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Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083]

3.3 Lebensstätten von Arten

3.3.5 Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083]

Erfassungsmethodik

Die Erhebung des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] und die Abgrenzung seiner Lebens-stätten erfolgte im FFH-Gebiet über eine detaillierte Erfassung. Es erfolgte eine umfassende, jedoch nicht flächendeckende Geländebegehung mit einem vorgegebenen Zeitkontingent von drei Tagen. Die Erhebungen beschränkten sich im Wesentlichen auf die Waldbereiche des FFH-Gebiets. Ergänzend wurden Streuobstflächen mit altem Obstbaumbestand auf ein mög-liches Hirschkäfervorkommen überprüft.

Bei zwei abendlichen Beobachtungsterminen wurde versucht, schwärmende Käfer an zwei geeigneten Standorten zu kartieren. Darüber hinaus wurden Eichen (Quercus sp.) mit erkenn-barem Saftfluss und Käfer bzw. Käferreste an geeigneten Brutstubben gesucht. Ergänzend wurden die Revierleiter und weitere Kenner befragt sowie vorhandene Literatur ausgewertet (MADER 2009).

Die Auswahl potentiell geeigneter Habitatflächen für die Nachsuche im Gelände, die auch Grundlage für die Abgrenzung der Lebensstätte ist, erfolgte auf Basis struktureller Kriterien.

Zunächst wurde eine bestandsweise Auswertung der vorhandenen digitalen Forsteinrich-tungsdaten (FOGIS-Daten) durchgeführt. Die nachfolgenden Kriterien wurden zur Abgrenzung geeigneter Habitatflächen herangezogen (LuBW 2009a):

1) Bestände mit Bestandsalter 100-120 Jahre und Anteil Eiche >= 40 %, 2) Bestände mit Bestandsalter >= 120 Jahre und Anteil Eiche > 10 %,

3) Schonwälder, arB-Flächen (außerregelmäßige Bewirtschaftung) mit Anteil Eiche >

10 %,

4) Dauerwälder der Verjüngungsphase oder mit Kennzeichnung Plenterwald, Dauerbe-stockung sowie mit Anteil Eiche > 10 %,

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59 5) Bannwälder.

Für den Privatwald, der im FFH-Gebiet 14 % der Waldbestände umfasst, erfolgte die Vorab-grenzung geeigneter Habitatflächen auf Basis der Auswertung von Orthofotos und der Befra-gung der Revierleiter, da hier keine Forsteinrichtungsdaten zur VerfüBefra-gung standen.

Erhaltungszustand der Lebensstätte des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083]

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten -- 1 -- 1

Fläche [ha] -- 86,76 -- 86,76

Anteil Bewertung von LS [%] -- 100 -- 100

Flächenanteil LS am Natura2000-Gebiet [%] -- 11,96 -- 11,96

Bewertung auf Gebietsebene B

Beschreibung

Hinweise zu Hirschkäfervorkommen liegen für das FFH-Gebiet aus der Waldbiotopkartierung von 1992 vor. So wurden für die Waldbiotope „Eichenwald NW Sulzbacher Hof“ (Waldbiotop -Nr. 6418-0088) und Waldbiotop „Hainsimsen-Traubeneichenwald am Wachenberg“ (Waldb io-top-Nr. 6418-0100) im Rahmen der Waldbiotopkartierung Hirschkäfervorkommen vermerkt.

Im Verlauf der Geländeerhebungen konnte im Waldbiotop „Eichenwald NW Sulzbacher Hof“

ein aktueller Artnachweis erbracht werden. Dieser erfolgte am 24.07.2010 an einem Eichen-Stubben im mittleren Bereich des Waldbiotops, an welchem ein halb eingegrabenes Weibchen vorgefunden wurde. Das Waldbiotop befindet sich auf einer südexponierten Waldkuppe ober-halb von Weinbergen. Es handelt sich um einen Hainsimsen-Traubeneichenwald auf einem trockenen Standort mit einem fast reinen Eichenbestand. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Stubben um einen Brut-Stubben handelt. In dem Waldbiotop konnten weitere potenziell geeignete Brutstubben festgestellt werden. Oberflächliches Graben erbrachte je-doch keinen weiteren Nachweis.

