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Die Deletion des Rho-Faktor Gens führt zu verlangsamten Wachstum . 92

4.2 Rho-abhängige Transkriptionstermination in Corynebacterium glutamicum

4.2.2 Die Deletion des Rho-Faktor Gens führt zu verlangsamten Wachstum . 92

rho-Gen (cg1354) mittels des pK18mobsacB-Systems (Schäferet al., 1994) deletiert. Darho das erste Gen im Operonrho-prfA-cg1356ist, wurden die 5’-UTR sowie die hinteren 550 Basen derrho-CDS beibehalten, um die Transkription der beidendownstreamgelegenen Gene möglichst unbeeinflusst zu lassen.

Als erste Charakterisierung der∆rho-Mutante wurde das Wachstum im Vergleich zum Wildtyp in CGXII-Minimalmedium untersucht. Wie in Abbildung 4.9 zu erkennen, ist die Wachstumsgeschwindigkeit der Deletionsmutante im Vergleich zum Wildtyp verringert. Die maximale spezifische Wachstumsgeschwindigkeitµmaxder∆rho-Mutante beträgt 0,127 h-1,

während der Wildtyp mit einerµmax von 0,194 h-1in der exponentiellen Phase wächst. Die Verringerung der Wachstumsgeschwindigkeit deutet auf eine wichtige Funktion von Rho in der Zelle hin.

Wildtyp Δrho-Mutante

Abbildung 4.9:Wachstumskurve desC. glutamicumWildtyps sowie der∆rho-Mutante in Minimalme-dium mit Glucose. Dargestellt sind die Mittelwerte von drei biologischen Replikaten. Die Fehlerbalken stellen die Standardabweichung dar.

Nach der Deletion desrho-Gens wurde eine Komplementation der Deletionsmutante durch-geführt. Dazu wurde die CDS des rho-Gens in den Vektor pEC-XC99E kloniert und in die

rho-Mutante transformiert. Dieser Vektor besitzt neben einem Gen für eine Chloramphenicol-Resistenz, einenlac-Operatordownstreamdes starken Ptrc-Promotors, sodass die Expression des kloniertenrho-Gens mit IPTG (Isopropyl-β-D-Thiogalactopyranosid) induzierbar ist.

Das Wachstumsdefizit der∆rho-Mutante gegenüber dem Wildtyp konnte nicht über die plasmidbasierte Expression vonrhoauf dem Plasmid pEC-XC99E komplementiert werden.

Durch das plasmidkodierterho-Gen wurde das Wachstumsdefizit verstärkt (Abbildung A.4A im Anhang). Wahrscheinlich ist die Expression vonrhoin einemhigh copyPlasmid zu stark.

Um das Problem der plasmidbasierten Komplementation zu umgehen, wurde eine chromo-somale Integration desrho-Gens inklusive nativem Promotor und 5’-UTR mit dem pRIM2-System (Vašicováet al., 1998) durchgeführt. Das Plasmid pRIM2 integriertdownstreamvon Genppc, welches für eine Phosphoenolpyruvate-Carboxylase kodiert. Die Integration des Leervektors pRIM2 in das Chromosom hat keinen Einfluss auf das Wachstum (Vašicováet al., 1998). Durch die chromosomale Integration von pRIM2::rhokonnte das Wachstumsdefizit der∆rho-Mutante vollständig komplementiert werden (Abbildung A.4B im Anhang).

4.2.3 Die Deletion von

rho

führt zu einer deutlichen Veränderung des Transkriptoms

Das verlangsamte Wachstum der∆rho-Mutante deutet auf die Wichtigkeit des Rho-Faktors für die Zelle hin. Als Transkriptionsterminator ist der Rho-Faktor direkt in die Transkripti-on involviert. Aus diesem Grund wurde das Transkriptom der∆rho-Mutante mittels RNA-Sequenzierung untersucht.

