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1.5. Eigene angewendete Methoden bzw. Arbeitstechniken

1.5.1. Geomorphologische Analyse

„Die Geomorphologie kann ihrem komplexen Gegenstand nur durch eine pluralistische Methodik gerecht werden.“ (Leser 1977:108). Die geomorphologische Analyse zielt darauf ab, anhand von geomorphologischen Kennformen und deren Lagebeziehung zueinander Rückschlüsse auf die Entstehung der Formen zu ziehen. Es spielen die Morphographie, -metrie, -analyse und -genese eine entscheidende Rolle. Die Befunde dürfen hierbei nicht vom Klima oder der Ökologie abgeleitet werden, sondern sollen der Beobachtung (vgl. Bremer 1989:92) bzw. der visuellen Beschreibung entstammen. Somit wurden rezente Prozesse und Formen im Gelände beobachtet, beschrieben sowie kausale Beziehungen hergestellt (z.B.

Prozesse aus Formen abgeleitet) und durch eine Detailanalyse Rückschlüsse auf die Entstehung vorzeitlicher Formen gezogen. „Bei der Geländearbeit werden naturgemäß sowohl die Prozesse unmittelbar beobachtet als auch die Formen analysiert.“ (Bremer 1989:19). „Beobachtete Prozesse werden in der gedanklichen Konstruktion extrapoliert.“

(ebd.:54). Die Lagebeziehungen sind bei der geomorphologischen Reliefanalyse das wichtigste (vgl. Kuhle 1991:190, 194). Somit sollten nicht einzelne Indikatoren, sondern mehrere mit ihren Lagebeziehungen untereinander betrachtet werden (ebd.:190). Um auf die Entstehungsweise einer Form schließen zu können, müssen neben den klimatischen folgende Gesichtspunkte mit einbezogen werden: „Arbeitet der Geomorphologe heute im Felde nach dem Prinzip der Korrelate, so muß er auch die geologischen, petrographischen und pedologischen Arbeitsweisen kennen.“ (Leser 1977:85); „Beobachten, Vergleichen, Abstrahieren und Generalisieren sind, wie auch in anderen Geowissenschaften, die Methoden der klimatischen und klimagenetischen Geomorphologie.[…] Beim Vergleich werden die übrigen Geofaktoren: Untergrund, Boden, Wasser, Vegetation und Klima mit herangezogen.“

(Bremer 1989:66).

Die geomorphologische Analyse ist eine Methode bzw. Arbeitstechnik, mit der u.a.

großräumige geomorphologische Detailanalysen und Sedimentanalysen betrieben werden. Sie stellt die Basis der Eiszeitrekonstruktionen dar, wobei Aussagen anhand der rezenten und vorzeitlichen Schneegrenze sowie anhand des Erhaltungszustandes der geomorphologischen

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Kennformen über das Vergletscherungsausmaß bzw. die Vergletscherungsart getroffen werden können. (vgl. Kuhle, Kuhle 2010:105-107)

Somit werden anhand der geomorphologischen Methode sehr viele Formen beachtet und anhand deren Lagebeziehung Aussagen getroffen. Mehrere Forscher wendeten diese Methode bzw. Arbeitstechnik im Khumbu-Himalaja an, jedoch beachtete Kuhle die meisten Formen und Talbereiche bis weit unterhalb von Lukla. Hierbei stellte die Deutung der Form eine Schlüsselrolle dar. So können beispielsweise `debris flows´ ein indirekter Indikator für eine vorzeitliche Vergletscherung sein (vgl. Kuhle 2007:105).

Die numerischen Datierungen gehören nicht zur Glazialgeomorphologie, sondern sind importiert bzw. stammen von Nachbarwissenschaften und sind weniger gut für glazialgeologische Forschungen geeignet (vgl. Kuhle, Kuhle 2010:105-107).