Ein weiterer aktueller Nachweis wurde von Herrn LAMBERT (Revierleiter Hemsbach) für einen Standort nordwestlich des Schafhofes (Waldnerhof) am 23.07.2010 schriftlich mitgeteilt. Herr LAMBERT hatte dort Anfang Juli 2010 ein Hirschkäfer-Männchen gesichtet. Der Fundort befin-det sich im Waldbiotop „Strukturreiches Altholz NW Schafhof“ (Nr. 6418-0917), welches sich auf einem Hangrücken befindet und totholzreiches Rotbuchen-Eichen-Altholz, insbesondere am Waldrand, aufweist. Im Umfeld befinden sich mehrere große Alteichenbestände (Quercus sp.) in Waldrandlage.

MADER (2009) liefert ebenfalls einen aktuellen Nachweis. So wurde am 06.06.2008 in der Nähe des Wanderparkplatzes Schaumesklingel auf dem Weg von Hemsbach nach Balzenbach ein Hirschkäfer-Männchen von mehreren Personen beobachtet. Im näheren Umfeld des Parkplat-zes befinden sich mehrere Habitatflächen mit Eichenbeständen älter als 120 Jahre. In Teilbe-reichen gehören diese Bestände zu einem Waldbiotop mit Eichen-Altholz am Waldrand (Wald-biotop-Nr. 6418-0084 „NSG Schafhof / Teufelsloch Str. Waldrand“).

Weitere Hinweise zu Hirschkäfervorkommen - allerdings außerhalb des FFH-Gebiets - liegen nach MADER (2009) für den Bereich Wachenberg vor. So wurden im Juni 2008 fünf Weibchen des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] in der Birkenauer Talstraße am östlichen Ortsrand von Weinheim gesichtet. Weitere Fundmeldungen von 2007 liegen für den Nächstenbacher Weg am nördlichen Ortsrand von Weinheim sowie für den Berggarten am Wachenberg östlich

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60 von Weinheim vor. Die Fundorte weisen einen Abstand von mehreren 100 m zum FFH-Gebiet auf.

Im Rahmen der Erhebungen wurden auch Personen nach Hirschkäfer-Hinweisen befragt. So konnte HANS-JÖRG SCHMIDT-KRAEPELIN Hirschkäfervorkommen bestätigen. 2009 habe er an seinem Gartenhäuschen südöstlich des Sulzbacher Hofes – in Nähe der ausgewiesenen Le-bensstätten – vermutlich ein Hirschkäfer-Weibchen angetroffen. Er gab an, dass Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083] vor mehr als 10 Jahren häufiger im Bereich des Sulzbacher Hofes angetroffen werden konnten.

Im Rahmen der abendlichen Schwärmflugbeobachtungen gelang kein Nachweis schwärmen-der Käfer. Die Schwärmflugbeobachtungen wurden im Waldbiotop „Eichenwald NW Sulzba-cher Hof“ (Waldbiotop-Nr. 6418-0088) am 24.07.2010, an dem ein Nachweis am selben Tag erbracht werden konnte, sowie im Waldbiotop „Hainsimsen-Traubeneichenwald am Wachen-berg“ (Waldbiotop-Nr. 6418-0100) am 27.07.2010 zwischen 20 Uhr und 21 Uhr durchgeführt.

Es ist davon auszugehen, dass die Schwärmflugbeobachtungen zu spät im Jahr durchgeführt wurden. Außerdem waren die Witterungsbedingungen (mittlere Bewölkung, Tageshöchsttem-peraturen max. 25° C) nur suboptimal.

Innerhalb des FFH-Gebiets sowie in unmittelbarer Nähe der Gebietsgrenze befinden sich Streuobstflächen mit z.T. älteren Baumbeständen östlich von Hemsbach und Sulzbach sowie nördlich von Oberlaudenbach. Aus diesen Streuobstflächen konnte jedoch kein aktueller Nachweis erbracht werden, weshalb hier keine Lebensstätten abgegrenzt wurden.

Mit den drei aktuellen Nachweisen des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] innerhalb des FFH-Gebiets kann die Bestandsgröße derzeit lediglich in die Häufigkeitsklasse II eingestuft werden, woraus sich eine mittlere bis schlechte Bewertung (C) für die Anzahl registrierter Käfer ergibt.