Für die RNA-Sequenzierung wurden der Wildtyp sowie die∆rho-Mutante in CGXII-Minimal-medium in Schüttelkolben in jeweils drei Replikaten kultiviert. Die Zellernte erfolgte in der frühen exponentiellen Wachstumsphase. Die aus den Zellen isolierte DNA-freie RNA wurde nach Entfernen der rRNA entsprechend dem ProtokollTruSeq stranded mRNA(Illumina) in strangspezifische Volllängen-cDNA-Bibliotheken umgewandelt und anschließend auf ei-nem MiSeq (Illumina) impaired-endModus sequenziert. Die Read-Länge betrug 71 bp. Die sequenzierten Reads wurden anschließend gegen dasC. glutamicumATCC 13032 Genom (Kalinowski et al., 2003) gemappt. In Tabelle 4.6 sind die sequenzierten und gemappten Reads aufgeführt. Der Anteil der gemappten Reads beträgt für alle cDNA-Bibliotheken mehr als 98 %.

Tabelle 4.6:Sequenzierte und gemappte Reads der cDNA-Bibliotheken von der∆rho-Mutante und dem Wildtyp.

cDNA-Bibliothek Sequenzierte Reads Gemappte Reads Gemappte Reads in %

Wildtyp Replikat 1 10.728.816 10.578.613 98,60

Wildtyp Replikat 2 5.375.148 5.328.384 99,13

Wildtyp Replikat 3 7.405.849 7.381.410 99,67

rho-Mutante Replikat 1 8.112.497 8.083.292 99,64

rho-Mutante Replikat 2 7.143.761 7.121.615 99,69

rho-Mutante Replikat 3 11.302.008 11.103.093 98,24

Die Normalisierung der cDNA-Bibliotheken und die Identifizierung der differenziell tran-skribierten Gene der∆rho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp wurde mit der SoftwareDESeq2 (Loveet al., 2014) in Standardeinstellungen durchgeführt. Außerdem wurden die

Replika-te mitReplika-tels hierarchischem ClusReplika-tering auf Ähnlichkeit überprüft, um mögliche Ausreißer zu identifizieren (Abbildung A.3 im Anhang). Gene die eine Änderung in der Transkription (log2FoldChange, LFC)≥+1,0 bzw.≤-1,0 und einen angepassten p-Wert<0,05 besitzen, wurden als differenziell transkribiert klassifiziert.

Transkriptabundanz in normalisierten Reads

LFC

Abbildung 4.10: M/A-Plot der ∆rho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp. Aufgetragen sind der log2FoldChange (LFC) gegen die Transkriptabundanz in (mit DESeq2 normalisierten) Reads. Jedes Gen ist durch einen Punkt dargestellt. Gene die die statistischen Bedingungen erfüllen (angepasster p-Wert<0,05) sind rot markiert. Die blauen Linien markieren einen LFC von+1,0 bzw. -1,0. Gene die rot markiert sind und über der oberen bzw. unterhalb der unteren blauen Linie liegen wurden als differenziell transkribiert gewertet.

In der∆rho-Mutante sind 488 Gene stärker und 267 Gene schwächer transkribiert als im Wildtyp. Insgesamt ist somit ein Viertel desC. glutamicumGenoms (755 Gene) in der

rho-Mutante differenziell transkribiert (Abbildung 4.10). Dies ist eine vergleichsweise sehr große Zahl an differenziell transkribierten Genen und deutet auf einen großen Einfluss des Rho-Faktors auf das Transkriptom vonC. glutamicumhin. Das Gencg1478, welches für ein hypothetisches Protein unbekannter Funktion kodiert, ist mit einem LFC von 6,55 am stärksten differenziell transkribiert. Das am schwächsten transkribierte Gencg3195, kodierend für eine putative Flavin-Monooxygenase, ist in der∆rho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp mit einem LFC von -3,92 am schwächsten transkribiert.

Eine Auswahl der am stärksten und schwächsten differenziell transkribierten Gene ist in Tabelle 4.7 aufgeführt. Die vollständige Liste aller differenziell transkribierter Gene befindet sich im Anhang (Tabelle S8).

