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Größter gemeinsamer Teiler und kleinstes gemeinsames Vielfaches

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 113-117)

Als nächstes thematisieren wir die aus der Schule bekannten Begriffe des größten gemeinsamen Teilers und des kleinsten gemeinsamen Vielfachen, wobei wir diese über die Teilbarkeitsrelation definieren.

(12.17) Definition (gemeinsamer Teiler, gemeinsames Vielfaches). Es seiR =Z oder R = K[X] für einen KörperK. Ferner seiena, b∈R gegeben.

(a) Eingemeinsamer Teiler vonaundbist eind∈R so, dassd|aundd|bgilt.

(b) Eingemeinsames Vielfaches von aundb ist einm∈R so, dassa|mundb|mgilt.

(12.18) Beispiel.

(a) (i) InZsind1,2,−6 gemeinsame Teiler von12und18.

(ii) InQ[X]sind1,X+ 1,2X+ 2 gemeinsame Teiler vonX2−1undX2+ 2X+ 1.

(b) (i) InZsind12und−24gemeinsame Vielfache von4und6.

(ii) InQ[X]sindX3−X2−X+ 1und −12X4+X3−X+12 gemeinsame Vielfache von X2−2X+ 1 undX2−1.

Beweis.

(a) (i) Wegen 12 = 12·1gilt1|12und wegen18 = 18·1 gilt1|18. Folglich ist 1ein gemeinsamer Teiler von12und18.

Wegen 12 = 6·2 gilt 2| 12 und wegen 18 = 9·2 gilt2 |18. Folglich ist 2 ein gemeinsamer Teiler von12und18.

Wegen 12 = (−2)·(−6) gilt−6 | 12 und wegen 18 = (−3)·(−6) gilt −6 | 18. Folglich ist −6 ein gemeinsamer Teiler von12und18.

(ii) WegenX2−1 = (X2−1)·1gilt1|X2−1und wegenX2+2X+1 = (X2+2X+1)·1gilt1|X2+2X+1.

Folglich ist 1ein gemeinsamer Teiler vonX2−1undX2+ 2X+ 1.

Wegen X2−1 = (X −1)(X + 1)gilt X+ 1| X2−1 und wegenX2+ 2X + 1 = (X+ 1)(X+ 1) giltX+ 1|X2+ 2X+ 1. Folglich istX+ 1 ein gemeinsamer Teiler vonX2−1 undX2+ 2X+ 1.

WegenX2−1 = (12X−12)(2X+ 2)) gilt2X+ 2|X2−1und wegenX2+ 2X+ 1 = (12X+12)(2X+ 2) gilt2X+ 2|X2+ 2X+ 1. Folglich ist2X+ 2ein gemeinsamer Teiler vonX2−1 undX2+ 2X+ 1.

(b) (i) Wegen12 = 3·4gilt4|12und wegen12 = 2·6gilt6|12. Folglich ist12ein gemeinsames Vielfaches von4 und6.

Wegen −24 = (−6)·4 gilt 4 | −24 und wegen −24 = (−4)·6 gilt 6 | −24. Folglich ist −24 ein gemeinsames Vielfaches von 4und6.

(ii) Wegen X3−X2−X + 1 = (X + 1)·(X2−2X + 1) gilt X2−2X+ 1 | X3−X2−X+ 1 und wegenX3−X2−X+ 1 = (X−1)·(X2−1)giltX2−1|X3−X2−X+ 1. Folglich istX3−X2−X+ 1 ein gemeinsames Vielfaches vonX2−2X+ 1undX2−1.

Wegen−12X4+X3−X+12 = (−12X2+12)·(X2−2X+ 1)giltX2−2X+ 1| −12X4+X3−X+12 und wegen −12X4+X3−X+12 = (−12X2+X−12)·(X2−1) giltX2−1| −12X4+X3−X+12. Folglich ist −12X4+X3−X+12 ein gemeinsames Vielfaches vonX2−2X+ 1 undX2−1.

(12.19) Definition (größter gemeinsamer Teiler, kleinstes gemeinsames Vielfaches). Es sei R = Z oder R=K[X]für einen KörperK. Ferner seiena, b∈Rgegeben.

(a) Eingrößter gemeinsamer Teiler von aundb ist ein gemeinsamer Teilergvon aundb derart, dass jeder gemeinsame Teilerdvonaundb auch ein Teiler vong ist.