1.5.1.1. Geländearbeiten mit fotografischer Dokumentation

Bei den Forschungsarbeiten im Frühjahr 2012 wurden im Hauptuntersuchungsgebiet Solukhumbu Talabschnitte der Flüsse Dudh Khosi und Imja Khola untersucht. Im Gebiet des Khumbu erstreckte sich die Route über die Orte Namche Bazar – Khumjung – Phungi Thanga – Phortse – Tengboche – Pangboche – Pheriche – Thokla – Dingboche und Chhukhung.

Zwischen Namche Bazar und Chhukhung verläuft der Imja Khola, welcher durch Zuflüsse wie z.B. aus dem Fluss Lobuche Khumbu Tshola, allgemein als Lobuche Khola bezeichnet, gespeist wird. Im Bereich des Solu erstreckte sich die Route entlang des Flusses Dudh Khosi über die Orte Monjo – Phakding – Ghat – Lukla – und unterhalb von Lukla über Poyan – Kharikhola – Budhubar / Bagi – Budhidanda / Burku, Maidel / Mukli nach Kangel. Der Schwerpunkt der Arbeit lag im Khumbu Gebiet im Bereich der Ortschaften Thokla sowie Chhukhung bis Namche Bazar im Talabschnitt des Lobuche Khola bzw. Imja Khola. Die Forschungsroute wurde auf den Karten III und IV im Bildband visualisiert.

Während des Geländeaufenthaltes wurden die vorgetroffenen geomorphologischen Kennformen indentifiziert, kartiert, charakterisiert und genetisch interpretiert, auf Fotos festgehalten und anhand deren Lagebezug in den Kontext der eiszeitlichen Vergletscherung gestellt. Diese Kennformen konnten anhand der erstellten Fotografien mit den entsprechenden Standorten dokumentiert werden und dienten somit als ein Indikator für die Existenz der jeweiligen Form. Die Formen wurden entweder einzeln fotografiert oder Panoramen für einen

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besseren Überblick über die auftretenden Formengemeinschaften erstellt. Die jeder Form zugeordnete Signatur konnte jeweils unter Hinzunahme des Programmes Adobe Photoshop konstruiert und auf den Fotos eingefügt werden. Für die fotografische Dokumentation fanden zwei Digitalkameras Anwendung, wovon eine eine integrierte GPS-Funktion besaß (Samsung WB650). Für die Angabe der GPS-Koordinaten wurde hauptsächlich das Garmin eTrex Vista HCx GPS-Gerät verwendet. In den Bildunterschriften wurden mehrere Höhenwerte angegeben, da sich diese voneinander unterschieden: absolute Höhenangaben konnten dem GPS-Gerät, der Kamera, Google Earth und Google Maps Gelände entnommen werden, relative Höhen vielmehr den beiden letztgenannten Programmen. Bei jeder vorgefundenen Form erfolgte der Abgleich mit den Forschungsergebnissen der dort bis dato betriebenen Forschungsarbeiten (siehe Bildband, Fotobeschreibungen). Das Hauptaugenmerk bei der geomorphologischen Analyse lag auf der scharfen Abgrenzung der unterschiedlichen Formen untereinander. Die Beschreibungen wichtiger voneinander abgetrennten Formen sind in der vorliegenden Arbeit vorhanden. „Das methodische Vorgehen der Geomorphologie beruht daher auf der erklärenden Beschreibung.“ (Leser 1977:2). Die zeitliche Einordnung der Formen passierte – unter Berücksichtigung der Befunde anderer Forscher – aufgrund deren Formengestaltung und unter Hinzunahme umgebender geomorphologischer Formen, die auf eine maximale Vergletscherungsausdehnung hindeuteten. Auf absolute Datierungsmethoden wurde verzichtet. Es wurde sich auf die zeitliche Einordnung von Kuhle (2005) bezogen, die auf der Grundlage von 14C-Datierungen basierte.

