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Anwendung: Datenbanken

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 34-41)

Als Anwendung der Konzepte einer Familie und eines kartesischen Produkts präsentieren wir ein mathematisches Modell für Datenbanken. (26)

(2.50) Definition (Datenbank). Es seien eine MengeAund eine Familie(Xa)a∈A von Mengen gegeben. Eine Datenbank mit Werten in(Xa)a∈Aist eine Teilmenge von

×

a∈AXa.

Es sei eine DatenbankD mit Werten in (Xa)a∈A gegeben. Die Menge Awird Attributmenge vonD genannt.

Ein Element von A wird Attribut von D genannt. Für a ∈ A wird Xa die Domäne (oder der Wertebereich) vonD zum Attributagenannt. Ein Element vonD wirdDatensatz vonD genannt. Füra∈A,x∈Dwirdxa

derAttributwert vonxzum Attribut agenannt.

26Datenbanken werden an der RWTH Aachen im Rahmen des KursesDatenbanken und Informationssysteme(etwa 4. Semester im Studiengang B.Sc. Informatik) studiert.

(2.51) Anwendungsbeispiel. Die Datenbank einer Vorlesung Diskrete Strukturen lässt sich als (formale) Datenbank mit der Attributmenge

A={Matrikelnummer,Nachname,Vorname,Studiengang,Semester,E-Mail,Passwort}

und den Domänen

XMatrikelnummer= [1,999999], XNachname=Strings,

XVorname=Strings,

XStudiengang={Informatik (B.Sc.),Informatik (LAB-GyGe),

Informatik (M.Sc. Auflagenfach),Technik-Kommunikation (B.Sc.), Computational Engineering Science (M.Sc.),Verfahrenstechnik (M.Sc.), Schülerstudium,Sonstiges},

XSemester= [1,99], XE-Mail=Strings, XPasswort=Strings.

auffassen, wobei Strings ein Modell für die „Menge der Strings“ darstelle (27). Ein typischer Datensatz ist dann etwa gegeben durch

xMatrikelnummer= 123456, xNachname=Mustermann,

xVorname=Max,

xStudiengang=Informatik (B.Sc.), xSemester= 1,

xE-Mail=max.mustermann@rwth-aachen.de, xPasswort=qV8atM/dMY22g.

Matrizen

Das binäre kartesische Produkt liefert eine neue Sorte von Familien, welche unter einem eigenen Namen bekannt sind:

(2.52) Definition (Matrix). Es seienm, n∈N0 gegeben.

(a) Eine (m×n)-Matrix (oder (m, n)-Matrix) ist eine Familiex über [1, m]×[1, n]. Das Paar (m, n) wird Format vonxgenannt.

Für eine(m×n)-Matrixxschreiben wir auch

x1,1 . . . x1,n ... ... xm,1 . . . xm,n

:= (xi,j)i∈[1,m],j∈[1,n]:=x.

(b) Es sei eine MengeX gegeben. DieMenge der(m×n)-Matrizen inX ist definiert als Xm×n :=X[1,m]×[1,n].

Ein Element vonXm×n wird(m×n)-Matrix inX (oder(m×n)-Matrix überX) genannt.

27Für eine mögliche Formalisierung siehe Definition (10.2).

(2.53) Beispiel.

(a) Es sei eine(3×2)-Matrixxgegeben durch x= (ij−j)i∈[1,3],j∈[1,2].

(c) Es seien

(2.56) Anwendungsbeispiel. Eine Situation in einem Schachspiel lässt sich als(8×8)-Matrix auffassen. Die Anfangssituation wird etwa durch die(8×8)-Matrix

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SB SB SB SB SB SB SB SB

Matrizen werden unter anderem zur knappen Beschreibung linearer Gleichungssysteme genutzt, siehe Ab-schnitt 16. Allgemeiner dienen Matrizen und die in AbAb-schnitt 15 einzuführende Arithmetik der Beschreibung von Homomorphismen zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen [18, Abschn. 3]. (29)

Bei Matrizen, welche nur aus genau einer Zeile oder genau einer Spalte bestehen, lassen wir unter Missbrauch von Notationen den jeweils zweiten Index für die Einträge weg:

(2.57) Notation. Es sein∈N0 gegeben.

