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2. Literatur

2.2 Historie des Begriffs SPF in der Schweinehaltung

Im Allgemeinen basieren Sanierungsverfahren auf der Unterbrechung der Infektionsketten zum Beispiel von der Sau auf die Ferkel.

Sanierungsverfahren wurden mit dem sogenannten Riemser Hüttenverfahren bereits zur Zeit der 1930er Jahre entwickelt (WALDMANN, 1934). Dieses Verfahren beruhte auf der Annahme, dass die Einschleppung der Ferkelgrippe durch latent infizierte Jungsauen und Jungeber erfolgt. Die Nachzucht erfolgte nur mit klinisch gesunden Altsauen, die in isoliert stehenden Strohhütten abferkeln. Die Ferkel verblieben die ersten vier Monate in den Hütten, die einen Mindestabstand von 1,5 m voneinander haben. Die Ferkel bildeten die Grundlage für die Neubestockung von Beständen (WALDMANN, 1934).

Bei der „Sterilgeburt nach Bolz“, entwickelt im Jahre 1963, wurden die Ferkel auf natürlichem Weg geboren und bei der Geburt in sterilen Behältern aufgefangen. Im Anschluss erfolgte eine isolierte Aufzucht der Ferkel (BOLZ, 1963). Die Kosteneinsparung stand dabei

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einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko mit Gefährdung des Sanierungserfolgs gegenüber (PLONAIT, 1997).

Das „medicated early weaning“ (mediziniertes Frühabsetzen), erstmals erwähnt im Jahre 1980, beschreibt die Sanierung auf der Basis des Einsatzes von Chemotherapeutika bei Sauen im Zeitraum vom fünften Tag vor bis zum fünften Tag nach der Geburt (ALEXANDER et al, 1980). Die Ferkel werden bis zum zehnten Lebenstag ebenfalls einer Chemotherapie unterzogen und am fünften Lebenstag abgesetzt. Weitere Grundbausteine des Verfahrens sind die räumliche Trennung von Abferkelung, Aufzucht und Mast (ALEXANDER et al, 1980).

Der Sanierungserfolg des „medicated early weaning“ entspricht dem des SPF-Verfahrens mit deutlich weniger Aufwand (PLONAIT, 1997).

Die Basis für das SPF-Verfahren legten YOUNG und UNDERDAHL (1953) mit ihren Versuchen zur Bereitstellung weitestgehend erregerfreier Versuchstiere. Auf der Grundlage dieser Versuche wurde später das SPF-Verfahren entwickelt, welches auch als „Nebraska Specific-Pathogen-Free Swine Programm“ bezeichnet wird (PLONAIT, 1963).

Das SPF-Verfahren ist ursprünglich zur Tilgung der enzootischen Pneumonie und der infektiösen atrophischen Rhinitis entwickelt worden. Es ist jedoch im Laufe der Zeit auch auf die Sanierung anderer schweinespezifischer Erreger ausgeweitet worden (POND et al., 1961;

SATTLER et al., 1978).

Für das ursprüngliche SPF-Verfahren wird bei Sauen zwei bis sechs Tage vor dem errechneten Abferkeltermin eine Hysterektomie durchgeführt. Die Ferkel werden in warmen Isolierboxen aus dem Uterus befreit und erstversorgt. Die Muttersau wird geschlachtet (YOUNG et al., 1955).

Bei dem Verfahren verbringen die Ferkel die erste Lebenswoche in warmen Metallboxen, sie sind während dieser Zeit isoliert von ihren Artgenossen. In den folgenden zwei bis vier Lebenswochen wachsen die Ferkel in Gruppen von sechs bis zwölf Ferkeln in größeren Isolierbehältern heran (PLONAIT, 1963; UNDERDAHL und YOUNG, 1957; YOUNG und UNDERDAHL, 1953).

Um Infektionen über die Raumluft zu unterbinden, sind diese Isolierbehälter mit Zuluftfiltern ausgestattet (UNDERDAHL und YOUNG, 1957).

Die kolostrumfrei aufgezogenen Ferkel werden als Primärtiere bezeichnet. Ihre Nachkommen sind sekundäre SPF-Schweine. Sie werden häufig zum Neuaufbau eines Zuchtbestandes nach

2. Literatur

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Räumung und Desinfektion herangezogen (PLONAIT, 1997). Den schematischen Ablauf des SPF-Verfahrens zeigt Abbildung 1.

Abbildung 1: Ablauf der Gewinnung von SPF-Primärtieren bei Laboraufzucht (nach PLONAIT, 1997).

Es wird angenommen, dass die Ferkel bis zur Geburt, geschützt im Uterus und umgeben von Eihäuten, frei von bakteriellen und parasitären Krankheiten aus dem Bestand sind. Werden die Ferkel durch Hysterektomie gewonnen und dann isoliert aufgezogen, ist es möglich mit diesen Tieren neue Bestände aufzubauen, die frei von wichtigen Infektionserregern sind. Wird durch regelmäßige Untersuchungen das Freisein des Bestandes von bestimmten Erregern ermittelt, so gelten die Tiere diese Bestandes als SPF (PLONAIT, 1997).