Die als Lebensstätte des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] erfassten Flächen im FFH-Gebiet umfassen eine Fläche von 86,8 ha. Dies entspricht 12 % der Schutzgebietsfläche und 18 % der Waldflächen.

Für das FFH-Gebiet liegen aktuell drei Fundmeldungen (Lebendnachweise) von Hirschkäfern (Lucanus cervus) [1083] vor.

Die Lebensstätten wurden zu einer Erfassungseinheit zusammengefasst und verteilen sich mehr oder weniger gleichmäßig über die öffentlichen Wälder im gesamten FFH-Gebiet. Im Privatwald wurden keine Lebensstätten abgegrenzt, da hier keine geeigneten Eichen-Be-stände vorhanden sind. In StreuobstbeEichen-Be-ständen wurden ebenso keine Lebensstätten abge-grenzt, da kein aktueller Nachweis erbracht werden konnte.

Bei den als Lebensstätten erfassten Flächen handelt es sich überwiegend um Laubwald-Be-stände mit einem Bestandesalter von über 120 Jahren und der Eiche (Quercus sp.) als Haupt-baumart. Am häufigsten kommt die Eiche (Quercus sp.) zusammen mit der Rotbuche (Fagus sylvatica) vor. In geringem Umfang sind Elsbeere (Sorbus torminalis), Esche (Fraxinus excel-sior), Hainbuche (Carpinus betulus), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Robinie (Robinia pseudoacacia) und sonstige Laubbaumarten sowie Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) und Lärche (Larix decidua) eingestreut. Die ältesten Eichenbestände sind 190 Jahre alt und umfassen eine Fläche von ca. 6 ha. Eichenbestände mit einem Bestandsalter von 180 Jahren befinden sich auf einer Fläche von 27 ha. Auf ca. 80 ha besitzt die Eiche (Quercus sp.) einen Anteil von mindestens 50 %. Auf einer Fläche von 5 ha kommen Eichen (Quercus sp.) mit einem Anteil von über 80 % vor.

Bei dem Waldbiotop „Eichenwald NW Sulzbacher Hof“, in dem ein Nachweis erbracht werden konnte, handelt es sich um einen Bestand in der Wachstumsphase. Das Waldbiotop besitzt einen Eichenanteil von 75 % und befindet sich in Waldrandlage oberhalb eines Weinberges.

Es handelt sich um einen teilweise sehr lichten Bestand, z.T. kommt eine deutliche Strauch-schicht hoch. Der Totholzanteil ist insgesamt gering, umfasst allerdings zahlreiche

Eichen-Natura 2000-Managementplan 3.3 Lebensstätten von Arten Weschnitz, Bergstraße und Odenwald bei Weinheim sowie Wachenberg bei Weinheim

61 Stubben. Im FFH-Gebiet kommen zwei weitere Bestände der Wachstumsphase vor, die einen Eichenanteil von über 70 % aufweisen. Aufgrund der potenziellen Eignung als Habitat des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] wurden diese Flächen ebenfalls als Lebensstätten ab-gegrenzt.

Als Lebensstätte wurde auch eine kahlgeschlagene Fläche von ca. 1 ha Größe nördlich des Sulzbacher Hofes (Abteilung 5, Distrikt 1) abgegrenzt. Die Fläche weist aktuell mehrere frische Eichen-Stubben, einzelne frische Rotbuchen-Stubben sowie liegendes Totholz in größerem Umfang auf.

Ungefähr ein Drittel der im FFH-Gebiet abgegrenzten Lebensstätten ist recht licht und weist wenig Unterwuchs auf. Viele Flächen weisen eine höhere Strauchschicht auf und sind weniger licht. Ein großer Teil der Lebensstätten befindet sich in Waldrandlage in wärmebegünstigter Exposition. In solchen Bereichen wurden auch die drei Artnachweise erbracht. Der größere Teil der Lebensstätten befindet sich in wärmebegünstigten Expositionen in zusammenhängen-den Waldbereichen. Darunter befinzusammenhängen-den sich sowohl lichte als auch weniger lichte Bestände.

Alteichen-Überhälter sind im FFH-Gebiet vereinzelt vorhanden.