Da aber die Quartärgeologie mit dem Substrat / Material in Verbindung gebracht werden kann, wurden ebenfalls zu den geomorphologischen Formen Aufschlüsse – siehe Grobsedimentanalysen – untersucht und Sedimentproben – siehe Feinsedimentanalysen – entnommen. „Formen, Sedimente und Böden bilden einen genetischen Zusammenhang, der sich als wichtigstes Prinzip geomorphologischen Arbeitens erweist.“ (Leser 1977:98). Die in der vorliegenden Arbeit zu Hilfe genommenen geologischen Karten dienten der Ansprache des dort anstehenden Gesteins. Die in den Aufschlüssen entnommenen Grobsedimente wurden anhand deren Größen (kleinere und bis zu faustgroße Gesteine) und Formen (Rundungsdiagramme kantig, kantengerundet, gerundet, gut gerundet) klassifiziert und anhand deren Längsachseneinregelung (Längsachsendiagramme nach Himmelsrichtung – Vollkreis, Längsachsendiagramme nach Himmelsrichtung – Halbkreis, Längsachsendiagramme abgewandelt nach den Einregelungsklassen nach Poser, Hövermann

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1951) und petrographischen Zusammensetzung (z.B. Vorkommen von Erratika) den entsprechenden Ablagerungsprozessen zugeordnet.

1.5.1.2. Satellitenbildanalysen mit Karten- und Talprofilerstellung

Satellitenbildanalysen anhand der Programme Google Earth und Google Maps Gelände ermöglichten neben der Kartierung im Gelände aufgrund der hochaufgelösten Bilder umfassende geomorphologische Bestandsaufnahmen der dort vorkommenden Formen, auch in Talbereichen abseits der Forschungsroute. Google Earth verfügt im Hauptuntersuchungsgebiet Solukhumbu über mehrere Satellitenbilder mit verschiedenen Erstellungsdaten und Urheberschaften und stellt diese farblich, mit Koordinaten, in 2D und über die Geländefunktion auch in 3D dar. Google Maps Gelände ermöglicht den Zugriff auf das Relief des Gebietes ohne Koordinaten, ab einem Maßstab von 1:50.000 mit Höhenlinien.

Zusätzlich erstellte Talquerprofile untermauerten die tatsächlich ausgebildeten Talformen.

Diese Talprofile konnten mittels des Programmes Global Mapper Version 11.00 und des im Internet frei zur Verfügung gestellten digitalen Höhenmodelles (90 m DEM Version 4;

CGIAR – Consortium for Spatial Information, 2004), basierend auf SRTM-Daten (Shuttle Radar Topography Mission) der NASA, erstellt werden. Die Standorte der Fotos, Sedimentproben, Aufschlüsse und die Verläufe der Talquerprofile sind anhand von Markierungen auf Google Earths Satellitenbildern nachvollziehbar (siehe Bildband). Auch eine mittels der Satellitenbilder von Google Earth erstellte Oberflächenbedeckungskarte (siehe Bildband) zeigte gegenüber der dargestellten Oberflächenbedeckung aus der topographischen Karte Khumbu Himal 1:50:000 eine präzisere Ausmachung von Oberflächenformen. Hierfür wurde die topographische Karte Khumbu Himal eingescannt und die entsprechenden Oberflächen anhand des Programmes Adobe Photoshop visualisiert. Für eine Vergleichskarte wurden Screenshots von den Satellitenbildern aus Google Earth für das entsprechende Gebiet zu einer Karte zusammengefügt und die zu erkennenden Oberflächen anhand des Programmes Adobe Photoshop visualisiert. Diese visualisierten Karten konnten dann als Bild-Overlay in Google Earth eingefügt werden. Außerdem konnte eine detallierte Darstellung der im Gelände und anhand der Satellitenbilder ausgemachten Formen in Google Earth erfolgen (siehe geomorphologische Karten, Bildband) und folgende Formen kartiert werden: Trogtal, Schlucht, Rundhöcker, Gletscherschliff, Strudeltopf, glazifluviale Terrasse, erratischer Block, Grundmoränenmaterial, Ufer- bis Endmoränen, subglaziale Schmelzwasserrinne, Berg- / Felssturzablagerungen, glaziäre Dreieckshänge, Blockgletscher / Schuttloben, deutlich erkennbare Moränenzüge, übrig gebliebene zerschnittene Moränengrate,

