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Kriminelle Psychopathie und interpersonale Distanz: eine fmrt-untersuchung. Masterarbeit

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Academic year: 2022

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(1)

Carina Maria Pleva

Kriminelle Psychopathie und interpersonale Distanz:

eine fMRT-Untersuchung

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science (MSc) der Psychologie der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

Begutachterin: Univ.-Prof.in Dr.in Anne Schienle Institut für Psychologie

Abteilung für Klinische Psychologie

Graz, April 2015

(2)

1

Danksagung

Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben und mich nach allen Kräften unterstützt haben.

Besonderer Dank gilt dabei…

…den Untersuchungsteilnehmern, die sich uns so bereitwillig und kooperativ zur Verfügung ge- stellt und dabei weder Zeit noch Mühen gescheut haben

…Fr. Prof.in Dr.in Anne Schienle für ihre herausragende wissenschaftliche Begleitung und fachliche Beratung

…Fr. Mag.a Dr.in Verena Leutgeb und Hrn. Mag. Dr. Wilfried Scharmüller für die wunderbare Zu- sammenarbeit und Unterstützung, weil sie uns immer wieder Hoffnung gegeben haben, wenn etwas

einmal doch nicht ganz so reibungslos verlief

…Hrn. Mag. Thomas Zussner für die tolle Zusammenarbeit während der Arbeit im fMRT-Labor, der uns immer mit fachlichem Rat zur Seite stand

…Hrn. Florian Schöngassner für seine Unterstützung in technischen Angelegenheiten

…meiner Kollegin Lena Raffelsberger für eine großartige Zusammenarbeit im Team

…meinen Eltern, die mich immer liebevoll unterstützt und aufgebaut haben

…meinen Freunden, die immer Verständnis aufgebracht haben, wenn die Zeit einmal knapp war, und mir immer ein offenes Ohr schenkten

und

…Lorenz, der all meine Launen so bereitwillig ausgehalten hat und mir immer wieder Kraft ge- schenkt hat.

(3)

2

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... 5

Tabellenverzeichnis ... 6

Zusammenfassung ... 7

Abstract ... 8

1. Einleitung ... 9

2. Theorie ... 10

2.1. Psychopathie ... 10

2.1.1. Geschichtlicher Hintergrund des Begriffs „Psychopathie“ ... 10

2.1.2. Klassifikation der dissozialen beziehungsweise antisozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 und DSM-5 ... 10

2.1.2.1. Klassifikation der dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 ... 10

2.1.2.2. Klassifikation der antisozialen Persönlichkeitsstörung nach DSM-5 ... 11

2.1.3. Das Störungsbild der Psychopathie... 12

2.1.3.1. Hervey Cleckley’s Liste der Symptomatik von Psychopathie ... 13

2.1.3.2. Hare‘s Psychopathy Checklist – Revised und ihr Einsatz im Rahmen forensischer Studien ... 14

2.1.4. Psychopathie und Delinquenz ... 18

2.1.5. Epidemiologie ... 19

2.1.6. Komorbiditäten ... 20

2.1.7. Entstehung der Psychopathie ... 21

2.1.7.1. Genetische Ursachen ... 21

2.1.7.2. Soziale Faktoren ... 21

2.1.8. Die Neurobiologie der Psychopathie ... 22

2.1.8.1. Der orbitofrontale Cortex (OFC) ... 23

2.1.8.2. Der dorsolaterale (DLPFC) und der dorsomediale (DMPFC) präfrontale Cortex.... 23

2.1.8.3. Der ventrolaterale (VLPFC) und der ventromediale (VMPFC) präfrontale Cortex . 24 2.1.8.4. Der anteriore cinguläre Cortex (ACC) ... 24

2.2. Interpersonale Distanz ... 25

2.2.1. Moderatoren der interpersonalen Distanz ... 26

2.2.2. Einfluss emotionaler Gesichtsausdrücke und des Posergeschlechts sowie des Eindringens in den personalen Raum auf die bevorzugte interpersonale Distanz ... 26

2.2.3. Funktionen der interpersonalen Distanz ... 27

2.2.4. Die Messung interpersonaler Distanz ... 27

(4)

3

2.2.5. Interpersonale Distanz und Delinquenz ... 28

2.2.6. Die Neurobiologie der interpersonalen Distanz ... 30

2.3. Der Zusammenhang von Psychopathie und interpersonaler Distanz... 31

2.4. Gesichtswahrnehmung ... 32

2.5. Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) ... 33

3. Methode ... 35

3.1. Stichprobe ... 35

3.1.1. Alter und Händigkeit ... 36

3.1.2. Höchste abgeschlossene Ausbildung ... 36

3.2. Untersuchungsmaterial... 37

3.2.1. Testverfahren ... 37

3.2.1.1. Diagnostisches Kurz-Interview bei psychischen Störungen (Mini-DIPS) ... 37

3.2.1.2. Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R) ... 38

3.2.1.3. Wiener Matrizen – Test – 2 (WMT-2) ... 38

3.2.1.4. Silhouetten zur Erfassung der erwünschten interpersonalen Distanz ... 38

3.2.1.5. Beck-Depressions-Inventar (BDI) ... 39

3.2.1.6. Psychopathic Personality Inventory – Revised (PPI-R) ... 39

3.2.1.7. Fragebogen zur Ekelempfindlichkeit (FEE) ... 39

3.2.1.8. Skala zur Erfassung der Ekelsensitivität (SEE) ... 40

3.2.1.9. Fragebogen zur Erfassung des Selbstekels (FESE) ... 40

3.2.1.10. State-Trait-Ärgerausdrucks-Inventar (STAXI) ... 40

3.2.1.11. Emotion Regulation Questionnaire (ERQ) ... 41

3.2.1.12. Karolinska Directed Emotional Faces (KDEF) ... 41

3.2.2. Experimentelles Paradigma ... 41

3.2.3. Affektives Rating ... 42

3.3. Parameter der fMRT-Messung ... 42

3.4. Untersuchungsablauf ... 43

3.4.1. Ablauf für die Kontrollpersonen ... 43

3.4.2. Ablauf für die Straftäter ... 45

3.5. Datenverarbeitung ... 45

3.5.1. Fragebogendaten und Interviews ... 46

3.5.2. Affektive Ratings ... 46

3.5.3. Daten zur interpersonalen Distanz ... 47

3.5.4. fMRT-Daten ... 47

3.6. Hypothesen... 48

3.6.1. Hypothese und Fragestellung zur Psychopathie ... 48

3.6.2. Hypothesen und Fragestellungen zum affektiven Rating ... 49

(5)

4

3.6.3. Hypothesen zur interpersonalen Distanz ... 51

3.6.4. Hypothesen zu neuronalen Parametern ... 52

4. Ergebnisse ... 54

4.1. Ergebnisse der exploratorischen Berechnungen zu den Fragebogendaten und Interviews .... 54

4.2. Ergebnisse zur Psychopathie ... 56

4.3. Ergebnisse zum affektiven Rating ... 57

4.3.1. Valenz ... 57

4.3.2. Arousal ... 59

4.4. Ergebnisse zur interpersonalen Distanz erhoben mit dem Silhouetten – Test ... 59

4.5. Ergebnisse zu neuronalen Parametern ... 61

4.5.1. Bedingung (Annäherung <> Statisch) ... 62

4.5.2. Geschlecht des Posers (Männlich <> Weiblich) ... 68

4.5.3. Dreifachinteraktion (Gruppe x Bedingung x Geschlecht des Posers) ... 72

5. Diskussion ... 73

5.1. Diskussion der Stichprobe ... 73

5.2. Diskussion der Ergebnisse zur Psychopathie ... 75

5.3. Diskussion der Ergebnisse zu den affektiven Ratings ... 76

5.4. Diskussion der Ergebnisse zur interpersonalen Distanz ... 78

5.5. Diskussion der neuronalen Ergebnisse ... 79

5.5.1. Diskussion der Ergebnisse zum Kontrast Annäherung > Statisch ... 79

5.5.2. Diskussion der Ergebnisse zum Kontrast Weiblich > Männlich ... 80

5.5.3. Diskussion der Ergebnisse zum Kontrast Straftäter > Kontrollen Annäherung > Statisch Männlich > Weiblich ... 81

5.5.4. Diskussion der exploratorischen Regressionsanalysen hinsichtlich der Fragebogendaten in Zusammenhang mit den neuronalen Parametern ... 81

5.5.4.1. Diskussion der Ergebnisse der Regressionsanalysen für den Kontrast Annäherung > Statisch ... 82

5.5.4.2. Diskussion der Ergebnisse der Regressionsanalysen für den Kontrast Weiblich > Männlich ... 83

5.5.4.3. Diskussion der Ergebnisse der Regressionsanalysen für den Kontrast Straftäter > Kontrollen Annäherung > Statisch Männlich > Weiblich ... 84

5.6. Limitationen und Ausblick... 84

5.7. Conclusio ... 85

Literatur ... 87

Anhang ... 106

(6)

5

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Diagnostische Kriterien einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10. ... 11

Abbildung 2. Diagnostische Kriterien einer antisozialen Persönlichkeitsstörung nach DSM-5. ... 12

Abbildung 3. Items der Liste der Psychopathie-Symptome nach Cleckley (1991). ... 13

Abbildung 4. Items der Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R) nach Hare (1991). ... 14