(2.58) Definition (Zeile, Spalte). Es seienm, n∈N0und eine(m×n)-Matrixxgegeben.

(a) Füri∈[1, m]heißt die (1×n)-Matrixxi,− gegeben durch xi,−= (xi,j)j∈[1,n]

diei-te Zeile vonx.

28Die bildliche Darstellung hier ist anders als bei einem klassischen Schachbrett, da in einer Matrix die Zeilen „von oben nach unten“ nummeriert sind, während die Nummerierung auf einem Schachbrett „von unten nach oben“ erfolgt. Die weiße Dame steht zu Beginn auf der Position d1, also in der Spalte mit der Beschriftung d und der Zeile mit der Beschriftung1. Unter der kanonischen Abzählung[1,8]→ {a, . . . ,h},17→a, . . . ,87→h, siehe Definition (3.41)(b), entspricht dies der Stelle(1,4).

29Vektorräume und ihre Homomorphismen werden in Vorlesungen überlineare Algebrabehandelt; an der RWTH Aachen bspw.

im KursLineare Algebra für Informatiker (etwa 2. Semester im Studiengang B.Sc. Informatik).

(b) Fürj∈[1, n]heißt die(m×1)-Matrixx−,j gegeben durch

Schließlich legen wir noch eine einfache Notation für „aneinandergehängte“ Matrizen fest:

(2.60) Notation. Es seienm, n, p, q∈N0und eine(m×n)-Matrixa, eine(m×q)-Matrixb, eine(p×n)-Matrixc und eine(p×q)-Matrixdgegeben. Die((m+p)×(n+q))-Matrixxgegeben durch

In diesem Abschnitt führen wir Abbildungen zwischen Mengen ein. Während Mengen von der Vorstellung her starre Gebilde sind, stellen wir uns unter einer Abbildung eine „Vorschrift“ vor, welche die Elemente einer Menge eindeutig auf gewisse Elemente einer anderen Menge „abbildet“.

Der Abschnitt beginnt mit der Definition einer Abbildung, zugehörigen Notationen und Beispielen sowie dem Zusammenhang zwischen Abbildungen und Familien. Danach werden zunächst die algebraischen Konzepte von Komposition und Invertierbarkeit und danach die mengentheoretisch, qualitativ beschreibenden Konzepte der Injektivität und Surjektivität sowie des Bildes und Urbildes von Teilmengen behandelt. Das wichtigste Resultat ist Satz (3.29), welcher einen Zusammenhang zwischen den Konzepten liefert. Im Anschluss werden Abbildungs-konzepte im Zusammenhang mit Teilmengen wie Restriktion und Indikatorabbildungen eingeführt. Zum Schluss des Abschnitts werden schließlich die Endlichkeit und die Kardinalität von Mengen studiert.

Begriffsbildung

In der Mathematik ist es allgemein üblich, neue Begriffe auf bereits bekannte Begriffe zurückzuführen. Auch wenn wir uns unter einer Abbildung etwas anderes vorstellen werden als unter einer Menge, werden wir nun zunächst den Abbildungsbegriff mit Hilfe des Mengenbegriffs definieren. Oder anders ausgedrückt: wir wollen unsere intuitive Vorstellung von einer Abbildung mit Hilfe von Mengen „modellieren“. Dies hätten wir bereits beim Konzept einer Familie, siehe (2.16), machen können; allerdings ist hierbei die Formalisierung auf den ersten Blick weniger einsichtig.

