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2 Literaturübersicht

2.1 Empfindlichkeitstestung

2.1.1 Historie der Antibiotika und Entstehung der Empfindlichkeitstestung

(*1843-†1910) und Paul Ehrlich (*1854-†1915) verwiesen in ihren Arbeiten auf die Antibiose.

Paul Ehrlich forschte als erster Bakteriologe an chemischen Substanzen zum Einsatz gegen Infektionskrankheiten in vivo (POUPARD et al. 1994). Der Physiker William Roberts fand 1874 heraus, dass ein mit Penicilium glaucum kontaminiertes Flüssigmedium nicht durch Bakterien besiedelt werden konnte. Im Jahr 1876 entdeckte John Tyndall, dass bei Verwendung einer Nährbouillon entweder das Wachstum von Bakterien oder Schimmelpilzen unterstützt werden konnte, aber nicht beide zeitgleich in der Nährbouillon kultivierbar waren (LECHEVALIER u.

SOLOTOROVSKY 1965). Den Beginn der Empfindlichkeitstestung prägte Alexander Fleming 1920 durch die Entdeckung der Wachstumshemmung von Staphylokokken auf einem mit Penicilium kontaminierten Nährboden. Im Jahr 1924 testete Fleming die Reaktion von Bakterien auf eine antiseptische Lösung mittels der „ditch plate“

Technik, bei der eine antiseptische Lösung in eine Furche im Nährboden gegeben wurde und die Bakterien in der Nähe der Furche aufgetragen wurden (FLEMING 1924). George Reddish testete ein ähnliches Prinzip mit einer antiseptischen Lösung, die in Vertiefungen im Nährboden aufgebracht wurde (REDDISH 1929). Im selben Jahr veröffentlichte Fleming die Nutzung der Bouillon-Dilutionsmethode. Die Trübung der Bakteriensuspension nach Inkubation wurde zur Bestimmung des Ergebnisses verwendet (FLEMING 1929). Norman Heatley nutzte 1944 saugfähiges Papier, das einen antimikrobiellen Wirkstoff enthielt und auf den Nährboden aufgelegt wurde, um die Empfindlichkeit von Bakterien zu bestimmen.

Bereits Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts stellten Wissenschaftler fest, dass Ergebnisse der Empfindlichkeitstestung durch verschiedene Parameter beeinflusst werden und daher eine Standardisierung der Methoden notwendig ist (WHEAT 2001). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte erstmalig 1961 ein Dokument zur Empfindlichkeitsprüfung von Bakterien (WORLD HEALTH

ORGANIZATION 1961). Im Jahr 1971 unterstützte die WHO finanziell eine Studie der ICS (International Collaborative Study), um eine standardisierte Methode zur antimikrobiellen Empfindlichkeitstestung (AST) von Bakterien für Laboratorien einzuführen. Bei dieser Methode handelte es sich um eine Bouillon-Makrodilutionsmethode (ERICSSON u. SHERRIS 1971). Eine 1966 von Bauer et al.

publizierte Agardiffusionsmethode wurde zur Verwendung für Diagnostiklabore eingeführt und 1975 zur Grundlage für die von dem CLSI empfohlenen Methode der Agardiffusion eingesetzt (WHEAT 2001). Mikrotiterplatten, die den antimikrobiellen Wirkstoff in den Vertiefungen enthielten, wurden zum ersten Mal 1977 verwendet (POUPARD et al. 1994). Bis zum Jahre 1990 wurden in Europa allerdings bis zu sechs verschiedene Standards zur antimikrobiellen Empfindlichkeitstestung genutzt (BAQUERO 1990).