Abbildung 5. Veranschaulichung der Hall’schen Distanzzonen (Hall, 1966) ... 25

Abbildung 6. Angabe der Häufigkeiten für die höchste abgeschlossene Ausbildung für Straftäter und Kontrollpersonen. ... 36

Abbildung 7. Self-Assessment-Manikin für die Dimension Valenz. ... 42

Abbildung 8. Self-Assessment-Manikin für die Dimension Arousal. ... 42

Abbildung 9. Interaktion Bedingung x Poser beim affektiven Rating (Valenz)... 58

Abbildung 10. Interaktion Geschlecht der unbekannten Person x Richtung. ... 60

Abbildung 11. Gemittelte bevorzugte Distanz nach vorne, zur Seite und nach hinten der Straftäter im Vergleich zur Kontrollgruppe. ... 61

Abbildung 12. Darstellung der Aktivierung des anterioren cingulären Cortex (ACC) bei der Betrachtung von sich annähernden im Gegensatz zu statisch präsentierten neutralen Gesichtern. ... 64

Abbildung 13. Darstellung der Aktivierung des orbitofrontalen Cortex (OFC) bei der Betrachtung von weiblichen im Gegensatz zu männlichen neutralen Gesichtern. ... 69

Abbildung 14. Darstellung der Aktivierung des orbitofrontalen Cortex (OFC) bei Straftätern bei der Betrachtung von sich annähernden männlichen im Gegensatz zu statisch präsentierten männlichen neutralen Gesichtern. ... 73

(7)

6

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1. Mittelwerte der Fragebögen und des Interviews getrennt für beide Gruppen ... 54 Tabelle 2. Mittelwerte (MW) und Standardabweichungen (SD) für die Interaktion Bedingung x Poser (Valenz) ... 58 Tabelle 3. Mittelwerte (MW) und Standardabweichungen (SD) für die Interaktion Geschlecht der unbekannten Person x Richtung ... 60 Tabelle 4. Generierte Kontraste und Minuskontraste für die fMRT-Analysen ... 62 Tabelle 5. Signifikante Gehirnaktivierungen für Straftäter und Kontrollen für den Kontrast

Annäherung > Statisch ... 63 Tabelle 6. Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den

ausgewählten ROIs und relevanten Fragebogendaten für den Kontrast Annäherung > Statisch ... 65 Tabelle 7. Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den

ausgewählten ROIs und der interpersonalen Distanz in Millimetern gemessen nach vorne, zur Seite und nach hinten für den Kontrast Annäherung > Statisch ... 67 Tabelle 8. Signifikante Gehirnaktivierungen für Straftäter und Kontrollen für den Kontrast

Weiblich > Männlich ... 68 Tabelle 9. Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den

ausgewählten ROIs und relevanten Fragebogendaten für den Kontrast Weiblich > Männlich ... 70 Tabelle 10. Signifikante Ergebnisse der Regressionsanalyse für die Aktivierungen in den

ausgewählten ROIs und der interpersonalen Distanz in Millimetern gemessen nach vorne, zur Seite und nach hinten für den Kontrast Annäherung > Statisch ... 71 Tabelle 11. Signifikante Gehirnaktivierungen für Straftäter und Kontrollen für den Kontrast

Annäherung > Statisch ... 72

(8)

7

Zusammenfassung

Hintergrund. In der Vergangenheit hat sich ein Zusammenhang von Psychopathie, straffälligem Verhalten und der bevorzugten Distanz sowohl im Verhalten als auch in neuronalen Korrelaten ge- zeigt. Die bevorzugte interpersonale Distanz variiert dabei in Abhängigkeit von der Ausprägung in psychopathischen Merkmalen und dem straffälligen Hintergrund der Personen. Ergebnisse weisen zudem auf eine unterschiedliche neuronale Verarbeitung hin.

Anhand sich annähernd und statisch dargebotener neutraler männlicher und weiblicher Ge- sichtsausdrücke sollte dabei ein etwaiger Einfluss des Posergeschlechts sowie des Eindringens in den personalen Raum auf straffällige und nicht straffällige Kontrollpersonen untersucht werden.

Methode. Untersucht wurden 18 männliche Langzeitstraftäter der Justizanstalt Graz – Karlau mit sogenannten „Hands-on“-Delikten in der Vergangenheit sowie 18 nach Alter und Ausbildung paral- lelisierte, nicht straffällige männliche Kontrollpersonen zwischen 19 und 52 Jahren hinsichtlich ihres affektiven Erlebens und ihrer neuronalen Aktivierungen bei der Betrachtung sich annähernder oder statischer Gesichtsausdrücke. Durchgeführt wurde diese Untersuchung mittels funktioneller Mag- netresonanztomographie (fMRT) sowie anhand einer Psychopathie-Checkliste und dem Silhouetten – Test für die Erfassung der bevorzugten interpersonalen Distanz.

Ergebnisse. Die Straftäter zeigten eine signifikant stärkere Aktivierung im orbitofrontalen Cortex (OFC) bei sich annähernden männlichen im Vergleich zu statischen weiblichen Gesichtsausdrücken.

Zudem konnte eine allgemein höhere Aktivierung frontaler Areale bei sich annähernden im Vergleich zu statischen Gesichtsausdrücken gefunden werden. Des Weiteren zeigte sich eine generell größere bevorzugte interpersonale Distanz zu Männern als zu Frauen.

Diskussion. Die Ergebnisse deuten auf eine Divergenz von Selbstbericht und neuronalen Korrelaten hin. Gruppenunterschiede konnten nicht allgemein beobachtet werden, lediglich in der signifikanten Interaktion Gruppe x Bedingung x Geschlecht des Posers zeigte sich ein Unterschied zwischen Straf- tätern und Kontrollpersonen. Weiterführende Studien sollten sowohl eine weibliche Stichprobe ein- beziehen als auch erst kurzzeitig inhaftierte Straftäter, um eventuell stärkere Gruppeneffekte zu er- zielen.

Schlüsselwörter: Delinquenz, Psychopathie, interpersonale Distanz, fMRT, Annäherung

(9)

8

Abstract

Background. In previous research there has been detected a connection between psychopathy, crim- inal behavior and the preferred social distance concerning the behavior as well as respective neural correlates. There has been shown a variation of the preferred social distance dependent on the pecu- liarity of psychopathic traits and also on criminal behavior in the past. Additionally the results indicate a divergence in neural processing.

This study investigated the impact of poser’s sex by presenting approaching and static neutral male and female faces to offenders as well as non-criminal controls.

Method. 18 male long-term inmates having committed so called „Hands-on“-crimes in the past were compared to 18 for age and education matched non-criminal male controls aged from 19 to 52 years and tested concerning their subjective affective experience and their underlying neural activity when being presented approaching and static faces. This was measured with functional Magnetic Reso- nance Imaging (fMRI) as well as with a psychopathy checklist and the Silhouettes - Test interrogating the preferred interpersonal distance.

Results. The offenders showed a significant stronger activity in the orbitofrontal cortex (OFC) when looking at male approaching faces in comparison to female static faces. In addition a higher activation in frontal areas were found when looking at approaching faces compared to static ones. Also signifi- cantly longer interpersonal distances were preferred to men than to women.

Discussion. The results suggest a divergence between self-reports and neural correlates. No general group differences could be detected, only the significant interaction group x motion x sex of poser showed differences between offenders and controls. Future studies in this field should consider a female sample as well as a sample with short-term inmates to receive stronger group effects.

Key words: delinquency, psychopathy, interpersonal distance, fMRI, approach

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9

1. Einleitung

›› Das ‚Schöne‘ in dieser ‚Beziehung‘ ist die Illusion Deinen Seelenverwandten getroffen zu haben.

Da Psychopathen ja keine echte Identität haben, können sie alles für Dich sein.

‚Wen auch immer Du immer schon immer an Deiner Seite haben wolltest, ich bin es für Dich‘. ‹‹

(MitDieserErfahrung: Erkenne Psychopathie – Hilfe für Opfer von Psychopathen.

Verfügbar unter https://erkennepsychopathie.wordpress.com/ [02.10.2014])

Viele Menschen, die in ihrem Leben bereits Kontakt mit einem Psychopathen hatten – meist ohne Kenntnis einer entsprechenden gestellten Diagnose – geht es ähnlich wie der Verfasserin des oben angeführten Zitats. Sie sind fasziniert von dieser Person, fühlen sich wie „gefesselt“ von ihnen, sind ihnen vollkommen verfallen. Doch meist kommt irgendwann dieses Gefühl – ein Gefühl, das man sich nicht erklären kann. Man merkt, dass etwas an seinem Gegenüber, seinem Partner, nicht stimmt.

Dem Hoch mit übertriebener Schmeichelei, unwiderstehlichem Charme und dem starken Wunsch nach Bindung folgen Lügen, Gefühllosigkeit, unrealistische Zielvorstellungen und übermäßige Machtausübung. Trifft das Bedürfnis nach Macht jedoch irgendwann auf Widerstand, folgt die Zerstörung desjenigen, der sich dem Wunsch des Psychopathen widersetzt, der das Spiel nicht mehr mitspielt. Am Anfang besonders gekennzeichnet durch einen einwickelnden Charme und viele Versprechungen offenbart der Psychopath meist irgendwann seine wahre Persönlichkeit.

