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Endlichkeit und Kardinalität

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 50-56)

Zum Schluss dieses Abschnitts betrachten wir noch das Konzept der Kardinalität einer endlichen Menge.

(3.39) Definition (Gleichmächtigkeit). Es seien Mengen X undY gegeben. Wir sagen, dassX gleichmächtig zuY ist, falls es eine Bijektion vonX nachY gibt.

(3.40) Beispiel.

(a) Die Menge{1,2,3} ist gleichmächtig zur Menge{4,5,6}.

(b) Die MengeNist gleichmächtig zuZ. Beweisskizze.

(a) Die Abbildung{1,2,3} → {4,5,6},x7→x+ 3 ist eine Bijektion.

(b) Die Abbildungf:N→Zgegeben durch f(x) =

(x

2, fürx∈Ngerade,

1−x

2 , fürx∈Nungerade, ist eine Bijektion.

(3.41) Definition ((un)endliche Menge). Es sei eine Menge X gegeben.

(a) Wir sagen, dass X endlich ist, falls es ein n ∈ N0 derart gibt, dass X gleichmächtig zu [1, n] ist, und ansonsten, dassX unendlich ist.

(b) Es seien einn∈N0 und eine Menge X gegeben. Eine Bijektion von[1, n] nachX wirdAbzählung vonX genannt.

(3.42) Beispiel.

(a) Die Menge{1,3,17}ist endlich.

(b) Die MengenNund{x∈N|xgerade}sind unendlich.

(c) Die leere Menge ist endlich.

(d) Die Menge{x∈R|x3+ 2x= 3x2}ist endlich.

Es lässt sich zeigen, dass es für jede endliche Menge X genau ein n ∈ N0 derart gibt, dass X gleichmächtig zu[1, n]ist.

(3.43) Definition (Kardinalität). Es seien eine endliche MengeX undn∈N0 derart gegeben, dassX gleich-mächtig zu[1, n]ist. Wir nennen

|X|:=n

dieKardinalität (oder Mächtigkeit) vonX. Wir sagen auch, dassX einen-elementige Menge ist.

(3.44) Beispiel.

(a) Es ist|{1,3,17}|= 3.

(b) Es ist|{1,1,1}|= 1.

(c) Es ist|{{1}}|= 1.

(d) Es ist|{1,{1}}|= 2.

4 Relationen

Als nächstes widmen wir uns Relationen auf einer gegebenen Menge; ein Konzept, welches Beziehungen zwi-schen den Elementen dieser Menge formalisiert. Hierbei beschränken wir uns auf binäre Relationen, d.h. die betrachteten Beziehungen bestehen zwischen Paaren von Elementen der Menge.

Nach der Definition einer Relation studieren wir Eigenschaften von allgemeinen (binären) Relationen sowie Abschlüsse unter einiger dieser Eigenschaften. Zum Schluss geben wir mit der Indikatormatrix eine Methode an, wie sich Relationen auf einer endlichen Menge mit Hilfe einer Matrix darstellen lassen.

Begriffsbildung

Wir beginnen mit der Definition einer Relation.

(4.1) Definition(Relation).

(a) Eine Relation (genauer binäre Relation) besteht aus einer Menge X zusammen mit einer Teilmenge r von X ×X. Unter Missbrauch der Notation bezeichnen wir sowohl die besagte Relation als auch die Teilmenge von X×X mitr. Die Menge X wirdGrundmenge von rgenannt.

Es seien eine Relationrmit GrundmengeX undx, y∈X gegeben. Falls(x, y)∈rist, so sagen wir, dassx bzgl.rin Relation zuy steht und schreibenx r y.

(b) Es sei eine MengeX gegeben. DieMenge der Relationen aufX ist definiert als Rel(X) :={r|rist eine Relation mit GrundmengeX}.

Ein Element vonRel(X)wirdRelation aufX genannt.

Etwas allgemeiner lässt sich für Mengen X undY eine Relation zwischen X undY als Gesamtheit ausX, Y und einer Teilmenge von X ×Y definieren. Wir werden dieses Konzept in dieser Veranstaltung nicht weiter verfolgen.

(4.2) Beispiel.

(a) Es ist<eine Relation aufN. Die zur Relation<gehörige Teilmenge vonN×Nist gegeben durch

<={(m, n)∈N×N|es gibt einp∈Nmitn=p+m}.

(b) Es sei eine Menge X gegeben. Dann ist ⊆eine Relation auf Pot(X). (33) Die zur Relation ⊆ gehörige Teilmenge von Pot(X)×Pot(X)ist gegeben durch

⊆={(U, V)∈Pot(X)×Pot(X)|fürx∈U giltx∈V}.