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Gletscher, Lawinenkegel, Seen, Fächer / Kegel, Sturzfächer / Kegel (Sturzschuttfächer / -kegel, welche, die Moränenmaterial überlagern, Schnee, Lawinen überlagerte), Sturzmoränenfächer / -kegel aus Moränenmaterial oder glazifluvialen Materialien, Mischfächer / Kegel (hauptsächlich aus Schutt, hauptsächlich aus Moränenmaterial, welche, die präexistierendes Moränenmaterial überlagern, von anderen Prozessen überlagerte), Murfächer / Kegel (Murschuttfächer / -kegel mit einem hohen Schuttanteil, Murmoränenfächer / -kegel mit einem hohen Moränenanteil, Murschwemmfächer / -kegel mit viel Feinmaterial, von anderen Prozessen überlagerte), Schwemmfächer / Kegel (Schwemmschuttfächer / -kegel mit Schutt- und Moränenmaterial, Sander aus Moränenmaterial mit Bezug zum Gletscherrand, Schwemmfächer / -kegel aus hauptsächlich Moränenmaterial), Fächer- / Kegelform und zerschnittene Grundmoränen. Ausgewählte geomorphologische Formen wurden in der vorliegenden Arbeit besonders gegeneinander abgetrennt. Mittels der Erstellung dieser geomorphologischen Karten und Talquerprofilen ließen sich dann alle aufgefundenen Formen in Beziehung zueinander setzen. Im Vergleich zum eigenen kartierten Formenschatz konnte sich den geomorphologischen Formen der in der vorliegenden Arbeit kritisch überprüften Forschungsarbeiten anderer Forscher wie etwa von Kuhle (2005) oder Barnard, Owen, Finkel (2006) entweder angeschlossen oder nicht angeschlossen werden.

1.5.1.3. Begriffsklärung zu ausgewählten geomorphologischen Kennformen

Das Hauptaugenmerk bei der geomorphologischen Analyse liegt auf der genauen Abgrenzung der unterschiedlichen Formen untereinander. Es wurden in der vorliegenden Arbeit besonders die verschiedenen Fächer / Kegel voneinander abgegrenzt. Barnard et al. (2006) bezeichneten die Fächer lediglich mit einem weitgefassten Begriff `fan´.

Im Hauptuntersuchungsgebiet Solukhumbu sind verschiedene Fächer- bzw. Kegeltypen in Form von Schutt- Mur-, und Schwemmfächern bzw. -kegeln aufzufinden. Generell verweisen die Begriffe Fächer auf geringer geneigte und Kegel auf stärker geneigte Formen. Allgemein betrachtet konnten Schutt-, Mur- und Schwemmfächer / -kegel durch deren Neigung, Komponentensortierung / -anteil / -form, Oberflächenprofil, Ausdehnung, Zerschneidungsgrad, Farbgebung und Feuchtegehalt beim Transport voneinander unterschieden werden. Da aber auch Mischformen bzw. Kombinationen dieser Formen existieren, ist es wichtig, auch diese Übergangsformen genauer zu betrachten. Schon Louis, Fischer (1979) oder Iturrizaga (1999) wiesen auf diese Tatsache hin: „Die reinen Formen der

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Sturzkegel, Murkegel und Schwemmkegel sind nicht selten durch Übergangserscheinungen miteinander verbunden.“ (Louis, Fischer 1979:235); „Reine Formen der vorgestellten klassischen Schuttkörpertypen sind selten. Zumeist findet man Mischformen vor. So muß die Wahl der Schuttkörperbenennung auf den/die dominierenden genetischen Prozeß/sse fallen (z.B. Mursturzkegel, Murschwemmkegel etc.).“ (Iturrizaga 1999:30). Beispielsweise können Muren auf Schutthalden, Lawinen- und Wildbachkegeln entstehen (vgl. Louis, Fischer 1979:107, 233) oder ausfließendes Wasser der Mure zur Bildung von feinkörnigen, gering geneigten Schwemmkegeln führen (vgl. Leser 2009:190).