Psychopathie ist eine durchaus ernst zu nehmende Störung der Persönlichkeit, welche rund 3 % der männlichen und 1 % der weiblichen Bevölkerung betrifft (Sue et al., 2000) und in allen Altersstufen und Gesellschaftsklassen auftritt, allerdings ist sie auch ein Persönlichkeitsmuster, das sich sehr häufig bei Straftätern findet. Nach Patrick (2005) erzielen Straftäter einer Stichprobe außerhalb der U.S.A. einen durchschnittlichen Wert in der Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R; Hare, 1991) von 17,5 Punkten, Straftäter innerhalb der U.S.A. sogar von 22, 1, wobei rund 20,5 % der amerikanischen Straftäter einen Punktwert von über 30 erreichen. Bisher nicht ausreichend untersucht in diesem Zusammenhang wurde dabei die bevorzugte interpersonale Distanz (präferierte Entfernung zu einem Interaktionspartner/einer Interaktionspartnerin). Da wir auch im täglichen Leben im Rahmen der Kommunikation meist eher mit sich annähernden oder entfernenden Gesichtsausdrücken konfrontiert sind, liegt nahe, dass beispielsweise ein sich annähernder ärgerlicher Ausdruck von größerer Bedeutung ist als ein statischer. Das Ziel dieser Studie ist somit, den Zusammenhang von Psychopathie und interpersonaler Distanz bei Straftätern und einer Kontrollgruppe im Rahmen einer fMRT-Untersuchung mit sich annähernden und statischen Gesichtsausdrücken zu untersuchen.

(11)

10

2. Theorie

2.1. Psychopathie

2.1.1. Geschichtlicher Hintergrund des Begriffs „Psychopathie“

Nach Millon et al. (1998) ist Psychopathie die erste anerkannte Persönlichkeitsstörung in der Geschichte der Psychiatrie. Der Begriff der Psychopathie, so wie wir ihn heute kennen, entwickelte sich allerdings bereits vor etwas mehr als hundert Jahren, als Julius Ludwig August Koch im Jahre 1891 die Bezeichnung „psychopathischer Minderwertigkeit“ einführte. Krüse (1987) führte dazu an, dass der Begriff besonders zur Beschreibung von jenen Personen diene, welche eine Last für sich selbst und andere darstellen. Anzumerken ist, dass der Begriff der Psychopathie damals seine Verwendung hauptsächlich im deutschsprachigen Bereich fand (Leyen, 1928). In weiterer Folge beschäftigten sich viele Psychiater des frühen 20. Jahrhunderts, darunter beispielsweise Emil Kraeplin (1927), Ernst Bleuler (1923) und Oskar Hermann (1911), mit dem Begriff der Psychopathie, wodurch sich viele unterschiedliche Definitionen und Klassifikationen des Begriffs ergaben. Als 1950 Schneiders Werk „Die psychopathischen Persönlichkeiten“ publiziert wurde, fand der Störungsbegriff der Psychopathie immer weniger Verwendung und wurde letztendlich vom Begriff

„Soziopathie“ (Glatzel, 1977) abgelöst, um damit die Auswirkung der Handlungen von Psychopathen beziehungsweise Soziopathen auf die Gesellschaft auszudrücken. Allerdings ist anzumerken, obwohl der Begriff im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr allzu häufig verwendet wird, ist er dennoch nie gänzlich verschwunden und heute der dissozialen (ICD-10, 2013) beziehungsweise antisozialen Persönlichkeitsstörung (DSM-5, 2013) zuzuordnen.

2.1.2. Klassifikation der dissozialen beziehungsweise antisozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 und DSM-5

Wie bereits erwähnt, wird der Störungsbegriff der Psychopathie in den aktuell führenden Klassifikationssystemen, der International Classification of Diseases (10. Version, ICD-10) und dem Diagnostical and Statistical Manual of Mental Disorders (5. Version, DSM-5), zugeordnet.

2.1.2.1. Klassifikation der dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10

Das ICD-10 ist ein Klassifikationssystem bestehend aus 22 Krankheitskapiteln, wobei jedes Kapitel durch eine Notation anhand von Buchstaben gekennzeichnet ist. Im fünften Kapitel, bezeichnet mit dem Buchstaben F, finden sich psychische und Verhaltensstörungen. Die dissoziale Persönlichkeitsstörung, im ICD-10 kodiert durch den Code F60.2, ist im Besonderen gekennzeichnet durch die Missachtung sozialer Verpflichtungen und herzlosem Unbeteiligtsein an Gefühlen für

(12)

11 andere. Zudem besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Verhalten und den geltenden sozialen Normen, wobei das Verhalten offensichtlich nicht durch Konsequenzen (beispielsweise Bestrafung) modifizierbar ist. Weiters gekennzeichnet ist die dissoziale Persönlichkeitsstörung durch eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives oder gewalttätiges Handeln, der Tendenz, andere zu beschuldigen sowie konflikthaftes Verhalten zu rationalisieren.

Auch wenn zu den Kerncharakteristika dieser Persönlichkeitsstörung Egozentrismus, mangelnde Empathie und eine mangelhafte Gewissensbildung gehören, ist Kriminalität kein notwendiges Kriterium für die Zuordnung einer solchen Diagnose. Es wird noch angemerkt, dass im ICD-10 kein Alterskriterium bei Entstehen der Persönlichkeitsstörung genannt wird.

Um eine Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung laut ICD-10 stellen zu können, müssen drei der folgenden in Abb. 1 dargestellten Kriterien erfüllt sein:

F60.2 Dissoziale Persönlichkeitsstörung 1. Mangelnde Empathie und Gefühlskälte gegenüber anderen

2. Missachtung sozialer Normen

3. Beziehungsschwäche und Bindungsstörung

4. Geringe Frustrationstoleranz und impulsiv-aggressives Verhalten 5. Mangelndes Schulderleben und Unfähigkeit zu sozialem Lernen

6. Vordergründige Erklärung für das eigene Verhalten und unberechtigte Beschuldigung anderer 7. Anhaltende Reizbarkeit

Abbildung 1. Diagnostische Kriterien einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10.

2.1.2.2. Klassifikation der antisozialen Persönlichkeitsstörung nach DSM-5

Das DSM-5 ist anhand einer multiaxialen Einteilung (Achsen I bis V) eingeteilt, wobei die Achsen I und II wiederum in sechzehn Kategorien unterteilt sind. Die bestehenden zehn Persönlichkeitsstörungen (Kategorie 14) werden kategorisiert durch drei Cluster. Die antisoziale Persönlichkeitsstörung befindet sich dabei im Cluster B, dem auch die histrionische und narzisstische sowie die Borderline-Persönlichkeitsstörung zugeteilt sind. Gemeinsames Merkmal dieser vier Persönlichkeitseigenschaften ist ein sprunghaftes, emotionales und dramatisches Verhalten. Um eine antisoziale Persönlichkeitsstörung laut DSM-5 diagnostizieren zu können, müssen folgende in Abb.

2 dargestellten Kriterien erfüllt sein:

(13)

12 Antisoziale Persönlichkeitsstörung

A. Signifikante Beeinträchtigungen der Funktionsweise der Persönlichkeit

1. Beeinträchtigungen in der Funktion des Selbst (a oder b)

a. Egozentrik, Steigerung des Selbstwerts durch persönlichen Gewinn, Stärke oder Vergnügen b. Selbstausrichtung: Zielsetzungen basierend auf persönlicher Befriedigung, Abwesenheit von prosozialen internalen Standards verbunden mit Scheitern, rechtmäßiges oder kulturell normatives ethisches Verhalten zu zeigen

UND

2. Beeinträchtigungen in der interpersonalen Funktion (a oder b)

a. Empathie: Fehlen von Sorgnis betreffend Gefühle, Bedürfnisse oder Leiden anderer, Fehlen von Reue nach Verletzung oder schlechtem Verhalten anderen gegenüber

b. Intimität: Unfähigkeit für gegenseitige intime Beziehungen, Ausnutzung anderer als primäre Möglichkeit Beziehungen zu haben, inklusive Betrug und Nötigung; Nutzen von Dominanz oder Einschüchterung, um andere zu kontrollieren

B. Das Individuum ist mindestens 18 Jahre alt

C. Es besteht Evidenz für eine Verhaltensstörung mit Erstauftreten vor dem 15. Lebensjahr

D. Das Auftreten antisozialen Verhaltens ist nicht ausschließlich auf Präsenz einer Schizophrenie oder manischen Episode beschränkt

Abbildung 2. Diagnostische Kriterien einer antisozialen Persönlichkeitsstörung nach DSM-5.

2.1.3. Das Störungsbild der Psychopathie

Mithilfe forensischer Studien hat sich mittlerweile gezeigt, dass die meisten Psychopathen, zwar die Kriterien einer dissozialen oder antisozialen Persönlichkeitsstörung erfüllen, jedoch die wenigsten Menschen mit einer dissozialen oder antisozialen Persönlichkeitsstörung nach Definition von Hare (1991) auch Psychopathen sind. Somit hat es den Anschein, dass nicht die Kriterien der dissozialen oder antisozialen Persönlichkeitsstörung, sondern das Konstrukt der Psychopathie besser dazu geeignet ist, das Verhalten von Straftätern zu erklären sowie deren Prognose und Behandlungserfolge zu prädizieren. In einer Studie von Salekin et al. (2001) an einer non- forensischen Stichprobe hat sich allerdings gezeigt, dass Psychopathie auch bei Personen ohne straffälligem Hintergrund vorkommt, dies besonders bei erfolgreichen Individuen innerhalb einer Gesellschaft. Vor Hare (1991) hat bereits Cleckley (1941) als erster eine Liste mit Kriterien erstellt, die im Rahmen der Diagnose einer Psychopathie erfüllt sein sollten (siehe Abb. 3).

