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Das Abbildungsmonoid

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 69-72)

Nach der bis hierher erfolgten abstrakten Begriffsbildung können wir nun das folgende Beispiel untersuchen, in welchem sich die soeben eingeführte Struktur eines Monoids erkennen lässt.

Falls nicht anders erwähnt, fassen wir ohne weiteren Kommentar die Menge der Abbildungen auf einer gegebenen Menge als Monoid im folgenden Sinne auf.

(6.22) Bemerkung. Es sei eine Menge X gegeben. Die Menge Map(X, X)wird ein Monoid mit Monoidver-knüpfung(g, f)7→g◦f. Das Einselement vonMap(X, X)istidX. Ein Elementf ∈Map(X, X)ist genau dann invertierbar inMap(X, X), wennf invertierbar im Sinne von Definition (3.17)(b) ist.

Beweis. Fürf, g, h∈Map(X, X)gilth◦(g◦f) = (h◦g)◦f nach Bemerkung (3.12). Fürf ∈Map(X, X)gilt idX ◦f =f ◦idX =f nach Bemerkung (3.16). Insgesamt wird Map(X, X) ein Monoid mit Monoidverknüp-fung(g, f)7→g◦f und EinselementidX.

(6.23) Konvention. Es sei eine Menge X gegeben. Wenn wir in Zukunft vom MonoidMap(X, X) sprechen, so meinen wir damit stetsMap(X, X)mit Monoidverknüpfung(g, f)7→g◦f.

Wir benutzen für die Monoidverknüpfung vonMap(X, X)für eine MengeX oft eine multiplikative Schreibweise:

(6.24) Notation. Es sei eine MengeX gegeben. Fürf, g∈Map(X, X)schreiben wir oft gf :=g◦f.

Invertierbare Elemente

Wir legen eine Sprechweise für die Existenz eines inversen Elements bzgl. der Monoidverknüpfung in einem gegebenen Monoid fest:

(6.25) Definition (Invertierbarkeit).

(a) Es sei ein MonoidM gegeben. Ein Elementxin M heißt invertierbar in M (oder eineEinheit von M), falls es ein inverses Element zuxbzgl.·gibt. Das zu einem invertierbaren ElementxinM bzgl.·inverse Elementywird auch dasInverse(oder dasinverse Element) zuxinMgenannt und alsx−1= (x−1)M :=y notiert.

Die Menge der invertierbaren Elementein M bezeichnen wir mit M×={x∈M |xist invertierbar}.

(b) Es sei ein abelsches Monoid A gegeben. Ein Element xin A heißt negierbar in A, falls es ein inverses Element zu xbzgl.+A gibt. Das zu einem negierbaren Elementxin Abzgl.+A inverse Elementy wird auch dasNegative (oder das negative Element) zuxin Agenannt und als−x= (−x)A:=y notiert.

Die etwas ungewöhnlich aussehende Notation(x−1)M in Definition (6.25)(a) soll lediglich deutlich machen, in welchem Monoid wir das Inverse zu xbilden – nämlich gerade im MonoidM. Wir werden diese Notation nur dann verwenden, wenn wir explizit darauf hinweisen wollen, in welchem Monoid das Inverse gebildet wird.

Bei additiv geschriebenen abelschen Monoiden wird die NotationM× in aller Regel nicht verwendet.

(6.26) Beispiel.

(a) Es istN0×={1}, d.h. das einzige invertierbare Element in N0 (bzgl. der üblichen Multiplikation) ist1.

(b) Das einzige negierbare Element inN0 (bzgl. der üblichen Addition) ist0.

Wir wollen einige einfache Eigenschaften von invertierbaren Elementen herleiten.

(6.27) Proposition. Es sei ein MonoidM gegeben.

(a) Fürx, y∈M× ist auchxy∈M× mit (xy)−1=y−1x−1.

(b) Es ist1∈M× mit 1−1= 1.