Aus der Schule sind uns Funktionen vonRnachRvertraut. Diese veranschaulichen wir anhand eines „Graphen“, welchen wir als Teilmenge der EbeneR×Rauffassen können. Für eine allgemeine Abbildung ersetzen wir nunR durch beliebige Mengen und nehmen die beschreibende Teilmenge als Bestandteil der Definition:

(3.1) Definition(Abbildung).

(a) EineAbbildung(oderFunktion) besteht aus MengenXundY zusammen mit einer TeilmengefvonX×Y so, dass es für jedesx∈X genau einy∈Y mit(x, y)∈f gibt. Unter Missbrauch der Notation bezeichnen wir sowohl die besagte Abbildung als auch die Teilmenge vonX×Y mitf. Die MengeX wirdStartmenge (oderDefinitionsbereich) vonf genannt. Ein Element vonX wirdArgument vonf genannt. Die MengeY wirdZielmenge (oderWertebereich) vonf genannt. Ein Element vonY wirdZielwert (oderZielelement) von f genannt.

Für eine Abbildungfmit StartmengeXund ZielmengeY schreiben wirSourcef :=XundTargetf :=Y. Für x ∈ X heißt das Element y ∈ Y mit (x, y) ∈ f das Bild (oder Bildelement) von x unter f, wir schreibenf(x) :=y. Füry∈Y,x∈X mity=f(x)wirdxeinUrbild (oderUrbildelement) vonyunterf genannt.

(b) Es seien MengenX undY gegeben. Die Menge der Abbildungen vonX nachY ist definiert als Map(X, Y) :={f |f ist eine Abbildung mitSourcef =X undTargetf =Y}.

Ein Element von Map(X, Y) wird Abbildung von X nach Y genannt; wir schreiben f: X → Y so-wief:X→Y, x7→f(x)fürf ∈Map(X, Y).

Wir betonen, dass in der vorangegangenen Definitionf 6=f(x)ist. Währendf eine Abbildung angibt, bezeich-netf(x)fürx∈X das Bildelement vonxunterf, also ein Element vonY.

(3.2) Beispiel.

(a) Es ist{1,2,3} → {4,5,6},17→4,27→5, 37→4 eine Abbildung.

(b) Es istZ→Q,x7→2x2 eine Abbildung.

(c) Es gibt keine Abbildungf: N→Nmit f(x) =√

xfür allex∈N. (d) Es gibt keine Abbildungf: {−2,3,√

61} →Qmitf(3) =−5undf(3) = 27.

(e) Die Teilmenge{(x,1x)|x∈R\ {0}}vonR×Rliefert keine Abbildung vonRnachR. (f) Es istf:R→Rgegeben durch

f(x) = (1

x, fürx∈R\ {0}, 0, fürx= 0 eine Abbildung.

Beweis.

(c) Es ist etwa√ 2∈/N. (d) Es ist−56=27 inQ.

In den Fällen von Beispiel (3.2)(c), (d) sagen wir auch, dass solche Abbildungen nichtwohldefiniert wären.

(3.3) Beispiel. Es ist

Map({1,2},{3,4,5}) ={(17→3,27→3),(17→3,27→4),(17→3,27→5),(17→4,27→3),(17→4,27→4), (17→4,27→5),(17→5,27→3),(17→5,27→4),(17→5,27→5)},

wobei wir etwa(17→3,27→3)als Kurzschreibweise für die Abbildung{1,2} → {3,4,5},17→3,27→3verwendet haben. (30)

Wir betrachten noch einige Modellierungen von alltäglichen Zuordnungen:

30Start- und Zielmenge der jeweiligen Abbildungen sind bereits durch die BezeichnungMap({1,2},{3,4,5})festgelegt. Würden wir eine Menge betrachten, deren Elemente Abbildungen mit verschieden Start- und/oder Zielmengen sind, so müssten wir die jeweiligen Start- und Zielmengen der Elemente natürlich angeben.

(3.4) Anwendungsbeispiel.

