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2 Literaturübersicht

2.5 Haemophilus parasuis

2.5.1 Taxonomie, Morphologie und Merkmale der Gattung

Den Erreger der Glässerschen Krankheit, heute als Haemophilus (H.) parasuis bekannt, entdeckte Karl Glässer bereits 1910 und beschrieb ihn als gramnegatives Stäbchen (GLÄSSER 1910). Im Jahr 1931 wurde von Lewis und Shope ein Erreger als „Haemophilus influenzae suis“ identifiziert, welcher Ähnlichkeit mit dem humanen Erreger Haemophilus (H.) influenzae aufwies, aber vom Schwein isoliert wurde (LEWIS u. SHOPE 1931). Im Jahr 1969 machten Biberstein und White den Vorschlag, den Erreger in Haemophilus parasuis umzubenennen und nach genaueren taxonomischen Studien durch Kilian wurde der Erreger im Jahr 1976 in Haemophilus parasuis umbenannt (BIBERSTEIN u. WHITE 1969; KILIAN 1976).

Bei H. parasuis handelt sich um gramnegative Bakterien aus der Ordnung Pasteurellaceae und der Gattung Haemophilus. Der Erreger ist relativ klein (˂1 µm Breite und 1-3 µm Länge), nicht beweglich und pleomorph (einzelne Kokken bis filamentöse Ketten). Für sein Wachstum benötigt der Erreger den Wachstumsfaktor V (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid – NADH), aber nicht den Wachstumsfaktor X (Hämin) (BIBERSTEIN u. WHITE 1969).

2.5.2 Epidemiologie und Bedeutung von H. parasuis

H. parasuis ist ein Teil der normalen Bakterienflora des oberen Respirationstraktes beim Schwein und führt häufig bei Saug- und Absatzferkeln zu Infektionen (HOLTKAMP 2007). Der Erreger kommt weltweit und mit einer steigenden Prävalenz in Schweinebeständen vor. Infektionen mit diesem Erreger sind unter den Bezeichnungen Glässersche Krankheit oder „Transportkrankheit“ bekannt (SELBITZ 2011; ARAGON 2012). Die Krankheit tritt häufig nach dem Transport auf und wird daher mit Stress auslösenden Noxen in Verbindung gebracht (RITZMANN u.

HEINRITZI 2005).

Eine Übertragung kann durch andere Tiere oder Vektoren erfolgen, wobei der Erreger in der Umwelt nicht sehr stabil ist (RODRIGUEZ FERRI et al. 2010). In Wildschweinen ist die Glässersche Krankheit bisher nicht aufgetreten, dennoch konnte H. parasuis von Wildschweinen isoliert werden (OLVERA et al. 2007).

Innerhalb der Spezies H. parasuis wurden bisher 15 verschiedene Serovare und mehrere Serovare, die nicht typisierbar sind, beschrieben. Aus klinischem Untersuchungsmaterial wird in Australien, Europa und Nordamerika am häufigsten der Serotyp 5 isoliert, dem an zweiter Stelle der Häufigkeit der Serotyp 4 folgt. In einer Studie mit SPF-Schweinen wurden die Serovare 1, 5, 10, 12, 13 und 14 als besonders virulent beschrieben und führten bei infizierten Tieren zu einer hohen Sterblichkeit. Die Serovare 2, 4 und 15 führten zu Polyserositis und Serovar 8 rief milde Symptome hervor. Die anderen Serovare von H. parasuis führten nicht zu klinischen Symptomen (KIELSTEIN 1992; RAPP-GABRIELSON u. GABRIELSON 1992; BLACKALL et al. 1996; RUBIES et al. 1999; OLIVEIRA 2003; TURNI u.

BLACKALL 2005; BROCKMEIER et al. 2013). Zur Prophylaxe von Erkrankungen mit Serovar 5 liegt in Deutschland ein inaktivierter Impfstoff vor, der durch Kreuzreaktivität auch einen Schutz vor dem H. parasuis Serovar 4 bietet. Zur Unterscheidung der Serotypen werden serologische Tests eingesetzt, welche die verschiedenen Antigene auf der Oberfläche (z.B. Zellwandrezeptoren) des Erregers bestimmen. Der serologische Test wird über eine Agargelpräzipitation mit hitzestabilen Antigenen und polyklonalen Antikörpern vom Kaninchen durchgeführt (Kielstein 1991, Rapp-Gabrielson 1992). In einigen Studien wird dem indirekten Hämagglutinationstest (IHA) zur Serotypisierung von H. parasuis eine höhere Sensitivität zugesprochen (DEL RÍO et al. 2003; TADJINE et al. 2004; TURNI u.