Die In-vitro-Empfindlichkeitstestung stellt ein wichtiges Instrument zur Überprüfung der Sensitivität eines Erregers gegenüber einem antimikrobiellen Wirkstoff dar. Sie kann somit den praktischen Tierarzt bei der Auswahl eines geeigneten Antibiotikums unterstützen. Des Weiteren können resistente bakterielle Isolate ermittelt werden und durch eine kontinuierliche Erfassung der Empfindlichkeitsdaten ein Anstieg von Resistenzen zeitnah erkannt werden (RELLER et al. 2009; BVL 2014). Dies ist notwendig, da Resistenzen gegenüber antimikrobiellen Wirkstoffen eine immer größere Bedeutung in der Human- und Veterinärmedizin einnehmen (LUHOFER 2004). Das Auftreten von Infektionen mit resistenten Erregern, für die kein wirksamer antimikrobieller Wirkstoff zur Verfügung steht, kann für einen Patienten lebensgefährliche Auswirkungen zur Folge haben (VILLANUEVA 2012). Die Leitlinien der Bundestierärztekammer (BTK) besagen, dass vor Behandlung mit einem antimikrobiellen Wirkstoff eine Empfindlichkeitstestung durchgeführt werden sollte, sofern dies, dem Einzelfall entsprechend, angemessen ist. Bei lebensbedrohlichen Infektionen kann es sinnvoll sein, einen antimikrobiellen Wirkstoff ohne vorherige Empfindlichkeitstestung einzusetzen und gegebenenfalls nach Erstellung eines Antibiogramms auf einen für den Erreger wirksamen Wirkstoff zu ändern (BUNDESTIERÄRZTEKAMMER 2015). Vor der Behandlung mit einem

antimikrobiellen Wirkstoff sollten demnach diagnostische Untersuchungen wie die Bestimmung des ursächlichen Erregers und eine antimikrobielle Empfindlichkeitstestung durchgeführt werden. Dadurch soll die Möglichkeit eines Therapieversagens aufgrund der Auswahl von Wirkstoffen, gegenüber denen bakterielle Resistenzen vorliegen, minimiert werden. Der Behandlungserfolg in-vivo ist zudem von weiteren Faktoren abhängig, wie z.B. der Pharmakodynamik, der Pharmakokinetik, der Wirkstoffkonzentration im Zielgewebe und dem Immunstatus des Patienten (RICHTER et al. 2006).

Zur Durchführung der antimikrobiellen Empfindlichkeitstestung können verschiedenen Methoden angewendet werden. Einige Methoden liefern qualitative Ergebnisse, wie bei der Agardiffusionsmethode, wobei andere Methoden quantitative Ergebnisse in Form von Minimalen Hemmkonzentrationswerten (MHK-Werten) liefern (SCHWARZ et al. 2003). Die Auswertung der Ergebnisse, unabhängig davon, ob qualitative oder quantitative Ergebnisse erzielt wurden, muss anhand einer darauf abgestimmten Bewertungstabelle erfolgen (JORGENSEN u. FERRARO 2009). Das CLSI mit Sitz in den USA veröffentlicht entsprechende Standards, in denen Vorschriften zur Durchführung der Testungen sowie Interpretationskriterien für die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Empfindlichkeitstestungen angegeben werden. Unter anderem gibt es von der CLSI publizierte Standards für bakterielle Erreger, welche von Tieren isoliert wurden (CLINICAL AND LABORATORY STANDARDS INSTITUTE 2013a). Zur Auswertung der Empfindlichkeitstestung werden abhängig von der Methode unterschiedliche Parameter zu der Bewertung der bakteriellen Empfindlichkeit herangezogen. Für die Agardiffusionsmethode wird der Hemmhofdurchmesser genutzt, mit dem eine qualitative Aussage über die Empfindlichkeit des getesteten Erregers gemacht werden kann. Bei den verschiedenen Reihenverdünnungstests kann über die Angabe von MHK-Werten ein quantitatives Ergebnis erzielt werden. Anschließend lässt sich eine Einteilung der getesteten Isolate in „sensibel“, „intermediär“ und „resistent“ vornehmen, sofern entsprechende klinische Grenzwerte für die jeweilige Erreger-Wirkstoff-Kombination verfügbar sind (RELLER et al. 2009). Wird der Erreger für einen bestimmten Wirkstoff als „sensibel“ eingestuft, ist anzunehmen, dass eine Therapie mit diesem

Wirkstoff erfolgreich sein wird. Bei der Aussage „intermediär“ ist der Erfolg der Therapie unsicher und es sollte – falls verfügbar – ein anderer geeigneter Wirkstoff eingesetzt werden. Die Aussage „resistent“ bedeutet, dass eine Therapie des Patienten, der mit diesem Erreger infiziert ist, vermutlich nicht erfolgreich sein wird (SILLEY 2012).