(14)

13 2.1.3.1. Hervey Cleckley’s Liste der Symptomatik von Psychopathie

Hervey Cleckley‘s Liste der Psychopathie-Symptome (1941)

1. Beträchtlicher oberflächlicher Charme und durchschnittliche oder überdurchschnittliche Intelligenz

2. Abwesenheit von Wahnvorstellungen und anderen Anzeichen von irrationalem Denken

3. Abwesenheit von Angst/Besorgnis/Nervosität und anderen “neurotischen” Symptomen. Beträchtli- che Gelassenheit/Selbstsicherheit, Ruhe und Redegewandtheit

4. Unzuverlässigkeit, Missachtung von Verpflichtungen und kein Verantwortungsgefühl, in Angelegen- heiten mit geringer und großer Wichtigkeit

5. Unaufrichtigkeit

6. Fehlen von Reue und Schamgefühl

7. Antisoziales Verhalten, das unangemessen motiviert und schlecht geplant ist. Es scheint von einer unerklärlichen Impulsivität herzurühren.

8. Schlechtes Urteilsvermögen und Unfähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen

9. Pathologische Egozentrik. Totale Selbstzentriertheit und Unfähigkeit zu echter Liebe und Zuneigung

10. Generelle Armut an tiefen und nachhaltigen Gefühlen

11. Das Fehlen jeglicher echter Selbsteinsicht; Unfähigkeit, sich selbst so zu sehen, wie man von ande- ren gesehen wird

12. Undankbarkeit für jegliche spezielle Wertschätzung, Liebenswürdigkeiten und Vertrauen; Unemp- fänglichkeit im zwischenmenschlichen Kontakt

13. “Tolles” und anstößiges Verhalten, nach Alkoholkonsum und manchmal auch ohne diesen. Obszöni- tät, Grobheit, schnelle Stimmungswechsel, Streiche zur billigen Unterhaltung.

14. Keine echten Suizidversuche in der Vergangenheit.

15. Ein unpersönliches, triviales und dürftig eingebautes Sexleben.

16. Versagen beim Verfolgen eines Lebensplans und beim Führen eines geordneten Lebens (es sei denn, es dient zerstörerischen Zwecken oder es ist nur vorgetäuscht)

Abbildung 3. Items der Liste der Psychopathie-Symptome nach Cleckley (1991).

(15)

14 2.1.3.2. Hare‘s Psychopathy Checklist – Revised und ihr Einsatz im Rahmen forensischer Studien

Die Merkmale eines Psychopathen anhand der Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R) von Hare (1991) sind Abb. 4 zu entnehmen.

Items der Psychopathy Checklist - Revised nach Hare (1991)

1. Trickreich sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme 2. Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl

3. Stimulationsbedürfnis (Erlebnishunger), ständiges Gefühl der Langeweile 4. Pathologisches Lügen (Pseudologie)

5. Betrügerisch-manipulatives Verhalten

6. Mangel an Gewissensbissen oder Schuldbewusstsein 7. Oberflächliche Gefühle

8. Gefühlskälte, Mangel an Empathie 9. Parasitärer Lebensstil

10. Unzureichende Verhaltenskontrolle 11. Promiskuität

12. Frühe Verhaltensauffälligkeiten

13. Fehlen von realistischen, langfristigen Zielen 14. Impulsivität

15. Verantwortungslosigkeit

16. Mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen 17. Viele kurzzeitige ehe(ähn)liche Beziehungen

18. Jugendkriminalität

19. Missachtung von Weisungen und Auflagen 20. Polytrope Kriminalität

Abbildung 4. Items der Psychopathy Checklist – Revised (PCL-R) nach Hare (1991).

Im Folgenden soll näher auf die oben genannten Symptome nach Hare (1991) eingegangen werden, da die PCL-R heute eines der am häufigsten verwendeten Instrumente zu Diagnosezwecken von Psychopathie dient.

(16)

15 ad.1) Trickreich sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme

Viele Personen mit dieser Eigenschaft haben die Tendenz, auf andere glatt zu wirken, jedoch durchaus charmant, einnehmend und redegewandt zu sein, wobei die betreffende Person dabei keine Schüchternheit oder Hemmung an den Tag legt. Psychopathen mit diesem Merkmal zeichnen sich dadurch aus, gut zuhören und Empathie vortäuschen zu können, wenngleich tatsächliches Einfühlungsvermögen bei einem Psychopathen eher selten anzutreffen ist. Die Informationen, die der Psychopath durch dieses Verhalten erhält, bilden die Grundlage für nachfolgende Manipulationen.

ad.2) Erheblich übersteigertes Selbstwertgefühl

Der Psychopath überschätzt in der Regel seine Fähigkeit und hat einen übermäßig ausgeprägten Selbstwert, ist dabei oftmals sehr selbstsicher und eingebildet. Kennzeichnend für dieses Merkmal ist auch die Überzeugung, anderen Menschen überlegen zu sein.

ad.3) Stimulationsbedürfnis, ständiges Gefühl der Langeweile

Ein Eigenschaftsmerkmal von Psychopathen ist häufig ein übermäßiges Bedürfnis nach neuer und aufregender Stimulation, dabei gehen sie auch nicht selten erhebliche Risiken ein. Durch die Neigung, schnell gelangweilt zu sein, bringen sie jedoch selten Aufgaben zu Ende.

ad.4) Pathologisches Lügen

Diese Eigenschaft kann in unterschiedlicher Ausprägung auftreten, welche von gemäßigt bis stark variieren kann. Dabei zeigen sich unterschiedliche Formen des Lügens, wobei in der gemäßigten Form in der Regel schlau und gerissen, manchmal auch hinterlistig, agiert wird, und in der ausgeprägten Form das Verhalten durchaus skrupellose, irreführende und manipulative Gestalt annehmen kann.

ad.5) Betrügerisch-manipulatives Verhalten

Dazu gehört besonders die Verwendung von Hinterlist und Täuschung, um andere zu eigenen Gunsten austricksen und hintergehen zu können. Hierbei wird selten Interesse für die Gefühle und das Leid der Opfer gezeigt.

ad.6) Mangel an Gewissensbissen oder Schuldbewusstsein

Einem Psychopathen mit solcher Eigenschaft ist es nicht möglich, Besorgnis oder Interesse für den Schaden oder das Leid der Opfer zu empfinden beziehungsweise auszudrücken. Eher zeichnet sich das Verhalten durch Gleichgültigkeit, Hartherzigkeit und Teilnahmslosigkeit aus, was

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16 üblicherweise mittels Verachtung der Opfer gezeigt wird.

ad.7) Oberflächliche Gefühle

Oberflächliche Gefühle zeigen sich hierbei in einer emotionalen Armut oder einer begrenzten Bandbreite oder Tiefe von Emotionen. Oftmals besteht dabei auch zwischenmenschliche Kälte trotz oberflächlicher Herzlichkeit und Geselligkeit. Echt Gefühle sind dabei selten und von kurzer Dauer, meist konzentriert auf das eigene Ego.

ad.8) Gefühlskälte, Mangel an Empathie

Bei Psychopathen mit dieser häufig vorkommenden Eigenschaft besteht eine Abwesenheit von Gefühlen gegenüber Menschen im Allgemeinen, ihr Verhalten zeigt sich dabei oftmals in kalter, rücksichtsloser Form.

ad.9) Parasitärer Lebensstil

Personen mit dieser Art von Lebensstil zeigen meist eine absichtliche, manipulative und ausnützerische finanzielle Abhängigkeit von anderen. Begleitende Eigenschaften sind zumeist fehlende Emotion, mangelhafte Selbstdisziplin und die Unfähigkeit für die Wahrnehmung und Übernahme eigener Verantwortung.

ad.10) Unzureichende Verhaltenskontrolle

Darunter fällt das Ausdrücken von Reizbarkeit, Verärgerung und Aggression, meist in Form von Drohungen oder Beleidigungen. Zudem besteht bei Personen mit diesem Merkmal häufig eine fehlende Impulskontrolle in der Form, dass in übermäßigem Ausmaß Wut und Temperament ausgedrückt wird und oftmals voreilig gehandelt wird.

ad.11) Promiskuität

Dazu zählen eine Vielzahl von kurzen, oberflächlichen Beziehungen, zahlreiche Affären sowie viele wechselnde SexualpartnerInnen, wobei über sexuelle Taten und Eroberungen im Allgemeinen gern geprahlt wird. Es kann dabei auch vorkommen, dass mehrere Beziehungen gleichzeitig geführt werden. Im Rahmen dieses Merkmals kann es auch zu versuchten oder tatsächlich durchgeführten sexuellen Nötigungen kommen.

ad.12) Frühe Verhaltensauffälligkeiten

Hierzu gehören eine Vielzahl von Verhaltensweisen vor dem 12. Lebensjahr, beispielsweise Konflikte mit Familienmitgliedern, Freunden und Autoritätspersonen, Vandalismus, sexuelle

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17 Aktivität, Diebstahl, Auseinandersetzungen mit der Polizei und viele andere.

ad.13) Fehlen von realistischen, langfristigen Zielen

Darunter versteht man die Unfähigkeit zur Entwicklung und Ausführung von langfristigen Plänen und Zielen oder auch deren häufige Änderung, wobei oftmals Ziellosigkeit oder das Fehlen einer Richtung das Leben dominieren.