BLACKALL 2005). Zur Genotypisierung von H. parasuis Isolaten steht zudem die Makrorestriktionsanalyse mit Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE) zur Verfügung (XU et al. 2011). Des Weiteren kann die Multi Locus Sequenz Typisierung (MLST) verwendet werden, bei der es sich um eine sequenzbasierte Methode handelt, mit der auch Langzeit-epidemiologische Untersuchungen durchgeführt werden können (OLVERA et al. 2006; MULLINS et al. 2013).

2.5.3 Infektionen mit H. parasuis

Die Übertragung des Erreger von der Sau auf das Ferkel findet durch direkten Kontakt oder Aerosole bereits während der Geburt statt (QUINN 2011). Besonders bei Jungtieren, die nicht über maternale Antikörper geschützt sind bzw. bei denen die Wirkung der maternalen Antikörper in der 5.-8. Lebenswoche nachlässt, kann es zum Ausbruch der Krankheit kommen. Aber auch weitere Faktoren, wie ein Transport, die Vermischung verschiedener Altersstufen sowie das Vorliegen weiterer Krankheiten begünstigen eine Infektion, so dass häufig der Krankheitsausbruch mit multifaktoriellen Geschehnissen in Verbindung gebracht wird. In den meisten Fällen sind Saug- und Absatzferkel betroffen, aber auch adulte Tiere können, wenn auch seltener, betroffen sein (RUBIES et al. 1999; BROCKMEIER 2004; RITZMANN u.

HEINRITZI 2005).

Nach einer Inkubationszeit von einigen Stunden bis wenigen Tagen fallen die Tiere durch hohes Fieber (über 40 °C), Husten, aufgekrümmten Rücken und geschwollene Gelenke auf. Im akuten Stadium kommt es zu einer fibrinösen Polyserositis, Polyarthritis und Meningitis. Bei Beteiligung der Hirnhäute werden Tiere in Seitenlage, auch mit Ruderbewegungen und Zittern, beschrieben. Eine Septikämie kann zu perakuten Todesfällen führen. Wenn die Erkrankung in eine chronische Phase übergeht, zeigen die Tiere verringerte Wachstumsraten, vermehrte Behaarung und persistierende Lahmheit (MACINNES u. DESROSIERS 1999; OLIVEIRA u.

PIJOAN 2004; OLVERA et al. 2007; BROCKMEIER et al. 2013). Die Morbidität und Mortalität ist abhängig vom Gesundheitsstatus der Herde. In herkömmlichen Betrieben kann die Mortalität bei 5-10 % und bis 75 % in SPF-Herden (spezifiziert pathogenfreie Herden) betragen (BAUMANN u. BILKEI 2002; TURNI u. BLACKALL 2007). Eine experimentelle Studie zeigte, dass bei Betrieben, die eine höhere Prävalenz PRRS-Erkrankungen aufweisen, auch eine höhere Prävalenz von H.

parasuis-Erkrankungen vorlag (SOLANO et al. 1997; BROCKMEIER 2004).

2.5.4 Kultivierung, Wachstum, Erregernachweis und Typisierung von H. parasuis

Die Symptome und der Sektionsbefund führen relativ eindeutig zu einer Diagnose, dennoch sollte der Erreger isoliert werden und ein Nachweis beispielsweise über eine PCR (Polymerasekettenreaktion) durchgeführt werden. Diese ist konventionell oder als real-time PCR möglich (OLIVEIRA et al. 2001; TURNI et al. 2010). Für den Nachweis eines vermutlich virulenten H. parasuis Isolates, kann eine Multiplex PCR durchgeführt werden, welche virulenzassoziierte trimere Autotransporter (vtaA Gene) detektiert, um somit virulente von avirulenten Isolaten zu unterscheiden (PINA et al.

2009; OLVERA et al. 2012).

Das Wachstum von H. parasuis ist abhängig von dem Wachstumsfaktor V (NADH – Nikotinamid-Adenin-Dinuklotid), aber nicht von dem Faktor X (Hämin), sowie bei dem humanpathogenen Erreger H. influenzae aus derselben Gattung (OLIVEIRA u.

PIJOAN 2004). Daher sollte die Anzucht des Erregers möglichst auf frischen

Kochblutagarplatten durchgeführt werden. Diese werden unter Zugabe von 5-10 % defibriniertem Pferde- oder Schafblut und NADH hergestellt (GARRITY et al. 2007).

Bei Herstellung der Kochblutplatten mit Pferdeblut kann die Zugabe von NADH entfallen, da die Erythrozyten aus Pferdeblut NADH enthalten, welches bei einer Temperatur von ca. 80°C freigesetzt wird (KRUMWIEDE u. KUTTNER 1938). Eine Anzucht auf Blutagar ist nur unter Verwendung von Staphylococcus (S.) aureus als Ammenkultur möglich, da dieser als Lieferant für den V-Faktor dient (YEH et al.

2009). Bei Anzucht auf Kochblutagar sind nach 1-3 Tagen kleine, durchsichtige oder graue Kolonien erkennbar (WOODLUMS 2013).

2.6 Antimikrobielle Resistenz