(b) Ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b ist ein gemeinsames Vielfaches l von a und b derart, dass jedes gemeinsame Vielfachemvon aundb auch ein Vielfaches vonlist.

Ein größter gemeinsamer Teiler ist also ein größtes Element in der prägeordneten Menge der gemeinsamen Teiler zusammen mit der Teilbarkeitsrelation, vgl. Definition (8.15)(b).

(12.20) Beispiel.

(a) InZist−6 ein größter gemeinsamer Teiler von12und18.

(b) InZist12ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von4und6.

Beweis.

(a) Es sei T := {d ∈ Z | d|12undd|18} die Menge der gemeinsamen Teiler von 12 und 18. Nach Bei-spiel (12.18)(a)(i) ist −6∈T. Da füra∈Zausa|12stets|a| ≤ |12|= 12folgt, gilt fernerT⊆[−12,12].

Durch Ausrechnen ergibt sich T ={−6,−3,−2,−1,1,2,3,6}.

Da für alled∈T auchd| −6 gilt, ist−6somit ein größter gemeinsamer Teiler von 12und18.

(b) Es sei I := {m ∈ Z | 4|m und6|m} die Menge der gemeinsamen Vielfache von 4 und 6. Nach Bei-spiel (12.18)(b)(i) ist 12 ∈ I. Es sei ein beliebiges gemeinsames Vielfaches m von 4 und 6 gegeben.

Dann gilt 4 | m und 6 | m, nach Proposition (12.9)(a) also auch 4 | m−(mdiv 12)·12 = mmod 12 und 6 | m−(mdiv 12)·12 = mmod 12. Folglich ist mmod 12∈ I. Durch Ausrechnen ergibt sich fer-ner [0,11]∩I = {0}, so dass mmod 12 = 0 folgt. Somit ist m ein Vielfaches von 12. Insgesamt ist 12 daher ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von 4und6.

Im Beweis von Beispiel (12.20) haben wir an entscheidender Stelle benutzt, dass die ganzzahligen Interval-le[−12,12]bzw. [0,11] endliche Mengen sind. Eine effizientere Methode zur Berechnung von größten gemein-samen Teilern, welche sich auch für Polynome über Körpern eignet, werden wir in Satz (12.27) kennenlernen.

Unter Ausnutzung von Satz (12.25) wird dies auch eine Möglichkeit zur effizienten Berechnung von kleinsten gemeisamen Vielfachen liefern.

(12.21) Bemerkung. Es seiR=ZoderR=K[X]für einen Körper K. Ferner seiena, b∈R gegeben.

(a) Es sei ein größter gemeinsamer Teilerg von a undb sowieg0 ∈ R gegeben. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent.

(i) Das Elementg0 ist ein größter gemeinsamer Teiler vonaundb.

(ii) Es istg0 ein gemeinsamer Teiler vonaundbund für jeden gemeinsamen Teilerdvonaundbmitg0 |d gilt auchd|g0.

(iii) Es istg assoziiert zug0.

(iv) Es istg0 ein gemeinsamer Teiler vonaundbund es giltg|g0.

(b) Es sei ein kleinstes gemeinsames Vielfacheslvonaundbsowiel0 ∈Rgegeben. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent.

(i) Das Elementl0 ist ein kleinstes gemeinsames Vielfaches vonaundb.

(ii) Es istl0 ein gemeinsames Vielfaches vonaundbund für jedes gemeinsame Vielfachemvonaundb mit m|l0 gilt auchl0|m.

(iii) Es istl assoziiert zul0.

(iv) Es istl0 ein gemeinsames Vielfaches vonaundb und es giltl0 |l.

Beweis.

(a) Größte gemeinsame Teiler vonaundb sind größte Elemente in der prägeordneten Menge {d∈R|dist ein gemeinsamer Teiler vonaundb}

zusammen mit der Teilbarkeitsrelation. Die Äquivalenz von Bedingung (i), Bedingung (ii), Bedingung (iii) und Bedingung (iv) folgt aus Proposition (8.18)(b).

(b) Dies lässt sich dual zu (a) beweisen.

(12.22) Lemma(Lemma von Bézout). Es seiR=ZoderR=K[X]für einen KörperK. Ferner seiena, b∈R gegeben.