Die Schutt-, Mur- und Schwemmfächer / -kegel wurden sinnvollerweise genauer voneinander unterschieden und in Untertypen eingeteilt. Sturzkegel sind laut Louis, Fischer (1979:235) über 20° geneigt und zeigen eine Abgrenzung der Korngrößen – größere Blöcke im unteren Bereich. Murkegel sind 8-12° geneigt, unsortiert und zeigen aufgrund der schubweisen Bewegung keine stärkere Abrollung des Schutts (ebd.:235). Schwemmkegel sind unter 4°

geneigt, sortiert – kleinere Korngrößen im unteren Bereich – und zeigen eine Abrollung des Schutts (ebd.:235). In natura und auf den Satellitenbildern in Google Earth grenzten sich Schuttablagerungen durch die graue Farbgebung, Murablagerungen durch deren meist bräunliche und Schwemmablagerungen durch die eher hellgraue bis graue Farbgebung gegeneinander ab. Murablagerungen ließen sich aufgrund der hohen Beteiligung von Moränenmaterial von der Farbgebung her nur sehr schwer von Moränenablagerungen unterscheiden, fielen aber durch deren Formung – steiler, konvexer, mit nicht so ausgeglichener Oberfläche – und durch die größere Menge an enthaltenen Grobmaterialien pro Fläche gegensätzlich zu den feiner erscheinenden Grundmoränenmaterialien auf.

Weiterhin fiel bei den Schuttablagerungen auf, dass diese durch überwiegend grobe, eckige Komponentenformen und verschiedene Komponentengrößen sowie durch ein unregelmäßiges Oberflächenprofil charakterisiert sind, welche meistens durch Sturzprozesse nach der Größe sortiert sind. Murablagerungen hingegen enthalten Grob- und Feinmaterialen aus im Gegensatz zu Schuttablagerungen vorwiegend gerundeteren und im Gegensatz zu den Schwemmablagerungen kantigeren Komponenten, wobei keinerlei Sortierungen auftreten.

Bei Murschuttablagerungen kann jedoch infolge des kurzen Transportweges, des enthaltenen Materials oder durch den stoßweisen Abfluss der Schuttanteil bedeutender sein. Murfächer / -kegel zeigten ebenso ein unregelmäßiges Oberflächenprofil, allerdings mit Schutt- oder Randwülsten. Die fluvialen Schwemmablagerungen weisen im Allgemeinen infolge des

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weiteren Transportes gegenüber den Schutt- und Murablagerungen feineres und viel mehr gerundeteres Material auf – es sei denn, Moränen- und Schuttablagerungen lassen die Ausbildung von Schwemmschuttfächern zu oder aber der Abfluss ist stoßweise, was zur polygenetischen Bildung von Murschwemmfächern führen kann. Schwemmfächer / -kegel zeigen ein ausgeglichenes Oberflächenprofil (vgl. Iturrizaga 1999:133) und sind stark ausgeweitet. Murschwemmfächer sind gegenüber Schwemmfächern weniger ausgedehnt (ebd.:131) und gegenüber Murfächern ohne Schutt- oder Randwülste ausgebildet. Generell betrachtet besitzen Schutt- und Murfächer gegenüber den Schwemmfächern also eine konvexere Formung. Zerschnittene Grundmoränen bestehen pro Fläche gesehen gegenüber Schutt- und Murfächern aus feineren und gegenüber Schwemmfächern aus gröberen Materialien. Der Zerschneidungsgrad bzw. die Anzahl der Abflussrinnen von Schuttfächern ist gegenüber dem von Murfächern sehr viel geringer, da oft das Feinmaterial bei erstgenannten fehlt. Schwemmfächer sind am meisten zerschnitten, wobei aber wiederum die Tiefe der Abflussrinnen wesentlich geringer ist als bei den ungefähr gleichen Zerschneidungsgraden der Murfächer und der zerschnittenen Grundmoränen. Die zwei letztgenannten Akkumulationen unterscheiden sich jedoch ebenfalls in der Tiefenausdehnung der Rinnen, die bei den zerschnittenen Grundmoränen bedeutend ausgeprägter ist.

