• Keine Ergebnisse gefunden

4.3 Validation

4.3.2 Anwendung der Validation

Um Validation sinnvoll einsetzen zu können, müssen drei Schritte eingehalten werden: Das Sammeln von Informationen, die Bestimmung der Phase der Aufar-beitung und die daraus resultierende regelmäßige Anwendung von Validati-onstechniken. Unerfüllte menschliche Bedürfnisse, unvollendete Lebensaufgaben sowie unterdrückte Emotionen sollen eruiert werden. Beruf, Hobbys, Bedeutung von Religion und Verhalten in Krisensituationen sind Bestandteil der Anamnese.

Dazu werden mündliche Berichte, Beobachtungen und Befragungen der Person und Angehörigen durchgeführt. Die medizinische Anamnese durch Befragung und Aktenstudium ist fixer Bestandteil der Informationssammlung. Biografisches Wissen ist für den Beziehungsaufbau vorteilhaft. Dadurch wird das Vertrauen gestärkt, dies gibt Sicherheit. Durch diese erlangte Sicherheit wird die Interaktion erleichtert. Es wird nach dem „Hier und Jetzt“ und dem „Damals und Dort“ vor-sichtig gefragt. (vgl. ebd., S. 80-86).

Nicht die Dauer des Gespräches, sondern die Qualität des Gespräches ist aus-schlaggebend. So wird ein validierendes Gespräch beendet, wenn je nach Stadium Zeichen einer Entspannung zu bemerken sind. Dies können im Stadium I ein ent-spanntes Gesicht, eine weniger schroffe Stimme, ein Lächeln sein. Im Stadium II ist entweder ein entspanntes Gangbild, eine intime Geste der Zuwendung oder eine verbesserte Kommunikation zu bemerken. Die Abnahme der sich wiederho-lenden Bewegungen, eine echte Kontaktherstellung, störendes Verhalten sich in Musik oder andere Ausdrucksformen wandelnd, ist ein sichtbares Zeichen im Sta-dium III. Im StaSta-dium IV soll die Kontaktaufnahme, unabhängig von der Reaktion, nach drei Minuten abgebrochen werden (vgl. ebd., S. 86).

In allen Fällen müssen die Validationsanwender:

• zentriert sein

• die körperlichen Charakteristika beobachten (Augen, Muskeln, Kinn, Stimme, Bewegungen etc.)

• mit Energie zuhören

• nicht den „Wahrheitsgehalt“ von Fakten anzweifeln

• nicht urteilen

86

• sich der physischen und psychischen Privatsphäre jeder Person bewusst sein (Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 86-87).

Naomi Feil meint, dass jeder, der mit verwirrten alten Personen arbeitet, die Techniken der Validation erlernen kann. Es bedarf keines Hochschulabschlusses, um sich entsprechend einzufühlen und Verhalten zu akzeptieren. Durch nachfol-gende Techniken wird die Lebensqualität der Betroffenen, aber auch die des Vali-dationsanwenders im Pflegealltag verbessert (vgl. Feil 2007, S. 49).

Sich zentrieren bedeutet, die eigene Mitte finden, die eigenen Gefühle beiseite schieben und bedarf einer Zeit von drei Minuten. Dabei wird die Konzentration auf einen Punkt fünf Zentimeter unterhalb der Körpermitte gelenkt, acht Mal tief ein und ausgeatmet, wobei die ganze Aufmerksamkeit auf die Atmung gelenkt wird (vgl. ebd., S. 49-52).