(a) Es seiI:={d∈R|es gibt x, y∈Rmit d=xa+yb}.

(i) Falls a= 0 undb = 0, sei g = 0. Fallsa6= 0 oderb 6= 0, sei g ∈I\ {0} so, dass folgendes gilt: Im Fall R=Zgelte

|g|= min{|d| |d∈I\ {0}}.

Im FallR=K[X]für einen Körper K gelte degg= min{degd|d∈I\ {0}}.

Dann istgein größter gemeinsamer Teiler vonaundb. Insbesondere existiert ein größter gemeinsamer Teiler vonaundb.

(ii) Es seig∈Rein größter gemeinsamer Teiler vonaundb. Dann ist g∈I.

(b) Es seiI:={m∈R|es gibtx, y∈R mitm=xa undm=yb}.

(i) Falls a= 0 oderb = 0, sei l = 0. Falls a6= 0 und b 6= 0, sei l ∈I\ {0} so, dass folgendes gilt: Im Fall R=Zgelte

|l|= min{|m| |m∈I\ {0}}.

Im FallR=K[X]für einen Körper K gelte degl= min{degm|m∈I\ {0}}.

Dann ist l ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b. Insbesondere existiert ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von aundb.

(ii) Es seil∈Rein kleinstes gemeinsames Vielfaches vonaundb. Dann ist l∈I.

Beweis.

(a) (i) Wenna= 0 undb = 0 ist, so ist g= 0 ein größter gemeinsamer Teiler von aund b. Im Folgenden sei dahera6= 0oderb6= 0, so dass auch g6= 0 gilt. Dag∈I ist, gibt esx, y∈R mitg =xa+yb.

Folglich ist

amodg=a−(adivg)g=a−(adivg)(xa+yb) = (1−(adivg)x)a+ (adivg)yb∈I, alsoamodg= 0 nach Wahl vong. Somit ist gein Teiler von a. Analog lässt sich zeigen, dassg ein Teiler vonbist. Ferner ist jeder gemeinsame Teilerdvonaundbnach Proposition (12.9)(a), (c) auch ein Teiler von xa+yb=g. Insgesamt istg daher ein größter gemeinsamer Teiler vonaundb.

(ii) Nach (i) gibt es einen größten gemeinsamen Teiler g0 von a und b mit g0 ∈ I, also derart, dassg0 =x0a+y0bfür gewissex0, y0 ∈R. Da sowohlgals auchg0ein größter gemeinsamer Teiler vona undb ist, sindg undg0 nach Bemerkung (12.21)(a) zueinander assoziiert. Nach Proposition (12.13) gibt es ein u∈R× mit

g=ug0 =u(x0a+y0b) = (ux0)a+ (uy0)b.

Folglich ist auchg∈I.

(b) (i) Wenn a = 0 oder b = 0 ist, so ist l = 0 ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b. Im Folgenden sei daher a 6= 0 und b 6= 0, so dass auch l 6= 0 gilt. Da l ∈ I ist, gibt es x, y ∈ R mitl=xa=yb, d.h.l ist ein gemeinsames Vielfaches vonaundb. Es sei ein beliebiges gemeinsames Vielfaches m von aund b gegeben. Dann gilt a|m undb |m, nach Proposition (12.9)(a), (c) also auch a | m−(mdivl)l = mmodl und b | m−(mdivl)l = mmodl. Folglich ist mmodl ∈ I, also mmodl = 0 nach Wahl von l. Somit ist m ein Vielfaches von l. Insgesamt ist l daher ein kleinstes gemeinsames Vielfaches vonaundb.

(ii) Dalals kleinstes gemeinsames Vielfaches vonaundbinsbesondere ein gemeinsames Vielfaches vona undb ist, gibt esx, y∈R mitl=xa=yb. Folglich ist l∈I.

Nach dem Lemma von Bézout (12.22) gibt es für jedes Paar ganzer Zahlen bzw. von Polynomen über einem Kör-per einen größten gemeinsamen Teiler sowie ein kleinstes gemeinsames Vielfaches, und nach Bemerkung (12.21) sind diese eindeutig bis auf Assoziiertheit. Im Folgenden legen wir eine Notation für einen ausgezeichneten größten gemeinsamen Teiler und ein ausgezeichnetes kleinstes gemeinsames Vielfaches fest.

(12.23) Notation.