(a) Der Briefpostversand der Aachener Post (an einem festgelegten Tag) lässt sich als Abbildung auffassen, bei der die Elemente der Startmenge die abgegebenen Briefe und die Elemente der Zielmenge die Postadressen modellieren.

(b) Eine Nachrichtenverschlüsselung lässt sich als Abbildung auffassen, bei der die Elemente der Startmenge die Klartexte und die Elemente der Zielmenge die Geheimtexte modellieren. Eine Nachrichtenentschlüs-selung lässt sich als Abbildung auffassen, bei der die Elemente der Startmenge die Geheimtexte und die Elemente der Zielmenge die Klartexte modellieren.

(c) Ein Ticketverkauf zu einer Filmvorstellung lässt sich als Abbildung auffassen, bei der die Elemente der Startmenge die Sitzplätze und die Elemente der Zielmenge die Menschen modellieren.

(3.5) Anwendungsbeispiel. Es sein∈ N0 gegeben. Eine potentielle Wahrheitstafel für die Aussagenvaria-blenA1, . . . , An lässt sich als Abbildung von{0,1}n nach {0,1}(31) modellieren.

(3.6) Bemerkung(Gleichheitskriterium für Abbildungen). Es seien Abbildungenf:X →Y undf0:X0 →Y0 gegeben. Genau dann giltf =f0, wennX =X0,Y =Y0 undf(x) =f0(x)inY für allex∈X ist.

Beweis. Als Teilmenge von X ×Y ist f = {(x, f(x)) | x∈ X} :={z | es gibt einx∈X mit z= (x, f(x))}, und als Teilmenge vonX0×Y0 istf0 ={(x0, f0(x0))|x0 ∈X0}. Nun gilt f =f0 als Abbildungen genau dann, wenn X = X0, Y = Y0 und f = f0 als Teilmenge von X ×Y = X0×Y0 ist. Letzteres ist aber äquivalent zu {(x, f(x))| x∈X} ={(x0, f0(x0))| x0 ∈X0} ={(x, f0(x))| x∈X}. Schließlich sind diese Mengen genau dann gleich, wenn fürx∈X stetsf(x) =f0(x)gilt.

(3.7) Beispiel.

(a) Es seienf:{1,2,3} →N, x7→x+ 2 undf0:{1,2,3} →N,17→3, 27→4,37→5. Dann istf =f0. (b) Es sei eine Abbildungf:R→Rgegeben durch

f(x) = ( 1

x+1, fürx∈R\ {−1}, 0, fürx=−1.

Ferner sei eine Abbildungf0:R→Rgegeben durch f0(x) =

( 1

x+1, fürx∈R\ {−1},

−1, fürx=−1.

Dann ist f 6=f0.

(c) Es seienf:N0→N0,x7→x2 undf0:Z→N0,x7→x2. Dann istf 6=f0. (d) Es seienf:N0→N,x7→x+ 1undf0:N0→Z,x7→x+ 1. Dann ist f 6=f0. Beweis.

(a) Es istSourcef ={1,2,3}= Sourcef0 undTargetf =N= Targetf0. Wegen f(1) = 1 + 2 = 3 =f0(1),

f(2) = 2 + 2 = 4 =f0(2), f(3) = 3 + 2 = 5 =f0(3)

ist daher f =f0 nach dem Gleichheitskriterium für Abbildungen (3.6).

(b) Wegen

f(−1) = 06=−1 =f(−1)

istf 6=f0 nach dem Gleichheitskriterium für Abbildungen (3.6).

31Eine solche Abbildung wird auchBoolesche Funktion genannt.

(c) Wegen

Sourcef =N06=Z= Sourcef0

istf 6=f0 nach dem Gleichheitskriterium für Abbildungen (3.6).

(d) Wegen

Targetf =N6=Z= Targetf0

istf 6=f0 nach dem Gleichheitskriterium für Abbildungen (3.6).

Im Dokument Diskrete Strukturen Manuskript (Seite 34-41)