ad.14) Impulsivität

Darunter werden Verhaltensweisen verstanden, die unvorbereitet sind und denen Überlegung und Planung fehlen. Psychopathen mit diesem Merkmal sind dabei häufig nicht fähig, Versuchen oder plötzlichen Verlangen zu widerstehen, wobei sie dabei nicht an eventuelle Folgen für sich oder andere denken und oftmals leichtsinniges, unberechenbares und rücksichtsloses Verhalten an den Tag legen.

ad.15) Verantwortungslosigkeit

Im Rahmen dieses Merkmals kommt es häufig zu Problemen, Verpflichtungen nachzukommen und Verbindlichkeiten zu erfüllen. Dazu gehören zum Beispiel das Nichtbezahlen von Rechnungen, Zahlungsrückstände bei Krediten und das Nichterscheinen beziehungsweise zu spätes Erscheinen zur Arbeit oder anderen Terminen.

ad.16) Mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen

Diese Eigenschaft zeigt sich häufig in mangelhafter Gewissenhaftigkeit, fehlendem Pflichtbewusstsein oder der feindseligen Manipulation anderer. Auch bei Konflikten wird oft die Verantwortung für deren Entstehung oder Aufrechterhaltung dem anderen Interaktionspartner zugewiesen, selten wird eigenes Fehlhandeln als solches erkannt.

ad.17) Viele kurzzeitige ehe(ähn)liche Beziehungen

Bei Psychopathen mit diesem Merkmal zeigt sich oft eine fehlende Hingabe für eine Langzeitbeziehung, häufig bestehen lediglich unbeständige und unzuverlässige Bindungen zu anderen Menschen, wobei auch eheliche und familiäre Beziehungen selten tief und vertrauensvoll sind.

ad.18) Jugendkriminalität

Unter Jugendkriminalität versteht man besonders Verhaltensauffälligkeiten im Altersbereich

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18 von 13 bis 18 Jahren. Dazu zählen großteils Verhaltensweisen in Form von Verbrechen oder das Zeigen von feindseligen, aggressiven oder ausnützenden Verhaltenstendenzen.

ad.19) Missachtung von Weisungen und Auflagen

Dies betrifft zumeist eine Rücknahme der Bewährung, dies häufig wegen Gleichgültigkeit, Nichterscheinens oder wiederholter Kriminalität.

ad.20) Polytrope Kriminalität

Dazu zählen vielfältige Arten krimineller Vergehen, unabhängig davon, ob eine Person aufgrund dieser Vergehen überführt oder festgenommen wurde.

Die oben dargestellten und erläuterten Symptome werden dabei in Form eines semistrukturierten Interviews abgefragt, wobei pro Item ein Wert zwischen 0 und 2 Punkten (Summenscore zwischen 0 und 40) erreicht werden kann. Dabei besteht eine Zwei-Faktoren-vier- Facetten-Struktur, wobei der erste Faktor die interpersonellen und affektiven Symptome im Rahmen der Persönlichkeit einer Person abbildet und der zweite einen chronisch instabilen und antisozialen Lebensstil im Rahmen des Verhaltens einer Person beschreibt. Die Facetten sind wie folgt bezeichnet:

Interpersoneller Stil, Affektives Erleben, Lebensstil und Antisozialität.

2.1.4. Psychopathie und Delinquenz

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, kommt die PCL-R häufig bei Studien forensischer Natur zum Einsatz. Etwa 20 % aller amerikanischen Straftäter erreichen demnach einen Wert von mindestens 30, was allgemein in der Forschung oft als Cut-Off-Wert für die Diagnose Psychopathie angesehen wird. Der Durchschnittsscore für Menschen, welche bei einer Straftat überführt werden – man belasse dabei die Dunkelzimmer der Straftäter, welche nicht überführt werden, außer Acht – liegt bei rund 22 Punkten, bei einer nicht straffälligen Stichprobe lediglich bei 5 (Patrick, 2005). Da der Großteil der Studien, die sich mit Psychopathie bei Straftätern und dem Einsatz der PCL-R in diesem Rahmen beschäftigen, aus Nordamerika und Kanada stammt, haben sich Hare et al. (2000) mit ihrer Studie zum Ziel gesetzt, die bisher erzielten Studienergebnisse aus Nordamerika und Kanada mit der wachsenden Anzahl von Studien zu diesem Thema aus dem Vereinigten Königreich, Schweden, Dänemark, Norwegen, Belgien, Spanien und Portugal zu vergleichen. Hierbei hat sich gezeigt, dass trotz mehrheitlicher Verwendung der PCL-R im nordamerikanischen Raum Evidenz für eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse hinsichtlich der Verwendung des Instruments im Rahmen forensischer Fragestellungen im interkulturellen Raum gefunden werden konnte und sie dasselbe Konstrukt messen (Cooke, 1998; Cooke & Michie, 1999a). Weiters fanden die Autoren Evidenz des

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19 PCL-R-Wertes als Risikofaktor für die Rückfallwahrscheinlichkeit und Gewaltanwendung für Studien in Nordamerika, Schweden und dem Vereinigten Königreich, und für Nordamerika und das Vereinigte Königreich konnte ebenfalls Nachweis für die Vorhersage des Behandlungserfolgs durch die PCL-R gefunden werden (Hare et al., 2000). Bereits zuvor haben Salekin et al. (1996) in ihrer Meta-Analyse Evidenz für die Signifikanz der Psychopathie als Risikofaktor für die Vorhersagbarkeit von Gewaltanwendung gefunden und die PCL-R dafür als beispielloses und einmaliges Instrument anerkannt, wobei die Stichprobe damals großteils aus weißen kanadischen erwachsenen männlichen Straftätern bestand, was nun durch die Ergebnisse von Hare et al. (2000) generalisiert werden konnte.

Eine weitere Meta-Analyse mit Daten einer umfangreichen Stichprobe (Hemphill et al., 1998) konnte für die Rückfallwahrscheinlichkeit aufzeigen, dass psychopathische Straftäter innerhalb des ersten Jahres nach der Entlassung ein dreifach höheres Risiko aufweisen, wieder anzugreifen, und ein vierfach erhöhtes Risiko besitzen, einen gewalttätigen Angriff zu begehen. In einer neueren Studie von Hemphill et al. (2001) konnte gezeigt werden, dass innerhalb von sieben Jahren 33 %, 16 % und 8 % von Personen mit hohen, mittleren und niedrigen PCL-R-Werten einen Rückfall hinsichtlich Gewaltanwendung hatten, dies in einem ähnlichen Muster sowohl für afroamerikanische als auch für weiße Straftäter. Diese Studienergebnisse geben die Bedeutung von Psychopathie im Rahmen des Strafvollzugs und deren Messung mit der PCL-R wieder, weisen ihr aber besonders in Hinblick auf die Rückfallwahrscheinlichkeit und die wiederholte Gewaltanwendung eine bedeutsame Rolle zu.

2.1.5. Epidemiologie

Die Prävalenz der Psychopathie unterscheidet sich innerhalb der Studien. Salekin et. al (2001) untersuchten die Häufigkeit von Psychopathie an einer Stichprobe von 326 männlichen und weiblichen Studenten und fanden dabei eine Prävalenzrate von rund 5 %, wobei sie dabei von einem Geschlechtsunterschied ausgehen, wonach einer von zehn Männer, aber lediglich eine von hundert Frauen als psychopathisch bezeichnet werden können. Sue et al. (2008) berichten dabei eine Prävalenz von rund 3 % in der männlichen und etwa 1 % in der weiblichen Bevölkerung. Eine weitere Studie aus 2008 (Neumann & Hare) fand eine Prävalenzrate von 1.2 % in der gesamten nordamerikanischen Bevölkerung, wobei der Wert positiv mit Gewalt, Alkoholmissbrauch und geringerer Intelligenz korrelierte. Eine etwas neuere Studie von Coid et al. (2009) wies in weiterer Folge eine Rate von 0.6 % der Gesamtbevölkerung nach, hier zeigte sich ein positiver Zusammenhang mit jüngerem Alter, männlichem Geschlecht, Gewalt, bisherigen Suizidversuchen, Inhaftierung, Obdachlosigkeit, Drogenabhängigkeit, diversen Persönlichkeitsstörungen (histrionische Persönlichkeitsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung und antisoziale Persönlichkeitsstörung) sowie Panik- und Zwangsstörungen.