Unter einem Schuttfächer / -kegel – oder besser unter einem Sturzschuttfächer / -kegel oder Sturzfächer / -kegel – wurden aus Verwitterungsvorgängen hervorgegangene fächer- / kegelförmige Ablagerungen unterhalb von Steinschlagrinnen im Hangbereich verstanden. In der vorliegenden Arbeit wurden Sturzfächer / -kegel in Sturzschuttfächer / -kegel und Sturzmoränenfächer / -kegel unterteilt. Hierbei wurde also nach verstürzendem Schutt- oder Moränenmaterial unterschieden. Bei letztgenanntem sind aber oft auch verstürzte glazifluviale Ablagerungen mit enthalten. Sturzschuttfächer / -kegel wurden weiterhin in welche, die Moränenmaterial überlagern, und in solche, die von Schnee bzw. Lawinen überlagert werden, unterschieden. Sturzschuttfächer / -kegel können aber beispielsweise auch von Muren überlagert sein. Zudem existieren gegenüber den genannten Sturzschuttfächern / -kegeln und Sturzmoränenfächern / -kegeln sog. Mischfächer / -kegel. Darunter wurden Fächer / Kegel verstanden, die aus beiden Materialen – Schutt- und Moränenmaterial – entstehen. In der vorliegenden Arbeit wurden solche unterschieden, die hauptsächlich aus Schutt bestehen, solche, die aus hauptsächlich Moränenmaterial bestehen, solche, die präexistierendes Moränenmaterial überlagern sowie solche, die von anderen Prozessen überlagert sind.

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Murfächer / -kegel sind typische, aus etwa gleichen Anteilen an Grob- und Feinmaterialien bestehende Murablagerungen mit Aufwölbungen, wobei hier kantige bis kantengerundete Gesteine enthalten sind. Dabei konnten Murschuttfächer / -kegel mit einem hohen Schuttanteil, Murmoränenfächer / -kegel mit einem hohen Moränenanteil, Murschwemmfächer / -kegel mit viel Feinmaterial und solche Fächer / Kegel, die von anderen Prozessen überlagert wurden, unterschieden werden. Letztgenannte Fächer / Kegel sind polygenetische Formen (hierzu Iturrizaga 1999:242), wobei in den Murschwemmschuttfächern / -kegeln kantige bis kantengerundete Materialien in größeren Mengen enthalten sind.

Schwemmfächer / -kegel sind flache fluviale Ablagerungen, die im Tiefland feinmaterial- und im Gebirge eher schotterreich sind; deswegen kann im Hochgebirge wohl eher die Bezeichnung Schotterfächer / -kegel oder Schotterschwemmfächer / -kegel gelten. Wenn überwiegend kantige- bis kantengerundete Materialien enthalten sind, dann sind solche Akkumulationen als Schwemmschuttfächer / -kegel zu bezeichnen, wobei hier Schutt- und Moränenmaterial enthalten sein kann. Dahingegen werden von diesen Schwemmfächer / -kegel aus hauptsächlich Moränenmaterial unterschieden. Solche Schwemmfächer / --kegel aus Moränenmaterial, die in Bezug zu einem Gletscherrand stehen, werden Sander genannt.

1.5.2. Sedimentanalyse

1.5.2.1. Beschreibung typischer Erscheinungsbilder von Sedimentaufschlüssen OBERFLÄCHENSTRUKTUR DER GESTEINE

Im Feld werden die Oberflächenstrukturen der Gesteine > 2 mm untersucht (vgl. Hubbard, Glasser 2005:237). “Features commonly recorded in the field are the occurrence of faceted clasts (flat surfaces with rounded edges), bullet-shaped clasts and those with a stoss- and-lee form, as well as clasts with striations, grooves, gouges and cracks.” (Hubbard, Glasser 2005:237).