Zur Steigerung der Effektivität in der Schweineproduktion der Deutschen Demokratischen Republik wurde das Verfahren dort 1971 eingeführt (SATTLER et al. 1978). Das SPF-Schwein wurde hierfür definiert als frei von klinischen, pathologisch-anatomischen und

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röntgenologischen Veränderungen der Enzootischen Pneumonie und der infektiösen Rhinitis atrophicans (SATTLER et al. 1978). Der Nachweis von schweinepathogenen Mykoplasmen und Hämophilus species (spp.) sowie deren Antikörper war nicht erlaubt (SATTLER et al 1978). Weiterhin mussten die Tiere klinisch und pathologisch-anatomisch frei von Pneumonien und Rhinitis durch Bordetella bronchiseptica und Pasteurella multocida sein (SATTLER et al. 1978). Der Nachweis des Erregers ohne klinische Ausprägung wurde akzeptiert. Es durften weder die Erreger der Schweinedysenterie und Schweinebrucellose noch die Maul- und Klauenseuche, Aujeszky`sche Krankheit, Schweinepest, Transmissible Gastroenteritis, Vesikuläre Schweineseuche, Leptospirose, Tuberkulose, Salmonella cholerae suis, Läuse und Räudemilben auftreten (SATTLER et al. 1978).

Die erfolgreiche Einführung des SPF-Programms, also das Fehlen einzelner Pathogene im Schweinebestand, fand ab 1971 auch in Dänemark, England und der Schweiz statt (PFÜTZNER und BLAHA, 1995; HVIDT-NIELSEN, 2014). Jedoch zeigten sich hier Reinfektionsraten von 5 bis 10 % bei Mycoplasma hyopneumoniae freien Beständen (PFÜTZNER & BLAHA, 1995).

In Deutschland hingegen fanden sich anfangs auch Gegner des SPF-Verfahrens. Gründe für die Ablehnung des Verfahrens waren vornehmlich die hohen Kosten und der hohe Arbeitsaufwand. Zusätzlich wurde die Meinung vertreten, dass das SPF-Programm völlig ungeeignet für die deutschen Schweinebetriebe sei (ARBEITSGEMEINSCHAFT DEUTSCHER SCHWEINEZÜCHTER, 1964). Die Gesunderhaltung von Betrieben in dicht besiedelten Gebieten erschien nicht möglich und in keinem Verhältnis zu der finanziellen Belastung der Betriebe zu stehen (ARBEITSGEMEINSCHAFT DEUTSCHER SCHWEINE-ZÜCHTER, 1964).

Als sehr kostenintensiv wurde hauptsächlich die kolostrumfreie Aufzucht der Ferkel angesehen. Sie ist für die Gewinnung von Primärtieren innerhalb des SPF-Verfahrens allerdings unerlässlich, da die Isolation der Ferkel dem Schutz vor der Infektion sowohl durch das Muttertier als auch durch ubiquitäre Keime dient (PLONAIT, 1997).

Im Gegensatz zu den hohen Kosten durch die Laboraufzucht der Primärtiere besteht der große Vorteil des SPF-Verfahrens darin, dass das genetische Potential in Zuchtbeständen erhalten bleibt und gleichzeitig wichtige Infektionserreger getilgt werden können.

2. Literatur

7 2.3 Spezifische Pathogene

Bei denen im nachfolgenden Teil beschriebenen Pathogenen handelt es sich um Erreger, die für bedeutsame Schweinekrankheiten verantwortlich sind. Sie werden getrennt nach Bakterien, Viren und Parasiten beschrieben.

2.3.1 Bakterien

Für diese Arbeit von besonderer Bedeutung sind Actinobacillus pleuropneumoniae, Brachyspira hyodysenteriae, Lawsonia intracellularis, Mycoplasma hyopneumoniae, toxin-bildende Pasteurella multocida und Salmonella spp.. Die Erreger werden unabhängig ihrer klinischen Relevanz alphabetisch sortiert aufgeführt.

2.3.1.1 Actinobacillus pleuropneumoniae

Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) ist ein kleines kokkoides, Gram-negatives Bakterium und der Verursacher der Aktinobazillus-Pleuropneumonie (GOTTSCHALK, 2012). Ur-sprünglich wurde das Bakterium unter dem Namen Haemophilus pleuropneumoniae geführt und konnte zu Beginn der 1960er Jahre in Großbritannien aus Lungen isoliert werden (SHOPE, 1964; KILIAN et al., 1978).

APP ist weltweit von Bedeutung, gehört zu den wichtigsten bakteriellen Erregern bei Schweinen und ist ein Bestandteil des porcine respiratory diesease complex (PRDC) (GOTTSCHALK, 2012). Die APP-Isolate werden eingeteilt in den NAD-abhängigen Biotyp I und den Biotyp II, der NAD unabhängig ist (POHL et al, 1983). Insgesamt werden 15 Serotypen unterschieden. Zum Biotyp I gehören Serotyp 1 bis 12 und 15 und zum Biotyp II gehören Serotyp 13 und 14 (KILIAN et al., 1978; FODOR et al., 1989; NIELSEN et al., 1997; BLACKALL et al. 2002). Weiterhin erfolgt eine Unterteilung der Serotypen 1 und 5 in die Untergruppen 1a und 1b sowie 5a und 5 b (JOLIE et al., 1994; PERRY, 1990). Die Serotypisierung erfolgt anhand von Kapselpolysacchariden und Zellwandpolysacchariden (HAESEBROUCK et al., 1997).

Kreuzreaktionen zwischen den Serotypen 1, 9, 11 sowie Serotypen 3, 6, 8 und Serotypen 4 und 7 sind beschrieben (JOLIE et al., 1994; PERRY, 1990). Weiterhin konnten Kreuz-reaktionen zwischen den Serotypen 3, 8 und 15 dargestellt werden (GOTTSCHALK et al., 2010). Die geographische Verteilung der Serotypen ist sehr verschieden (HEINRITZI,