(21)

20 2.1.6. Komorbiditäten

In vorangegangenen Studien, welche den Zusammenhang von Psychopathie mit anderen psychischen Störungen untersuchten, konnte gezeigt werden, dass Psychopathie besonders hohe Komorbiditäten mit anderen Persönlichkeitsstörungen des Clusters B aufweist, welcher die antisoziale, die histrionische, die narzisstische sowie die Borderline-Persönlichkeitsstörung beinhaltet (Hart et al., 1991; Stalenheim & von Knorring, 1996; Soderstrom et al., 2005; Huchzermeier et al., 2007), besonders mit der antisozialen Persönlichkeitsstörung (Blackburn & Coid, 1998; Hildebrand

& de Ruiter, 2004), wobei interpersonale und affektive Aspekte der Psychopathie besonders in Verbindung mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung stehen (Harpur et al., 1989). In der oben erwähnten Studie von Salekin et al. (2001) in einer non-forensischen Stichprobe konnte jedoch nachgewiesen werden, dass bei psychopathischen Individuen lediglich eine geringe Überlappung mit anderen Persönlichkeitsstörungen außer der antisozialen Persönlichkeitsstörung besteht. Eine weitere Studie, welche ebenfalls den Effekt der Komorbidität von Psychopathie und antisozialer Persönlichkeitsstörung in einer inhaftierten Stichprobe untersucht hat, kam zu dem Ergebnis, dass sowohl Personen, welche sowohl eine antisoziale Persönlichkeitsstörung als auch Psychopathie aufwiesen, als auch jene, welche nur an einer antisozialen Persönlichkeitsstörung litten, ein höheres Ausmaß krimineller Aktivitäten zeigten als Personen der Kontrollgruppe ohne jegliche psychische Störung (Kosson et al., 2006). Dabei konnte des Weiteren gezeigt werden, dass jene Personen, welche sowohl eine antisoziale Persönlichkeitsstörung aufwiesen als auch psychopathisch waren, schwereres kriminelles Verhalten und eine stärkere emotionale Erleichterung aufwiesen als Personen der anderen beiden Gruppen. Es haben sich auch Zusammenhänge mit Entwicklungsstörungen wie Hyperkinesie und Verhaltensstörungen ergeben (Soderstrom et al., 2005). Vorangegangene Studien ergaben außerdem starke Zusammenhänge mit anderen psychisch relevanten Verhaltensweisen wie zum Beispiel Substanzmissbrauch, besonders Drogenmissbrauch beziehungsweise –abhängigkeit (Smith

& Newman, 1990; Hemphill et al., 1994; Stalenheim & von Knorring, 1996; Walsh et al., 2007;

Neumann & Hare, 2008). Dabei haben sich auch negative Zusammenhänge mit der Intelligenz ergeben (Neumann & Hare, 2008). Aufbauend auf einigen dieser Ergebnisse haben sich Wallinius et al. (2012) in ihrer sehr aktuellen Studie die Frage gestellt, inwieweit die vier Facetten der Psychopathie basierend auf der PCL-R mit psychischen Störungen und Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung stehen und welchen Zusammenhang die vier Facetten mit dem Rückfallrisiko psychisch gestörter Straftäter aufweisen. Drei der vier Facetten (Affektives Erleben, Lebensstil und Antisozialität) wiesen dabei einen Zusammenhang mit psychischen Störungen in Verbindung mit Substanzmissbrauch, Impulsivität und Kontrollverlust auf, aber auch mit Persönlichkeitseigenschaften, welche als relevant für die Dimensionen der Psychopathie erachtet werden. Die antisoziale Facette übertraf dabei die anderen drei Facetten sowie auch den Gesamtwert

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21 der PCL-R im Zusammenhang mit dem Rückfallrisiko in Hinblick auf gewalttätiges Verhalten.

Evidenz für einen Zusammenhang mit gewalttätigem Verhalten gibt auch die Studie von Neumann

& Hare (2008).

2.1.7. Entstehung der Psychopathie 2.1.7.1. Genetische Ursachen

Es gibt bereits Literatur, welche sich in Bezug auf die Entstehung von Aggression und antisozialem Verhalten mit der Rolle der Gene beschäftigt hat (Miles & Carey, 1997; Rhee &

Waldman, 2002). Dabei konnten Heritabilititätsraten zwischen 44 % und 72 % festgestellt werden.

Der genetische Einfluss ist jedoch ein komplexer und es kann davon ausgegangen werden, dass eine Interaktion mit Umweltfaktoren stattfindet und Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Genetik und Psychopathie nimmt (Caspi et al., 2002). In der bisher vorliegenden Literatur zeigt sich Evidenz dafür, dass Genetik einen Einfluss insofern ausübt, als Personen mit emotionaler Dysfunktion, wie sie auch Psychopathen zeigen, eher lernen, antisoziale Strategien zur Erreichung ihrer Ziele einzusetzen (Eysenck, 1964; Blair, 1995; Lykken, 1995; Trasler, 1973). Dies wirft die Frage auf, ob lediglich eine genetische Ursache für die emotionale Dysfunktion hinter dem antisozialen Verhalten psychopathischer Individuen liegt. Diese Hypothese wird durch die Ergebnisse mehrerer Zwillingsstudien an Erwachsenen (Bloningen et al., 2003; Bloningen et al., 2005) und an Kindern (Viding et al., 2005) gestützt.

2.1.7.2. Soziale Faktoren

Im Rahmen des Einflusses sozialer Faktoren auf die Entwicklung von Psychopathie wird besonders Missbrauch als möglicher unspezifischer Vulnerabilitätsfaktor genannt. Diverse Studienergebnisse (Dodge et al., 1995; Farrington & Loeber, 2000; Widom, 1992) weisen darauf hin, dass sowohl physischer als auch sexueller Missbrauch ein erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung von Aggression und Impulsivität darstellt. Ein ähnlicher Effekt auf die Entwicklung von Aggression konnte für häusliche Gewalt und Gewalt in der Nachbarschaft nachgewiesen werden (Miller et al., 1999; Schwab-Stone et al., 1999). Blair et al. (2006) postulieren, dass Missbrauch und Aussetzung anderer extremer Traumata spezifische neuronale Systeme verstärken, welche involviert sind bei Reaktionen auf bedrohende Stimuli, was wiederum zu einem erhöhten Risiko reaktiver Aggression und daraus resultierend zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Verhaltensstörung führt. Blair et al. (2006) gehen jedoch nicht davon aus, dass Missbrauch eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Psychopathie spielt, da eine maßgebliche Eigenschaft von Psychopathen in der Reduktion, nicht aber in der Erhöhung der Responsivität auf Bedrohungen liegt

(23)

22 (Cleckley, 1976; Hare, 1970; Lykken, 1995; Patrick, 1994).

2.1.8. Die Neurobiologie der Psychopathie

Relevante Gehirnregionen im Rahmen der Psychopathie stellen nach den Erkenntnissen vorangegangener Studien besonders die frontalen Areale sowie das limbische System dar (Blair et al., 2006; Marsh et al, 2011; Anderson & Kiehl, 2012), wobei sich die vorliegende Arbeit auf die frontalen Bereiche, im Besonderen den präfrontalen Cortex, konzentriert. Betrachtet man das limbische System, zeigen bei besonders im Bereich der Amygdala, welche besonders für die emotionale Verarbeitung eine Rolle spielt (LeDoux, 1996), sowohl strukturelle als auch aktivitätsbezogene Differenzen zwischen psychopathischen und nicht psychopathischen Individuen.

So weisen Personen mit psychopathischen Tendenzen im Allgemeinen ein geringeres Volumen in der Amygdala auf, was auch mit vermehrter Aggression in Verbindung steht (Pardini et al., 2013).

Auch in der Insula, welche im Allgemeinen an kognitiven, affektiven und regulatorischen Prozessen beteiligt ist, zeigt sich bei Psychopathen ein geringeres Volumen (Yang et al., 2009), und auch im Hippocampus konnten strukturelle Abnormalitäten bei Psychopathen, Straftätern und Mördern beobachtet werden (Kiehl, 2011; Soderstrom, 2000; Critchley, 2000; Raine, 1998). Funktionell zeigt sich bei Psychopathen beispielsweise eine reduzierte Aktivierung in der Amygdala bei der Präsentation emotionaler Wörter im Vergleich zu gesunden Kontrollen (Blair, 2007). Bei Personen mit antisozialer Persönlichkeitsstörung konnte hingegen eine allgemein erhöhte Amygdala- Aktivierung beobachtet werden (Hyde et al., 2014). Im Hippocampus, welcher besonders eine Rolle in der Emotionsregulation und bei Gedächtnisprozessen spielt, konnte bei Psychopathen eine erhöhte Aktivierung auf emotionale Stimuli beobachtet werden (Davidson et al., 2000).

Bezüglich der frontalen Areale postulierte bereits Damasio (1994), dass Schäden an und neurale Defizite in diesen Bereichen den normalen emotionalen Ausdruck limitieren und Ursache für Abnormalitäten im sozialen Verhalten, wie dies bei Psychopathen der Fall ist, sein können. Weiters konnte in einer aktuellen Studie Nickerson (2014) nachweisen, dass bei Psychopathen in frontalen Bereichen generell eine reduzierte Aktivität besteht. Dies konnte mit mehreren bildgebenden Verfahren, darunter MRI, fMRI, aMRI, SPECT und PET, festgestellt werden.

Der präfrontale Cortex, welcher in der vorliegenden Studie von besonderer Bedeutung ist, wird grob in sechs Bereiche unterteilt: der frontopolare Cortex (FP), der orbitofrontale Cortex (OFC), der dorsolaterale präfrontale Cortex (DLPFC), der dorsomediale präfrontale Cortex (DMPFC), der ventrolaterale präfrontale Cortex (VLPFC) und der ventromediale präfrontale Cortex (VMPFC).

Diese Aufteilung hat sich nach Ray und Zald (2012) trotz Verbindungen zu anderen Regionen als sinnvoll erwiesen. Ein weiterer Fokus wird in dieser Studie zusätzlich auf den anterioren cingulären Cortex (ACC) aufgrund seiner Bedeutung in der Psychopathie gelegt. Im Folgenden werden die für

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23 die vorliegende Studie relevanten ROIs genauer erläutert.