Der Alt- und Totholzanteil wird im FFH-Gebiet als mittel bewertet. Insgesamt konnte eine grö-ßere Anzahl an Eichenstubben festgestellt werden. Z.T. waren diese jedoch bereits stark zer-setzt oder befinden sich in schattigen Lagen. Kaum zerzer-setzte Eichen-Stubben in lichtem Baumbestand konnten nur wenige angetroffen werden.

Insgesamt kann die Habitateignung im FFH-Gebiet als gut (B) bewertet werden.

Im FFH-Gebiet konnte im Laufe der Erhebungen eine Eiche mit einer deutlich erkennbaren, größeren Saftstelle festgestellt werden. Diese befand sich am Bennberg (nördlich Am Mühl-berg) am Rande eines Forstweges in einem Alteichenbestand mit 140-jährigen Eichen und einem Eichenanteil von 75 %. Der Bewertungsparameter „Eichen mit Saftstellen“ wird somit auf mittel (B) eingestuft.

Außerhalb des FFH-Gebiets konnten nach MADER (2009) weitere Hirschkäfer (Lucanus cer-vus) [1083] nachgewiesen werden. Die Nachweise wurden allerdings in Siedlungsgebieten erbracht, weshalb nicht von weiteren Vorkommen gesprochen werden kann. Die Fundmeldun-gen stammen neben den oben Fundmeldun-genannten MeldunFundmeldun-gen (Wanderparkplatz Schaumesklingel, Wachenberg) aus dem nordöstlichen und dem zentralen Teil von Weinheim. Weitere Fund-meldungen im Umkreis von bis zu 5 km um das FFH-Gebiet sind nicht bekannt. Die Vorkom-men im FFH-Gebiet 6518-341 „Odenwald bei Schriesheim“ und im FFH-Gebiet 6417-350 „Re-liktwald Lampertheim und Sandrasen untere Wildbahn“ liegen mehr als 5 km von den Lebens-stätten im FFH-Gebiet entfernt. Zahlreiche Nachweise liegen auch aus MADER (2009) für Schriesheim und Umgebung vor. Diese liegen jedoch ebenso mehr als 5 km vom FFH-Gebiet entfernt. Aufgrund fehlender weiterer Vorkommen in höchstens 5 km Entfernung wird die Ver-bundsituation als mittel bis schlecht (C) bewertet.

Im südlichen Teil des FFH-Gebiets am Wachenberg konnte nur eine Fläche von 0,1 ha als Lebensstätte ausgewiesen werden. Der größte Teil der geeigneten Habitatfläche (ca. 10 ha) befindet sich außerhalb des FFH-Gebiets und umfasst im Wesentlichen das Waldbiotop

„Hainsimsen-Traubeneichenwald am Wachenberg“ (Waldbiotop-Nr. 6418-0100). Im Rahmen der Waldbiotopkartierung wurde 1992 für dieses Waldbiotop ein Hinweis auf Hirschkäfer-Vor-kommen vermerkt. Nach MADER (2009) liegen Fundmeldungen aus der Nähe des Wachen-bergs vor. Es handelt sich schwerpunktmäßig um südexponierte 110-jährige Eichenbestände mit Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) als zweiter Hauptbaumart. Eichen-Stubben sind nur in ge-ringem, liegendes Totholz dagegen in großem Umfang vorhanden. Die Lebensstätten am Wa-chenberg liegen ca. 2,8 km von den Lebensstätten im nördlichen Bereich des FFH-Gebiets entfernt. Die Lebensstätten am Wachenberg sind möglicherweise bedeutsam für den Habitat-verbund mit dem FFH-Gebiet 6518-341 „Odenwald bei Schriesheim“, wo der Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083] ebenfalls vorkommt.

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62 Beeinträchtigungen: Für die mittelfristige Eignung der Lebensstätten relevant ist das vermehrte Aufkommen von Unterwuchs. Vermehrter Unterwuchs führt zu einer Verschattung der Be-stände. Für das FFH-Gebiet ergibt sich derzeit insgesamt eine mittlere Beeinträchtigung (B).

Bewertung auf Gebietsebene

Die Erfassungseinheit des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] wird insgesamt gut (B) be-wertet.