Harte kristalline Gesteine (Quarzit, Granit, Gneis, Schiefer) weisen seltener Schrammen auf als feinkörnige magmatische Gesteine oder Karbonate, jedoch können Facettierungen bei allen Gesteinsarten gleich auftreten (vgl. Hubbard, Glasser 2005:237). Dadurch wird auch verständlich, warum in den Feinsedimenten eines Gletschers vorwiegend Quarze oder Feldspäte vorhanden sind (Wilding 197029 zitiert nach: Goldthwait 1971:10).

Gletscherschrammen sind der eindeutigste Beweis für Abrasionsprozesse (vgl. Goldthwait

29 Wilding, L. P.; Drees, L. R.; Smeck, N. E.; Hall, G. F. (1971): Mineral and elemental composition of Wisconsin-age till deposits in west-central Ohio. In: Goldthwait, R.P. (1971): Indroduction to Till, Today. In:

Goldthwait, R. P. (ed.) (1971): Till / a symposium. Ohio State University Press.

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1971:12), die jedoch laut Flint (1957:117)30 zitiert nach: Goldthwait (1971:12) nur bei 5-10 % der Gesteine auftreten.

Parallele Schrammen deuten auf eine Überfahrung, kreuz und quer verlaufende auf Rotationsbewegungen der Gesteine oder auf Gegeneinanderbewegen von Moräne und Anstehendem: “Soled or `rocker-shaped´ facets with slightly criss-crossing striae are ascribed to rotational forces tipping the stone forward into the place of greatest shear as it moves differently over englacial debris below, or as it slides against till and bedrock beneath a wet, melting base. Perfectly flat facets with parallel striae indicate the more fixed grip of a rock held rigidly in compact till and abraded by the dragging of rock tools over it.”

(Goldthwait 1971:12).

SEDIMENTTEXTUR

Die Textur beschreibt die Bodenart bzw. die Kornzusammensetzung eines Bodens (vgl. Leser et al. 2001:879). Hauptsächliche Ansammlungen von Grobmaterial können mit glazifluvialen oder fluvialen Prozessen in Verbindung gebracht werden, Feinmaterialansammlungen hingegen mit Seesedimenten oder Schwemmland (vgl. Hubbard, Glasser 2005:266).

SEDIMENTSORTIERUNG

Die Sortierung hängt vom Ausgangsgestein / Substrat (Granit gegenüber Sandstein bzw.

grobkörnige Sedimente gegenüber feinkörnigeren schlechter sortiert), vom Prozess (Massentransportprozesse gegenüber fluvialen / äolischen schlechter sortiert) und vom Transportweg (kurztransportierte gegenüber weittransportierten schlechter sortiert) ab. Zur Sedimentsortierung können die Begriffe sehr gut sortiert (< 0,5), gut sortiert (0,5-1), schlecht sortiert (1-2) und sehr schlecht sortiert (2-4), unimodal (nur eine Korngröße dominierend), bimodal (Maxima sind erkennbar) und polymodal (keine einzelne Fraktion überwiegt) Anwendung finden (vgl. Hubbard, Glasser 2005:231).

Moränen sind schlecht sortierte Akkumulationen (vgl. Hubbard, Glasser 2005:251). Moränen können aber auch Einschlüsse bzw. Linsen von gutsortiertem Ton, Silt oder Sand, ebenso auch Kiesen / Schottern aufweisen, vor allen Dingen aber in der oberen Moräne oder Lockermoräne (vgl. Goldthwait 1971:5 f., 19).

30 Flint, R. F. (1957): Glacial drift I. Till; Moraines: in Glacial and Pleistocene geology: New York, John Wiley.

(S. 108-35)

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Gut sortierte Sedimente zeigen separierte Fraktionen – z.B. bei fluvialen Prozessen Grobmaterial, da das Feinmaterial ausgewaschen worden sein kann (vgl. Hubbard, Glasser 2005:266). Grobes Ausgangsgestein führt z.B. zum Vorhandensein von groben Körner in der Korngrößenverteilung (hierzu z.B. Kuhle 2001b:Fig. 13, Fig. 14).