Techniken für Phase I

Neben dem Zentrieren werden Fragen nach „wer, was, wo, wann, wie“ verwendet, wobei keine Gefühle angesprochen werden. Da mangelhaft orientierte Menschen keine rationale Antwort auf ein „warum“ geben können, wird diese Fragestellung gemieden. Kurzaussagen werden umformuliert, Schlüsselworte aufgegriffen. Der Sprachrhythmus wird übernommen und die Form der Unterlippe gespiegelt. Das bevorzugte Sinnesorgan wird angesprochen, indem visuelle, auditive oder ki-nästhetische Worte und Sätze verwendet werden. Das Fragen nach Extremen, Po-laritäten ist von Vorteil. Betroffene brauchen Hilfestellung in der Vorstellung, was wäre, wenn das Gegenteil wahr ist. Da mangelhaft orientierte Menschen Vergan-genheit und Gegenwart unterscheiden können, tut es gut, Vergangenes aufzugrei-fen. So kann indirekt über Gefühle gesprochen werden. Dabei werden die Grenzen des/der Klienten/in respektiert. Durch die Verwendung von Worten wie „immer“

oder „niemals“ können Bewältigungsmechanismen von früher abgerufen werden.

Da sich Menschen in dieser Phase eher bedroht fühlen, ist Vorsicht mit Berührung geboten. Händeschütteln und sanfte Berührung des Armes reicht aus. Die Kon-taktzeit sollte fünf bis fünfzehn Minuten nicht übersteigen. Vereinbarungen von weiteren Treffen müssen verbindlich eingehalten werden (vgl. Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 86-89).

87 Techniken für Phase II

Neben dem Zentrieren kann wie in der Phase eins mit W-Fragen gearbeitet wer-den sowie mit dem Umformulieren, Wiederholen und Zusammenfassen des Ge-sagten. Auch das Fragen nach Extremen kann eingesetzt werden. Das bevorzugte Sinnesorgan wird ebenso angesprochen. In punkto Berührung besteht ein Unter-schied zur Phase I: Personen in dieser Phase brauchen intensiven Körperkontakt.

Durch Beeinträchtigung des Seh- und Hörvermögens passiert die Kontaktaufnah-me durch nahes Herantreten an die Person. Der direkte Blickkontakt in Augenhö-he wird gezielt eingesetzt. Eine klare, tiefe, liebevolle Stimme kann Erinnerungen an vertraute Personen auslösen. Blickkontakt und Stimme werden mit Berührung gezielt kombiniert. Dabei werden Emotionen beobachtet. Da diese Personen ihren Gefühlen freien Lauf lassen, erfolgt die Kommunikation eher auf der emotionalen Ebene. Die Verhaltensweise des/der Validationsanwender/in soll den Emotionen des betroffenen Menschen gefühlvoll durch Anpassung des Gesichtsausdruckes, des Körpers, der Atmung und Stimme angepasst werden. Mehrdeutige Pronomen wie „er“, „sie“, „es“, „etwas“ oder „jemand“ können Worte ersetzen, die von dem/der Validationsanwender/in nicht verstanden werden. Es wird versucht, einen Zusammenhang zwischen Verhalten und Bedürfnissen herzustellen. Bekannte Lieder bleiben für immer im Gedächtnis gespeichert und sind gut abrufbar. (vgl.

Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 92-94).

Die Kontaktzeit sollte zwei bis zehn Minuten nicht übersteigen (vgl. ebd., S. 86).

Techniken für Phase III

Verbale Techniken werden wie in den vorangegangenen Phasen angewendet, wenn eine verbale Kommunikation noch möglich ist. In dieser Phase ist die ver-ankerte Berührung von Bedeutung. Eine Kontaktaufnahme erfolgt durch Berüh-rungen auf eine Art und Weise, wie der/die Klient/in in seiner/ihrer Kindheit von geliebten Personen berührt wurde. Das können kreisende Bewegungen mit der Handfläche im Wangenbereich sein, dies symbolisiert das „Umhegt sein der Mut-ter“. Kreisende Bewegungen am Hinterkopf symbolisieren das „Vom-Vater-Umhegt sein“. Kräftige Bewegungen und Reiben der Schultern steht für das Ge-fühl von Bruder oder Schwester oder von einem guten Freund. Der echte, direkte Blickkontakt soll länger gehalten werden. Verhalten und Gefühle sollen mit kla-rer, tiefer und fürsorglicher Stimme angesprochen werden. Der Zusammenhang