(c) Es sei eine MengeX gegeben. Dann ist=eine Relation aufX. Wir nennen=dieGleichheitsrelation(oder Gleichheit) aufX. Die zur Relation=gehörige Teilmenge vonX×X ist gegeben durch

= ={(x, x)|x∈X}.

(d) Es sei eine Menge X gegeben. Dann wird X ×X = {(x, y) | x, y ∈ X} zu einer Relation auf X, die Allrelation aufX×X.

1 2 3

Abbildung 3: Relation auf {1,2,3}

(e) Es wird{(1,1),(2,1),(2,2),(3,1),(3,2),(3,3)} zu einer Relation auf{1,2,3}.

Wie in Beispiel (4.2)(a), (b), (c) schon angedeutet, ist es üblich, Relationen durch Angabe der Eigenschaft, welche für die in Relation stehenden Elemente erfüllt ist, zu definieren. Dies ist äquivalent zur Angabe der Teilmenge des kartesischen Produkts und meistens etwas leserlicher.

Wir geben noch einige Modellierungen von Beziehungen aus dem täglichen Leben durch Relationen an:

(4.3) Anwendungsbeispiel.

(a) Die Einwohner von Aachen seien als Elemente einer Menge A modelliert. Für a, b ∈ A gelte genau danna n b, wenn der durchamodellierte Einwohner ein Nachkomme des durchbmodellierten Einwohners ist. Dann ist neine Relation aufA.

(b) Die Studierenden des Moduls Diskrete Strukturen seien als Elemente einer Menge D modelliert.

Für s, t ∈ D gelte genau dann s e t, wenn der oder die durch s modellierte Studierende die gleichen Eltern wie der oder die durch t modellierte Studierende hat. Für s, t∈D gelte genau danns g t, wenn der oder die durchsmodellierte Studierende den gleichen Geburtstag wie der oder die durchtmodellierte Studierende hat. Dann sindeundg Relationen aufD.

(c) Die Stichwörter in einem Lexikon seien als Elemente einer MengeLmodelliert. Für v, w∈Lgelte genau dann v a w, wenn das durch v modellierte Stichwort den gleichen Anfangsbuchstaben wie das durch w modellierte Stichwort hat. Fürv, w∈L gelte genau dannv o w, wenn das durchv modellierte Stichwort einen Anfangsbuchstaben hat, welcher im Alphabet vorm Anfangsbuchstaben des durch w modellierten Stichworts vorkommt. Dann sindaundoRelationen auf L.

(d) Farbige Glasperlen in einer Dose seien als Elemente einer Menge P modelliert. Für p, q∈P gelte genau dannp f q, wenn die durchpmodellierte Glasperle die gleiche Farbe wie die durchqmodellierte Glasperle hat. Dann istf eine Relation aufP.

Eigenschaften

Wir betrachten einige potentielle Eigenschaften von Relationen.

(4.4) Definition (Transitivität, Reflexivität, Symmetrie, Antisymmetrie, Vollständigkeit). Es seien eine Men-geX und eine Relationrauf X gegeben.

(a) Wir sagen, dassrtransitiv ist, falls fürx, y, z∈X ausx r y undy r z stetsx r zfolgt.

(b) Wir sagen, dassrreflexiv (aufX) ist, falls fürx∈X stetsx r xgilt.

(c) Wir sagen, dassrsymmetrisch ist, falls fürx, y∈X ausx r y stetsy r xfolgt.

(d) Wir sagen, dassrantisymmetrisch ist, falls fürx, y∈X ausx r yundy r xstetsx=yfolgt.

(e) Wir sagen, dassrvollständig (aufX) ist, falls fürx, y∈X stetsx r y odery r xgilt.

(4.5) Beispiel. Die Relation<aufNist transitiv und antisymmetrisch, aber nicht reflexiv, nicht symmetrisch und nicht vollständig.

33Wir nennendieTeilmengenrelation (oderInklusionsrelationoderInklusion) aufPot(X).

Beweis. Es seienm, n, p∈Nmitm < nundn < pgegeben. Dann gibt esq, r∈Nmitn=q+mundp=r+n.

Es folgtp=r+n=r+q+m, alsom < p. Folglich ist<transitiv.

Es gibt keinem, n∈Nmitm < nundn < m. Folglich ist<antisymmetrisch.

Es gibt keinem, p∈Nmitm=p+m. Somit gibt es keinm∈Nmit m < m. Insbesondere ist<nicht reflexiv und nicht vollständig.

