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Die Hauptfunktion der bifunktionalen RNase J ist der exoribonukleoly-

4.2 Rho-abhängige Transkriptionstermination in Corynebacterium glutamicum

4.3.7 Die Hauptfunktion der bifunktionalen RNase J ist der exoribonukleoly-

deutliche Abweichung vomE. coliRNase E Motiv könnte in der deutlich unterschiedlichen Struktur von RNase E/G begründet sein.

Für einen Vergleich der Schnittstellenpositionen von unterschiedlich langen Transkripten wurden alle Transkripte mit identifizierten Schnittstellen längennormalisiert und in zehn Abschnitte unterteilt. Die meisten Schnittstellen innerhalb der Transkripte wurden in den ersten zehn Prozent eines Transkripts identifiziert (Abbildung 4.34C). In den nachfolgenden Abschnitten sinkt die Schnittstellen-Häufigkeit stark ab und steigt erst wieder zum 3’-Ende leicht an.

Es ist denkbar, dass Transkripte mit hoher Zahl an Schnittstellen nur eine geringe Tran-skriptabundanz aufweisen, da diese Transkripte schnell degradiert werden müssten. Um dies zu überprüfen, wurde die Zahl an identifizierten Schnittstellen pro Transkript gegen die Transkriptabundanz im Wildtyp (da dieser RNase E/G besitzt) aufgetragen (Abbildung 4.34D). Für Transkripte mit nur einer Schnittstelle wurden über fünf Größenordnungen schwankende Transkriptabundanzen gemessen. Ähnliches wurde für Transkripte mit einigen wenigen Schnittstellen beobachtet. Nur für Transkripte mit sehr hoher Zahl an Schnittstellen wurde eine geringe Varianz in der Transkriptabundanz gemessen. Demnach hat die Anzahl an Schnittstellen keinen direkten Effekt auf die Transkriptabundanz. Transkripte von Genen die besonders viele RNase E/G Schnittstellen besitzen (z. B. thiC), wurden in der rne-Mutante besonders stark differenziell transkribiert. Für diese Gene ist ein direkter Effekt auf die Transkription durch die Deletion der RNase E/G wahrscheinlich.

Derin vitro RNase-Assaykonnte mit RNase E/G nicht durchgeführt werden, da die RNase nicht aufgereinigt werden konnte. Obwohl das Plasmidkonstrukt zur Aufreinigung von RNa-se E/G über das IMPACT-CN System (New England Biolabs) inE. colistabil repliziert wurde, konnte unter verschiedenen Bedingungen kein RNase-Protein mittels SDS-PAGE nachgewie-sen werden (Daten nicht gezeigt). Im Gegensatz dazu wurde RNase J über das IMPACT-CN System in ausreichender Menge aufgereinigt und imin vitro RNase-Assay eingesetzt. Der Grund warum RNase E/G nicht inE. coliaufgereinigt werden konnte ist unklar.

4.3.7 Die Hauptfunktion der bifunktionalen RNase J ist der

Aufreinigung von RNase J

Die Aufreinigung von RNase J erfolgte mittels IMPACT-CN System (New England Biolabs), welches die Marker-freie Aufreinigung von Proteinen ermöglicht. Dazu wurde das für RNase J kodierende GenrnjausC. glutamicummittels Gibson-Assemblyin das Plasmid pTXB1 kloniert.

Die Primer wurden dabei so gewählt, dass das Stop-Codon vonrnjentfernt wird, um eine translationale Fusion am C-Terminus des RNase-Proteins mit dem Intein und der Chitinbinde-domäne zu erreichen. Das entstandene Konstrukt pTXB1::rnjwurde zur Aufreinigung in den ExpressionsstammE. coliER2566 transformiert und anschließend nach Anleitung des Her-stellers über Affinitätschromatographie aufgereinigt. Die Reinheit der aufgereinigten RNase J wurde mittels SDS-PAGE überprüft und die Proteinkonzentration über den Bradford-Test mit Roti-Nanoquant (Carl Roth) nach Herstellerangaben bestimmt. Die RNase J wurde in einer Konzentration von 278 µg mL-1 aufgereinigt. Das aufgereinigte Protein wurde einerseits über die korrekte Größe von 77,6 kDa in der SDS-PAGE (Abbildung A.11), als auch dem mit-tels MALDI-MS (Matrix Assisted Laser Desorption/Ionisation-Mass spectrometry) bestimmten Mascott-Wert (Perkinset al., 1999) von 291 eindeutig alsC. glutamicumRNase J identifiziert.