88 zwischen Bedürfnissen und Verhalten zeigt sich in dieser Phase häufig durch schnalzende Geräusche des Mundes. Spitzen der Lippen, Wiegen und Falten drü-cken das Bedürfnis nach Liebe aus. Muskelbewegungen des früheren Berufsle-bens symbolisieren das Bedürfnis nach Nützlichkeit. Hingegen Schreien, Schla-gen, Klopfen und Fluchen stehen laut Feil für das Bedürfnis nach der Möglichkeit, spontane Gefühle zu äußern. Durch das Sprechen von Gebeten, Gedichten und Kinderreimen und das Singen bekannter Lieder kann die Kommunikation forciert werden. Körperbewegungen und Positionen sowie die Atmung sollen gespiegelt werden. Beispielsweise können einer ehemaligen Serviererin Servietten zum Fal-ten gegeben werde, einem Banker Spielgeld zum Zählen, einer Sekretärin Stifte und Schreibblock (vgl. Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 96-98).

Als Kinderersatz kann der Einsatz von Puppen zur Anwendung gelangen. Unter-stützend kann der Wohnbereich bewusst mit altmodischer Möblierung gestaltet werden, dies kann wesentlich zur Beruhigung beitragen (vgl. Lind 2011, S. 1050).

Die Kontaktzeit in der Phase III und IV soll zwischen ein und zehn Minuten be-tragen (vgl. Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 86).

Techniken für Phase IV

Da Betroffene in dieser Phase keine emotionalen Effekte zeigen, ist das Wissen um soziale Daten oft der einzige Anhaltspunkt für den/die Validationsanwen-der/in. Erfolg muss in dieser Phase anders definiert werden. Ein erreichter Blick-kontakt, ein erfolgtes Minenspiel oder irgendeine emotionale Reaktion oder kör-perliche Bewegung kann als Erfolg definiert werden. Nach dem persönlichen Zentrieren wird die Person berührt und mit aufrichtiger, fürsorglicher Stimme angesprochen. Wiederum wird versucht, einen Bezug zwischen Verhalten und Bedürfnissen herzustellen. Die Verwendung von ausgewählten Musikstücken je nach Biografie und das Singen von alten Liedern kann Erfolg bringen (vgl. ebd., S. 99).

Validationsgruppen

Neben der Einzelanwendung ist es möglich, validierende Techniken in einer Gruppe von demenzerkrankten Personen einzusetzen. Es muss darauf geachtet werden, dass die Teilnehmer/innen hinsichtlich Verwirrtheitsstadium eine homo-gene Gruppe bilden (vgl. Maier 2008, S. 72).

89 Besonders geeignet dazu sind demente Menschen im Krankheitsstadium II und III, weniger im Stadium I bei mangelhafter Orientierung, da sie Angst vor Gefüh-len haben und der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses geleugnet wird. Zeitverwirr-te Personen und Personen mit sich wiederholenden Bewegungen in einer Gruppe haben Freude am gegenseitigen Berühren. Sie freuen sich, einander anzuschauen, gemeinsam zu tanzen. Sie hören zu, sie bemühen sich um den anderen, schlüpfen in Rollen aus den früheren Lebensjahren. Sie gewinnen an Würde und validieren sich gegenseitig (vgl. Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 106).

Durch liebevolle Zuwendung und Berührung durch die Betreuer/innen können umherwandernde, demenzkranke Personen dermaßen beruhigt werden, dass sie fähig werden, ihre Konzentration auf andere Teilnehmer/innen zu richten (vgl.

Feil 2007, S. 221).

Die Durchführung von Gruppenvalidation muss penibel geplant werden. Um ge-steckte Ziele zu erreichen ist die Schaffung einer angenehmen Atmosphäre Vor-aussetzung. Die Gruppengröße sollte zwischen fünf bis zehn Personen sein. Je besser der/die Validationsanwender/in die Klienten einer Gruppe die körperlichen und psychischen Charakteristika kennt, desto eher wird Erfolg erzielt werden können. Jedem/r Teilnehmer/in wird eine Rolle je nach Biografie zugeteilt, um das Gefühl, nützlich zu sein und gebraucht zu werden, zu vermitteln (vgl. Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 105-109).