2.1.8.1. Der orbitofrontale Cortex (OFC)

Der OFC spielt in vielen Bereichen eine zentrale Rolle. Seine Bedeutung zeigt sich zum einen in der Emotionswahrnehmung und –bearbeitung (Cardinal et al., 2002; Phillips et al., 2003; Rolls, 2004; Rolls & Grabenhorst, 2008), zum anderen spielt er auch bei der Erkennung von emotionalen Gesichtsausdrücken eine Rolle (Gorno-Tempini et al., 2002). Generell scheint er bei emotionalen Prozessen beteiligt zu sein. Schäden im OFC führen demnach zu Störungen im emotionsbezogenen Lernen, emotionalem Verhalten und dem subjektiven affektiven Empfinden. Weitere Funktionen des OFC liegen im Setzen von Handlungszielen und in der Entscheidungsfindung (Rolls & Grabenhorst, 2008).

In Bezug auf die Psychopathie konnte eine reduzierte Aktivität im rechten OFC bei Personen mit psychopathischem, antisozialem und violentem Verhalten beobachtet werden (Yang & Raine, 2009). Es konnte in diesem Zusammenhang nachgewiesen werden, dass unilaterale Schädigungen im OFC mit Störungen des sozialen Benehmens, dem Treffen von Entscheidungen und emotionalen Prozessen einhergehen (Tranel et al., 2002). Auch im Zusammenhang mit dem limbischen System zeigte sich bei Psychopathen eine reduzierte Konnektivität des OFC mit der Amygdala (Marsh et al., 2011).

2.1.8.2. Der dorsolaterale (DLPFC) und der dorsomediale (DMPFC) präfrontale Cortex Im Rahmen allgemeiner Funktionen sind sowohl der DLPFC als auch der DMPFC beteiligt am Prozess der Entscheidungsfindung (Greene et al., 2001; Venkatraman et al., 2009). Des Weiteren spielt der DLPFC auch eine Rolle in exekutiven Funktionen (Elliott, 2003) und im Arbeitsgedächtnis (Monsell, 2003), außerdem zeigt sich eine Beteiligung bei der Regulation von Emotionen anhand von Neubewertung (Beauregard et al., 2001; Steinfurth et al., 2013). Der DLPFC scheint dabei die Aufgabe zu haben, die Aufmerksamkeit auf einen neuen Stimulus zu lenken und das Regulationsziel im Auge zu behalten (Ochsner et al., 2012). Der DMPFC hingegen ist unter anderem auch an der kognitiven Kontrolle beteiligt (Venkatraman et al., 2009) und auch hier zeigt sich ein Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter Emotionsregulationsstrategien (Davidson et al., 2000).

Bezug nehmend auf die Psychopathie hat sich in der Studie von Yang und Raine (2009) gezeigt, dass bei Personen mit psychopathischem, antisozialem und violentem Verhalten eine reduzierte Aktivität im DLPFC besteht.

In einer fMRI-Studie von Harenski et al. (2009), welche die Zusammenhänge des DLPFC mit Psychopathie und Neurotizismus untersuchten, wurden den Probandinnen im Scanner drei Sets mit

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24 16 unangenehmen Bildern, ein Set mit 16 neutralen Bildern sowie ein Set mit 16 angenehmen Bildern des IAPS (International Affective Picture System; Lang et al., 1997) gezeigt und sie wurden vor Präsentation jedes Bildes gebeten, das folgende Bild entweder passiv auf sich wirken zu lassen („Watch“-Bedingung) oder ihre Emotionen zu regulieren, indem sie das Bild in einem geringeren emotionalen Kontext betrachten sollten („Decrease“-Bedingung). Nach Präsentation jedes Bildes sollten sie auf einer 4-stufigen Skala die Stärke ihrer aktuellen Emotionen von 1 („schwach“) bis 4 („stark“) angeben. Zur Erfassung von Persönlichkeitsvariablen füllten die Untersuchungsteilnehmerinnen vor der Messung im Scanner den NEO-FFI (Costa & McCrae, 1992) sowie das PPI (Lilienfeld & Andrews, 1996) aus. Dabei ergaben sich zwar keine signifikanten Ergebnisse hinsichtlich der Psychopathie, allerdings konnte ein Zusammenhang der Aktivierung des DLPFC mit Neurotizismus nachgewiesen werden.

2.1.8.3. Der ventrolaterale (VLPFC) und der ventromediale (VMPFC) präfrontale Cortex Auch der VLPFC und der VMPFC sind – wie viele andere frontale Regionen auch – maßgeblich beteiligt an der Entscheidungsfindung (Bechara et al., 2000; Sakagami & Pan, 2007;

Levy & Wagner, 2011; Carlson, 2013). Zusätzliche Beteiligung findet der VLPFC noch in der motorischen Inhibition und der Handlungsplanung (Levy & Wagner, 2011), sowie sowohl der VLPFC als auch der VMPFC in der Emotionsregulation (Beauregard et al., 2001; Urry et al., 2006;

Koenigs et al., 2007; Hänsel & von Kähnel, 2008; Steinfurth et al., 2013), wobei der VLPFC angemessene Reaktionen für einen Stimulus auszuwählen und unangemessene Reaktionen zu hemmen (Ochsner et al., 2012) und der VMPFC sowohl positive als auch negative affektive Konsequenzen von Handlungen vorherzusehen scheint (Davidson et al., 2000).

Es hat sich gezeigt, dass unilaterale Schädigungen des rechten VMPFC mit Störungen des sozialen Benehmens, dem Treffen von Entscheidungen und emotionalen Prozessen einhergehen (Tranel et al., 2002). Des Weiteren konnten Motzkin et al. (2011) eine reduzierte Konnektivität des VMPFC mit der Amygdala und dem medialen präfrontalen Cortex nachweisen. Harenski et al. (2009) konnten zudem eine positive Korrelation der Aktivierung des VLPFC mit Psychopathie feststellen.

2.1.8.4. Der anteriore cinguläre Cortex (ACC)

Der ACC stellt eine Region mit Verbindungen sowohl zu kognitiven frontalen Arealen als auch zum emotionalen limbischen System dar und hat dabei eine mediierende Rolle beim Einfluss der Kognition auf die Emotion (Stevens et al., 2011). Der ACC ist dabei auch verantwortlich für die Affektregulation (Stevens et al., 2011) sowie für die veränderte Bearbeitung emotionaler und sozialer Information (Minzenberg et al., 2007).

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25 Bei Personen mit psychopathischem, antisozialem und violentem Verhalten konnte eine reduzierte Aktivität gefunden werden (Yang & Raine, 2009).

2.2. Interpersonale Distanz

Einer der ersten, der die soziale Distanz – dies allerdings im Tierreich – erforscht hat, war Hediger (1934). Dabei entdeckte er, dass auch Tiere feste Abstände zwischen zu ihren Artgenossen halten. Er unterschied damals Flucht-, Wehr- und kritische Distanzen. Das menschliche Distanzverhalten wurde erstmals mit dem Begriff des personalen Raums in den Mittelpunkt gerückt (Katz, 1937) und Sommer beschrieb diesen Raum als ››...an area with invisible boundaries surrounding a person’s body into which intruders may not come…‹‹ (1969, S. 26), also einen Bereich mit unsichtbaren Grenzen rund um eine Person, in den es Eindringlingen unmöglich gemacht werden sollte zu kommen. Der Begriff des personalen Raums wurde dabei veranschaulicht durch das Bild einer die Person umgebenden Blase (Hayduk, 1983). Hellbrück & Fischer (1999) übten jedoch Kritik an diesem Bild, da sie der Meinung waren, dass der personale Raum für die diversen Körperpartien unterschiedlich groß sei und deshalb eher die Form eines irregulären Zylinders annehme als den einer Blase. Kritik wurde mit der Zeit auch am Begriff des personalen Raums selbst geübt, da durch das Attribut „personal“ der Eindruck vermittelt würde, dass es sich dabei um eine Persönlichkeitseigenschaft handle. Stattdessen wird betont, dass sich der personale Raum erst durch die Relation zu einer anderen Person manifestiere, was zu der Bevorzugung des Begriffs der interpersonalen Distanz führte (Hellbrück & Fischer, 1999). Dieser impliziere zum einen die Relation zu einer anderen Person und hebe auch den Aspekt der Distanz stärker hervor. Hall (1963, 1966, 1969) führte die Forschung weiter und bezeichnete interpersonale Distanz dabei als einen Raum, der unbewusst zwischen zwei Personen eingenommen werden würde. Die soziale Verbundenheit mit der anderen Person bestimme dabei die Entfernung, die zu dieser eingenommen werde. Auf Basis dieser Überlegungen entwickelte er daraufhin die Hall’schen Distanzzonen (Abb. 5).

Abbildung 5. Veranschaulichung der Hall’schen Distanzzonen (Hall, 1966)

Intime Distanz Persönliche

Distanz Gesell- schaftliche

Distanz Öffentliche

Distanz 350 – über 700 cm

120 – 350 cm

45 – 120 cm

0 – 45 cm

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26 Die Zone der intimen Distanz ermöglicht intensive sensorische Inputs wie Berührungen, Geruchswahrnehmungen und die Wahrnehmung von Atemgeräuschen. Sie dient primär dem privaten und intimen Austausch. Die darauf folgende Zone der persönlichen Distanz ermöglicht immer noch ein detailliertes Feedback anhand sensorischer Inputs und umfasst meist die alltägliche Kommunikation in visueller, verbaler und zum Teil auch taktiler Form. In der Zone der gesellschaftlichen oder sozialen Distanz besteht immer noch eine normale Verständigung, welche allerdings meist eher formeller Natur ist und vermehrt durch visuelle und verbale Kommunikation stattfindet. Die vierte und letzte Zone der öffentlichen Distanz ist dadurch gekennzeichnet, dass keine beziehungsweise nur mehr wenige sensorische Inputs möglich sind, nonverbales Verhalten über die Entfernung teilweise verzerrt wirkt und subtile Informationen über die Distanz verschwinden.