Es seienm, n∈Nmitm < ngegeben. Dann gibt es einp∈Nmitn=p+m. Gäbe es einq∈Nmitm=q+n, so wärem=q+n=q+p+mund damitq+p= 0. Da mitp, q∈Ndann aber auch0 =q+p∈Nsein müsste, ist dies ein Widerspruch. Folglich giltn < mnicht. Insbesondere ist <nicht symmetrisch.

Vorsicht sind bei den Begriffen der Reflexivität und der Vollständigkeit geboten, da diese von der unterliegende Menge abhängig sind.

(4.6) Beispiel.

(a) Es seirdie Relation auf {1}gegeben durchr={(1,1)}. Dann istr reflexiv.

(b) Es seirdie Relation auf {1,2}gegeben durchr={(1,1)}. Dann ist rnicht reflexiv.

Beweis.

(a) Wegen1r1 giltx r xfür allex∈ {1}. Folglich ist rreflexiv.

(b) Da2r2 nicht gilt, gibt es einx∈ {1,2}so, dassx r xnicht gilt. Folglich istrnicht reflexiv.

(4.7) Bemerkung. Es seien eine MengeX, eine nicht leere Menge Iund eine Familie (ri)i∈I von Relationen aufX gegeben. Fürx, y∈X gelte genau dannx r y, wenn füri∈Istetsx riy gilt.

(a) Wennri für jedesi∈Itransitiv ist, dann ist rauch transitiv.

(b) Wennri für jedesi∈Ireflexiv ist, dann istrauch reflexiv.

(c) Wennri für jedesi∈Isymmetrisch ist, dann istrauch symmetrisch.

(d) Wenn es eini∈Iderart gibt, dass ri antisymmetrisch ist, dann istr auch antisymmetrisch.

Beweis. Dies sei dem Leser zur Übung überlassen.

(4.8) Beispiel. Es seienr0 undr00 die Relationen auf{1,2}gegeben durch r0={(1,1),(2,2),(1,2)},

r00={(1,1),(2,2),(2,1)}.

Fürx, y∈ {1,2}gelte genau dannx r y, wennx r0 yundx r00ygilt. Dann sindr0 undr00vollständig auf{1,2}, aberrist nicht vollständig auf{1,2}.

Beweis. Wegen1r01,2r02und1r02 istr0 vollständig.

Wegen1r001,2r002und2r001istr00 vollständig.

Da 1 r00 2 nicht gilt, gilt auch 1 r 2 nicht. Da 2 r0 1 nicht gilt, gilt auch 2 r 1 nicht. Folglich ist r nicht vollständig.

Abschlüsse

Der Abschluss einer gegebenen Relation unter einer Eigenschaft ist die kleinste Relation, welche zum einen die gegebene Relation als Teilmenge enthält und zum anderen die gegebene Eigenschaft erfüllt:

(4.9) Definition (transitiver Abschluss, reflexiver Abschluss, transitiv-reflexiver Abschluss, symmetrischer Abschluss). Es seien eine MengeX und eine Relationr aufX gegeben.

(a) Eintransitiver Abschluss (oder eine transitive Hülle) vonrist eine transitive RelationsaufX mit r⊆s und so, dass für jede transitive Relation taufX mitr⊆t stetss⊆tfolgt.

(b) Einreflexiver Abschluss(oder einereflexive Hülle) vonrist eine reflexive RelationsaufX mitr⊆sund so, dass für jede reflexive Relation taufX mitr⊆t stetss⊆tfolgt.

1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3

Abbildung 4: Abschlüsse

(c) Ein transitiv-reflexiver Abschluss (oder eine transitiv-reflexive Hülle) von r ist eine transitive, reflexive RelationsaufX mitr⊆sund so, dass für jede transitive, reflexive RelationtaufXmitr⊆tstetss⊆t folgt.

(d) Einsymmetrischer Abschluss(oder einesymmetrische Hülle) vonrist eine symmetrische RelationsaufX mit r⊆sund so, dass für jede symmetrische RelationtaufX mitr⊆t stetss⊆tfolgt.

(4.10) Beispiel. Es seirdie Relation auf {1,2,3}gegeben durchr={(1,2),(2,3)}.

(a) Die Relationsauf{1,2,3}gegeben durch s={(1,2),(1,3),(2,3)}

ist ein transitiver Abschluss vonr.

(b) Die Relationsauf{1,2,3}gegeben durch s={(1,1),(1,2),(2,2),(2,3),(3,3)}.

ist ein reflexiver Abschluss vonr.

(c) Die Relationsauf{1,2,3}gegeben durch s={(1,1),(1,2),(1,3),(2,2),(2,3),(3,3)}.

ist ein transitiv-reflexiver Abschluss vonr.