Durch die Übernahme von Rollen wie z.B. der Vorsängerin, Gastgeberin, Vorbe-terin werden alle Teilnehmer/innen aktiv miteingebunden. Dies trägt zum Selbst-wertgefühl jedes Einzelnen bei (vgl. Maier 2008, S. 73).

Die Absprache und Unterstützung des gesamten Teams in einer Einrichtung ist dabei unumgänglich. Auch Angehörige sowie freiwillig arbeitende Personen kön-nen an der Gruppenvalidation teilnehmen. Dazu müssen Ziele und Prinzipien der Validation verständlich erklärt werden. Rituale stärken dabei die Gruppendyna-mik. Musik, Bewegung sowie Essen und Diskussionen über frühere Aktivitäten und Erlebnisse stehen jeweils in gleich bleibender Reihenfolge im Mittelpunkt (vgl. Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S. 109-112).

90 4.3.3 Wirksamkeit der Validation

Kitwood kritisierte 1994, dass der theoretische Rahmen für dieses Konzept ähn-lich wie beim Realitätsorientierungstraining, nicht sehr stark sei und der empiri-schen Forschung bedarf. Müller-Hergl jedoch meint, dass durch die Einführung der Validation ein großer Schritt nach vorne gemacht wurde, da dadurch demen-ziell veränderte Menschen mit ihren Erfahrungen im höchsten Maße ernst ge-nommen werden (vgl. Müller-Hergl 2008, S. 87-88).

Auch Erlemeier 2002 kritisiert, dass es dem Konzept der Validation an Wissen-schaftlichkeit mangelt. Weiters wird kritisiert, dass Feil das Funktionieren der Methode voraussetzt und es keiner Notwendigkeit der Wirkungsüberprüfung be-darf (vgl. Erlemeier 2002 in Maier 2008, S. 69).

Toseland et al. untersuchten die Effektivität von Validation zur Verminderung von Problemen im Verhalten, der Anwendung von physischen Einschränkungen, der Behandlung mit psychotherapeutischen Medikamenten und zur Verbesserung positiver sozialer Interaktionen und psychosozialem Wohlbefinden (vgl. Toseland et al. 1997, S. 33).

88 Heimbewohner/innen wurden in die Studie eingeschlossen. Die Interventions-gruppe erhielt über 52 Wochen jeweils vier 30-minutige Treffen pro Woche mit strukturierten Abläufen: Nach einer persönlichen Begrüßung und Einleitung er-folgt ein Aktivitätsprogramm, bevor sie wieder herzlich verabschiedet werden.

Die erste Kontrollgruppe erhielt nicht-strukturierte soziale Kontakte, die zweite Standardpflege. Die Unterschiede der Ergebnisse sind signifikant. Die Teilneh-mer/innen der Interventionsgruppe zeigen weniger psychische Auffälligkeiten sowie weniger verbal aggressives Verhalten und sind weniger depressiv als die Teilnehmer/innen der Kontrollgruppen. Es zeigt sich jedoch kein Unterschied in der Pflegebedürftigkeit und Medikamenteneinnahme (vgl. ebd., S. 35-47).

In einer niederländischen Studie wurde von Schrijnemaekers et al. die Effektivität eines emotionsorientierten Pflegeprogramms hinsichtlich Agitation und täglicher Funktionsfähigkeit untersucht. Es wurden 151 Patient/inn/en in die Studie einge-schlossen. Randomisiert wurden Pflegeeinrichtungen und nicht Einzelpersonen. In der Interventionsgruppe wurde ein emotionsorientiertes Pflegeprogramm mit Va-lidation und Anteilen von Reminiszenz (Erinnerungspflege) und sensorischer

Sti-91 mulation als Standardpflege eingeführt. Das Pflegepersonal der Interventionshei-me erhielt eine Einführung und während der Umsetzungsphase drei Supervisio-nen. Die Kontrollgruppe erhielt Standardpflege. Dabei zeigte sich kein Unter-schied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe. Da das Interventionspro-gramm nicht in allen Einrichtungen ordnungsgemäß durchgeführt wurde, wurde zusätzlich eine Protokollanalyse durchgeführt, welche auch keine Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppe zeigte (vgl. Schrijnemaekers et al.