Aktivitätstest der aufgereinigten RNase J

Bevor die aufgereinigte RNase J für denin vitro RNase-Assayverwendet wurde, wurde sie auf Aktivität überprüft. Dazu wurde RNase J mit der RNA der∆rnj-Mutante bei 30 °C inkubiert und die Abnahme derbulkRNA über die Zeit im Bioanalyzer 2100 (Agilent) mit dem „RNA Pico 6000 Kit“ (Agilent) gemessen. Die RNA wird dabei mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert und über Kapillarelektrophorese der Größe nach aufgetrennt. Die Fläche unter der Kurve des Chromatogramms entspricht der RNA-Menge der Probe. Da nurbulkRNA gemessen werden kann, ist eine Aussage über konkrete Schnittstellen oder bestimmte Transkriptspezies nicht möglich. Es kann nur der allgemeine Verdau durch die RNase anhand der Abnahme der charakteristischenPeak-Höhen abgeschätzt werden. Bereits nach 10 min Inkubationszeit mit RNase J wurde eine deutliche Abnahme derPeak-Höhen beobachtet (Abbildung A.12). Aus diesem Grund wurde für allein vitro RNase-Assayseine Inkubationszeit von 10 min gewählt.

Durchführung des in vivo und in vitro RNase-Assays mit RNase J

Die aufgereinigte RNase J wurde anschließend im in vitro RNase-Assay eingesetzt. Dazu wurden 50 pmol RNase J mit 2,5 µg RNA aus der ∆rnj-Mutante für 10 min bei 30 °C inkubiert, anschließend die RNase mit Phenol-Chloroform-Isoamylalkohol-Reagenz (PCI-Reagenz) gefällt, die RNA aufgereinigt und die rRNA abgereichert. Als Kontrolle wurde die

selbe Menge RNA der∆rnj-Mutante ohne RNase-Behandlung mit PCI-Reagenz inkubiert und anschließend aufgereinigt. Die RNA von beiden Proben („Behandelt“ bzw. „Unbehandelt“) wurde anschließend imRNase-Assays, wie oben in Abschnitt 4.3.5 beschrieben, zu cDNA-Bibliotheken weiterverarbeitet und auf einem Illumina MiSeq sequenziert (Tabelle 4.15).

Tabelle 4.15:Sequenzierte und gemappte Reads der cDNA-Bibliotheken für die Identifizierung von RNase J Schnittstellen mittelsRNase-Assay.

cDNA-Bibliothek Sequenzierte Gemappte Gemappte

Reads Reads Reads in %

in vitro RNase-Assay

RNArnj-Mutante, mit RNase J behandelt 1.679.993 1.568.278 93,35 RNArnj-Mutante, unbehandelt 848.158 805.728 95,00 in vivo RNase-Assay

rnj-Mutante 1.508.661 1.349.201 89,43

Wildtyp 1.926.961 699.199 36,29

Für RNase J wurde außerdem auch derin vivo RNase-Assaymit der RNA desC. glutamicum Wildtyps und derC. glutamicumrnj-Mutante durchgeführt. Für denin vivo RNase-Assay wurden analog zumin vivo RNase-Assayvon RNase E/G jeweils 5µg RNA eingesetzt, die ribosomale RNA abgereichert und die zu cDNA-Bibliotheken verarbeitet und auf einem Illumina MiSeq sequenziert (Tabelle 4.15).