(d) Die Relationsauf{1,2,3}gegeben durch s={(1,2),(2,1),(2,3),(3,2)}.

ist ein symmetrischer Abschluss von r.

Beweis.

(a) Um zu zeigen, dasss transitiv ist, seien x, y, z∈ {1,2,3} mit x s y undy s z gegeben. Nach Definition von s gilt dann notwendigerweise(x, y) = (1,2) und (y, z) = (2,3), alsox= 1, y = 2, z = 3. Dann gilt aber auchx= 1s3 =z. Folglich iststransitiv.

Fürx, y∈ {1,2,3} mitx r y gilt entweder(x, y) = (1,2) und damitx s y, oder es gilt (x, y) = (2,3)und damit x s y. Folglich giltr⊆s.

Schließlich sei eine beliebige transitive Relation t auf {1,2,3} mit r ⊆t gegeben. Wegen 1r 2 gilt1 t2 und wegen 2 r3 gilt 2t 3. Aus 1 t 2 und2 t 3 folgt 1 t3 auf Grund der Transitivität von t. Insgesamt gilt1t2,1t3und2t3, d.h. für allex, y∈ {1,2,3} mitx s y giltx t y. Folglich gilts⊆t.

Insgesamt istsein transitiver Abschluss vonrauf{1,2,3}.

(b) Dies sei dem Leser zur Übung überlassen.

(c) Dies sei dem Leser zur Übung überlassen.

(d) Dies sei dem Leser zur Übung überlassen.

(4.11) Proposition. Es seien eine MengeX und eine Relationrauf X gegeben.

(a) Es gibt genau einen transitiven Abschluss vonr. Der transitive Abschluss svon r ist wie folgt gegeben:

Fürx, y∈X gilt genau dannx s y, wenn es einn∈Nundx0, . . . , xn∈X mitxir xi+1 füri∈[0, n−1]

undx0=x,xn=y gibt.

x=x0r x1r . . . r xn=y

(b) Es gibt genau einen reflexiven Abschluss von r. Der reflexive Abschluss s von r ist wie folgt gegeben:

Fürx, y∈X gilt genau dannx s y, wennx r yoderx=ygilt.

(c) Es gibt genau einen transitiv-reflexiven Abschluss vonr. Der transitiv-reflexive Abschlusssvonr ist wie folgt gegeben: Fürx, y∈X gilt genau dannx s y, wenn es einn∈N0 undx0, . . . , xn ∈X mit xi r xi+1

füri∈[0, n−1]undx0=x,xn=y gibt.

x=x0r x1r . . . r xn=y

(d) Es gibt genau einen symmetrischen Abschluss von r. Der symmetrische Abschluss s von r ist wie folgt gegeben: Fürx, y∈X gilt genau dannx s y, wennx r yodery r xgilt.

Beweis. Dies sei dem Leser zur Übung überlassen.

Indikatormatrix

Es sein∈N0 gegeben. Eine Relationrauf[1, n]ist eine Teilmenge von[1, n]×[1, n]. Die Indikatormatrix, vgl.

Definition (3.35), liefert eine Verbildlichung einer solchen Relation.

Durch Wahl einer Abzählung, vgl. Definition (3.41)(b), lässt sich das Konzept auf Relationen auf beliebigen endlichen Mengen verallgemeinern:

(4.12) Definition (Indikatormatrix). Es seien n ∈ N0, eine Menge X, eine Abzählung e von X und eine RelationraufX gegeben. Die(n×n)-Matrixχr,e in{0,1} gegeben durch

χr,e= ((χr)e(i),e(j))i,j∈[1,n]

wirdIndikatormatrix von rbzgl.egenannt.

(4.13) Beispiel.

(a) Es sei eine Relationrauf{1,2,3} gegeben durch r={(1,1),(2,2),(3,3),(2,1),(3,1),(3,2)}.

Die Indikatormatrix vonrist gegeben durch χr=

1 0 0 1 1 0 1 1 1

.

(b) Es sei eine Relationrauf{−1,0,1}gegeben durch r={(−1,−1),(1,1),(−1,1),(1,−1)}.

Die Indikatormatrix von r bzgl. der Abzählunge: [1,3]→ {−1,0,1},17→ −1,2 7→0,37→1 ist gegeben durch

χr,e =

1 0 1 0 0 0 1 0 1

.

Etwas informeller lässt sich die Indikatormatrix in Beispiel (4.13)(b) durch Beschriftung mit den abgezählten Elementen in einerIndikatortafel darstellen:

r −1 0 1

−1 1 0 1

0 0 0 0

1 1 0 1

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 50-56)