopathie

Für die Überprüfung der Hypothese und der Fragestellung in Bezug auf den Zusammenhang von Psychopathie und interpersonaler Distanz wurden einfache beziehungsweise multiple Regressi-onen sowie exploratorische Korrelationsanalysen berechnet.

Anhand der Regressionsanalysen konnte Hypothese 1a teilweise bestätigt werden, und zwar in der Hinsicht, dass sich lediglich die bevorzugte interpersonale Distanz zu einem anderen Mann von der Ausprägung im Merkmal Psychopathie vorhersagen lässt, nicht aber der bevorzugte Abstand zu einer Frau. Anzumerken ist dabei, dass sich in der Studie von Vieira und Marsh (2014) kein Hin-weis auf eine separate Messung der interpersonalen Distanz zu Männern und Frauen finden lässt, so wie dies in der vorliegenden Studie der Fall war, sondern lediglich Männer und Frauen getestet wur-den. Da die oben genannte Untersuchung nach Wissen der Autorin bislang die einzige ist, welche sich mit dem Zusammenhang von Psychopathie und interpersonaler Distanz beschäftigt hat, lässt sich darauf schließen, dass somit in der vorliegenden Studie in diesem Zusammenhang neue Erkenntnisse

76 erzielt wurden. Grund dafür, dass lediglich hinsichtlich der interpersonalen Distanz zu anderen Män-nern eine Vorhersage möglich war, könnte sein, dass zu Frauen im Allgemeinen ein geringerer Ab-stand bevorzugt wird (Miller et al., 2013) und Männer als bedrohlicher wahrgenommen werden könn-ten, sodass psychopathische Eigenschaften von geringerer Bedeutung für die Vorhersage der Distanz zu Frauen sind. Zudem ergab sich keine Vorhersage der bevorzugten interpersonalen Distanz durch ein bestimmtes Merkmal oder eine bestimmte Facette, sondern des Gesamtwertes der Psychopathie erhoben mit der PCL-R. Es war keine Vorhersage der bevorzugten interpersonalen Distanz durch Merkmale beziehungsweise Faktoren des PPI-R möglich, so wie es die Autorinnen der oben genann-ten Studie zeigen konngenann-ten. Diese Ergebnisse könngenann-ten eventuell dadurch zustande gekommen sein, dass in der vorliegenden Studie die Stichprobe unter anderem aus Straftätern mit zum Teil hoher Psychopathieausprägung bestand, wohingegen an der oben erwähnten Untersuchung lediglich Stu-dentInnen ohne kriminelle Vergangenheit und ohne psychiatrische Diagnosen in der Vergangenheit teilnahmen. Es ist anzunehmen, dass die in der vorliegenden Studie zur Hälfte straffällige Stichprobe zu genannten Unterschieden in den Ergebnissen beigetragen hat.

Die exploratorischen Korrelationsanalysen haben gezeigt, dass besonders die PCL-R-Facette Affektives Erleben von Bedeutung im forensischen Kontext ist, da diese positiv mit dem verurteilten Strafausmaß sowie der Dauer der bereits verbüßten Strafe in Verbindung steht. Hinsichtlich der be-reits verbüßten Zeit in Haft wäre es möglich, dass Eigenschaften betreffend der Facette Affektives Erleben (zum Beispiel Mangel an Gewissensbissen oder Schuldbewusstsein, Gefühlskälte) im Rah-men der in Haft verbrachten Zeit verstärkt entwickelt wurden, um mit der Situation besser umgehen zu können. Der Zusammenhang mit dem verurteilten Strafausmaß könnte durch Verübung eines schwereren Delikts zustande gekommen sein, welches wiederum von psychopathischen Eigenschaf-ten wie beispielsweise Gefühlskälte beeinflusst sein könnte. Ein weiterer positiver Zusammenhang zeigte sich mit der Facette Antisozialität und dem Gesamtwert im BDI. Grund dafür könnte sein, dass sich die mit dieser Facette assoziierten Eigenschaften (beispielsweise frühe Verhaltensauffälligkeiten, Jugendkriminalität) durch eine zugrunde liegende Depressivität entwickelt haben könnten, es ist aber auch die umgekehrte Wirkweise möglich.

5.3. Diskussion der Ergebnisse zu den affektiven Ratings

Für das Rating hinsichtlich Valenz und Arousal wurden – wie oben erwähnt – wie für das funktionelle Paradigma im Scanner Bilder aus dem KDEF verwendet. Dabei ist jedoch zu erwähnen, dass im Scanner lediglich Bilder mit neutralen Gesichtern und im Rating zusätzlich Gesichtsausdrü-cke der Emotionen Ärger und Ekel präsentiert wurden. Dies sollte in künftigen Studien angeglichen

77 werden. Weiters ist zu beachten, dass es sich beim Rating um einen Selbstbericht handelt, was eben-falls mit einer Tendenz zu sozial erwünschten Antworten einhergehen könnte.

Es konnten nicht alle der oben angestellten Hypothesen bestätigt werden. Es wurde vermutet, dass sich annähernde Gesichter im Allgemeinen negativer bewertet werden als statisch präsentierte.

Diese Annahme (Hypothese 2a) konnte insofern nur zum Teil bestätigt werden, als sich annähernde männliche Gesichter negativer beurteilt wurden als statische männliche, dieser Unterschied zeigte

Diese Annahme (Hypothese 2a) konnte insofern nur zum Teil bestätigt werden, als sich annähernde männliche Gesichter negativer beurteilt wurden als statische männliche, dieser Unterschied zeigte