2.2.1. Moderatoren der interpersonalen Distanz

Es konnte auch nachgewiesen werden, dass das Gefühl des Unwohlseins mit zunehmendem Eindringen in den personalen Raum zunimmt (Hayduk, 1981). Moderiert wird der Zusammenhang durch weitere Faktoren. Attraktive sowie sympathische und vertraute Personen dürfen einem üblicherweise näherkommen als weniger attraktive, sympathische oder vertraute. Auch der Status hat einen Einfluss auf die bevorzugte Distanz, indem einem Personen mit geringerem Statusunterschied in Relation zu sich selbst näherkommen dürfen als jene mit einer höheren Differenz. Das Geschlecht spielt insofern eine Rolle, als Frauen üblicherweise mehr und enger mit anderen Frauen und Männer mehr und enger mit anderen Männern kommunizieren und interagieren. Auch zu altersähnlichen Personen wird im Allgemeinen mehr Kontakt gesucht als zu Personen mit einem großen Altersunterschied. Auch die Blickrichtung scheint einen Einfluss auf die interpersonale Distanz zu haben, wonach bei frontalen Interaktionen ein größerer Abstand (mindestens eineinhalb Meter) bevorzugt wird als beispielsweise bei einer diagonalen oder seitlich ausgerichteten Interaktion (Sommer, 1962).

2.2.2. Einfluss emotionaler Gesichtsausdrücke und des Posergeschlechts sowie des Eindringens in den personalen Raum auf die bevorzugte interpersonale Distanz

Auch Gesichtsausdrücke beziehungsweise deren gezeigte Emotionen spielen bei der bevorzugten interpersonalen Distanz eine Rolle, wobei ein entscheidender Faktor hierbei ist, ob sich die Gesichter annähern oder sich entfernen beziehungsweise statisch bleiben (Simons et al., 2000).

Dabei liegt es auf der Hand, dass sich annähernden Gesichtsausdrücken eine höhere Bedeutung zugewiesen wird und dabei besonders bei negativen Gesichtsausdrücken, wie beispielsweise Ärger,

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27 weniger Nähe zugelassen wird als bei sich annähernden positiven sowie sich entfernenden oder statischen Gesichtsausdrücken. Im Rahmen dieser Überlegungen untersuchten Miller et al. (2013) anhand eines computergestützten Stop – Paradigmas, welchen Effekt die Emotionen und das Geschlecht sich annähernder Gesichtsausdrücke auf die bevorzugte Distanz ausüben. Dabei hat sich gezeigt, dass sich weibliche Gesichter im Allgemeinen weiter annähern durften als männliche sowie dass zu ärgerlichen Gesichtern der größte Abstand bevorzugt wurde. Zudem bevorzugten Frauen im Allgemeinen einen größeren Abstand zu sich annähernden Gesichtern als Männer. Mühlberger et al.

(2008) boten in ihrer Studie sich annähernde, statische oder sich entfernende Gesichter mit angenehmen, neutralen und unangenehmen Ausdrücken dar. Dabei wurde eine Annäherung simuliert, indem ein zuerst in kleinem Format dargebotenes Objekt graduell vergrößert wurde, und eine Entfernung, indem ein zuerst in großem Format präsentiertes Objekt graduell verkleinert wurde.

Dabei fand sich ein erhöhtes Arousal bei unangenehmen Ausdrücken im Gegensatz zu angenehmen oder neutralen Bildern, wobei kein Unterschied zwischen sich annähernden, statischen oder sich entfernenden unangenehmen Bildern gefunden werden konnte. Bezüglich ihrer Valenz wurden sich annähernde Bilder im Allgemeinen negativer als statische oder sich entfernende sowie unangenehme negativer als angenehme beurteilt.

2.2.3. Funktionen der interpersonalen Distanz

Die Funktionen der interpersonalen Distanz unterteilen sich in drei Bereiche. Zum einen hat die Distanz eine Kontrollfunktion, welche die Bewahrung von Handlungsfreiheit, kognitiver Leistungsfähigkeit und persönlicher Sicherheit ermöglicht (Schultz-Gambard, 1996). Weiters beugt die Wahrung bestimmter Mindestdistanzen gegen Beschädigungen der Autonomie eines Individuums vor und reduziert somit Stress (Eibl-Eibesfeld, 1978). Die Kommunikationsfunktion der interpersonalen Distanz ermöglicht die Verständigung mit anderen, durch eine geringere Distanz ist dabei die Kommunikation auf mehreren Kanälen und mit eine größeren Menge sensorischer Inputs möglich (Hall, 1969). Zudem ist es möglich, durch eine geringe Entfernung – also durch Nähe – Zuneigung auszudrücken. Die Rekreations- und Evaluationsfunktion ermöglicht die Bewahrung der Unabhängigkeit und Identität sowie emotionale Entspannung und einen Austausch vertraulicher Informationen mit engen Personen durch eine geschützte Kommunikation (Altman, 1975).

2.2.4. Die Messung interpersonaler Distanz

Die Messung der interpersonalen Distanz kann auf unterschiedliche Arten erfolgen, primär unterteilt man dabei in projektive und non-projektive Verfahren. Bei den projektiven Verfahren besteht die Möglichkeit, sogenannte Herstellungsverfahren zu verwenden. Bei diesen Verfahren

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28 sollen die Versuchspersonen Figuren, Silhouetten oder abstrakte Zeichen räumlich anordnen, wobei eine dieser Figuren sie selbst darstellen soll, beispielsweise anhand der Pedersen’s Silhouette placements (Pederson, 1973). Eine zweite Form der projektiven Verfahren stellen die Simulationsverfahren dar. Bei der Comfortable Interpersonal Distance Scale (CID; Duke & Nowicki, 1972) erhalten die Versuchspersonen auf einem Blatt acht kreisförmig angeordnete Linien, die sich im Mittelpunkt treffen. Die Versuchspersonen sollen sich vorstellen, dass sie im Mittelpunkt stehen würden und sich ihnen verschiedene Personen – jeweils eine konkrete Person pro Linie – nähern. Für jede dieser Personen ist auf der entsprechenden Linie der Punkt zu markieren, der den angenehmsten Abstand zwischen ihnen und der Stimulusperson repräsentiert. Eine Möglichkeit eines non- projektiven Verfahrens wäre die Labor-Stop-Distanz-Methode, bei der sich der/die Untersuchungsleiter/in dem/der UntersuchungsteilnehmerIn annähert und die Person „Stop“ sagen soll, wenn der für sie angenehmste Zustand zwischen ihr und dem/der Untersuchungsleiter/in erreicht ist (Kinzel, 1970). Natürliche Beobachtungen beziehungsweise Videoaufnahmen werden meist im Rahmen von Feldstudien angewandt. Dabei kommt es zur Bestimmung der Abstände häufig zur Verwendung von Schätzmethoden, wo es beispielsweise zum Einsatz von Körperteilen wie dem Arm als Analogie kommt (Hall, 1963). Einfacher ist die Auswertung von Videoaufnahmen, ihr Vorteil ist die Möglichkeit zur nachträglichen Ausmessung von Abständen, wobei auch Verzerrungen – beispielsweise verursacht durch den Kamerawinkel – berücksichtigt werden können. Anzumerken ist, dass es vorteilhaft ist, wenn Situationen beispielsweise anhand eines Fotos oder der Platzierung von Stühlen „eingefroren“ werden können, da Distanzen dabei immer exakt ausgemessen werden können.

2.2.5. Interpersonale Distanz und Delinquenz

Der Zusammenhang bevorzugter interpersonaler Distanz und Delinquenz wird bereits seit mehreren Jahrzehnten erforscht. Einen generellen Zusammenhang zwischen Straffälligkeit und interpersonaler Distanz konnten bereits Hildreth et al. (1971) an einer Zufallsstichprobe aggressiver und nicht aggressiver inhaftierter Straftäter feststellen. Hierbei zeigte sich, dass aggressive Insassen eine erhöhte Sensibilität in Bezug auf physische Nähe aufwiesen als weniger aggressive. Diese Sensibilität auf physische Nähe war sowohl bei den aggressiven als auch bei den nicht aggressiven Straftätern ausgeprägter bei einer Annäherung von hinten als von vorne. Roger und Schalekamp (1976) konnten die größere Sensibilität auf Annäherung bei violenten im Gegensatz zu nicht violenten Häftlingen an einer südafrikanischen Stichprobe replizieren. Kinzel (1970) konnte in seiner Studie sogar eine vierfach erhöhte bevorzugte Distanz violenter im Gegensatz zu nicht violenten Straftätern nachweisen. Dabei präferierten die aggressiven Insassen einen größeren Abstand nach hinten und die nicht aggressiven nach vorne. Auch Curran et al. (1978) erzielten dieselben Befunde hinsichtlich der größeren bevorzugten Distanz aggressiver im Gegensatz zu nicht aggressiven Sträflingen, jedoch

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