2002, S. 927-936).

Eine weitere niederländische Studie von Finnema et al. untersuchte die Effektivi-tät eines emotionsorientierten Pflegeprogramms hinsichtlich Agitation, Depressi-onen und Lebensqualität. 194 PersDepressi-onen mit unterschiedlichen Formen der De-menz wurden eingeschlossen. Die Randomisierung in der Interventionsplanung erfolgte gleich wie in der Studie nach Schrijnemaekers et al.. Die Umsetzung des Programms in der Interventionsgruppe wurde evaluiert. Es zeigten sich teilweise positive Effekte für die beschriebene Intervention für das Selbstbild und die emo-tionale Balance von Patient/inn/en mit Demenz, jedoch für Aspekte wie soziale Beziehungen oder Adaption an die Pflegeheimumgebung zeigte sich kein Effekt der Intervention. Die Ergebnisse beschränken sich auf Patient/inn/en mit milder bis moderater Demenz (vgl. Finnema et al. 2005, S. 330-343).

Dem gegenüber stehen eine Reihe von Fallstudien, Anekdoten und Studienaus-wertungen, die besagen, dass Validation eine zu begrüßende und gewinnbringen-de Methogewinnbringen-de sei (D. Gagnon 1996, R. Woods 1996, E. Grasl 1997, C. Day 1997, L.

Touzinsky 1998, B. Benjamin 1999). 2009 wurde auf einem Kongress der italieni-schen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie eine Studie von C. Siviere, E.

Mazza und A. Cerri von der Castellini-Stiftung in Melegnano – Italien, vorge-stellt. Sie bestätigte, dass bei regelmäßiger Anwendung von Validation durch alle Pflegepersonen einer Abteilung den Zustand der betroffenen Personen positiv beeinflusst wird. Das Verhältnis zwischen Betroffenen, Pflegepersonen und Mit-bewohnern kann als gut bezeichnet werden (vgl. (Feil/ de Klerk-Rubin 2010, S.

60).

In einer Schweizer Studie untersuchten Jenni-Zullinger und Schlegel ein Validati-ons-Praxisseminar, dessen theoretischer Rahmen sich auf Skillslab mit integrierter

92 CAS-Methode (Cognitive Apprenticeship-Methode) stützte. Skillslab ist ein Be-standteil der transferorientierten praxisnahen Ausbildung (Weber 2007 in Jenni-Zullinger/ Schlegel 2012, S. 137). Dadurch werden psychomotorische Fähigkeiten und praktisches Handeln, emotionales Lernen durch ständig wiederholtes Üben sowie die soziale Kompetenz und die kognitiven Fähigkeiten forciert (vgl. Jenni-Zullinger/ Schlegel 2012, S. 137). Das CAS-Modell lässt sich als weiterentwickel-tes „Lernen am Modell“ verstehen, wobei in sechs Phasen vermittelt wird (Weber 2007 in Jenni-Zullinger/ Schlegel 2012, S. 138).

Einen wesentlichen Aspekt neben dem Wissenserwerb der theoretischen Grundla-gen bilden dabei Rollenspiele und Video-Praxisbeispiele, welche nach Gradeintei-lung der Demenz und Interventionsplanung analysiert werden (vgl. Jenni-Zullinger/ Schlegel 2012, S. 138-139).

Sie gingen der Frage nach, wie Pflegepersonen in der Aus- und Weiterbildung spezifische pflegerische Fertigkeiten vermitteln können. Dazu wurden die Studie-renden direkt nach dem Seminar gefragt, ob die Methode die Lernzielerreichung unterstützte und ob es vorstellbar sei, dass sie das Erlernte in der Praxis in be-stimmten Situationen wirksam einsetzen können. Von den 52 Studierenden stuften 77,5% die Unterrichtsmethode als unterstützend für die Lernzielerreichung ein.