Die Kriterien zur Identifizierung einer RNase J Schnittstelle waren zum einen eine min-destens 3-fache Änderung in der Read-Abundanz an einer Genomposition im Vergleich zur Kontrolle (Probe „Unbehandelt“ bzw. RNA der∆rnj-Mutante). Zum anderen wurden die im in vitro RNase-Assayerhaltenen Schnittstellen-Positionen mit denen desin vivo RNase-Assays verglichen und nur in beidenRNase-Assaysidentische Positionen als tatsächliche Schnittstellen für RNase J gewertet. Insgesamt wurden 5.850 RNase J Schnittstellen imC. glutamicum Tran-skriptom identifiziert. Von diesen Schnittstellen wurden 4.705 proteinkodierenden Sequenzen (CDS), 770 5’-UTRs und 365antisenseRNAs und intergenischen Transkripten zugeordnet (Abbildung 4.35). Insgesamt wurden 1.029 CDS und 276 5’-UTRs identifiziert, die mindestens eine RNase J Schnittstelle besitzen. Zehn RNase J Schnittstellen wurden innerhalb von rRNA-Regionen identifiziert. So wurden drei Schnittstellenupstreamvon der 16S rRNA und sieben Schnittstellen innerhalb der 23S rRNA identifiziert. Die vollständige Liste aller identifizierten RNase J Schnittstellen befindet sich im Anhang (Tabelle S14).

antisense

Abbildung 4.35:Anzahl der RNase J Schnittstellen nach Transkript bzw. -abschnitt. Schnittstellen, die im intergenischen Bereich bzw.antisensezu annotierten Transkripten liegen, wurden unter der Kategorie „intergenisch / antisense“ zusammengefasst. CDS, proteinkodierende Sequenz (coding sequence); 5’-UTR, 5’ untranslatierte Region.

Obwohl die meisten Transkripte nur wenige Male von RNase J geschnitten wurden, nimmt die Schnittstellenzahl pro Transkript für RNase J über die Transkriptlänge weniger stark ab (Abbildung 4.36A), als bei RNase E/G (vgl. Abbildung 4.34A auf Seite 141). Darüber hinaus wurden mehr Transkripte mit großer Zahl an RNase J Schnittstellen identifiziert, als für RNase E/G. Für das Gencg0587/tuf, welches für den Elongationsfaktor Tu kodiert, wurden 159 Schnittstellen identifiziert. Es ist damit das Gen mit der höchsten Zahl an identifizierten RNase J Schnittstellen.

Um die relative Position der Schnittstellen innerhalb verschiedener Transkripte vergleichen zu können, wurden alle Transkripte (bestehend aus 5’-UTR mit CDS) auf Länge normali-siert, in zehn Abschnitte unterteilt und anschließend die Schnittstellenhäufigkeiten bestimmt (Abbildung 4.36B). Die höchste Schnittstellenhäufigkeit wurde in den ersten 10 % eines Transkripts gemessen. Über alle folgenden Transkriptabschnitte sinkt die Schnittstellenhäu-figkeit langsam ab. Dies deutet darauf hin, dass RNase J ausC. glutamicumeine prozessive 5’-3-Exoribonuklease-Aktivität besitzt.

Anzahl RNase J Schnittstellen pro Transkript

Transkriptabundanz WT

A

B

C

Abbildung 4.36: Analyse der RNase E/G Schnittstellen: (A) Histogramm der RNase J Schnittstel-len pro Transkript. Transkripte mit mehr als 95 SchnittstelSchnittstel-len wurden unter der Kategorie „>95“

zusammengefasst. (B) Häufigkeit der RNase J Schnittstellen abhängig von der relativen Position im Transkript. Um die unterschiedlich langen Transkripte vergleichen zu können, wurde jedes Transkript in zehn Abschnitte unterteilt und die Schnittstellen in den jeweiligen Bereichen gezählt. (C) Anzahl der RNase E/G Schnittstellen pro Transkript in Abhängigkeit zur Transkriptabundanz (gemessen in mitDESeq2normalisierten Reads) des Transkripts im Wildtyp (WT).