(c) Fürx∈M× ist auchx−1∈M× mit (x−1)−1=x.

Beweis. Dies lässt sich analog zu Proposition (3.21) beweisen. Die Details seien dem Leser zur Übung überlassen.

(6.28) Bemerkung. Es seien ein MonoidM unda∈M×, b, x∈M gegeben.

(a) Genau dann giltax=b, wennx=a−1bist.

(b) Genau dann giltxa=b, wennx=ba−1 ist.

Beweis.

(a) Wennax=bgilt, dann auch x= 1x=a−1ax=a−1b.

Umgekehrt, wennx=a−1b ist, dann haben wir nach Proposition (6.27)(c) auch b= (a−1)−1x=ax.

(b) Dies lässt sich analog zu (a) beweisen.

(6.29) Korollar. Es seien ein MonoidM und a∈M×, x, y∈ M gegeben. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent.

(a) Es istax=ay.

(b) Es istxa=ya.

(c) Es istx=y.

Beweis. Wir zeigen die Äquivalenz von Bedingung (a) und Bedingung (c); die Äquivalenz von Bedingung (b) und Bedingung (c) lässt sich analog beweisen.

Wenn Bedingung (a) gilt, d.h. wennax=ay ist, dann ist nach Bemerkung (6.28)(a) auch x=a−1ay= 1y=y,

d.h. es gilt Bedingung (c).

Umgekehrt, wenn Bedingung (c) gilt, d.h. wenn x = y ist, dann ist insbesondere auch ax = ay, d.h. es gilt Bedingung (a).

Folglich sind Bedingung (a) und Bedingung (c) äquivalent.

Insgesamt sind Bedingung (a), Bedingung (b) und Bedingung (c) äquivalent.

(6.30) Korollar. Es sei ein Monoid M und a ∈ M×, x ∈ M gegeben. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent.

(a) Es istax=a.

(b) Es istxa=a.

(c) Es istx= 1.

Beweis. Wegena=a·1 gilt genau dann Bedingung (a), wennax =a·1 ist. Wegena= 1·agilt genau dann Bedingung (b), wennxa= 1·aist. Die Äquivalenz von Bedingung (a), Bedingung (b) und Bedingung (c) folgt somit aus Korollar (6.29).

Gruppen

Im abelschen Monoid der ganzen Zahlen Zzusammen mit der üblichen Addition ist jedes Element negierbar, vgl. Satz (6.1)(c)(iii). Für eine solche Situation benutzen wir einen neuen Begriff, den wir jetzt einführen wollen.

(6.31) Definition ((abelsche) Gruppe).

(a) EineGruppe ist ein MonoidG, in welchem jedes Element vonGinvertierbar ist. Die Monoidverknüpfung einer GruppeGwird auch Gruppenverknüpfungvon Ggenannt.

(b) Eineabelsche Gruppeist ein abelsches MonoidA, in welchem jedes Element vonAnegierbar ist.

Die Axiome einer GruppeGin Standardnotation lesen sich insgesamt wie folgt:

• Assoziativität. Fürx, y, z∈Gistx(yz) = (xy)z.

• Existenz der Eins. Es existiert eine∈Gderart, dass fürx∈Gstets ex=xe=xgilt. Dieseseist nach Bemerkung (6.11) eindeutig bestimmt und wird mit1 bezeichnet. Wir haben also1x=x1 =xfürx∈G.

• Existenz der Inversen. Für jedes x∈ G existiert ein y ∈ G mit yx = xy = 1. Dieses y ist nach Korol-lar (6.16) eindeutig bestimmt und wird mit x−1 bezeichnet. Wir haben alsox−1x=xx−1= 1.

IstGkommutativ, so gilt zusätzlich noch:

• Kommutativität. Fürx, y∈Gistxy=yx.