80% gaben an, dass der Unterricht für die Begegnung von Menschen mit Demenz nützlich sei (vgl. ebd., S. 141).

Eine weitere Befragung erfolgte nach sechs Monaten Praxiseinsatz in Akut-, Langzeit-, Psychiatrie- und spitalsexternen Pflegeeinrichtungen. Drei Viertel der Studierenden kamen dabei mit Menschen mit Demenz in Berührung. Rückbli-ckend empfanden sie den Validations-Unterricht für die Praxis in der durchge-führten Form als nützlich. Zur praxisnahen Gestaltung von Lernsituationen wurde der Einsatz von Simultanpatient/inn/en, welche die Rolle von demenzerkrankten Menschen übernahmen, angeregt. Der Einsatz von Skillslab mit integrierter CAS-Methode hat sich in der Schulung zur Kompetenzvermittlung im Umgang mit Menschen mit Demenz bewährt (vgl. ebd., S. 141-142).

In einer Evaluationsstudie über die Praxiserfolge von Validation nach Feil am Beispiel eines Tertianum ZfP Validation – Anwenderseminars, im Zeitraum von April 2002 bis November 2003, wurden vor dem Seminar die 18

Teilneh-93 mer/innen mittels Fragebogen über ihre Einstellungen zu ihrer Arbeit, ihren Pfle-geansätzen und ihrer Anwendung von Validation befragt. Zu denselben Inhalten wurden 16 Teilnehmer/inn/en nach Kursende befragt. Nach achtmonatiger Praxis-anwendung wurde erneut ein Fragebogen ausgesendet, der von elf Teilneh-mer/inn/en beantwortet wurde. Die Erfolge sind eindeutig nachzulesen: Das Pfle-gebeziehungsgefüge wird durch eine andere Art der Kommunikation positiv be-einflusst. Betroffene können mitbestimmen, was für sie als „Realität“ wahrge-nommen wird. Durch das Akzeptieren von Widerständen wird ein verbessertes Arbeitsklima geschaffen, selbst der Umgang miteinander verbessert sich. Verhal-tensweisen wie Unruhe und Aggression reduzieren sich. Günther kam zum Schluss, dass die Pflegesituation durch die richtige Anwendung von Validation verbessert wird. Dem Konzept der Validation nach Naomi Feil wird ein außeror-dentlich qualitativ hoher Praxiswert zugestanden (vgl. Günther 2010, S. 24-25).

94

5 Diskussion

Die Lebenserwartung steigt in einem beachtlichen Tempo. Laut Statistik Austria (2007) nimmt der Anteil der hochaltrigen Menschen zu. Das hohe Alter ist der größte Risikofaktor, an einer Demenz zu erkranken. Demenz macht Betroffene pflegeabhängig. Die Gesellschaft steht mit ihrem Gesundheitssystem vor großen Herausforderungen (vgl. Gleichweit/ Rossa 2009, S. 1-2).

Die Betreuung und Pflege sowie die medizinische Versorgung der demenzkran-ken Menschen stößt an die Grenze des Leistbaren, die Kosten in den Krandemenzkran-kenan- Krankenan-stalten explodieren nicht zuletzt aufgrund dieser Tatsache. Dazu kommt, dass in 43% der Fälle von Einweisungen in ein Pflegeheim diese Erkrankung den Grund der Einweisung darstellt (vgl. ebd., S. 12).

Aufgrund der unklaren Ätiopathogenese ist die Wissenschaft extrem gefordert, um zukünftig eine „maßgeschneiderte“ Therapie für jede/n Betroffene/n ermögli-chen zu können (vgl. Gruss 2007, S. 218-219).

Wenn kurative medikamentöse Therapien zur Behandlung von Morbus Alzheimer nicht ausreichend zur Verfügung stehen, fällt es unweigerlich der Pflege zu, Prob-leme, welche sich aus den nicht-kognitiven Symptomen im Fortschreiten der Krankheit ergeben, zu bewältigen (Wällisch/ Wulff, S. 39).