Aufgrund der hohen Zahl an differenziell transkribierten Genen wurde eine Analyse auf Basis der COG-Klassen durchgeführt. Die COG-Klassen (Clusters of Orthologous Groups)

klas-Informationsspeicher

& -verarbeitung Zelluläre Prozesse und Signalwege

Anzahl Gene

Metabolismus Wenig

charakterisiert Keine schwächer transkribiert

stärker transkribiert

Abbildung 4.11:Klassifizierung der in der∆rho-Mutante differenziell transkribierten Gene nach COG-Klasse. Eine detaillierte Aufschlüsselung der COG-Klassen (Tatusovet al., 1997) mit Beschreibung befindet sich in Tabelle A.1 auf Seite 236 im Anhang. Die Gruppe „Keine“ enthält alle Gene die keiner COG-Klasse zugeordnet sind. Die y-Achse ist zwischen den Werten 70 und 180 unterbrochen dargestellt.

sifizieren Gene anhand ihrer vorhergesagten Funktion in verschiedene Stoffwechselgruppen (Tatusovet al., 1997). Eine Beschreibung der einzelnen COG-Klassen befindet sich in Tabelle A.1 im Anhang auf Seite 236. Wie in Abbildung 4.11 zu sehen, gehören besonders viele der differenziell transkribierten Gene den COG-Klassen „Informationsspeicher und -verarbeitung“

(J, K und L) sowie „Metabolismus“ (E, G und P) an. Hier ist auffällig, dass der überwiegende Teil der Gene, die in der Replikation und DNA-Reparatur (COG-Klasse L) involviert sind, in der

rho-Mutante stärker transkribiert sind. Auch Gene, die in der Transkription (COG-Klasse K) involviert sind, sind überwiegend stärker transkribiert. Gleichzeitig sind Gene der Translation und Ribosomenstruktur (COG-Klasse J) überwiegend schwächer transkribiert. Die Deletion des für den Transkriptionsterminator Rho kodierenden Gensrhohat somit großen Einfluss auf essenzielle zelluläre Funktionen.

Tabelle 4.7:Liste der am stärksten bzw. schwächsten differenziell transkribierten Gene in der ∆rho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp (Ausschnitt). Gezeigt sind jeweils die 30 am stärksten bzw. schwächs-ten transkribierschwächs-ten Gene. Die vollständige Liste aller differenziell transkribierschwächs-ten Gene befindet sich im Anhang (Tabelle S8). LFC, log2FoldChange.