(a) (i) Es seiena, b∈Zgegeben. Den nicht-negativen größten gemeinsamen Teiler vonaundbnotieren wir alsgcd(a, b) = gcdZ(a, b).

(ii) Es seien ein KörperKundf, g∈K[X]gegeben. Fallsf = 0undg= 0ist, so setzen wir gcd(f, g) = gcdK[X](f, g) := 0. Fallsf 6= 0oderg 6= 0ist, so notieren wir den normierten größten gemeinsamen Teiler vonf undg alsgcd(f, g) = gcdK[X](f, g).

(b) (i) Es seien a, b ∈Z gegeben. Das nicht-negative kleinste gemeinsame Vielfache von aund b notieren wir als lcm(a, b) = lcmZ(a, b).

(ii) Es seien ein KörperKundf, g∈K[X]gegeben. Fallsf = 0oderg= 0ist, so setzen wirlcm(f, g) = lcmK[X](f, g) := 0. Falls f 6= 0 und g 6= 0 ist, so notieren wir das normierte kleinste gemeinsame Vielfache vonf undgalslcm(f, g) = lcmK[X](f, g).

Wir haben also in den FällenR=ZundR=K[X]für einen KörperK wohldefinierte Abbildungen gcd :R×R→R,

lcm :R×R→R konstruiert.

(12.24) Proposition. Es sei R = Z oder R = K[X] für einen Körper K. Ferner seien a, b, d, p, q ∈ R mit a=pdundb=qdgegeben.

(a) Es istgcd(a, b)assoziiert zugcd(p, q)d.

(b) Es istlcm(a, b)assoziiert zulcm(p, q)d.

Beweis. Dies sei dem Leser zur Übung überlassen.

(12.25) Satz. Es seiR =Z oderR=K[X]für einen Körper K. Ferner seiena, b∈R gegeben. Dann ist ab assoziiert zugcd(a, b) lcm(a, b).

Beweis. Zunächst gelte gcd(a, b) = 1. Nach dem Lemma von Bézout (12.22) gibt es dann x, y ∈ R mit 1 = xa +yb. Da lcm(a, b) ein gemeinsames Vielfaches von a und b ist, gibt es ferner p, q ∈ R mitlcm(a, b) =pa=qb. Es folgt

(xq+yp)ab=xqab+ypab=qbxa+payb= lcm(a, b)xa+ lcm(a, b)yb= lcm(a, b)(xa+yb) = lcm(a, b), alsoab|lcm(a, b). Andererseits ist aber auchab ein gemeinsames Vielfaches vona undb, und da lcm(a, b)ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b ist, folgt lcm(a, b) | ab. Folglich ist ab assoziiert zu lcm(a, b) = gcd(a, b) lcm(a, b).

Nun seigcd(a, b)beliebig. Wenna= 0undb= 0ist, so gilt ab= 0·0 = gcd(a, b) lcm(a, b).

Es sei also im Folgenden a 6= 0 oder b 6= 0, so dass gcd(a, b) 6= 0 ist. Da gcd(a, b) ein gemeinsamer Tei-ler von a und b ist, gibt es p, q ∈ R mit a = pgcd(a, b) und b = qgcd(a, b). Nach Proposition (12.24) gilt gcd(p, q) = 1 und lcm(a, b) = gcd(a, b) lcm(p, q). Nach dem bereits bewiesenen Spezialfall ist pq assozi-iert zu gcd(p, q) lcm(p, q) = lcm(p, q). Folglich ist auch ab = pgcd(a, b)qgcd(a, b) = gcd(a, b)2pq assoziiert zugcd(a, b)2lcm(p, q) = gcd(a, b) lcm(a, b).

Alternativer Beweis von Beispiel (12.20)(b). Es seiT :={d∈Z|d|4undd|6} die Menge der gemeinsamen Teiler von4 und6. Wegen 4 = 2·2 und6 = 3·2 ist2∈T. Da für a∈Zausa|6stets|a| ≤ |6|= 6 folgt, gilt fernerT ⊆[−6,6]. Durch Ausrechnen ergibt sich

T ={−2,−1,1,2}.

Da für alled∈T auchd|2 gilt und2≥0gilt, ist somitgcd(4,6) = 2.

Nach Satz (12.25) folgt lcm(4,6) = 4·6

gcd(4,6) = 4·6 2 = 12.

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 113-117)