Unter einer Vielzahl an psychologischen diagnostischen Verfahren sind der Mini-Mental-Status nach Folstein et al. sowie der Uhrentest besonders erwähnenswert (vgl. Grond 2009, S. 26-27). Jedoch kann mit beiden Testverfahren keine genaue Aussage über die Gedächtnisleistung getroffen werden (vgl. Kastner/ Löbach 2010, S. 48-49).

Es muss zwischen normaler Altersvergesslichkeit und beginnender Demenz diffe-renziert werden. Da eine Alzheimer Demenz schleichend beginnt, ist diese Ab-grenzung nicht einfach zu treffen (vgl. Matolycz 2011, S. 56-57).

Neben der Unterteilung von primären und sekundären Demenzformen erfolgt eine Einteilung der Demenz in drei Stadien. Die jeweiligen nicht kognitiven Sympto-me je nach Stadium der DeSympto-menz wie beispielsweise Depressivität, Angst und permanentes Schreien oder Rufen, Aggressivität, Wutausbrüche und Wahnvor-stellungen, Apathie sowie das Umherlaufen stellen das Pflegepersonal vor extre-me Herausforderungen (vgl. Grond 2009, S. 22-23).

95 Spezielles Wissen über die Krankheitsstadien mit ihrer Symptomatik ist Voraus-setzung für die individuelle Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz.

Ebenso bedeutsam im täglichen Umgang mit demenzerkrankten Menschen sind das Einfühlungsvermögen, das interaktive Vermögen und Sensibilität (vgl. Lind 2007, S. 83).

Neben der medikamentösen Therapie stellen spezielle Betreuungskonzepte eine sinnvolle Kombination in der Pflege und Betreuung betroffener Menschen dar.

Die beschriebenen Konzepte, wie Realitätsorientierungstraining, Biografie- und Erinnerungsarbeit sowie die Validation, können kombiniert Anwendung finden (vgl. Maier 2008, S. 25-27).

Biografie- und Erinnerungsarbeit bildet den Grundstock für das Realitätsorientie-rungstraining und der Validation. Das RealitätsorientieRealitätsorientie-rungstraining zählt zu den kognitiv aktivierenden Maßnahmen, wobei gezielt Gedächtnis und Orientierung gefördert werden. Es besteht aus drei Teilen, dem Einstellungstraining, dem in-formellen ROT und dem in-formellen ROT. Voraussetzung zum Gelingen der Um-setzung von ROT ist eine dementsprechende Milieugestaltung und Schulung aller Mitarbeiter/innen.

Maier 2008 meint, dass ROT als ausschließliche Therapieform für Menschen mit Demenz nicht ausreichend sei, da bei einer fortgeschrittenen Demenz ROT rasch zu Überforderung und Frustration führen würde und daher nur im Anfangsstadium Erfolg versprechend ist (vgl. Maier 2008, S. 44).

Spector et al. kommen zum Schluss, dass es unklar ist, wie weit die Vorteile des ROT nach Beendigung entsprechender Maßnahmen andauern, dazu wäre weitere Forschungsarbeit notwendig (vgl. Spector et al. 2007, S. 1119).

Biografisches Arbeiten bildet durch Erinnern an vergangene Zeiten eine essentiel-le Grundlage in der Arbeit mit demenzkranken Menschen. Da während des Fort-schreitens der Erkrankung das Langzeitgedächtnis am längsten erhalten bleibt, ist dieses als eine wichtige Ressource zu sehen. Ganzheitliches Wahrnehmen einer Person wird möglich, bedürfnisorientierte Pflege und Betreuung umsetzbar. Be-schäftigungsangebote können dann gezielt angeboten werden (vgl. Maier 2008, S.

85).

Das Selbstwertgefühl wird gestärkt, die persönliche Identität bleibt durch

Das Selbstwertgefühl wird gestärkt, die persönliche Identität bleibt durch