Die Axiome einer abelschen GruppeAsind die einer kommutativen Gruppe in additiver Notation. Wir betonen noch einmal: Jede kommutative Gruppe lässt sich als abelsche Gruppe auffassen und umgekehrt – strukturell gesehen sind es die gleichen Objekte, wir bringen durch die unterschiedlichen Terminologien lediglich zum Ausdruck, welche Notation wir verwenden. Insbesondere bleiben alle Aussagen über Gruppen auch für abelsche Gruppen gültig, sie müssen nur in der Notation angepasst werden.

Wir fassen einige Eigenschaften aus Satz (6.1)(c), (d) mit Hilfe der neuen Terminologien noch einmal zusammen:

(6.32) Beispiel.

(a) (i) Die MengeZ zusammen mit der üblichen Addition ist eine abelsche Gruppe. Die Null vonZist die übliche Null. Fürx∈Zist das Negative zuxinZdas übliche Negative.

(ii) Die Menge Z zusammen mit der üblichen Multiplikation ist ein kommutatives Monoid, aber keine Gruppe. Die Eins vonZist die übliche Eins.

(b) (i) Die MengeQzusammen mit der üblichen Addition ist eine abelsche Gruppe. Die Null vonQist die übliche Null. Fürx∈Qist das Negative zuxin Qdas übliche Negative.

(ii) Die Menge Qzusammen mit der üblichen Multiplikation ist ein kommutatives Monoid, aber keine Gruppe. Die Eins vonQist die übliche Eins.

(iii) Die MengeQ\ {0}zusammen mit der üblichen Multiplikation ist eine kommutative Gruppe. Die Eins vonQ\ {0}ist die übliche Eins. Für x∈Q\ {0}ist das Inverse zuxinQ\ {0}das übliche Inverse.

(6.33) Konvention. Wenn wir in Zukunft von der abelschen GruppeZsprechen, so meinen wir damit stetsZ mit der üblichen Addition. Wenn wir vom kommutativen MonoidZsprechen, so meinen wir damit stetsZmit der üblichen Multiplikation. Ähnlich fürN,N0,Q,R.

(6.34) Beispiel. Es gibt eine nicht-kommutative Gruppe mit genau sechs Elementen, dessen Multiplikation durch folgende Verknüpfungstafel gegeben ist.

· 1 τ1 τ2 τ3 σ1 σ2 1 1 τ1 τ2 τ3 σ1 σ2

τ1 τ1 1 σ2 σ1 τ3 τ2

τ2 τ2 σ1 1 σ2 τ1 τ3

τ3 τ3 σ2 σ1 1 τ2 τ1

σ1 σ1 τ2 τ3 τ1 σ2 1 σ2 σ2 τ3 τ1 τ2 1 σ1

Wie von den ganzen Zahlen bekannt, liefert die Existenz von negativen Elementen in einer abelschen Gruppe eine neue Verknüpfung:

(6.35) Definition(Subtraktion). Es sei eine abelsche GruppeAgegeben. Die Verknüpfung(x, y)7→x+ (−y) aufA wirdSubtraktion vonAgenannt und als−notiert.

Wir betonen, dass die Addition einer abelschen Gruppe A ein Teil der Daten von A ist (d.h. A besteht aus der unterliegenden Menge, die unter Missbrauch der Notation ebenfalls mit A bezeichnet wird, und der Ad-dition). Hingegen wird die Subtraktion mit Hilfe der Addition und den negativen Elementen definiert und ist insbesondere somit durch die Daten (unterliegende Menge und Addition) eindeutig festgelegt.

Da Gruppen (multiplikativ geschrieben) nicht kommutativ sein müssen, können wir die analoge Verknüp-fung (x, y) 7→ x: y, wie etwa aus dem Beispiel Q\ {0} bekannt, nicht bilden: für Gruppenelemente xund y muss im Allgemeinen nicht xy−1 =y−1xgelten. Genauer gesagt erhalten wir zwei Verknüpfungen, welche im Allgemeinen nicht übereinstimmen und für welche sich keine neue Notation eingebürgert hat.

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