FürB. subtilisRNase J1 ist bekannt, dass das Enzym sowohl 5’-3-Exoribonuklease- als auch Endoribonuklease-Aktivität besitzt (Evenet al., 2005; Mathyet al., 2007). FürC. glutamicum wäre es denkbar, dass Transkripte, für die nur eine RNase J Schnittstelle identifiziert wurde, endoribonukleolytisch gespalten wurden. Insgesamt wurden für 412 Transkripte nur eine RNase J-Schnittstelle nachgewiesen. Diese putativen endoribonukleolytischen Schnittstellen wurden auf konservierte Motive mit Improbizer (Aoet al., 2004) überprüft. Im Gegensatz zu RNase E/G wurde für die endoribonukleolytischen RNase J Schnittstellen kein konserviertes

Motiv vorhergesagt (Daten nicht gezeigt). Möglicherweise befinden sich in den Transkripten mit nur einer RNase J Schnittstelle mehr Schnittstellen, die nicht detektiert wurden, so dass diese Transkripte nicht endo-, sondern exoribonukleolytisch abgebaut wurden. Aufgrund der dabei entstehenden Zahl an sehr kleinen Fragmente ist es schwierig alle Schnittstellen einer prozessiven Exoribonuklease zu identifizieren.

Wie auch bei der Schnittstellenanalyse von RNase E/G, korreliert die Anzahl der Schnitt-stellen pro Transkript nicht mit der Transkriptabundanz im Wildtyp (Abbildung 4.36C). Es kann somit nicht pauschal anhand der Zahl der RNase J Schnittstellen unterschieden werden, ob es sich bei einem in der∆rnj-Mutante differenziell transkribierten Gen um einen direkten oder indirekten Effekt der RNase-Deletion handelt.

Cg.RNase J schneidet Transkripte der RNase P und des trpL-leader-Peptids

In derC. glutamicumrnj-Mutante ist das GenrnpA, welches den proteinogenen Teil des RNase P Ribozyms kodiert (Guerrier-Takada et al., 1983), das am stärksten differenziell transkribierte Gen (LFC+5,07). Das GenrnpBkodiert die M1 RNA, die die RNA-Komponente von RNase P darstellt (Guerrier-Takadaet al., 1983). Im Gegensatz zurnpAistrnpBin der

rnj-Mutante schwächer transkribiert (LFC -1,42). Die M1 RNA wird in einem primären Operon aus den Genen cg2457, cg2456, cg2455 und M1 RNA sowie monocistronisch in einem sekundären Operon transkribiert (Pfeifer-Sancaret al., 2013). Für die M1 RNA wurden imRNase-Assaysechs RNase J Schnittstellen identifiziert. Zwei Schnittstellen befinden sich 1 bzw. 2 ntupstreamdes TSS von M1 RNA und müssen somit aus dem Transkript des primären Operons stammen. Zwei weitere Schnittstellen befinden sich 1 bzw. 2 ntdownstreamdes M1 RNA TSS. Diese Schnittstellen können sowohl aus dem Transkript des primären als auch dem des sekundären Operon entstammen. Die verbleibenden zwei Schnittstellen befinden sich 62 bzw. 75 ntdownstreamdes TSS.

Für das GenrnpAwurden keine RNase J Schnittstellen identifiziert. Allerdings befindet sich rnpAin einem Operon aus den GenenrpmH, rnpA, cg3430undcg3429. Innerhalb vonrpmH wurden neun RNase J Schnittstellen identifiziert, die über das gesamte Transkript verteilt liegen und somit auf Degradation desrpmH-Transkripts durch RNase J hindeuten.

Eine bekannte Degradation durch RNase J inB. subtilisfindet in der 5’-UTR destrp-Operons statt (Deikuset al., 2008). Die Gene destrp-Operons inC. glutamicumsind bis auf das Gen desleader-PeptidstrpLnicht differenziell in der∆rnj-Mutante transkribiert. In der 5’-UTR des ersten Gens destrp-Operons befindet sich das Gen für dasleader-Peptid TrpL (Neshat et al., 2014). Dieses Gen ist mit einem LFC von+3,15 in der∆rnj-Mutante deutlich verstärkt transkribiert. Mit dem in dieser Arbeit entwickelten RNase-Assays zur Identifizierung von

RNase-Schnittstellen wurde eine RNase J Schnittstelle intrpL11 nt downstreamdes TSS nachgewiesen, welche eine Interaktion zwischenleader-Peptid und RNase J hindeutet.

4.3.8 Regulation von Riboswitches und RNA-Motiven durch die