Gen Name Genprodukt1 LFC

cg1478 Hypothetical protein 6,55

cg0362 Conserved hypothetical protein 5,97

cg0363 Putative secretion ATPase 5,30

cg0428 ISCg17a Transposase, putative pseudogene 5,28

1Annotation entnommen aus GenDB-Projekt „C.glut._ZFG-2.2“

Tabelle 4.7:Fortgesetzt

Gen Name Genprodukt1 LFC

cg0369 Conserved putative secreted protein 4,81

cg0051 Putative transcriptional regulator, AraC-family 4,64

cg2048 Hypothetical protein 4,54

cg0427 ISCg17a Transposase, putative pseudogene 4,53

cg0365 Putative membrane protein 4,44

cg1471 Hypothetical protein 4,41

cg0364 Putative membrane protein 4,29

cg0366 Conserved putative membrane protein 4,16

cg0426 ISCg17a Transposase, putative pseudogene 4,16

cg0368 Conserved putative secreted protein 4,14

cg1118 Pyrimidine reductase, riboflavin biosynthesis 4,10

cg2443 Permease of the major facilitator superfamily - putative pseudogene 4,06

cg3374 Putative NADH-dependent flavin oxidoreductase 4,02

cg3290 Putative oxidoreductase 4,00

cg0083 Putative nicotinamide mononucleotide uptake permease 3,97

cg2244 Lyase class I family 3,82

cg2941 Putative threonine efflux transporter 3,79

cg1898 Hypothetical protein 3,77

cg0485 Hypothetical protein 3,73

cg1526 Putative multidrug efflux permease 3,67

cg0777 ABC-type putative iron-siderophore transporter 3,67

cg2577 Putative membrane protein Com family 3,50

cg3111 Putative secreted protein 3,39

cg2726 Putative membrane protein 3,38

cg1199 Hypothetical protein 3,34

cg0037 ISCg22a Transposase, putative pseudogene 3,34

cg0834 tusE ABC-type trehalose transporter -2,13

cg2468 ABC-type transporter, permease subunit -2,13

cg3156 Putative secreted protein -2,13

cg3212 Putative carboxymuconolactone decarboxylase subunit -2,15

cg2096 Putative membrane protein -2,17

cg1373 Putative glyoxalase -2,20

cg3048 pta Phosphate acetyltransferase -2,25

cg3047 ackA Acetate kinase -2,29

cg2610 ABC-type putative dipeptide/oligopeptide transporter -2,29

cg2118 Transcriptional regulator protein, DeoR-family -2,31

cg1595 uspA2 Universal stress protein UspA -2,33

cg0759 prpD2 2-Methylcitrate dehydratase (propionate catabolism) -2,35

cg0563 rplK 50S ribosomal protein L11 -2,39

cg2937 ABC-type putative dipeptide/oligopeptide transporter -2,42

cg2470 ABC-type transporter -2,50

cg1665 Putative secreted protein -2,51

cg0762 prpC2 2-Methylcitrate synthase (propionate catabolism) -2,56

cg0286 Conserved putative membrane protein -2,60

cg0760 prpB2 Methylisocitrate lyase (propionate catabolism) -2,84

cg2560 aceA Isocitrate lyase -2,94

cg2836 sucD Succinate–CoA ligase (ADP-forming), alpha subunit -2,95 cg2837 sucC Succinate–CoA ligase (ADP-forming), beta subunit -2,97

1Annotation entnommen aus GenDB-Projekt „C.glut._ZFG-2.2“

Tabelle 4.7:Fortgesetzt

Gen Name Genprodukt1 LFC

cg2181 ABC-type putative dipeptide/oligopeptide transporter, substrate-binding -3,03 cg2184 ABC-type putative dipeptide/oligopeptide transporter, ATPase subunit -3,09 cg2183 ABC-type putative dipeptide/oligopeptide transporter, permease subunit -3,11

cg3107 adhA Alcohol dehydrogenase -3,29

cg2182 ABC-type putative dipeptide/oligopeptide transporter, permease subunit -3,34

cg3096 ald acetaldehyde dehydrogenase (acetylating) -3,71

cg1612 Putative acetyltransferase -3,74

cg3195 Putative flavin-containing monooxygenase -3,92

1Annotation entnommen aus GenDB-Projekt „C.glut._ZFG-2.2“

Die Gene cg0362biscg0369gehören zu den am stärksten differenziell transkribierten Genen in der∆rho-Mutante (LFC von 4,14 bis 5,97; Tabelle 4.7). Sie bilden ein Gen-Cluster das für einen, innerhalb der Actinobakterien hoch konservierten, putativen Typ IVb Pilus kodiert. Die mittlere Expressionsstärke der einzelnen Gene im Wildtyp reicht von circa 10 (cg0364) bis etwa 100 (cg0365) normalisierten Reads. Im Gegensatz dazu beträgt die mittlere Expressionsstärke in der∆rho-Mutante 230 (cg0364) bis 2.700 (cg0365) normalisierte Reads.

Bisher sind in der Literatur keine Bedingungen beschrieben worden in denen dieses Gen-Cluster verstärkt transkribiert wird. Die∆rho-Mutante stellt somit die bisher einzige bekannte Bedingung dar, die zu einer verstärkten Transkription dieses Typ VI Pilus-Gen-Clusters führt.

Aus diesem Grund befasst sich das Kapitel 4.2.11 ab Seite 115 vertiefend mit den Eigenschaften dieses Gen-Clusters.

Anhand der hohen Zahl an differenziell transkribierten Genen in der∆rho-Mutante, kann davon ausgegangen werden, dass der Rho-Faktor einen großen Einfluss auf das Transkriptom der Zelle hat. Da fürC. glutamicumdie Rho-abhängig terminierten Gene unbekannt sind, ist es schwierig, allein über die differenziell transkribierten Gene zwischen direkten (primären) und indirekten (sekundären) Effekten derrhoDeletion zu unterscheiden.

4.2.4 Der Rho-Faktor beeinflusst die Transkription potentieller Fremd-DNA